Editorial März 2010

Liebe Leserin,
lieber Leser,

„Osama bin Laden droht Amerika„ titelt der Journalist Hans Leyendecker in der Süddeutschen Zeitung vom 25. Januar 2010. Der Terrorführer hat sich nicht nur zu der Attacke bekannt, sondern auch den USA mit neuen Angriffen gedroht: „Amerika wird nie davon träumen können, in Frieden zu leben, solange wir es nicht in Palästina können.„ Die Bekennung zu dem Ereignis in Detroit im vergangenen Dezember, fortlaufende Videobotschaften mit diversen Drohszenarien verknüpft mit den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden verdeutlichen die Handlungsfähigkeit der „Terrorholding al-Qaida„ (so Leyendecker) und der sie unterstützenden Organisationen. Der Täter von Detroit war erneut von Europa aus zu seiner Mission gestartet, was mit Blick auf den 11. September 2001 auch in Deutschland böse Erinnungen weckt. Einen Höhepunkt hatte die Terrorgefahr in Deutschland am 4. September 2007 erreicht, als die Festnahme der von der Islamischen Dschihad-Union (IJU, Islami Cihad Ittehadi, Ittihad al-Jihad al-Islami) gesteuerten so genannten „Sauerland-Gruppe„ bekannt wurde. Die Urheberschaft der früheren Attentate in Usbekistan, die der IJU zugeschrieben wurden sowie die Existenz dieser Organisation war nach den vereitelten Anschlägen in der Bundesrepublik nicht unumstritten.

Herbert Klein Kriminaldirektor, Polizeipräsidium Mainz , Chefredakteur


Vor diesem Hintergrund ist der Beitrag von Dr. Michail Logvinov, Technische Universität Chemnitz, aktuell und interessant zugleich. Unter dem Titel „Islamische Dschihad-Union – ein greifbares Phantom„ befasst er sich unter verschiedenen Aspekten mit dieser Organisation, die für präventive und repressive Bekämpfungskonzepte von Interesse sein dürften. Über eine Betrachtung der Mutterorganisation der IJU, der Islamischen Bewegung Usbekistans (IBU/IMU), einer Abspaltung der Islamischen Jihad Group, beschreibt er ihren Weg zum internationalen Dschihad. Der Aktionismus der IJU wurde dabei stark durch eine (Dschihadistische) Online-Propaganda bestimmt. Bevor die IJU im September 2007 als dubiose Strippenzieherin der Sauerland-Gruppe ins mediale Rampenlicht rückte, sorgte sie für eine Reihe Aufsehen erregender Anschläge auf pakistanische Ziele. Dr. Logvinov sieht im Einfluss auf mit Islamisten sympathisierende türkische Milieus Gefahren für Deutschland. Zusammenfassend stellt er fest, dass wirksame US-Drohnenangriffe im Jahr 2009 den Kämpfergruppen herbe Rückschläge beschert haben. Dabei hat die IJU ihre offenbar führenden Köpfe verloren. Die internationalen Geheimdienstkreise gelangten zu der Einschätzung, dass von der IJU „womöglich nicht mehr allzu viel übrig geblieben [ist]„. Gleichwohl hält es Dr. Logvinov für denkbar, dass die Al-Qaida und die Taliban weiterhin an der Rekrutierung von Türken und deutschstämmigen gewaltbereiten Islamisten für den Kampf in Afghanistan interessiert sind. Hier könnte sich die Islamische Dschihad-Union nach seiner Einschätzung wieder erfolgreich einbringen.

Deutschland ist nach wie vor eines der Hauptzielländer des Menschenhandels. Im Jahr 2008 wurden 482 Ermittlungsverfahren „Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung„ abgeschlossen – die höchste Fallzahl in den letzten zehn Jahren. Christoph Selinger, Universität Trier, stellt in seinem Beitrag „Deliktsbereich Menschenhandel„ weiter fest, dass sich die Polizei und andere betroffene Behörden vor immer neue Herausforderungen gestellt sehen. Er versucht über eine Beschreibung der aktuellen Situation, Möglichkeiten und Grenzen für eine Zusammenarbeit der Behörden zu beschreiben. Auch wegen einer nicht seltenen Verknüpfung des Phänomens mit Fällen aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität, erkennt er die Erforderlichkeit, neue Ansätze zur Bekämpfung des Kontrolldelikts Menschenhandels zu verfolgen. Angesichts der vielen unterschiedlichen betroffenen Rechtsgebiete und der verschiedenen zuständigen Behörden sieht er eine effektive Bekämpfung des Menschenhandels nur durch eine enge und effektive Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden gewährleistet. Den Gesetzgeber sieht er gefordert, an einigen Stellen bessere Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu schaffen bzw. Unklarheiten in der Rechtsanwendung zu beseitigen.

Herbert Klein