Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

spätestens nach den verheerenden Anschlägen islamistischer Terroristen in den Vereinigten Staaten und den anhaltenden weltweiten Aktivitäten von Islamisten hat in der westlich geprägten Welt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Islam eingesetzt. Politik und damit auch Sicherheitsbehörden sind darauf angewiesen, die Motivlage für derartige Anschläge zu verstehen, um die notwendige Integration zu erreichen, aber auch Straftaten aufklären und wirksame Präventionsstrategien entwickeln zu können. Gleichzeitig darf nicht aus dem Blick geraten, dass in einer zunehmend globalisierten technischen und wirtschaftlichen Entwicklung Migrationsbewegungen ausgelöst werden, die unterschiedliche Weltanschauungen und Religionen zusammenführen. Eine Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ergibt, dass zwischen 3,8 und 4,3 Millionen Muslime in Deutschland wohnen. Der Säkularisierung in Deutschland steht eine Entwicklung in verschiedenen islamisch geprägten Ländern entgegen, in denen die Geistlichkeit zunehmend politischen Einfluss nimmt. Vor diesem Hintergrund dürfte der Diskurs des Islamwissenschaftlers Dr. Marwan Abou Taam aus Mainz „Zum Verhältnis von Islam und politische Herrschaft“ das Verständnis vertiefen.


Die Beziehungsverhältnisse „Islam und Staat“, „Muslime und Staatlichkeit“, „Islam und säkulare Verfassung“, „Muslime und Säkularismus“ sind verschiedene, von vielen Variablen abhängige Komponenten, die in ihrer Beantwortung oftmals orts-, zeit- und gesellschaftsabhängig sind. Weder der Koran noch die Tradition des Propheten äußern sich zur Gestaltung eines Staatswesens, stellt Dr. Abou Taam einleitend fest. Unter den Muslimen existierten verschiedene religiöse Auffassungen über die Bedeutung des Staates und seiner Wirkungsrationalität.
Er betrachtet in seinem Beitrag die unterschiedlichsten Perspektiven, beispielsweise den Staat im schiitischen und sunnitische Islam oder auch den islamischen Staat und die Demokratie. Zusammenfassend stellt er fest, dass in der islamischen Zivilisation der Staat theoretisch eine andere Funktion erfüllt als der westliche Staat. Der Nationalstaat, der auf dem Prinzip der Volkssouveränität basiert, ist von diesem Grundsatz her mit dem Islam in seiner orthodoxen Form nicht vereinbar. Nach islamischem Glauben kommt weder dem einzelnen Menschen noch einer politischen Gruppe Souveränität zu. Der einzige Souverän ist Gott. Die Mehrheit der muslimischen politischen Elite fordert eher eine engere Orientierung an den Quellen des Islams gemäß orthodoxer Auslegung bei der Gestaltung des Politischen. Eine säkulare politische Ordnung im politischen Diskurs islamischer Eliten ist kaum vorhanden. 
Ein weiteres wichtiges Thema in dieser Ausgabe ist die Auseinandersetzung mit pädophilen Täterprofilen. Was sind das für Menschen, die vorgeben, Kinder zu lieben um sie dann sexuell zu missbrauchen, auszubeuten oder gar zu töten? Was sind die Motive, wie sind die Denk- und Handlungsweisen dieser sogenannten Pädophilen und wie sieht ihr Tarnverhalten aus? Diese Fragen wirft Erster Kriminalhauptkommissar a.D. Manfred Paulus aus Ulm ins seinem Beitrag „Die Täter – wichtige Hinweisgeber für wirksame(re) Prävention, Ermittlungsarbeit und Strafverfolgung“ auf. Er skizziert Defizite und Notwendigkeiten, beschreibt unterschiedliche Tätertypen und Konsequenzen. Zusammenfassend stellt Manfred Paulus fest, dass Kinder befähigt werden sollten, über ihre Gefühle, Ängste und Sorgen zu sprechen. Das wiederum ist nur dann von Nutzen, wenn sie mit Erwachsenen Ansprechpartner haben, denen sie auch Peinliches, Unangenehmes und sie Belastendes mitteilen können. Kinder sollten in jeder Phase ihres Heranwachsens einen Erwachsenen haben, dem sie das Vertrauen schenken, auch über solche (schlechten) „Geheimnisse“ zu sprechen.

Täter und ihr unterstützendes Umfeld sind bei sexuellem Missbrauch zutiefst menschenverachtend und zerstörerisch, denn sie nehmen den Kinder bereits in jungen Jahren ihre Würde. Daher sind insbesondere die Personen und Institutionen gefragt, die durch ihren Umgang mit Kindern frühzeitig vertrauensvolle Beziehungen aufbauen und sensibel Auffälligkeiten erkennen können. Kindergärten, Schulen und Sportvereine sind ebenso in der Verantwortung wie Polizei und Jugendämter. Wir dürfen nicht nachlassen, uns tagtäglich um den Schutz unserer Kleinsten vor diesem üblen Phänomen zu bemühen.

Herbert Klein