Untreue

Die Tatbestandsalternativen des § 266 StGB

 

Von Jan Pinkepank, Kiel1

 

1 Überblick


In regelmäßigen Abständen zeugt die mediale Berichterstattung von der hohen praktischen Relevanz der Untreue: Sei es der Verdacht der Untreuestrafbarkeit gegen Führungspersönlichkeiten von Automobilkonzernen2 oder gegen den Oberbürgermeister einer Landeshauptstadt3, die Untreue ist – auch im Jahr 2019 – „in aller Munde“.4 Mit diesem Beitrag sollen die grundlegenden Strukturen und Wertungen dieses Delikts vermittelt werden.

 

1.1 Strafgrund und geschütztes Rechtsgut


Die Untreue ist nach § 266 StGB strafbar. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass der Täter fremdes Vermögen schädigt und dies dergestalt, dass er eine ihm übertragene Vertrauensstellung ausnutzt.5 Die Übertragung muss gerade zum Zwecke der Vermögensbetreuung im Interesse des Geschäftsherrn erfolgt sein.6

Durch die Untreue wird allein das Rechtsgut Vermögen – die Gesamtheit der geldwerten Güter einer Person – geschützt7 und folglich nicht die Dispositionsbefugnis des Vermögensinhabers.8 Zwar ist die Untreue durch enttäuschtes Vertrauen und Pflichtverletzung geprägt, dabei handelt es sich aber nicht um eigenständige Schutzgüter; der Taterfolg der vollendeten Untreue ist der Vermögensnachteil.9Die Untreue gehört zu den Vermögensdelikten im engeren Sinne wie bspw. der Betrug (§ 263 StGB) und die Erpressung (§ 253 StGB).10 Allerdings schützen der Betrug und die Erpressung das Vermögen gegen täuschende bzw. nötigende Zugriffe von außen.11 Die Untreue hingegen schützt vor Gefahren von innen, die von derjenigen Person ausgehen, die das Vermögen gerade im Interesse des Vermögensinhabers bewahren soll.12 Kurzum: Das Unrecht der Untreue besteht in der vorsätzlichen Schädigung fremden Vermögens von innen heraus“.13

 

1.2 Grundstruktur

Der Gesetzgeber konfrontiert den Rechtsanwender mit einem recht langen und komplizierten Normtext (Abs. 1). Zusätzlich sind oftmals „Abstecher“ in das Zivilrecht notwendig, um die sich stellenden Fragen beantworten zu können. Daher ist es ratsam und zum Verständnis dieser Norm notwendig, sich sorgfältig mit ihrer Struktur auseinanderzusetzen. Diese lässt sich zunächst „grob“ dargestellt in zwei Tatbestandsalternativen unterteilen, den Missbrauchstatbestand (Abs. 1 Alt. 1) einerseits und den Treuebruchstatbestand (Abs. 1 Alt. 2) andererseits.14 Innerhalb des Normtextes werden beide Varianten durch das hinter dem „missbraucht“ befindliche „oder“ getrennt; fraglich ist allerdings, ob der anschließende Halbsatz „und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt“ für beide Varianten gilt, also gemeinsame Voraussetzungen aufstellt.15

Der Missbrauchstatbestand ist im Verhältnis zum Treuebruchstatbestand als lex specialis einzuordnen, damit der speziellere Tatbestand.16 Die Prüfung des Missbrauchstatbestands erfolgt damit grundsätzlich vorrangig gegenüber der des Treuebruchstatbestands, da die Voraussetzungen der Alt. 1 enger ausgestaltet sind.17 Diese strenge Vorrangigkeit wird aber zumindest dadurch „relativiert“, dass die h.M. für beide Varianten eine sog. Vermögensbetreuungspflicht voraussetzt.18 Damit wird der Charakter der allgemeineren Alt. 2 als Auffangtatbestand – für die Fälle, in denen die Voraussetzungen der Alt. 1 nicht vorliegen – deutlich.19 Wegen der in der Praxis bedeutsameren allgemeineren Alt. 2 beginnen die Ausführungen mit dem Treuebruchstatbestand.20Die versuchte Untreue hat der Gesetzgeber nicht mit Strafe bedroht (§§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 2 StGB). Die Untreue (§ 266 StGB) ist von der Veruntreuung (§ 246 Abs. 2 StGB) zu unterscheiden; für letztere bedarf es keines besonderen Treueverhältnis iSv § 266 StGB.21

 

1.3 Sonderdelikt

Täter des § 266 StGB kann nach der h.M. nur ein Vermögensbetreuungspflichtiger sein.22 Es werden besondere Anforderungen an die Person des Täters gestellt, bei deren Nichtvorliegen eine Strafbarkeit ausscheidet; damit ist § 266 StGB kein Allgemeindelikt, welches grundsätzlich jede natürliche Person als Täter begehen kann, sondern ein Sonderdelikt.23 Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, scheidet eine Täterschaft (§ 25 StGB) aus und es kommen nur noch eine Anstiftung (§ 26 StGB) bzw. eine Beihilfe (§ 27 StGB) in Betracht, also Teilnahme.24

 

 

2 Objektiver Tatbestand

 

2.1 Treuebruchstatbestand (Abs. 1 Alt. 1)

2.1.1 Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses

Trotz des grundsätzlich unterschiedlichen Wortlauts „Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen“ und „Vermögensinteressen er zu betreuen hat“ sind damit nicht zwei inhaltlich unterschiedliche, sondern eine identische Pflicht gemeint; es besteht somit nicht neben der Vermögensbetreuungspflicht noch eine anders ausgestalte Vermögenswahrnehmungspflicht.25

Im Gegensatz zum Missbrauchstatbestand sind beim Treuebruchstatbestand auch sonstige Treueverhältnisse erfasst: Täter kann auch sein, wer nicht rechtswirksam im Außenverhältnis handelt oder nur rein tatsächlich zur Vermögensfürsorge verpflichtet ist.26 Ein tatsächliches Treueverhältnis setzt die Einräumung einer tatsächlichen Herrschaftsmacht über fremdes Vermögen voraus.27

 

Beispiel: Der Vorstand einer AG ist durch einen nicht vorschriftsmäßig besetzten Aufsichtsrat bestellt worden.28

 


Hinsichtlich des Ursprungs der Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags oder Rechtsgeschäfts gelten die Ausführungen unter 2.2.1 entsprechend.

2.1.2 Vermögensbetreuungspflicht des Täters

Die bestehende Vermögensbetreuungspflicht ist der „Angelpunkt“ bei der Bestimmung von möglichen Tätern des § 266 StGB.29 Nach h.M. liegt eine Vermögensbetreuungspflicht dann vor, wenn eine Pflicht besteht, deren Inhalt die Vermögensfürsorge für einen anderen in einer (wirtschaftlich) nicht ganz unbedeutenden Angelegenheit ist und ein gewisser Grad an Eigenverantwortlichkeit besteht.30 Dem Täter wird eine „Machstellung“ innerhalb der Vermögenssphäre des Vermögensinhabers (Opfer) anvertraut.31

Die Pflicht bezieht sich also auf die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen.32 Der Täter ist – als Ausdruck seiner Eigenverantwortlichkeit – nicht zu einer bestimmten Handlung verpflichtet (Handlungsalternativen).33 Bei unerheblicher wirtschaftlicher Bedeutung wird eine (schwer zu bestimmende) Bagatellgrenze nicht überschritten und eine Strafbarkeit nach § 266 StGB scheidet aus.34 Ob eine Vermögensbetreuungspflicht vorliegt, bestimmt sich nach den gesamten Umständen des in Frage stehenden Falls.35

Entscheidend ist, dass die Vermögensbetreuungspflicht eine Hauptpflicht des Grundverhältnisses – genauer: die fremdnützige Vermögensfürsorge wesentlicher Inhalt36 – sein muss, sodass sonstige Vertragspflichtverletzungen zwar zu Vermögensschäden führen können, die Strafbarkeit nach § 266 StGB aber nicht auf diese gestützt werden kann;37 schlichte Vertragspflichtverletzungen sollen nicht kriminalisiert werden.38

Die arbeitsrechtliche Treuepflicht eines Arbeitnehmers allein genügt nicht, vielmehr muss die Möglichkeit zur selbstständigen Entscheidung in einem Pflichtenkreis von einiger Bedeutung bestehen.39

 

Beispiele: Leiter einer Verkaufsfiliale40 oder Kassierer, die eigenverantwortlich die Tagesabrechnung erstellen.41

 


Angestellte des öffentlichen Dienstes, Amtsträger, Beamte oder sonstige Amtswalter sind vermögensbetreuungspflichtig, soweit sie nach ihrem Aufgabengebiet selbstständig über fremdes Vermögen (insbesondere der öffentlichen Hand) entscheiden.42

 

Beispiel: Polizeibeamter gegenüber dem Dienstherrn in Bezug auf erhobene Verwarnungsgelder.43

 

2.1.3 Verletzung der dem Täter obliegenden Vermögensbetreuungspflicht

Der Täter muss die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzen. Dazu genügt jedes Tun oder Unterlassen, welches im Widerspruch zur Vermögensbetreuungspflicht steht.44 Dieses pflichtverletzende Verhalten muss – anders als bei Alt. 1 – keinen rechtsgeschäftlichen Charakter haben, sodass grundsätzlich auch tatsächliches Handeln oder Unterlassen den Tatbestand der Untreue erfüllen können.45 Dabei genügt nicht jede, sondern nur eine „gravierende“ oder „evidente“ Pflichtverletzung:46 Anwendungsbereich können bspw. Spenden sein, die zum Zwecke der Kunst-, Wissenschafts- oder Sportförderung durch Vorstände von Gesellschaften getätigt werden.47 Überdies bedarf es eines sachlich-funktionalen Zusammenhangs zwischen Pflichtverletzung und Vermögensbetreuungspflicht: Ist in einem ersten Schritt die Verletzung einer dem Täter obliegenden Pflicht bejaht worden, so schließt sich in einem zweiten Schritt die Feststellung darüber an, ob diese verletzte Pflicht gerade zu den Vermögensbereuungspflichten des Täters gehört.48 Dazu muss Gegenstand der verletzten Pflicht die Vermögensbetreuung sein.49

 

Beispiel: Es stellt keine iSv § 266 StGB einschlägige Pflichtverletzung dar, wenn der verärgerte Prokurist das Geschirr der Werkskantine zu Bruch schlägt; dies stellt nur ein (vermögensschädigendes) Handeln bei Gelegenheit dar, welches ihm zwar aufgrund seiner betrieblichen Stellung erst möglich ist, aber nicht in seinen vermögensbezogenen Aufgabenkreis fällt.50

 


Ist der Vermögensinhaber mit dem – grundsätzlich pflichtverletzenden – Verhalten des Täters vorab einverstanden, so entfällt nach h.M. ausnahmsweise die Pflichtwidrigkeit und der Tatbestand des § 266 StGB ist nicht erfüllt.51

 

2.1.4 Vermögensnachteil bei dem zu betreuenden Vermögen

 

Aufgrund der Pflichtverletzung muss ein Vermögensnachteil bei der Person eingetreten sein, deren Vermögensinteressen der Täter zu betreuen hatte.52 Der Begriff des Vermögensnachteils iSv § 266 StGB deckt sich mit dem des Vermögensschadens iSv § 263 StGB:53 Nach der h.M. liegt ein solcher vor, wenn der Verlust einer Vermögensposition nicht durch den Zugewinn einer entsprechend gleichwertigen Vermögensposition wieder ausgeglichen wird, sodass das Vermögen eine Wertminderung erfahren hat.54 Sind Anfangs- und Endbestand des Vermögens gleich, so fehlt es an einem Vermögensnachteil.55 Mittelbare Schädigungen Dritter begründen keinen Vermögensnachteil iSv § 266 StGB, es genügt allein die Nachteilszufügung an dem zu betreuenden Vermögen („und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt“):56 Zu betreuendes und verletztes Vermögens müssen identisch sein.57 Das Vorliegen eines Vermögensnachteils muss positiv festgestellt werden und darf nicht mit der Pflichtverletzung gleichgesetzt bzw. automatisch aus dieser gefolgert werden; es droht sonst die Gefahr der Verletzung von Art. 103 Abs. 2 GG.58 Dabei soll nach der Rechtsprechung und der h.M. das Vorliegen einer sog. schadensgleichen konkreten Vermögensgefährdung – entsprechend zum Betrug (§ 263 StGB) – ausreichen:59 Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise reicht auch die hohe Wahrscheinlichkeit späterer Verluste zur Annahme eines Vermögensnachteils- bzw. -schadens.60

 

Beispiel: Die mangelhafte Dokumentation von Zahlungen kann eine schadensgleiche Vermögensgefährdung darstellen, wenn im Einzelfall mit einer doppelten Inanspruchnahme zu rechnen und auf Grund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche Erschwerung der Rechtsverteidigung zu besorgen ist.61 Allerdings fehlt es insoweit am rechtsgeschäftlichen Charakter, sodass der Treuebruchstatbestand zu prüfen ist und diese Frage sich dort stellt.62

 

2.2 Missbrauchstatbestand (Abs. 1 Alt. 1)

2.2.1 Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis für fremdes Vermögen aufgrund Gesetzes, behördlichen Auftrags oder Rechtsgeschäfts

Es ist erforderlich, dass der Täter für fremdes Vermögen eine Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnis innehat.63 Dem Täter muss also die Fähigkeit zukommen, eine Verfügung oder Verpflichtung für den Vermögensinhaber rechtswirksam vornehmen zu können.64 Der Inhaber einer Verfügungsbefugnis kann wirksam Verfügungsgeschäfte vornehmen, bspw. das Eigentum an einer Sache des Vermögensinhabers übertragen.65 Die Verpflichtungsbefugnis verleiht die Fähigkeit, einen anderen wirksam zu verpflichten, dessen Vermögen wirksam mit einer Verbindlichkeit zu belasten (bspw. der Abschluss eines Kauvertrags über eine Sache des Vermögensinhabers).66

Der Befugnisinhaberkönnte also – je nach Befugnis – das Eigentum an einem Auto des Vermögensinhabers übertragen oder einen Kaufvertrag schließen, an den dann der Vermögensinhaber gebunden wird. Die BefugnisiSv § 266 Abs. 1 StGB hat sich damit auf Vermögen zu beziehen, das nicht allein dem Täter zusteht, für diesen fremd ist.67 Ob die Verpflichtung oder die Verfügung wirksam sowie das Vermögen, auf das sich die Befugnis bezieht, fremd ist, bestimmt sich nach dem Bürgerlichen Recht.68Die o.g. Befugnisse kommen dem Inhaber zu, weil sie ihm kraft Gesetzes (bspw. die Eltern eines Kindes nach §§ 1626 ff. BGB) zustehen, aufgrund behördlichen Auftrags oder durch Rechtsgeschäft (bspw. die Erteilung einer Vollmacht nach §§ 164 ff. BGB, insbesondere die Prokura nach den §§ 48 ff. HGB) übertragen worden sind.69

 

2.2.2 Missbrauch dieser Befugnis

Tathandlung von Abs. 1 Alt. 1 ist das Missbrauchen der Befugnis.70 Der Begriff des Missbrauchs lässt sich zunächst in die Bestandteile „Gebrauch“ und „Missbräuchlichkeit“ – des Gebrauchs – aufteilen; der Gebrauch meint die Ausübung der mit der Befugnis einhergehenden Fähigkeiten.71

Ein Missbrauch der Befugnis liegt vor, wenn der Täter im Innenverhältnis (dh Täter zu Vermögensinhaber) gegen Pflichten verstößt, die er gegenüber dem Vermögensinhaber hat, er aber im Außenverhältnis (dh Vermögensinhaber zu Drittem) rechtswirksam72 ein Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäft vornimmt.73 Folglich ist Missbrauchen das Überschreiten des rechtlichen Dürfens im Rahmen des rechtlichen Könnens.74 Als Tathandlung des Missbrauchstatbestands (Abs. Alt. 1) kommt somit nur rechtsgeschäftliches Handeln in Betracht – rein tatsächliches Handeln, wie unordentliche Buchführung oder der Verbrauch einer anvertrauten Sache, kann aber grundsätzlich taugliche Tathandlung des Treuebruchstatbestands sein.75 Das Rechtsgeschäft muss im Außenverhältnis (zivilrechtlich) wirksam sein.76

 

Beispiel: T war Vertriebsleiter der Firma R, die Supermärkte belieferte. In dieser Funktion war T insbesondere für das Aushandeln und den Abschluss von Geschäften mit Großkunden der Firma R zuständig und bevollmächtigt, im Außenverhältnis wirksam Verträge abzuschließen. Im Innenverhältnis musste er die Vertragsangebote mit dem Geschäftsführer der Firma R abstimmen. T schloss mehrfach unter Missachtung der Vorgaben der Geschäftsleitung Kaufverträge mit zu geringen, unter dem Einkaufs- bzw. Herstellungspreis liegenden Verkaufspreisen ab.77

 


Die Pflichten im Innenverhältnis beruhen zumeist auf Vereinbarungen zwischen dem Täter und dem Vermögensinhaber (Grundverhältnis); sie ergeben sich bspw. aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 611 BGB) oder einem Auftrag (§ 662 BGB).78

 

2.2.3 Vermögensbetreuungspflicht des Täters (h.M.)

Es ist grundsätzlich umstritten, ob Voraussetzung des Missbrauchstatbestands das Bestehen einer sog. Vermögensbetreuungspflicht ist.79 Wie oben skizziert ist zu klären, ob der Halbsatz „und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt“ für beide Varianten des Abs. 1 gilt.80 Für die h.M.81 und damit dafür, dass sowohl der Missbrauchstatbestand als auch der Treuebruchstatbestand eine Vermögensbetreuungspflicht voraussetzen, sprechen insbesondere der Wortlaut der Norm und der Wille des Gesetzgebers:82 Einerseits gilt der besagte Halbsatz nach seiner Stellung im Satzgefüge für beide Tatbestände und setzt ausdrücklich die Vermögensbetreuungspflicht voraus. Andererseits soll in den Kreis der (möglichen) Täter nicht jeder Vertreter, sondern nur Personen aufgenommen werden, denen eine zentrale vermögensbezogene Stellung zukommt. Die Verleihung der Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis ist grundsätzlich ein starkes Indiz für das Vorliegen einer Vermögensbetreuungspflicht.83

 

2.2.4 Vermögensnachteil bei dem zu betreuenden Vermögen

Hinsichtlich des Vermögensnachteils siehe oben (2.1.4).

 

3 Subjektiver Tatbestand


§ 266 StGB ist als Vorsatzdelikt (§ 15 StGB) ausgestaltet, wobei Eventualvorsatz genügt.84 Gegenstand des Vorsatzes sind alle objektiven Tatbestandsmerkmale. In Abgrenzung zum Betrug (§ 263 StGB) und zur Erpressung (§ 253 StGB) ist es zur Erfüllung des Tatbestands nicht notwendig, dass der Täter mit der Absicht rechtswidriger Bereicherung handelt.85 Typischerweise handelt der Untreuetäter aber aus eigenem Streben nach Gewinn, sodass fehlender Eigennutz strafmildernd berücksichtigt werden kann.86

 

Anmerkungen

 

  1. Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Deutsches und Internationales Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel von Prof. Dr. Dennis Bock.
  2. Jüngst VW und Porsche: www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/untreue-verdacht-gegen-vw-betriebsratschef-osterloh-16231956.html und www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/grossrazzia-von-186-ermittlern-wegen-untreue-bei-porsche-16210636.html (letzte Aufrufe: 26.6.19).
  3. www.faz.net/aktuell/politik/inland/anklage-wegen-untreue-hannovers-oberbuergermeister-schostok-tritt-zurueck-16164559.html (letzter Aufruf: 26.6.19).
  4. Saliger JA 2007, 326.
  5. Jäger, in: Joecks/Jäger StGB, 12. Auflage 2018, § 266 Rn. 1; Bock, Strafrecht Besonderer Teil II, 2018, S. 512.
  6. Hoyer, in: SK-StGB, 9. Auflage, § 266 Rn. 2, 18.
  7. BVerfG B. v. 23.6.2010 – 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09 – BverfGE 126, 170 (200).
  8. BGH U. v. 4.11.1997 – 1 StR 273/97 – NStZ 1998, 514 (515); Bock, Strafrecht Besonderer Teil II, 2018, S. 512.
  9. Mitsch JuS 2011, 97 (98).
  10. Maier, in: MüKoStGB, 3. Auflage 2019, § 253 Rn. 28; Mitsch JuS 2011, 97 (98).
  11. Saliger JA 2007, 326 (327).
  12. Schünemann NStZ 2005, 473 (474).
  13. Schünemann NStZ 2005, 473 (474).
  14. Mitsch JuS 2011, 97 (98); Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Auflage 2017, § 266 Rn. 11; Dierlamm, in: MüKoStGB, 3. Auflage 2019, § 266 Rn. 23; Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 856.
  15. Rengier, Strafrecht Besonderer Teil 1, 21. Auflage 2019, Rn. 4.
  16. Dierlamm, in: MüKoStGB, 3. Auflage 2019, § 266 Rn. 31; Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 863.
  17. Rengier, Strafrecht Besonderer Teil 1, 21. Auflage 2019, Rn. 4; Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Auflage 2017, § 266 Rn. 26; Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 856.
  18. Ransiek ZStW 116 (2004), 634 (635); Mitsch JuS 2011, 97 (98 Fn. 12); zum Streit Dierlamm, in: MüKoStGB, 3. Auflage 2019, § 266 Rn. 24 ff. mwN.
  19. Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 856; Mitsch JuS 2011, 97 (98); kritisch: Hoyer, in: SK-StGB, 9. Auflage, § 266 Rn. 88.
  20. Bock, Strafrecht Besonderer Teil II, 2018, S. 513.
  21. Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Auflage 2017, § 266 Rn. 40.
  22. Hoyer, in: SK-StGB, 9. Auflage 2019, § 266 Rn. 1.
  23. Mitsch JuS 2011, 97 (98); Schünemann, in: LK-StGB, 12. Auflage 2012, § 266 Rn. 201.
  24. Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 855.
  25. Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Auflage 2017, § 266 Rn. 59; Rengier, Strafrecht Besonderer Teil 1, 21. Auflage 2019, § 18 Rn. 15.
  26. Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 882 mwN.
  27. Wittig, in: BeckOK StGB, 42. Edition Stand 01.05.2019, § 266 Rn. 32.
  28. Schünemann, LPK-Untreue, Sonderausgabe 2017, Rn. 78.
  29. Saliger JA 2007, 326 (327).
  30. Bock, Strafrecht Besonderer Teil II, 2018, S. 514 mwN; Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 890 mwN.
  31. Saliger JA 2007, 326 (327).
  32. Dierlamm, in: MüKoStGB, 3. Auflage 2019, § 266 Rn. 47.
  33. Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Auflage 2017, § 266 Rn. 49; Dierlamm, in: MüKoStGB, 3. Auflage 2019, § 266 Rn. 53.
  34. Bock, Strafrecht Besonderer Teil II, 2018, S. 525 mwN.
  35. BGH U. v. 11.12.1957 - 2 StR 481/57 - NJW 1960, 53; zur Gewichtung der einzelnen Indizien Saliger JA 2007, 326 (328).
  36. Bock, Strafrecht Besonderer Teil II, 2018, S. 515.
  37. Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Auflage 2017, § 266 Rn. 31.
  38. Mitsch JuS 2011, 97 (100).
  39. Wittig, in: BeckOK StGB, 42. Edition Stand 1.5.2019, § 266 Rn. 40.2.
  40. BGH U. v. 21.10.2003 - 1 StR 544/02.
  41. OLG Hamburg B. v. 10.6.2009 - 3 Ss 29/09.
  42. Wittig, in: BeckOK StGB, 42. Edition Stand 01.05.2019, § 266 Rn. 40.1.
  43. OLG Köln U. v. 12.12.1963 - Ss 335/62 - NJW 1963, 1992.
  44. Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 897.
  45. Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Auflage 2017, § 266 Rn. 64; Perron, in: Schönke/Schröder, 30. Auflage 2019, § 266 Rn. 35.
  46. BVerfG B. v. 23.6.2010 - 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09 - BVerfGE 126, 170 (182, 211); Hoyer, in: SK-StGB, 9. Auflage 2019, § 266 Rn. 46: „dritter Schritt“ der Prüfung.
  47. Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 898.
  48. Hoyer, in: SK-StGB, 9. Auflage 2019, § 266 Rn. 51.
  49. BGH B. v. 12.12.2012 - 5 StR 380/12 - wistra 2013, 104.
  50. Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Auflage 2017, § 266 Rn. 62.
  51. Fischer, StGB, 66. Auflage 2019, § 266 Rn. 90.
  52. Dierlamm, in: MüKoStGB, 3. Auflage 2019, § 266 Rn. 201.
  53. Jäger, in: Joecks/Jäger StGB, 12. Auflage 2018, § 266 Rn. 39.
  54. BGH B. v. 29.6.2010 - 1 StR 245/09 - NStZ 2011, 83; Hoyer, in: SK-StGB, 9. Auflage 2019, § 263 Rn. 193, ausführlich zum Vermögensschaden Rn. 182 ff.
  55. Schünemann, LPK-Untreue, Sonderausgabe 2017, Rn. 217.
  56. Mitsch JuS 2011, 97 (101); Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 900.
  57. Schünemann, LPK-Untreue, Sonderausgabe 2017, Rn. 221.
  58. Bock, Strafrecht Besonderer Teil II, 2018, S. 572 mwN.
  59. BGH U. v. 15.11.2001 - 1 StR 185/01 - NJW 2002, 1211.
  60. BGH U. v. 15.4.2015 − 1 StR 337/14 - NStZ 2015, 514 (515); Ransiek ZStW 116 (2004), 634 (658 ff.).
  61. BGH B. v. 26.4.2001 - 5 StR 587/00 - NJW 2001, 3638.
  62. Rengier, Strafrecht Besonderer Teil 1, 21. Auflage 2019, Rn. 15.
  63. Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 859.
  64. Mitsch JuS 2011, 97 (99).
  65. Hoyer, in: SK-StGB, 9. Auflage 2019, § 266 Rn. 75; Mitsch JuS 2011, 97 (99).
  66. Schünemann, in: LK-StGB, 12. Auflage 2012, § 266 Rn. 46; Mitsch JuS 2011, 97 (99).
  67. Fischer, in: StGB-Kommentar, 66. Auflage 2019, Rn. 11; vgl. Dierlamm, in: MüKoStGB, 3. Auflage 2019, § 266 Rn. 47.
  68. Jäger, in: Joecks/Jäger StGB, 12. Auflage 2018, § 266 Rn. 17.
  69. Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 861; BGH B. v. 16.11.2010 - 1 StR 502/10 - NStZ 2011, 280 (281).
  70. Bock, Strafrecht Besonderer Teil II, 2018, S. 547.
  71. Mitsch JuS 2011, 97 (99).
  72. BGH B. v. 1.2.2007 – 5 StR 467/06 – NStZ 2007, 579 (580).
  73. Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Auflage 2017, § 266 Rn. 86; Hoyer, in: SK-StGB, 9. Auflage 2019, § 266 Rn. 75.
  74. BGH U. v. 16.6.1953 – 1 StR 67/53.
  75. Wittig, in: BeckOK StGB, 42. Edition Stand 1.5.2019, § 266 Rn. 16.
  76. BGH B. v. 13.2.2007 - 5 StR 400/06.
  77. Nach BGH U. v. 16.12.2010 - 4 StR 492/10.
  78. Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 864.
  79. Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 878.
  80. Rengier, Strafrecht Besonderer Teil 1, 21. Auflage 2019, Rn. 4; Eisele, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Auflage 2017, Rn. 878.
  81. BGH U. v. 6.12.2001 - 1 StR 215/01 - NJW 2002, 1585; statt aller Dierlamm, in: MüKoStGB, 3. Auflage 2019, § 266 Rn. 31.
  82. Dazu ausführlich Bock, Strafrecht Besonderer Teil II, 2018, S. 549 f.; Labsch NJW 1986, 104, (107 f.).
  83. Mitsch JuS 2011, 97 (100).
  84. Dierlamm, in: MüKoStGB, 3. Auflage 2019, § 266 Rn. 283.
  85. Mitsch JuS 2011, 97 (98) mwN.
  86. BGH B. v. 26.5.1983 - 4 StR 265/83.