Vom seltenen Fall zum seltsamen Fall!

Von Dr. Susanne Rieckhof, Kiel


Ende Oktober 2020 erhalte ich in meiner Eigenschaft als federführendes Mitglied der GdP-Rechtsschutzkommission (RSK) einen Antrag auf Rechtsberatung wegen „Veröffentlichung meiner Hausarbeit unter Namen..., KHK“ in der Zeitschrift „Die Kriminalpolizei“ – Ausgabe Nr. 2/2020. Die Kollegin, die Mitglied in der GdP ist, schickt auch den fraglichen Artikel über „Die informatorische Befragung in der polizeilichen Praxis“ und ihre Hausarbeit vom Oktober 2018 mit. Bei einer ersten Durchsicht und Prüfung fällt sofort auf, dass es sich bei dem Aufsatz zu 90% um eine Kopie der von ihr im Polizeistudium angefertigten Hausarbeit handelt. Das geistige Eigentum – das Urheberrecht – an dieser Arbeit liegt zumindest dominierend bei unserer Kollegin, die im Sommer 2020 erfolgreich ihr Studium zur Kriminalkommissarin beendet hat. Daran ändern auch die Betreuung durch den KHK und Hochschullehrer sowie die relativierende Studienordnung des Fachbereichs nichts.

Sie wendet sich an diesem Herbsttag nun an ihre GdP, weil sie in einem vorangegangenen Telefonat mit dem hauptamtlichen Dozenten „herablassend und abfällig“ (wie der Dozent später selbst einräumen sollte) behandelt worden sei. Hätte er sich in der ersten Konfrontation mit dem Vorwurf gegenüber seiner ehemaligen Studentin entschuldigt, wäre diese Urheberrechtsverletzung wohl nie offenbar geworden.

So nimmt nun aber die Geschichte eine andere Wendung:

Die Kommissarin ruft auch den Dekan des Fachbereichs an, um ihn über diesen Sachverhalt zu informieren. Dieser beraumt nach einer Prüfung des Vorwurfs ein moderiertes Gespräch zwischen der Lehrkraft und unserem Mitglied an. Da Letztere nicht allein zu dem Termin gehen möchte, begleite ich sie. Dies haben wir zuvor angekündigt. Zu dem moderierten Gespräch mit Dozent und Dekan bereiten wir eine Abmahnung mit Unterlassungserklärung vor, welche die RSK im Rahmen einer rechtlichen Beratung durch eine Vertrauensanwältin in Auftrag gegeben hat. Noch in der Nacht vor dem Termin ändert unser Mitglied die vorbereitete Unterlassungserklärung dahingehend, dass der Ersatz des Schadens, den wir in Höhe von 2.500 Ä für ausreichend und angemessen erachten, nicht ihr persönlich zu Gute kommen soll, sondern unserem GdP-Hilfs- und Unterstützungsfonds sowie einem Kollegen, der im vergangenen Jahr einen harten Schicksalsschlag hatte verkraften müssen. Für sich selbst möchte die junge Kollegin nichts haben! Das Gespräch findet am 2. Dezember statt.

Zunächst spricht der Dozent verniedlichend und abgehoben von einem „Erratum“, was seiner Meinung nach in der GdP-Zeitschrift „Die Kriminalpolizei“ abgedruckt werden sollte, um dann zu betonen, dass er nicht gewillt sei, einen Kniefall vor unserer Kollegin zu machen. Wenn sie seinen Kopf fordere, könne sie diesen haben, er würde dann „eben wieder den gleichen Kram“ machen, wie die Kollegin es tue. Er fragt sodann, was sie denn schon wisse aus ihrer Erfahrung von nur einer Fakultät, schließlich sei das an anderen Hochschulen gang und gäbe, dass Dozenten die Arbeiten ihrer Studierenden unter ihrem eigenen Namen veröffentlichen. Als wir ihm dann die Abmahnung nebst Unterlassungserklärung überreichen, hält er es für absurd, eine solche Summe zu „spenden“, schließlich handele es sich lediglich um einen „Artikel in einer Sub-Altherren-Zeitung“. Im Laufe des Gesprächs räumt er dann ein, Veröffentlichungen gebraucht zu haben, um sich in eine gute Startposition für eine hauptamtliche Stelle zu begeben. Ihm sei nur „wichtig, raus aus der Polizei zu kommen.“ Schließlich resümiert er selbst, dass Ignoranz und Ehrgeiz ihn mal wieder hätten stolpern lassen, so dass er sich bei der Kollegin entschuldigt. Zu mehr sei er jedoch nicht bereit! Und dies aus dem Mund eines hauptamtlichen Dozenten, der auf der Homepage der Hochschule unter anderem für das Studienfach Ethik ausgewiesen ist!

Wir beenden das Gespräch mit dem Hinweis darauf, dass die Abmahnung erklärt und überreicht sei und der Dozent sich die Abgabe der Unterlassungserklärung noch überlegen könne. Tatsächlich kommt ca. eine Woche später die Frage nach der Postadresse unserer Kollegin, so dass es für eine Weile so aussieht, als wäre spät die Einsicht gekommen und das grobe Aufbrausen nur der peinlichen Überraschungssituation geschuldet war. Als dann aber die Unterlassungserklärung endlich eintrifft, wird klar, dass diese gänzlich und nicht abgestimmt geändert wurde: Statt der 2.500 Ä wurden lediglich 200 Ä (das sind 8%!) für einen völlig anderen als die von uns benannten guten Zwecke bezahlt, um den „vermeintlich entstandenen Schaden“, den er in einer Höhe von 170 Ä (= sein Honorar für den Artikel) beziffert und großzügig aufrundet, auszugleichen.

Da hat doch jemand ganz klar den Schuss nicht gehört: Eine Urheberrechtsverletzung ist kein Kavaliersdelikt. Dennoch möchte die betroffene Kollegin einfach nur ihren Rechtsfrieden, da ihr an einem harmonischen und kollegialen Miteinander gelegen ist. Nur weil sie von der GdP-Rechtsschutzkommission intensiv betreut, beraten und begleitet wird, kommt dieser Sachverhalt nun auch ans Tageslicht. Die Reichweite dieser Zeitschrift mit einer Auflage von immerhin etwa 20.000 Exemplaren scheint der Dozent offenbar nicht gut genug zu kennen und seine Reputation, seine Unterrichtsbefähigung sowie seinen angestrebten Doktortitel an der Fernuniversität Hagen nicht sonderlich in Gefahr zu sehen…


Foto: T. Gründemann/GdP.

 

Gütekriterien von Fachaufsätzen: Sachkenntnis, Objektivität und Ehrlichkeit


Von Hartmut Brenneisen, Preetz/Worms

 

Seit den 1970er-Jahren beschäftige ich mich intensiv mit der polizeispezifischen Literatur – zunächst als Studierender und Praktiker, dann als Lehrender und zugleich Herausgeber und Autor von zumeist rechtswissenschaftlichen Publikationen sowie seit 2017 zusätzlich als Verantwortlicher Redakteur der auflagenstarken Fachzeitschrift „Die Kriminalpolizei“.

Aus vielen persönlichen Kontakten weiß ich, dass die allermeisten Autorinnen und Autoren nicht nur uneingeschränkt objektiv und ehrlich agieren, sondern neben ihrer Expertise und erheblichem Arbeitsaufwand auch viel Herzblut in ihre Fachbeiträge investieren.

Nunmehr ist der Redaktion bekanntgeworden, dass ein unserer Zeitschrift eingereichter Aufsatz zur informatorischen Befragung in wesentlichen Punkten auf einer studentischen Hausarbeit basiert – und dies ohne jede Absprache mit der betreuten Verfasserin und ohne Berücksichtigung bestehender Urheberrechte.

Ein Verhalten dieser Art ist nicht hinnehmbar, verletzt es doch neben dem geschriebenen Recht auch das unabdingbare Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten und beleidigt alle redlich und nach wissenschaftlichen Standards arbeitenden Autorinnen und Autoren.

Es versteht sich von selbst, dass Herausgeber, Verlagsleitung und Redaktion angemessene Maßnahmen getroffen haben. Allein eine Entschuldigung reicht in diesem Fall nicht aus und auch ein möglicher Irrtum über bestehende Rechtsansprüche führt zu keiner anderen Bewertung der Sachlage. Wir sind indes zuversichtlich, dass dies ein bedauerlicher Einzelfall bleiben wird und setzen neben den bestehenden Kontrollmechanismen auf ein ausgeprägtes Selbstverständnis sowie hohes Qualitätsbewusstsein in der polizeilichen Literaturszene. Wir freuen uns auch künftig auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Autorinnen und Autoren unserer Fachzeitschrift.


Foto: H. Immel/GdP.