Erste Absolventen des Masterstudienganges Kriminalistik an der HPol Brandenburg verabschiedet

Von LKD a.D. Ralph Berthel, Frankenberg/Sa.

 

Nach ihrem zweijährigen Direktstudium wurden im September vergangenen Jahres die ersten zwanzig Absolventinnen und Absolventen des neuen Studienganges „Kriminalistik“ (M.A.) im Beisein von Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen und von Polizeipräsident Oliver Stepien an der Hochschule der Polizei in Oranienburg feierlich verabschiedet. Mit diesem Aufsatz soll einerseits ein Blick zurück auf den ersten Studienjahrgang unternommen werden. Zugleich werden gesammelte Erfahrungen und Ausblicke dargestellt.2

 

1 Die Genese des Studienganges


Die Geschichte des Brandenburger Masterstudienganges Kriminalistik reicht bis ins Jahr 2018 zurück. Am 2.2.2018 hatte der Landtag Brandenburg mit einem Beschluss die Landesregierung aufgefordert, u.a. die Einrichtung eines gesonderten Studienganges für Spezialisten der Kriminalpolizei zu prüfen.3 Als ich in Ausgabe 2-20194 erstmals den neuen Master K in Oranienburg skizziert hatte, standen dessen inhaltliche Ausgestaltung, die Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen und die Akkreditierung noch bevor.5 Im Laufe des Jahres 2019 wurde einerseits das Studiengangkonzept erarbeitet. Andererseits war es die Zeit, in der auch die organisatorischen, haushalterischen und nicht zuletzt die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Studiengang geschaffen werden mussten. Einen Meilenstein für die Hochschule und die Etablierung des neuen Masterstudienganges stellte dabei das Gesetz zur Neuordnung der Ausbildung und des Studiums für den Polizeivollzugsdienst vom 19.6.2019 dar. Mit dieser rechtlichen Regelung wurde nicht nur das Brandenburgische Polizeigesetz dahingehend geändert, dass der Begriff „Fachhochschule“ durch „Hochschule“ ersetzt wurde. In § 3 Abs. 3 Ziff. 2 des Gesetzes über die Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg (BbgPolHG) erhielt diese zudem die neue Aufgabe zugewiesen, „anwendungsorientierte Masterstudiengänge zum Erwerb vertieften Fachwissens für besondere polizeiliche Aufgabenbereiche, soweit Bedarf zur Ausbildung von Bediensteten mit Spezialkenntnissen besteht,“ anzubieten.6 Ende 2019 konnten dann die Akkreditierungsunterlagen bei der Akkreditierungsagentur ACQUIN vorgelegt werden. Für die konzeptionelle Entwicklung des Studiengangs wurde durch den damaligen Präsidenten der Hochschule eine Arbeitsgruppe (AG) eingerichtet. Diese AG bestand sowohl aus Hochschulangehörigen als auch aus Vertretern der Landespolizei sowie der Staatsanwaltschaft Brandenburg. Unbedingt hervorhebenswert ist die frühzeitige Beteiligung der Bundespolizei. Zudem waren in diesen Prozess auch externe Fachleute einbezogen worden. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung war, dass in dieser arbeitsintensiven Phase die Einbeziehung des bzw. die Abstimmung mit dem Polizeipräsidium jederzeit sichergestellt war. Wer das Beharrungsvermögen polizeilicher Bürokratien kennt, weiß diesen Umstand zu schätzen.

 

2 Praxisbezogener Studiengang mit wissenschaftlichem Anspruch


Das Gutachtergremium, das im März 2020 die Hochschule im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens besuchte, attestierte der HPol, dass sie mit dem Master K einen Studiengang mit hoher Studienqualität vorgelegt habe, der hohen wissenschaftlichen Anforderungen genüge. An anderer Stelle heißt es im Bericht: „Wenngleich der Masterstudiengang ‚Kriminalistik‘ (M.A.) der HPol BB in erster Linie eine hohe Anwendungsorientierung aufweist, berücksichtigt er in doch wohltuender Weise die Aspekte der Forschung an mehreren Stellen des Studiums beziehungsweise des Curriculums.“7

 

3 Ambitionierte Planung und ein wenig beachtetes Angebot


Geplant war, mit dem ersten Studienjahrgang am 1.10.2020 zu starten, was auch gelang. Unmittelbar vor dem Studienauftakt durften alle an dem Prozess der Entwicklung dieses Studienganges Beteiligten mit Stolz und Erleichterung zur Kenntnis nehmen, dass der Studiengang Master Kriminalistik durch die Stiftung Akkreditierungsrat ohne Auflagen akkreditiert wurde. Bereits 2018 hatte der Brandenburger Landtag in dem o. g. Beschluss angeregt, mit Blick auf den Master K Kooperation mit anderen Bundesländern, namentlich im Rahmen der sog. Sicherheitskooperation, also des Verbundes der Länder Brandenburg, Berlin, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, einzugehen. Trotz des Angebotes aus Brandenburg ist eine solche bisher nicht zustande gekommen. Anders stellt sich die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei dar, die sich sowohl in der konzeptionellen Phase als auch in der Umsetzung ausgesprochen engagiert eingebracht hat. Immerhin wurde das Modul „Internationale Zusammenarbeit“ maßgeblich durch den Abteilungsleiter Kriminalitätsbekämpfung des Bundespolizeipräsidiums, Mathias Schaef, mit konzipiert, koordiniert und durchgeführt. Auch hat es die Bundespolizei, wie übrigens auch die Berliner Polizei, ermöglicht, dass einige Beamtinnen und Beamte aus ihren Reihen als sog. Gasthörer ausgewählte Module belegen konnten.

 

4 Die ersten Lehrveranstaltungen – noch Präsenzunterricht


Die Lehrveranstaltungen des ersten Moduls (Propädeutikum), das sowohl kriminalistisches Grundlagenwissen als auch Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens zum Gegenstand hatte, fanden noch als Präsenzunterricht statt. Eine Voraussetzung für die Zulassung zum Studium war das Vorliegen von mindestens dreijähriger praktischer Erfahrung in kriminalpolizeilichen Verwendungen. Damit war sichergestellt, dass hier berufserfahrene Kolleginnen und Kollegen auf die Schulbänke zurückkehrten, wenngleich es natürlich Unterschiede sowohl hinsichtlich der bisherigen Verweildauern in Kripo-Dienststellen als auch bezogen auf die fachlichen Schwerpunkte in der Berufspraxis gab. Dieser Umstand war übrigens einerseits Herausforderung für die Dozenten und zugleich Bereicherung für die Unterrichtsveranstaltungen. Für manche Studenten bedeutete es allerdings auch einen nicht unerheblichen zeitlichen Abstand zur Zeit des Bachelor-Studiums. Und das Umschalten vom gewohnten kriminalistischen Dienstalltag in den Studienmodus stellte für die Eine oder den Anderen eine gehörige Herausforderung dar. Und gleichzeitig war festzustellen, dass sich die Studentinnen und Studenten bereits frühzeitig mit dem „Was kommt danach?“ befassten. Sehr gut bringen das folgende Worte zweier Absolventen zum Ausdruck:

Die abgebildete Modulstruktur beinhaltet erste Veränderungen, die sich aus der Evaluation des ersten Studiendurchganges ergeben hatten.

„Der Input an neuen Informationen war insbesondere in der Themenbreite gewaltig. Das ging in einigen Themenbereichen zulasten einer vertieften Befassung. Daher ist zu überlegen, ob an manchen Stellen eine thematische Verschlankung möglich ist und dadurch Raum für das eine oder andere Wahlpflichtmodul geschaffen werden kann. Dies erscheint allerdings nur sinnvoll, wenn frühzeitig Gewissheiten über die Verwendung nach dem Studium bestehen, um dieses vertiefte Wissen auch in die zukünftige Aufgabenfelder einfließen lassen zu können.“ (Sven Schütze - Absolvent des Master K 2022)


Nachdem die Planung des Studiengangs über das Intranet der Polizei Brandenburg bekannt wurde, war ich begeistert von der Möglichkeit sich zwei Jahre speziell auf dem Gebiet der Kriminalistik fortzubilden. Ab der ersten Minute der Studienzeit spürte man deutlich das starke Engagement aller Beteiligten, der Mitarbeiter der Schule, der Lehrkräfte und Gastdozenten. Hinzu kamen die große Erwartungshaltung und die ‚Neugierde‘ aller Studierenden.“ (Ulf Brünsing - Absolvent des Master K 2022)


Als Dozent kann ich das bestätigen. Ich habe konstruktive und streitbare Studentinnen und Studenten mit großem Engagement erlebt. Auch von diesem engagierten, auf Wissen und Erfahrungen fußendem, Mittun lebte und lebt dieser Studiengang, was sich übrigens auch im zweiten Jahrgang, in dem ich ebenfalls unterrichten durfte, fortsetzt.

 

5 Studium im Corona-Modus


Beginnend mit den Lehrveranstaltungen des zweiten Moduls musste ab dem 4.1.2021 die Lehre unter den Bedingungen der Bestimmungen zum Infektionsschutz vor SARS-CoV-2 an der Hochschule stattfinden. Das bedeutete, dass grundsätzlich alle Lehrveranstaltungen online durchgeführt werden mussten, was sowohl den Studentinnen und Studenten, gleichermaßen aber auch den Dozentinnen und Dozenten eine Menge abverlangte. Rückblickend ist heute zu konstatieren, dass damit insgesamt gute Erfahrungen gemacht wurden und mittlerweile Online- bzw. hybride Elemente der Unterrichtsgestaltung fest in das methodische Konzept des Studienganges integriert wurden. Das Für und Wider der digitalen Lehre spiegeln m. E. folgende Aussagen einer Absolventin des Masterstudienganges sehr gut wider:


„Nicht jeder Kollegin oder jedem Kollegen fiel es immer leicht, im Homeoffice den Vorlesungen so konzentriert zu folgen, sich in Diskussionen so einzubringen, wie das im Hörsaal möglich gewesen wäre. Dafür wurden jedoch die Vorlesungen, wenn es inhaltlich möglich war, aufgezeichnet und nach der Vorlesung zum Nachbereiten zur Verfügung gestellt. Auch das persönliche Kennenlernen zwischen den Dozierenden und Kommilitonen war natürlich eingeschränkt, was ich persönlich durchaus bedauert habe. Alles in allem lebt zwar ein Studium mit Sicherheit vom gemeinsamen Lernen und dem Austausch, aber durch die gelungenen Lösungen der HPol empfand ich jedenfalls das Homeoffice als sehr angenehm und es ersparte mir viel Zeit im Auto oder in der Bahn. Diese gewonnene Zeit konnte ich für die Nachbereitung der Vorlesungsinhalte nutzen. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Mischung aus Kontakt- und Onlinevorlesungen zukünftig auch Kolleginnen und Kollegen von etwas entfernteren Dienststellen Brandenburgs motivieren könnte, den Weg der K-Masters zu gehen.“ (Maria Sieber – Absolventin Master K 2022)

 

6 Ein Blick auf die Studieninhalte


Wie bereits erwähnt, bestand die Grundidee des Studienganges darin, eine Verknüpfung zwischen Wissenschaftlichkeit einerseits und den Bedürfnissen der kriminal-(polizeilichen) Praxis andererseits herzustellen. Die nachfolgende Übersicht soll beispielhaft einen kleinen Überblick über Themen und Referenten, die den Studiengang mit ihrem Fachwissen und ihren Erfahrungen bereichert haben, geben.


Nicht selten wurden Lehrinhalte durch Übungselemente ergänzt, etwa bezogen auf spezifische Vernehmungssituationen oder im Rahmen einer OK- Planbesprechung. Eine Vielzahl von Veranstaltungen wurde zudem durch Praktiker durchgeführt oder unterstützt.

 

 

7 Von der Bekämpfung der Clankriminalität bis nach Den Haag


Zu den Highlights im Rahmen des ersten Masterstudienjahrganges gehörten fraglos der sog. Fachtag „Clankriminalität“ im OK-Modul, das Kolloquium „Wissenschaft in der Polizei - und für die Polizei?“ sowie die Auslandsstudienfahrt nach Brüssel und Den Haag. Im Rahmen des Fachtags stellten Polizeipräsident Frank Richter (Polizeipräsidium Essen) und Frau Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen das Essener Modell der Bekämpfung der Clankriminalität und dessen wissenschaftliche Begleitung vor.8 An dieser Veranstaltung nahmen auch Praktiker aus der Landespolizei Brandenburg teil.


Im Rahmen des Kolloquiums „Wissenschaft in der Polizei - und für die Polizei?“ präsentierten Yara Gut und Dr. Jonas Hagmann von der Kantonspolizei Basel-Stadt moderne Ansätze der Einbindung wissenschaftlicher Methoden der Analyse gesellschaftlicher Entwicklungen und deren anwenderbezogene Einbeziehung in die praktische Polizeiarbeit.9 Auch diese Veranstaltung war für externe Teilnehmer geöffnet worden.


Im Rahmen der Auslandsstudienfahrt, bei der u.a. der Internationale Strafgerichtshof, das Europäische Polizeiamt (Europol), die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen European sowie das Anti-Fraud Office besucht wurden, konnten die im Modul „Internationale Zusammenarbeit“ vermittelten Inhalte ergänzt und vertieft werden.

 

8 Wissenschaftlichkeit und Praxisrelevanz – Masterarbeiten leisteten wichtige Beiträge


Dass sich wissenschaftlicher Anspruch und Bedeutung für die praktische (kriminal-)polizeiliche Arbeit keinesfalls ausschließen müssen, ja vielmehr korrespondieren, stellten die Studentinnen und Studenten mit vielen der von ihnen vorgelegten Masterarbeiten unter Beweis.10 Einige Themen und die Verfasser sollen hier exemplarisch genannt werden:

  • Die Qualität der Erstvernehmung im Bereich der Sexualdelikte und deren Auswirkung auf das Strafverfahren – vorgelegt durch Nadine Duda.
  • Einführung von „Super Recognizern“ in der Polizei Brandenburg – Eine Kosten-Nutzen-Analyse – vorgelegt durch Tim Richter.
  • Die Neuregelung der Pflichtverteidigung und ihre Auswirkungen auf die Aufklärung schwerer Straftaten – vorgelegt durch Jana Engler.
  • Alterswahrnehmung durch Zeugen – vorgelegt durch Ulf Brünsing.

9 Darf Laufbahnrecht wirklich nicht flexibler sein?


Obwohl, wie vorn ausgeführt, der Studiengang ohne Auflagen akkreditiert wurde, sei auf eine kritische Anmerkung des Gutachtergremiums im Akkreditierungsbericht verwiesen. Dort heißt es: „Auf der Grundlage bestehender Innen- und Kultusministerbeschlüsse wird mit dem erfolgreichen Abschluss eines Masterstudienganges die ‚Laufbahnbefähigung für den höheren Dienst in der Allgemeinen Verwaltung‘ erworben. Dies bedeutet für den zu begutachtenden Masterstudiengang der HPol BB, dass der erfolgreiche Abschluss einen Wechsel in die Laufbahn des höheren Polizeivollzugsdienstes zwingend erfordert. Ein Verbleib in der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes – und sei es in den Besoldungsgruppen A13 und A14 – lässt eine Beschlusskonformität vermissen. Dies stellt ein wesentliches Entwicklungsfeld des Studienganges dar.“


2007 hatten die Innenministerkonferenz und die Kultusministerkonferenz in einer gemeinsamen Vereinbarung festgestellt, dass es einer gesonderten Feststellung von FH-Mastern als Zugangsvoraussetzung zum höheren Dienst nicht mehr bedürfe.11 Nun bleibt den Absolventen des Oranienburger Masters bisher eine entsprechende laufbahnrechtliche Anerkennung allerdings versagt. Damit wird auch mit diesen Kolleginnen und Kollegen verfahren, wie mit den Absolventen der Masterstudiengänge „Kriminologie, Kriminalistik und Polizeiwissenschaft“ an der Ruhr-Universität Bochum12 und "Kriminalistik" an der School of Criminal Investigation & Forensic Science (School CIFoS)/ Institut für Kriminalistik Steinbeis Hochschule Berlin13. Zu hinterfragen ist diese Verfahrensweise insbesondere vor dem Hintergrund, dass

  • der Studiengang an einer polizeilichen Bildungseinrichtung durchgeführt wird,
  • ganz maßgeblich auch von den polizeilichen Bedarfsträgern mitgestaltet und
  • politisch ausdrücklich gewünscht wurde und wird.

Gerade mit Blick auf die in vielen Landespolizeien beklagten Personalsorgen bei der Besetzung von Stellen im Führungsbereich der Kriminalpolizei erscheint hier künftig ein Umdenken durchaus angeraten.

 

10 Wenn man wollte, könnte man schon!


Was hindert etwa die Polizeiorganisationen daran, für Master K-Absolventen ein ähnliches Verfahren, wie es seit Jahren deutschlandweit für Absolventen juristischer Studiengänge als Zugangsvoraussetzung für den höheren Polizeivollzugsdienst geübte Praxis ist und das in den sog. Studienkurs an der Deutschen Hochschule der Polizei mündet14, zu nutzen? Das erforderliche Fachwissen und die praktischen Erfahrungen können die Master K-Absolventen auf jeden Fall vorweisen. Also was stünde dem entgegen, etwa ein Auswahlverfahren vorzuschalten, in dem sich die Master K–Absolventen einer nochmaligen Auswahlentscheidung stellen müssen? Über die grundsätzliche Eignung verfügen sie ja, wie der o. g gemeinsamen Vereinbarung von Innenminister- und Kultusministerkonferenz zu entnehmen ist.


Aber vielleicht ist doch schon ein Lichtschimmer am Ende des laufbahnrechtlichen Tunnels erkennbar. Denn erste, vorsichtige Überlegungen, wie mit Blick auf die offenkundig problematische Personalsituation im Bereich der kriminalpolizeilichen Führungsfunktionen der künftige Einsatz von Master K-Absolventen aussehen könnte, werden erkennbar und geben Anlass zum Optimismus. In einem Gesetzesentwurf zur Änderung des Brandenburgischen Besoldungsgesetzes vom Dezember vergangenen Jahres ist für die Absolventinnen und Absolventen des Masterstudienganges „Kriminalistik“ von sog. Verzahnungsämtern die Rede. In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es weiter: „Um das aufgebaute Fachwissen auch in der Polizei des Landes Brandenburg auf hohem Niveau zu halten, ist es wichtig, den ausgebildeten Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten entsprechende Personalentwicklungsperspektiven anbieten zu können. Ansonsten bleibt zu befürchten, dass insbesondere Absolventinnen und Absolventen des Masterstudienganges „Kriminalistik“ von anderen Behörden, die ebenfalls dringend Fachkräfte suchen, abgeworben werden könnten.“15

 

11 Starke Zeichen aus Politik und Polizeiführung


Nicht bei allen Vorgesetzten in der Brandenburger Landespolizei fand der Studiengang uneingeschränkte Zustimmung. Das mag einerseits an der gerade beschriebenen Unsicherheit hinsichtlich der laufbahnrechtlichen Auswirkungen des Masterabschlusses gelegen haben. Andererseits: Welcher Vorgesetzte verzichtet schon gern zwei Jahre lang auf die Leistungsträger in seinem Zuständigkeitsbereich, denn genau um die handelt es sich bei den Studenten im Master K? Hinzu kommt die schwer nachvollziehbare Zurückhaltung anderer Landespolizeien und auch des BKA, eigenen Kolleginnen und Kollegen den Zugang zum Master K -Studium zu ermöglichen. So machten dann auch immer mal wieder Gerüchte die Runde, der Studiengang könne nicht fortgeführt werden.


Umso wichtiger erschien vor diesem Hintergrund, dass sich im Rahmen der o.g. Veranstaltung sowohl die Politik als auch die Führung der Polizei Brandenburgs ausdrücklich und unmissverständlich zum Studiengang bekannten. So fand Innenminister Stübgen am Rande der vorn genannten Veranstaltung am 29.9.2022 außerordentlich anerkennende Worte für die Hochschule, die, wie er es nannte, „einen beispielgebenden Studiengang kreiert hat“. Die Absolventinnen und Absolventen bezeichnete er als „eine wichtige Verstärkung für die polizeiliche Praxis in Brandenburgs Polizei“. Man zähle auf sie und ihre durch das Studium erworbenen Fachkenntnisse. Er versicherte zudem, dass die politischen, organisatorischen und nicht zuletzt auch haushalterischen Voraussetzungen garantiert seien, diesen Studiengang auch künftig fortzusetzen.


Und Polizeipräsident Stepien ging im Rahmen seiner Rede auf dieser Veranstaltung ausführlich auf den Stellenwert dieses bundesweit einmaligen Studienmodells ein. Er hob hervor, dass man sich in den Dienststellen auf die Absolventinnen und Absolventen freue und künftig auf deren Expertise zähle. Das sei eine Antwort der Brandenburger Polizei auf die ständig zunehmenden Herausforderungen an eine moderne Verbrechensbekämpfung.

 

12 Ausblick – den Studiengang weiterentwickeln


Das kritische Reflektieren der Inhalte, der fachlichen Schwerpunktsetzungen und der Struktur, also das Evaluieren war von Beginn an eine konzeptionelle Säule des Studienganges. Dabei brachten alle Beteiligten, also sowohl die Studentinnen und Studenten als auch die Lehrkräfte, einen konstruktiv-kritischen Blick ein. Die ersten Ergebnisse dieser Auseinandersetzung flossen bereits in die Konzipierung des zweiten Studienjahrganges, der am 1.4.2022 eröffnet wurde, ein. So wurden Redundanzen aufgezeigt und bereinigt. Die Anteile von Selbststudieninhalten wurden ebenso überarbeitet, wie thematische Überschneidungen und Doppelungen. Auf einem Plakat, auf dem für den Masterstudiengang Kriminalistik geworben wird, findet sich das Schlagwort „Weiterentwickeln!“. Damit sind einerseits die Notwendigkeiten und Möglichkeiten zur fachlichen Weiterentwicklung, die der Studiengang interessierten Kriminalistinnen und Kriminalisten bietet, gemeint.


Die Weiterentwicklung betrifft andererseits auch die Kriminalistik als Wissenschaftsdisziplin. Mit der Etablierung des Studiengangs war einerseits ein Zuwachs an Professuren und Lehrkräften, welcher die Hochschule zu einem Centre of Excellence für den Bereich Kriminalistik entwickeln soll, verbunden. Neben dieser Konzentration von internem als auch externem Know-How seitens der Lehrkräfte tragen zu dieser Entwicklung ganz entscheidend auch die Studentinnen und Studenten bei. Mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten, insbesondere der Masterthesis am Ende des Studiengangs und mit ihrem ganz persönlichen Engagement während des Studiums sind sie ein maßgeblicher Teil dieser Weiterentwicklung.“ (Pepijn van Dijk, Studiengangsleiter – Masterstudiengang Kriminalistik)

 

13 Fazit


Die 2019 geäußerte Hoffnung, dass der Master K „einen weiteren und wichtigen Schritt in der Fortentwicklung der Hochschullandschaft im kriminalwissenschaftlichen Betrachtungsfeld leisten und damit die deutsche Kriminalistik auch im internationalen Kontext aufwerten“16 kann, hat sich Dank des Engagements sowohl der Lehrkräfte als auch des Studiengangsmanagements sowie der Vertreter von Landespolizei und Staatsanwaltschaften erfüllt. Unbedingt will ich auch die Studenten … nun natürlich Absolventen nennen. Ich weiß, dass sich der Eine oder die Andere ab und zu als Versuchskaninchen empfand. Und so ehrlich müssen alle sein, die mit viel Fleiß und nach bestem Wissen und Gewissen diesen neuen Studiengang auf die Beine gestellt hatten. Ein solcher Eindruck ließ sich nicht immer verhindern. Corona machte es zusätzlich schwierig. Dass die Studentinnen und Studenten in diesen zwei Jahren nicht nur konsumiert, sondern sich (meist) in beeindruckender Weise eingebracht haben, spricht für diese Kolleginnen und Kollegen. Es spricht aber auch für den Studiengang, der wohl interessant, anregend und bereichernd war. Wenn sich nun auch noch andere Landespolizeien und vielleicht auch das BKA engagieren und diesen Studiengang für Ihre Kolleginnen und Kollegen öffnen würden, wäre ein weiterer wichtiger Schritt zur Etablierung der wissenschaftlichen Kriminalistik in der Hochschullandschaft wie auch der Praxis getan.


Gern schließe ich meinen kurzen Bericht über die ersten Erfahrungen mit dem Oranienburger Master K und hinsichtlich der Überlegungen zu dessen Fortentwicklung mit einigen Gedanken von Ulf Brünsing, den ich bereits vorn zitiert hatte: „Wahrscheinlich werde ich keine besseren Durchsuchungsberichte schreiben und auch meine Akten nicht besser aufbauen können. Was ich aber sicherlich während des Studiums gelernt habe, ist mit dem kriminalistischen Zweifel besser umzugehen, Sachverhalte methodisch klarer zu hinterfragen und so hoffentlich ein noch etwas besserer Kriminalist zu sein.

Anmerkungen

 

  1. LKD a.D. Ralph Berthel ist Dozent im Masterstudiengang Kriminalistik an der HPol Brandenburg sowie im Masterstudiengang Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum. Der Autor ist Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V. Erreichbarkeit: [email protected].
  2. Der letztmalige Abruf der URL erfolgte am 5.12.2022.
  3. Landtag Brandenburg, 6. Wahlperiode, Drs. 6/8069-B, Beschluss des Landtages Brandenburg, Spezialisierte Kriminalistenausbildung einführen – Kriminalistisches Erfahrungswissen weitergeben und sichern.
  4. Berthel; Ralph, Masterstudiengang Kriminalistik – Brandenburg geht innovative Wege, DIE KRIMINALPOLIZEI, 2-2019, S. 25 – 27.
  5. Berthel, 2019, a.a.O. S. 25.
  6. bravors.brandenburg.de/gesetze/bbgpolhg.
  7. ACQUIN, Akkreditierungsbericht v. 20.7.2020, S. 7.
  8. Ausführlich dazu: Richter, Frank/ Dienstbühl, Dorothee, Das Phänomen Clankriminalität als Katalysator für eine moderne Verbrechensbekämpfung, DIE POLIZEI, 2022, S. 415-421.
  9. Ausführlich dazu: Gut, Yara, Die Brücke schlagen zwischen Wissenschaft und Praxis, format magazine, 10-2020, (https://www.institut-police.ch/06-wissen/Dokumente%20Kolloquium/Plenum/Erg%C3%A4nzende%20Dokumente/Article%20-%20Gut.pdf) sowie Frei, Bettina; Salathe, Joëlle; Gut, Yara, Effiziente Gewaltbekämpfung dank wissenschaftlicher Führungsunterstützung, DIE POLIZEI, 2021, S. 465-471.
  10. Einige Masterarbeiten werden 2023 in einem Band der Rothenburger Beiträge, der wissenschaftlichen Schriftenreihe der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH), veröffentlicht werden.
  11. Vereinbarung „Zugang zu den Laufbahnen des höheren Dienstes durch Masterabschluss an Fachhochschulen“ Beschluss der Innenministerkonferenz vom 7.12.2007 und der Kultusministerkonferenz vom 20.9.2007 (https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2007/2007_09_20-Vereinbarung-Zugang-hoeherer-Dienst-Master.pdf). Vgl. auch Hochschulrektorenkonferenz, HRK Bologna-Zentrum, Beiträge zur Hochschulpolitik 8/2008, S. 49. (https://www.hrk-nexus.de/fileadmin/redaktion/hrk-nexus/05-Cover-Broschueren-Plakate/Beitr-2008-08_BolognaReader_III_FAQs.pdf).
  12. studienangebot.rub.de/de/kriminologie-kriminalistik-und-polizeiwissenschaft/master-1-fach.
  13. www.school-cifos.de/studium/master-kriminalistik.html.
  14. Zum „Studienkurs“ an der DHPol vgl.: www.dhpol.de/studium/studienkurs.php. Beispiel einer Landesregelung für den Zugang für Juristen zum Polizeivollzugsdienst: Einstellung von Bewerbern mit zweiter Staatsprüfung (1) Bewerber, die die in § 4 Abs. 2 genannten Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die zweite Staatsprüfung in einem für den Polizeivollzugsdienst förderlichen Studienfach bestanden und das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum „Polizei- oder Kriminalrat z.A.“ ernannt werden. (2) Während der Probezeit erhalten die Beamten eine polizeifachliche Unterweisung. (§ 25 Laufbahnverordnung der Beamten des Polizeivollzugsdienstes vom 22.11.1999 (SächsGVBl. S. 799), die zuletzt durch Art. 6 der Verordnung vom 1.3.2012 (SächsGVBl. S. 173) geändert worden ist.) Ähnliche Bestimmungen finden sich in den laufbahnrechtlichen Regelungen anderer Länder.
  15. Landtag Brandenburg Drucksache 7/6662, 7. Wahlperiode, Eingegangen: 01.12.2022 / Ausgegeben: 01.12.2022, www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/servlet.starweb.
  16. Berthel, 2019, a.a.O. S. 27.