Hanf und CBD

In aller Munde (und manchmal auch auf der Haut)


Von Staatsanwalt Dr. Peter Karfeld, Bad Kreuznach1

 

1 Ein neues Phänomen für Strafrechtler

 

Polizisten sind auch nur Menschen... und Verbraucher. Als Verbraucher ist man gegenüber gesundheitlichen Gefahren und Übervorteilung besonders schutzbedürftig und hofft, dass die Überwachungsbehörden ihre Arbeit gut machen. Auch das Strafrecht soll Verbraucherschutz gewährleisten; man könnte sogar von einem „Verbraucherschutz-Strafrecht“ als selbstständigen Teilbereich des Wirtschaftsstrafrechts2 sprechen. Das Verbraucherschutzrecht muss nicht nur Skandalen gerecht werden, sondern auch auf Modeerscheinungen reagieren. So enthalten z.B. Zeitschriften zunehmend Werbung und Artikel über Hanfprodukte. Nicht nur der Lebensmittelkontrolle fällt auf: CBD boomt! CBD-haltige Produkte werden als Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel, kosmetische Mittel, Tabakerzeugnisse oder Arzneimittel bzw. Medizinprodukte angeboten. Die Vermarktung ist vielfältig: Im Onlinehandel besonders stark vertreten, finden sich CBD-Produkte aber auch in Esoterikläden (Headshops), Bioläden, Reformhäusern und sogar Apotheken. Besonders beliebt sind neben CBD-Ölen CBD-haltige Back- und Teigwaren, CBD-Tees und -Erfrischungsgetränke, -Süßwaren, -Duftkissen, -Cremes und -Liquid; nicht selten – wie sich später bei Untersuchungen herausstellt – auch „garniert“ mit THC-Anteilen. Der weltweite Umsatz wird für die kommenden Jahre auf mehr als 60 Mrd. US-Dollar geschätzt.3


Weshalb sind CBD-Produkte als Trendprodukte so beliebt? Das dürfte mit den vermeintlich günstigen gesundheitlichen Eigenschaften zusammenhängen. So wird CBD als wirkungsvoll bei Stress, Ängsten, Depressionen, Schmerzen, Schlafstörungen, Übergewicht und gar Haarausfall beworben. Hinzu kommt, dass reines CBD keine psychoaktiven Wirkungen entfaltet.4 Allerdings wurden in mehreren klinischen Studien – von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen – auch erhebliche Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Fieber, Krämpfe, innere Unruhe oder Hautausschläge beschrieben.5 Bei Überdosis sollen sogar Störungen des Herz-/Kreislaufsystems und Sinnestäuschungen drohen. Deshalb verwundert es nicht, dass die Ermittlungsverfahren bei uns in der Landeszentralstelle für Wein- und Lebensmittelstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach deutlich zunehmen. Die Verfahren zeigen, dass eine rechtliche Bewertung CBD-haltiger Produkte keineswegs leicht ist: Handelt es sich bei dem angeblichen Nahrungsergänzungspräparat nicht doch um ein Arzneimittel oder gar ein verbotenes Betäubungsmittel? Beide schließen nämlich die Lebensmitteleigenschaft aus. CBD-Produkte werden von Herstellern und Vertreibern meistens damit beworben, dass der Vertrieb des eigenen Produktes vollumfänglich legal sei, selbst wenn es THC enthalte. Der Wert dürfe nur 0,2% nicht überschreiten. Doch trifft das tatsächlich zu? Ein Blick ins Gesetz hilft hier zunächst nicht weiter: Jedes in Frage kommende Regelungswerk enthält entweder Verbotsvorschriften mit Erlaubnisvorbehalt, Missbrauchstatbestände oder aber formale Kriterien für eine Verkehrsfähigkeit. Übersichtlichkeit sieht anders aus! Allen gemeinsam ist jedoch, dass der Schutz der menschlichen Gesundheit den Vertriebstätigkeiten deutliche Grenzen setzt.


Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den „dunklen Seiten“ des CBD-Vertriebs unter dem „scharfen Schwert“ des Strafrechts: Unter welchen Voraussetzungen riskieren Händler strafrechtliche Ermittlungen einschließlich der Gefahr beträchtlicher Vermögensabschöpfungen? Die Abhandlung der Problematik folgt der rechtlichen Einordnung des Gesetzgebers: Das Betäubungsmittelrecht geht dem Arznei- und Lebensmittelrecht vor. Im ersten Teil beschäftigen wir uns – neben dem Ursprungsobjekt des begehrten Stoffes, der Hanfpflanze selbst – mit dem BtMG. Anschließend folgen Ausführungen zum Arznei- und Lebensmittelrecht, zum Abschluss Medizinprodukte, Kosmetikartikel und Tabakerzeugnisse.

 

 

2 Die Cannabispflanze


Der Begriff „Cannabis“ stammt aus dem Lateinischen und steht für „Hanf“. Hierbei handelt es sich um eine sehr alte Kulturpflanze, die bereits vor 12.000 Jahren insbesondere in China angebaut wurde. Dort diente sie vielfältigen Zwecken, unter anderem als Nahrungsmittel (Hanfsamen wegen ihres hohen Gehalts an ungesättigten Fettsäuren), als Baustoff, zur Herstellung von Textilien und Papier und auch (wegen der heilenden Wirkung) medizinischen Zwecken, z.B. zur Wundversorgung. Im 19./20. Jhd. geriet sie jedoch als Rohstofflieferant für Drogen zunehmend in Verruf. Was die Pflanze besonders reizvoll macht, ist das Harz. Es wird in den Drüsen der Blätter und Blüten produziert und enthält zahlreiche Inhaltsstoffe, die als Cannabinoide bezeichnet werden. Die wichtigsten Vertreter der bislang über 120 identifizierten Cannabinoide6 sind das psychoaktive ƛ9-Tetrahydrocannabinol (THC), welches unter das Betäubungsmittelrecht fällt, sowie das Cannabidiol (CBD). Insbesondere „Drogenhanf“ weist einen hohen Gehalt an THC auf; durch Zucht („unsaubere Samen“) und Extrahierung von Blüten vor allem der weiblichen Pflanze. CBD hingegen findet sich vor allem im Harz, aber auch in den weiblichen Blüten sowie – in geringen Mengen – in den Blättern. Anders als das THC kommt CBD in sehr viel geringerer Konzentration von 1 bis 4% vor7. Die Herstellung von CBD aus der Hanfpflanze erfolgt durch physikalische Verarbeitung (Trocknung, Zerkleinerung, Mahlung, Vermischung, Lösung, Pressung) und Extraktion (mittels CO2, Ethanol u.a.). Die CBD-Säure der Pflanze (CBDA) wird in aktives CBD umgewandelt.

 

3 CBD und Betäubungsmittelrecht

 

3.1 Begriff des Betäubungsmittels

CBD-haltige Produkte werden – zumindest auf den ersten Blick – den Kunden vorrangig als Lebensmittel angeboten und nicht als Betäubungsmittel. Ein zu untersuchendes Cannabis-Produkt muss zunächst nach betäubungsmittelrechtlichen Aspekten geprüft werden. Denn Betäubungsmittel können (anders als Arzneimittel, s.u.) nach Art. 2 der VO (EG) Nr. 178/2002 nicht gleichzeitig Lebensmittel sein und umgekehrt. Rausch- und suchterzeugende Stoffe unterliegen seit langem einem Verkehrsverbot. Maßgeblich ist unter anderem das Einheitsabkommen der Vereinten Nationen über Suchtstoffe v. 30.3.19618. Dort sind Suchtstoffe in den Anlagen I und II gelistet. Hierzu zählen auch „Cannabis“, „Cannabisharz, Extrakte und Tinkturen“ sowie Blüten- und Fruchtstände der Hanfkrautpflanze, denen das Harz nicht entzogen worden ist. Auf den jeweiligen Verwendungszweck kommt es nicht an. Das deutsche Betäubungsmittelgesetz (BtMG) erweitert die Liste des UN-Übereinkommens in Anlage I bis III zu § 1 in einer Positivliste um sonstige Pflanzenteile der Hanfpflanze, z.B. Blätter oder Stängel. Nach der Gesetzesdefinition zählen zu den BtM auch sog. Zubereitungen9. Das betäubungsmittel-rechtliche Verbot gilt unabhängig davon, ob das Cannabisprodukt überhaupt THC oder andere Wirkstoffe enthält10 sowie, ob es aus unbearbeiteten oder bearbeiteten, aber mit substanziell noch feststellbaren Teilen11 stammt. Demgegenüber unterliegen Inhaltsstoffe der Hanfpflanze – sog. Pflanzenbestandteile12 - nur dann dem Betäubungsmittelrecht, wenn sie ausdrücklich in den Anlagen aufgeführt sind,13 z.B. Cannabisharz. Neben den Pflanzen/Pflanzenteilen der Cannabispflanze zählt u.a. auch der Stoff THC wegen seiner rausch- und suchterzeugenden Wirkungen zu den Betäubungsmitteln. Cannabis wie THC unterliegen grundsätzlich einem Verkehrsverbot.

 

3.2 Ausnahmen vom Verkehrsverbot

Während das Gesetz für den Stoff THC keine Ausnahmeregelungen vorsieht, ist der Vertrieb von Cannabis nur ausnahmsweise unter sehr engen Voraussetzungen zulässig, jedoch nur unter den nachfolgenden drei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen:


(1) Das Ausgangsmaterial muss aus zertifiziertem Saatgut14 (sog. Nutzhanf) stammen. Dieser enthält im Regelfall nur geringe Mengen an THC. Für den Anbau und Vertrieb durch ein landwirtschaftliches Unternehmen existieren hierzu weitere Vorgaben. Alternativ („oder“) darf der THC-Gehalt nicht über 0,2% liegen. Es erscheint ungewöhnlich, dass beide Eingangsvoraussetzungen nicht kumulativ gefasst sind, sondern kaum psychotroper Nutzhanf strafrechtlich zunächst einmal genauso behandelt wird wie Drogenhanf.15


(2) Weitere zwingende Voraussetzung – und dies gilt für beide Alternativen – ist, dass mit Anbau und Vertrieb ausschließlich gewerbliche oder wissenschaftliche – und zugleich dem öffentlichen Interesse dienende – Zwecke verbunden sind. Ein gewerblicher Zweck wurde bislang verneint, wenn Cannabis zu Konsumzwecken an Endverbraucher abgegeben werden. Der BGH16 hat allerdings im vergangenen Jahr die bisherige Rechtsprechung aufgegeben und verlangt für die Ausnahmeregelung keinen Handel zwischen Gewerbetreibenden mehr. Es käme allein auf das folgende Missbrauchskriterium (als Korrektiv) an:


(3) Denn nach dem BtMG muss in jedem Fall ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen sein. Die Rechtsprechung legt dieses Merkmal unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien17 sehr eng aus, um so Konsumzwecken entgegentreten zu können18. Hierfür spricht auch, dass die BtMG-Regelungen nach dem Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt („alles, was nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist verboten“) und nicht nach dem z.B. im Lebensmittelrecht allgemein geltenden Missbrauchsprinzip („alles ist erlaubt, außer dem Missbrauch“) ausgestaltet sind. Ein Missbrauch wird dann bejaht, wenn der Gebrauch dem Zweck dient, sich die psychotrope Wirkung des Stoffs nutzbar zu machen19. Diesem Kriterium wohnt eine subjektive Komponente inne. Teeblätter können leicht auch geraucht oder als Grundlage für Cookies genutzt werden; durch Erhitzung (Decarboxylierung) kann z.B. der THC-Gehalt erhöht werden. Gleiches dürfte bei Tabakersatz aus Hanfblüten der Fall sein So kann z.B. der Verkauf von getrockneten/zerkleinerten Nutzhanfpflanzen als entweder als Tee oder Duftkissen ein strafbares Handeltreiben mit BtM darstellen. In diesen Fällen muss das Strafgericht nach den Vorgaben des BGH jedoch prüfen, ob der Vorsatz des Beschuldigten auch die Möglichkeit eines Missbrauchs bei dem von ihm vertriebenen Cannabis-Produkt zu Rauschzwecken umfasst, m.a.W: Hat der Verkäufer die Rauschmitteleignung z.B. des Tees erkannt oder nicht? Diese strengen Vorgaben dürften die Ermittlungsbehörden nicht nur zur Einholung eines Wirkstoffgutachtens sowie zur Prüfung der Rauscheignung zwingen, sondern das Tatgericht auch zu umfassenden Ermittlungen z.B. der Vorsatzfrage. Ein Missbrauch hingegen ist bei der Verarbeitung zu Papier oder Textilien ausgeschlossen.


(4) Hanfsamen fallen nicht unter das Betäubungsmittelrecht, soweit sie nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt (d.h. nicht keimfähig) sind. Hanfsamen enthalten auf Grund ihrer Morphologie nämlich keine Cannabinoide.20 Daher dürfen sie zur Lebensmittelherstellung (z.B. für Müsli, Snacks, Gewürze, Mehl, Pizzabelag mit Hanfsamenmehl oder aber reines Hanfsamenöl) verwendet werden. Vom grundsätzlichen Verbot ausgenommen ist auch der sogen. Medizinalhanf (dann aber Arzneimittel!) und der Anbau von Hanf als Schutzstreifen für die Rübenzüchtung, sofern er vor der Blüte vernichtet wird.


Ansonsten gilt: Gemäß §§ 29 ff. BtMG macht sich strafbar, wer unerlaubt Betäubungsmittel anbaut, herstellt oder in den Verkehr bringt.

3.3 Sonderproblem: CBD

Der Stoff CBD lässt sich durch zahlreiche physikalischen Verfahren leicht aus der Cannabis-Pflanze extrahieren. Handelt es sich bei dem Ergebnis um reines CBD, so ist das betäubungsmittelrechtlich irrelevant. Der Stoff CBD ist nämlich als Pflanzenbestandteil in den Anlagen des BtMG (Positivliste!) nicht explizit aufgeführt. Zudem hat der Europäische Gerichtshof am 19.11.2020 – durch Wortauslegung – festgestellt, dass CBD nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand keine psychotropen Wirkungen entfaltet.


Das eigentliche Problem liegt darin, dass CBD bei der Extraktion kaum in Reinform isoliert werden kann und dabei auch regelmäßig ein gewisser Anteil THC migriert. Die rechtliche Bewertung von Produkten, die CBD enthalten, hängt daher von ihrer (wissenschaftlich und folglich gerichtsfest beurteilten) Zusammensetzung ab: Wird allein der Stoff CBD (Cannabidiol) oder aber CBA (Cannbidiolsäure) festgestellt, unterliegt das Produkt nicht dem Betäubungsmittelrecht. Dessen Verkehrsfähigkeit ist dann – je nach Zielrichtung der Vermarktung – anhand der gesetzlichen Vorgaben zum Arznei-, Lebensmittel-, Kosmetik-, Medizinprodukte- oder Tabakrecht zu beurteilen. Wird bei einem Produkt zusätzlich THC festgestellt, muss unterschieden werden: Bei einem THC-Gehalt über 0,2% unterliegt das Produkt als unzulässige Zubereitung einem absoluten Verkehrsverbot. Dasselbe ist der Fall, wenn der Wert unter 0,2% liegt, aber die (ohnehin eng gehaltenen) Ausnahmeregelungen nicht greifen. Mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung ist festzustellen, dass auch bei geringen Wirkstoffgehalten ein Missbrauch zu Rauschzwecken nicht ausgeschlossen ist.21 In diesem Zusammenhang bietet es sich an, die vom BfR22 aufgestellten Grenzwerte als Orientierungswerte (niedrigste Wirkdosis mit beobachtetem toxischem Wert, sog. LOAEL) heranzuziehen, z.B. 2,5 mg THC/Tag THC je kg Körpergewicht. Nochmals: Die vielfach behauptete rechtliche Grauzone – THC-Produkte unter 0,2% seien per se legal – gibt es nicht. Einzige Ausnahme: Bei dem unter 0,2% liegenden THC-Gehalt handelt es sich um eine technisch nicht vermeidbare (eng auszulegen!) Kontaminante und die Grenzen der Psychoaktivität werden nicht überschritten. In diesen Fällen dürfte ein Missbrauchsvorsatz des Herstellers eher auszuschließen sein.


Zuständige Dienststelle für die Untersuchung von Produkten unter betäubungsmittelrechtlichen Gesichtspunkten sind nicht die Untersuchungsämter der Länder, sondern – je nach Bundesland – vorrangig die Sachverständigen der Polizeibehörden (z.B. in Rheinland-Pfalz das Landeskriminalamt Mainz).

 

4 CBD und Arzneimittelrecht


Nach Papierlage scheint die Einstufung von CBD-Produkten als Arzneimittel naheliegend: Seit dem 1.10.2016 unterliegt der Stoff CBD der Verschreibungspflicht, vgl. § 1 AMVV23 i.V.m. Anl. I. Denn in zahlreichen Untersuchungen war festgestellt worden, dass CBD – insbesondere durch Wechselwirkungen mit biologischen Rezeptoren – durchaus pharmakologische Wirkungen entfalten kann. Damit ist jedoch nicht gleichzeitig die Arzneimitteleigenschaft des mit CBD hergestellten Produktes impliziert. Denn nur Arzneimittel sind nach § 48 Abs. 1 AMG unabhängig von Dosis und Verabreichungsform verschreibungspflichtig.


Wann liegt ein Arzneimittel vor? Hier ist vieles streitig. Nur insoweit: Arzneimittel sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die im oder am Menschen angewendet oder verabreicht werden können, um – vereinfacht ausgedrückt – den Menschen zu heilen, dessen Gesundheit zu gewährleisten oder um eine Diagnose erstellen zu können. Entscheidend ist hierbei die Wirkweise (sog. Funktionsarzneimittel). Bei CBD wird dies bei einem Wert von über 100 mg CBD als Tagesverzehrmenge bejaht, vgl. auch § 21 Abs. 4 AMG. CBD-Funktionsarzneimittel sind allerdings selten. Derzeit wird lediglich ein Produkt in der Roten Liste aufgeführt, weitere sind in der (kostenintensiven) Entwicklung. Nach der Rspr. des EuGH24 können vorrangig rauscherzeugende Produkte – auch wegen möglicher gesundheitsgefährdender Wirkungen – im Übrigen nicht als Arzneimittel eingestuft werden. Arzneimittel können gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG jedoch auch solche Produkte sein, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung von Krankheiten bestimmt sind (sog. Präsentationsarzneimittel). Diese Bestimmung schließt die Form, die Aufmachung und Werbung ein, z.B. die Bewerbung als „entkrampfend“ oder „schmerzstillend“. Maßgeblich ist folglich eine Gesamtschau von Verabreichungsform, Verpackung und sonstiger Präsentation. Ein Heilversprechen kann bereits ausreichend sein. Ob das Präparat tatsächlich für die vorgenannten Zwecke geeignet ist, ist nicht Voraussetzung.25


Wenn das CBD-Produkt als verschreibungspflichtiges Arzneimittel zu qualifizieren ist, darf es außerhalb der Apotheken nicht vertrieben werden. Das unerlaubte Handeltreiben stellt nach § 95 Abs. 1 Nr. 4, 43 Abs. 1 S. 2 AMG eine Straftat dar. Der Einwand eines vorsatzausschließenden Verbotsirrtums („das war mir nicht bekannt“), greift in den seltensten Fällen: Zum einen lässt die h.M.26 ein potentielles Unrechtsbewusstsein genügen. Des Weiteren müssen sich Hersteller und Händler regelmäßig auf dem Laufenden halten. Das gilt umso mehr, als sie sich mit dem Vertrieb von Cannabisprodukten im unmittelbaren Dunstkreis des Betäubungsmittelhandels bewegen und somit regelmäßig gesteigerten Erkundigungs- und Prüfpflichten über die Rechtmäßigkeit ihrer Vertriebstätigkeit unterliegen.27 Zuständige Dienststellen sind die auf Arzneimittelprüfung spezialisierten Untersuchungsämter der Länder.

 

5 CBD und Medizinprodukte


Mittlerweile werden Cannabis-Produkte auch als Spray oder Roll-On angeboten.28 Hierbei könnte es sich um sog. Medizinprodukte handeln. Anders als Arzneimittel sollen diese auf physikalischem Weg der Gesundheit von Anwendern dienen. Medizinprodukte sind grundsätzlich zulassungsfrei, setzen vor dem ersten Inverkehrbringen jedoch die Durchführung eines Konformitätsverfahrens nach den Vorgaben der §§ 6 ff. MPG a.F. unter Berücksichtigung der Vorgaben aus einzelnen Risikoklassen I bis III. voraus. Das Medizinprodukterecht schließt derzeit die Verwendung von Cannabis zu physikalischen Zwecken nicht aus (z.B. getrocknete Blätter werden auf die Haut gelegt), wenngleich die Grenzen zum Kosmetikrecht fließend sind. Allerdings formuliert der nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 MPG strafbewehrte § 4 Abs. 1 MPG das Verbot des Inverkehrbringens potenziell gesundheitsgefährdender Medizinprodukte. Das Problem für die Praxis ist derzeit rechtlicher Natur: Das Medizinproduktegesetz (MPG) wurde in Umsetzung und Anpassung an die VO (EU) Nr. 745/2017 zum 25.6.2021 aufgehoben und – auch mit Hilfe von Übergangsregelungen – neu geregelt. Auch die Abgrenzung zum Arzneimittelrecht bleibt schwierig; insbesondere, wenn es sich um sog. körperberührende Gegenstände wie Verbandstoffe oder Pflaster handelt und offen ist, ob die bestimmungsgemäße Hauptwirkung auf pharmakologischem oder physikalisch-chemischen Wegen erzielt werden kann.29

 

6 CBD und Lebensmittelrecht


Sofern das CBD-Produkt weder hinsichtlich der signalisierten Zweckbestimmung (z.B. Aufmachung, Auslobung, Präsentation, Gebrauchsinformation) noch hinsichtlich einer analytisch bestimmbaren pharmakologischen Wirkung als Arzneimittel bewertet wird, ist es mutmaßlich ein Lebensmittel.

6.1 Neuartiges Lebensmittel?

Lebensmittel sind nach Art. 2 der sog. EG BasisVO (Nr. 178/2002) alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen oral aufgenommen werden. Hierzu zählen auch Stoffe, die dem Lebensmittel bei seiner Herstellung oder Verarbeitung absichtlich zugesetzt werden oder die Nahrung ergänzen (Nahrungsergänzungsmittel), letztere werden typischerweise in kleinen Mengen konsumiert. So dürften z.B. CBD-Öle in aller Regel zu den Nahrungsergänzungsmitteln zählen, sofern die Abgabe in dosierter Form erfolgen soll.


Seit geraumer Zeit werden CBD-haltige Produkte als neuartige Lebensmittel nach der Novel-Food-Verordnung VO (EU) 2015/2283 eingestuft (mit Ausnahme von Hanfsamen/Erzeugnissen aus Hanfsamen, z.B. reines Hanfsamenöl). Der öffentliche NVO-Katalog stellt eine maßgebliche Orientierungshilfe bzw. ein Indiz für eine etwaige Zulassungspflicht dar, ist jedoch nach der Rspr. des BGH30 nicht rechtsverbindlich. Entscheidend ist die Verwendungsgeschichte als Lebensmittel vor dem 15.5.1997 in der EU. Abzustellen ist dabei auf alle Merkmale des betreffenden Lebensmittels und des verwendeten Herstellungsprozesses im Wege einer Einzelprüfung (streng produktbezogene Betrachtungsweise). Nicht maßgeblich ist, ob eventuell ähnliche Produkte oder der Rohstoff selbst seinerzeit bereits auf dem Markt waren.31 Wenn ein Zulassungsverfahren erfolgreich ist, entfaltet es eine erga omnes Wirkung mit der Folge, dass jeder Wirtschaftsunternehmer es nutzen kann. Will der Antragsteller das verhindern, kann er eine Sperrfrist von fünf Jahren beantragen. Bei Hanfprodukten führt das zu folgender Bewertung: Als Lebensmittel zulassungsfrei sind lediglich Hanfsamen und deren Produkte. Alle anderen CBD-Lebensmittel stellen neuartige Lebensmittel i.S.d. VO (EU) 2015/2283 dar; sie unterliegen der Zulassungspflicht. Die Neuartigkeit gilt demnach für Extrakte aus der Hanfpflanze, für daraus hergestellte Erzeugnisse und Produkte, die CBD enthalten bzw. denen CBD zugesetzt worden ist, aber auch für Pflanzen oder Pflanzenteile selbst. Deshalb ist es zunächst unerheblich, ob das Lebensmittel Extrakte aus der Hanfpflanze selbst enthält oder diese im Vorfeld behandelt worden sind (z.B. Teile entfernt, Konzentration verringert, aufkonzentriert oder synthetisch gewonnen), auch ein Erfrischungsgetränk, dem lediglich getrockneter Hanfblattsaft zugesetzt worden ist, fällt unter die NVO. Der Vertrieb32 ohne entsprechende Zulassung ist nach § 59 Abs. 3 Nr. 2a LFGB i.V.m. § 1a Neuartige Lebensmittel-VO (NLV) strafbewehrt.

6.2 Problem: Lebensmittel und THC

Nach Untersuchungsergebnissen der Landesuntersuchungsämter werden bei der überwiegenden Zahl insbesondere der Nahrungsergänzungsmittel die Grenzwerte des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) zu THC „1 mg/kg Körpergewicht“, sogen. Akute Referenzdosis (ARFD) teils erheblich überschritten33. Das hängt damit zusammen, dass in den Blättern, Blüten und Stängeln der Hanfpflanze neben CBD natürlicherweise auch THC enthalten ist. Folglich ist die bei der Bewerbung häufig zu findende Aussage „THC-frei“ irreführend (bei Vorsatz Straftat nach §§ 59 Abs. 1 Nr. 7, 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 a) VO (EU) 1169/11).


Wird jedoch ein betäubungsmittelrechtlich nicht relevanter Gehalt an THC in einem Lebensmittel feststellt, gilt Folgendes: Grundsätzlich ist das Inverkehrbringen von Lebensmitteln zulassungsfrei; sie müssen lediglich sicher i.S. Art. 14 Abs. 2 BasisVO sein. Daher ist bei der Probenuntersuchung stets eine individuelle, produktbezogene toxische Risikobewertung unter Einbeziehung des festgestellten THC-Gehalts, der üblicherweise verzehrte Menge sowie sensitiver Verbrauchergruppen wie Kinder und Jugendliche erforderlich. Für die weitere Beurteilung als Lebensmittel ist die ARFD entscheidend: Wird sie überschritten oder nicht? Ist dies der Fall, wird das Produkt als nicht sicher im Sinne von Art. 14 Abs. 2 b) der Basis Verordnung VO (EG) Nr. 178/2002 beurteilt. Die Strafvorschrift erfolgt aus § 59 Abs. 2 Nr. 1 a LFGB i.V.m. Art. 14 Abs. 2 b, Abs. 5 der VO (EG) Nr. 178/2002. Bei massivem (immer noch unter 0,2%) liegendem Gehalt (Orientierungswert: LOAEL, s.o.) ist der Vertrieb selbst bei fahrlässiger Begehungsweise wegen potentieller Gesundheitsgefahr nach § 58 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 6 i.V.m. Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 a) Basis-VO strafbar. Ein Verbotsirrtum scheidet aus, wenn lediglich die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung eines Rechtsanwalts vorliegt. Einstufung von Erzeugnissen und Bewertung der Verkehrsfähigkeit obliegen den Fachbehörden bei der Lebensmittelüberwachung, nur staatliche Stellen können sie verbindlich feststellen.

6.3 Problem: CBD und Aroma

Dieser Bereich ist von zahlreichen Einzelproblemen geprägt. Daher an dieser Stelle nur insoweit: Hersteller und Importeure versuchen im Falle von Beanstandungen immer wieder, den CBD-Anteil als Lebensmittelaroma (Hanf-Aroma oder CBD-Aromaextrakte) i.S.d. Art. 3 Abs. 2b der NFV „umzuwidmen“. Das ist von wenig Erfolg gekrönt, da die Verwendung von CBD-Aroma nach der Novel-Food-Verordnung nur unter engen Voraussetzungen verkehrsfähig ist: Auch das Aroma muss aus einem sicheren, d.h. zugelassenen, Lebensmittel gewonnen worden sein. Das ist bei CBD/Hanf nicht der Fall. Außerdem muss die behauptete aromatisierende Wirkung von CBD der hauptsächlich verfolgte Zweck sein.34 Gerade CBD-Aromenextrakte haben neben aromatisierenden auch färbende oder antioxidative, jedenfalls kaum geschmackliche Wirlung. Zudem werden von Vertreiberseite üblicherweise positive Wirkungen bzw. gesundheitsbezogene Effekte vermittelt, die in keinem Zusammenhang mit dem Aromenzweck stehen.

6.4 Problem: Werbung mit Gesundheits- oder Krankheitsbezug

Nicht selten geht mit dem Vertrieb von CBD – Produkten auch eine Bewerbung mit krankheitsbezogenen Aussagen einher. Diese sog. Claims sind oft die einzige Basis, weshalb der Verbraucher gerne bei CBD-Produkten zugreift. Sofern die Werbeaussagen als krankheitsbezogen beurteilt werden, unterliegt das Produkt dem generellen Verbot aus Art. 7 der VO (EU) 1169/2011. Das vorsätzliche Inverkehrbringen mit krankheitsbezogenen Angaben ist nach §§ 59 Abs. 1 Nr. 7, 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 3 der VO (EU) Nr. 1169/2011 unter Strafe gestellt. Sofern die Etikettierung gesundheitsbezogene Angaben enthält, gilt der Erlaubnisvorbehalt aus der Health Claims VO. Dort sind z.B. Hanfsamenöl bzw. entsprechende Kapseln gelistet, nicht jedoch das CBD. Ist der betreffende Claim nicht gelistet, macht sich strafbar, wer bei der Kennzeichnung oder Aufmachung eines Lebensmittels oder bei der Bewerbung eines Produktes eine nicht zugelassene nähr- oder gesundheitsbezogene Angabe verwendet und es so in Verkehr bringt, § 59 Abs. 2 Nr. 3 LFGB i.V.m. Art. 10 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1924/2006. Eine gesundheitsbezogene Angabe liegt z.B. dann vor, wenn die Aussage auf Veränderungen bei Körperfunktionen Bezug nimmt und die geeignet ist, beim Verbraucher Ängste auszulösen oder daraus Nutzen zu ziehen, Art. 3 e) der Health Claims VO.

6.5 Problem: Fantasieartikel und Umgehungsgefahr

Hersteller und Vermarkter sind kreativ, wenn es um Vermarktungsfragen geht, aber auch, wie man die regelmäßig als lästig empfundenen Kontrollmechanismen möglich effektiv umgehen kann. Kürzlich musste sich ein Verwaltungsgericht35 mit der Frage der Verkehrsfähigkeit eines „CBD Hanföl für Kamele“ beschäftigen. Das Ergebnis war zumindest für diejenigen vorhersehbar, die immer wieder Berührungspunkte mit der Juristerei haben: Nach dem in fast allen Rechtsgebieten geltenden falsa-demonstratio-Grundsatz (vgl. § 133 BGB, § 300 StPO) ist die „Soll-“ und nicht die „Ist-“Bezeichnung bei der Auslegung aus Sicht eines „durchschnittlich informierten“ Verbrauchers zu beurteilen. Nach diesem Grundsatz mag zwar das betreffende Hanföl als Futterzusatz für Kamele gedacht sein. Nach vernünftigem Ermessen soll es jedoch erwartungsgemäß von Menschen aufgenommen werden. Ein Blick auf das Sortiment des Händlers oder die Produktplatzierung ist erhellend und widerlegt die angebliche Zweckbestimmung. Vergleichbare Probleme lassen sich z.B. auch mit der Lektüre von Kundenbewertungen lösen, wenn ein als „gebrauchsfertiges Aromaöl – nicht zum Verzehr geeignet(es)“ bezeichnetes Produkt tatsächlich zur oralen Aufnahme gedacht ist und von Kunden auch als solches „geschätzt“ wird.

 

7 CBD und Kosmetika

 

7.1 Grundsatz

Kosmetische Mittel wie Öle oder Cremes sind zur äußeren Anwendung gedacht, um den Körper zu pflegen, zu reinigen, zu schützen, das Aussehen zu verändern, ihn in einem guten Zustand zu erhalten oder den Körpergeruch zu beeinflussen, Art. 2 Abs. 1a der VO (EG) Nr. 1223/2009. Der Vertrieb von Kosmetikmitteln ist gem. Art. 3 KosmetikVO zwar in den Grenzen des allgemeinen Sicherheitsgebotes zulässig. Jedoch muss der Hersteller bzw. der Importeur nach Art. 10 i.V.m. Anhang I der VO eine Sicherheitsbewertung nachweisen sowie eine Produktinformationsdatei führen. Denn auch kosmetische Mittel müssen für die menschliche Gesundheit sicher sein, vgl. auch § 26 LFGB. Daher dürfen sie auch keine verbotenen Stoffe i.S. von Art. 14 i.V.m. Anhang II KosmetikVO enthalten. Hierzu zählen nach der laufenden Nr. 306 solche Stoffe, die in den Tabellen I und II des am 30.3.1961 in New York unterzeichneten Einheitsabkommens über Betäubungsmittel aufgezählt sind, nämlich Cannabis (Blüten- oder Fruchtstände, denen das Harz nicht entzogen worden ist), Cannabisharz (d.h. abgesondertes Harz der Cannabispflanze, gleich ob gereinigt oder nicht), Cannabisextrakte sowie Cannabistinkturen. Das hat zur Folge, dass der Vertrieb von kosmetischen Mitteln, die Cannabisharz enthalten, verboten ist.36 Der Vertrieb ist – selbst bei Fahrlässigkeit – strafbewehrt: § 58 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 6 LFGB i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 KosmetikV und Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 a der VO (EG) Nr. 1223/2009.

7.2 Problemfälle

CBD als Inhaltsstoff: Ob dies auch für CBD gilt, ist gerichtlich noch nicht geklärt. Zwar fällt der natürliche Stoff CBD (anders als synthetisches CBD) als Cannabisextrakt unter das Sucht-Einheitsabkommen. Allerdings hat die EU-Kommission im Februar 2021 natürliches CBD in die Liste der erlaubten Herstellungsstoffe (sog. CosIng-Datenbank) aufgenommen. Diese Liste ist jedoch nicht rechtsverbindlich, sondern dient lediglich als Orientierungshilfe.


Kosmetik und THC: Anhang II und III der EG-KosmetikVO enthalten keine Grenzwerte, diese werden auch regelmäßig weit ausgelegt. Der Vertrieb kosmetischer Mittel kann deshalb auch dann erlaubt sein, wenn in dem Mittel geringe Mengen an CBD oder gar THC nachgewiesen werden. Wie auch im Betäubungsmittelrecht ist ausschlaggebend, ob die Kontamination bei der Herstellung technisch vermeidbar war oder nicht. Entscheidend ist, ob der Inverkehrbringer oder Hersteller belegen kann, dass ein Missbrauch der Kosmetika zu Rauschzwecken ausgeschlossen werden kann oder nicht.


Problem der Umgehungsgefahr: Gelegentlich behauptet der Vertreiber, ein CBD-haltiges und folglich dem Novel Food Recht unterliegendes Lebensmittel sei tatsächlich ein kosmetisches Mittel (z.B. Kaugummi zur Mundpflege), weil es die Zwecke nach dem Kosmetikrecht erfülle. Das wird regelmäßig als Schutzbehauptung zu werten sein. Entscheidend ist die objektive Zweckbestimmung des Produktes, die auch mit Hilfe der Aufmachung, Etikettierung und insbesondere der Bewerbung belegt werden kann. Grundsätzlich sind Produkte, die dazu bestimmt sind, eingenommen zu werden, keine kosmetischen Mittel, vgl. Art. 2 Abs. 2 EG-KosmetikV. Dies gilt auch für entsprechende Kaugummis (vgl. Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002).

 

8 CBD und Rauchwaren


CBD-haltige Produkte werden nicht nur im Lebensmittel-, Arzneimittel und Kosmetikbereich als Lifestyleprodukte vermarktet, sondern zunehmend auch als Rauchware, zu denen auch rauchlose Erzeugnisse zählen. Innerhalb von Europa hat sich insbesondere in der Schweiz ein entsprechender Markt entwickelt, wobei dort der Grenzwert für THC bei 1,0% (!) liegt.37 Doch auch auf dem deutschen Markt tauchen zunehmend CBD-haltige E-Liquids oder gar getrocknete CBD-Blüten in Reagenzgläsern zum Räuchern auf, bevorzugt in Tankstellenshops. Hierbei handelt es sich um Nachfüllbehälter für E-Zigaretten, welche unter Verwendung eines akkubetriebenen Verdampfers als flüssige Zubereitungen aus Nicotin, Propylenglycol, Glycerin und verschiedenen Aromastoffen verdampft und vom Konsumenten mittels eines Mundstücks inhaliert werden.


Gemäß § 2 Nr. 1 und 2 Tabakerzeugnisgesetz fallen auch elektronische Zigaretten sowie Nachfüllbehälter unter den Anwendungsbereich des TabakerzG; seit dem 1.1.2021 auch dann, wenn sie gänzlich nikotinfrei sind. Hierzu hatte das BVerwG bereits im Jahr 201438 festgestellt, dass E-Zigaretten weder Medizinprodukte noch die flüssigen Zubereitungen Arzneimittel darstellen, sondern – trotz eines Entwöhnungseffektes – wegen der Genussmitteleigenschaft insgesamt ein Tabakerzeugnis. Folglich finden nicht nur die strafbewehrten39 – Irreführungstatbestände der §§ 18, 34 Abs. 1 Nr. 9, 11 TabakerzG Anwendung, sondern auch die Vorgaben aus §§ 4, 28 Tabakerzeugnis-Verordnung, welche i.V.m. Anlage 1 zur TabakerzV zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbotene Zusatzstoffe in Tabakerzeugnissen abschließend auflistet. So sind z.B. Vitamine, Koffein, Taurin und bestimmte Aromen wie Menthol als Inhaltsstoffe verboten. CBD findet sich allerdings nicht darunter. Hersteller und Importeure unterliegen –- gemäß den Vorschriften des TabakerzG40 zahlreichen Überwachungs- und auch Mitteilungspflichten, insbesondere wenn diese neu (nach dem 19. Mai 2014) hergestellte oder neu importierte E-Zigaretten nebst Liquids in den Verkehr bringen wollen. Denn bei der Erhitzung dürfen nur Inhaltsstoffe Verwendung finden, die weder kalt noch erhitzt eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. In diesen Fällen schreibt der Gesetzgeber – ähnlich wie in der Novel Food – Verordnung – ein Notifizierungsverfahren bei der zuständigen Behörde vor. § 12 Abs. 1 TabakerzG bestimmt, dass neuartige Tabakerzeugnisse nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie zugelassen sind. Die Vorgaben zum Zulassungsantrag des Herstellers bzw. Importeurs sind umfangreich und kostenintensiv.41 Das eigentliche Problem liegt darin, dass § 12 TabakerzG bereits von Wortlaut und Gesetzessystematik her nur für Tabakerzeugnisse im engeren Sinne gilt und nicht für die „verwandten Erzeugnisse“ wie z.B. Nachfüllbehälter. Hier handelt es sich offensichtlich um eine ungewollte Regelungslücke. Denn es dürfte unstreitig sein, dass CBD-Liquids ähnlich wie Tabak konsumiert und bewusst als Alternative zu diesen Genussmitteln genutzt werden. Sie können ebenso in Tabakläden oder Tankstellen erworben werden und entfalten gesundheitliche Relevanz.42 Auch unterfallen sie – als sog. Substitute für Tabakwaren ab dem 1.7.2022 – wie Tabakerzeugnisse künftig der Tabaksteuer. Dennoch gilt hier das im Strafrecht immanente Analogieverbot:43 Danach dürfte eine erweiternde und über §§ 12, 34 Abs. 1 Nr. 6 TabakerzG strafbegründende Auslegung verfassungsrechtlich verboten sein, so dass nach meiner Auffassung der Vertrieb von CBD-Liquids jedenfalls nach dem Tabakrecht straflos ist. Hiervon unberührt bleiben jedoch die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften, da sich „verwandte Erzeugnisse“ und „Betäubungsmittel“ (anders als bei „Tabakerzeugnissen“) nicht gegenseitig ausschließen.44

 

9 Zusammenfassung


Der Stoff CBD ist noch nicht überall im polizeilichen Alltag angekommen, dürfte jedoch wegen seiner strafrechtlichen Allrounder-Eigenschaft zunehmend auch Gegenstand von Ermittlungsverfahren werden. Das setzt jedoch eine entsprechend sensibilisierte Überwachungstätigkeit voraus. Denn gerade im Nebenstrafrecht erfolgen Strafanzeigen i.d.R. durch Behörden und weniger durch Geschädigte. Der Handel mit CBD-haltigen Produkten zu Konsumzwecken unterfällt – je nach analytischer Zusammensetzung und abhängig von der Frage einer Zulassung – regelmäßig den Strafvorschriften der einschlägigen Gesetze zum Betäubungsmittel-, Arzneimittel-, Medizinprodukte-, Lebensmittel-, Kosmetik- oder Tabakrecht. Hierbei spielt es keine Rolle, ob das Produkt durch Rauchen, Verdampfen, Essen oder Auftragen auf die Haut dem menschlichen Körper zugeführt wird. Zumindest für Lebensmittel hat das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit seit geraumer Zeit (unmissverständlich) festgestellt: „Dem BVL ist derzeit keine Fallkonstellation bekannt, wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, als auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre“.


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Anmerkungen

 

  1. Der Autor arbeitet seit vielen Jahren als Dezernent in der Landeszentralstelle für Wein- und Lebensmittelstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft in Bad Kreuznach. Die vorliegenden Ausführungen geben ausschließlich die persönliche Meinung des Autors wieder.
  2. Bechtel, NZWiSt 2021, 222.
  3. Rottmeier, PharmR 2020, 446.
  4. EuGH, Urt. v. 19.11.20, C 663/18, ZLR 1/2021, 58.
  5. Lachenmeier, DLR 08/2019, 362.
  6. Habel/Lachenmeier, CVUA Karlsruhe 4.8.2020.
  7. Schäfer/Tafelski, der Aneasthestist 2021, 552.
  8. Erweitert im Jahr 1971.
  9. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BtMG: nicht natürlich vorkommende Stoffgemische, Gemenge oder Lösungen aus zwei oder mehr Stoffen der Cannabispflanze.
  10. Körner/Patzak/Volmer, BtMG, 9. Aufl. § 1 Rn. 24.
  11. Z.B. bei zerkleinertem, vermahlenem Pflanzenmaterial
  12. Insbesondere Pflanzensäfte wie Harze, Öle oder Milch.
  13. MüKo, 3. Aufl. 2017, § 2 Rn. 18.
  14. Nutzhanfsorte gemäß BLE-Liste.
  15. OLG Hamm, BeckRS 2016, 13673.
  16. BGH, Urteil v. 24.03.2021, 6 StR 240/20.
  17. BT-Drs. 13/3052;  881/1997.
  18. Köbler, PharmR 2021, 327.
  19. KPV, a.a.O § 2 Rn. 6.
  20. Grieb/Hiller, LMuR 2020, 289.
  21. KPV, a.a.O. § 29 Rn. 48 – 51.
  22. BGVV v. 16.3.2000.
  23. Arzneimittelverschreibungsverordnung.
  24. Urt. v. 10.7.2014 – C-358/13 („Legal Highs“).
  25. MüKo StGB 3. Aufl. 2017 § 2 AMG Rn. 8; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2018, 28563.
  26. Statt aller: Fischer, StGB 67. Aufl, § 17 Rn. 5 ff.
  27. OLG Hamm, a.a.O. Rn. 87.
  28. DAZ Online, 19.2.2020.
  29. Siehe Vorlagebeschluss BVerfG v. 20.5.2021 – 3 C9/20 zum EuGH am Beispiel eines Nasensprays.
  30. Urteil v. 16.4.2015 – I RZ 27/14, GRUR 2015, 1140.
  31. EuGH, Urt. v. 9.6.2005 – C 111/03 – juris.
  32. Gem. Art. 3 Abs. 1 NFV auch Bereithalten zu Verkaufszwecken.
  33. Siehe u.a. Verbraucherzentrale: Wissen zu Hanfprodukten.
  34. Niedersächs. OVG, Beschl. v. 4.2.2021 – 13 ME 545/20 – juris.
  35. VG Würzburg, LMuR 2021, 311.
  36. So auch Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht mit Urteil v. 25.1.2021, Az.: 1 B 171/20 – juris.
  37. Bohnen/Schmidt, BeckOK BtMG, 11. Aufl. 2021 § 29 Rn. 32.
  38. BVerwG, Urt. v. 20.11.2014 – 3 C 27.13, PharR 2015, 259.
  39. Über § 34 Abs. 1 Nr. 9 – 11 TabakerzG.
  40. In Umsetzung der Richtlinie 2014/40/EU vom 20.5.2016.
  41. Siehe Zipfel/Rathke, LMR 178. EL 2020 TabakerzG § 12 Rn. 24.
  42. Siehe BfR v. 11.5.2021: E-Zigaretten – alles andere als harmlos.
  43. M-G/Sch StPO, 63. Aufl. 2020 Einl. Rn. 198.
  44. Vgl. KPV, a.a.O. § 1 Rn. 11.