Editorial Juni 2008

Liebe Leserin,
lieber Leser,

circa zehn Prozent der polizeilich ermittelten Tatverdächtigen, sind für ungefähr 50 Prozent der polizeilich bekannt gewordenen Straftaten verantwortlich. Bei der Polizeidirektion Landau sind 34,4 Prozent der Tatverdächtigen rückfällige Täter. Vor diesem Hintergrund stellen Brigitte Nilges, Kriminaloberrätin, und Falko Grote, Polizeioberkommissar, beide Kriminalinspektion Landau, unter dem Titel „Intensivtäterorientierung – Polizeiliche Konzepterfahrungen einer Flächendirektion„ die Realisierung eines zielgerichteten Maßnahmenbündels vor. Im September 2006 wurde eine Projektgruppe zur Beschreibung eines Konzeptes Intensivtäterorientierung ins Leben gerufen, die sich zunächst mit dem Problem der Definition des Begriffs „Intensivtäter„ konfrontiert sah. Eine zentrale Entscheidungs- und Bewertungsstelle bei der Führungsgruppe der Polizeidirektion hatte die Aufgabe, Tatverdächtige nach festgelegten Kriterien als Intensivtäter zu benennen und der für den Wohnort zuständigen Dienststelle zur Bearbeitung zuzuweisen. Jeder Intensivtäter erhielt einen „eigenen„ Sachbearbeiter, der die Umsetzung eines Maßnahmenbündels zu gewährleisten hatte. Teil des Konzepts bildete auch eine zentrale Datei, die den Zugriff aller Polizeibeamten der Polizeidirektion auf die tagesaktuellen Erkenntnisse ermöglichte. Die Polizei hat einem ganzheitlichen Ansatz folgend sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die sozialen Dienste, Bewährungshelfer, Jugendämter und vergleichbare Einrichtungen in die Maßnahmen eingebunden. Ein messbarer Erfolg spricht für eine Fortführung des Konzeptes.

„Wer, wenn nicht wir? - Schülerbilder gegen Gewalt undRassismus„ titelt Silvia Izi, Grafikerin und Initiatorin eines Projektes, mit dessen Hilfe mobil gemacht werden soll gegen die zunehmende Gewalt und den wachsenden Rassismus.
Der Name des 1992 mit 350 Bildern aus zwölf Ludwigshafener Schulen begonnenen Projektes ist Programm. Inzwischen sind mehrere Tausend Bilder aus rund 260 Schulen zusammen gekommen. 78 Mal tourte die Ausstellung bisher quer durch Deutschland. Auch im Europäischen Parlament in Straßburg sowie im Kulturzentrum von Valletta in Malta war sie zu sehen. Wandern und wachsen heißt die Devise, denn die Ausstellung wird nur dort gezeigt, wo sich Schulen vor Ort mit eigenen Bildern beteiligen. Dadurch wird die Ausstellung ständig erweitert und bereichert und bleibt stets aktuell. Gleichzeitig ermöglicht dieses Vorgehen langfristig eine größtmögliche Breitenwirkung. Durch die Aufnahme in die Wanderausstellung erfahren die Schüler und Schülerinnen eine unmittelbare Würdigung ihrer Arbeiten. Und indem die Ausstellung ständig auf Wanderschaft ist, bleiben die Bilder im Gedächtnis. Wichtig bei der künstlerischen Bearbeitung des Themas „Gewalt und Rassismus„ ist es, im Erfahrungsbereich der Jugendlichen anzusetzen, so die Initiatorin. Die deutsche UNESCO-Kommission hat diese einmalige und erfolgreiche Wanderausstellung als offiziellen Beitrag zur internationalen Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit zugunsten der Kinder dieser Welt (2001-2010) anerkannt – ein verdienter Lohn der fortlaufenden engagierten Bemühungen. Auch 2008 ist die Ausstellung unterwegs. Im Mai ist „Wer, wenn nicht wir?„ in der „Phantastischen Bibliothek„ in Wetzlar zu sehen und im Juni anlässlich der Bad Hersfelder Festspiele in der Gesamtschule Geistal. Kooperationspartner für die beiden Ausstellungen sind Lehrer und Lehrinnen sowie Schüler und Schülerinnen der Gesamtschule.
Die einzelnen örtlichen Projekte werden durch Spenden und Sponsoren der jeweiligen Veranstalter finanziert. Ohne die erheblichen Eigenleistungen der Initiatorin, die die Realisierung des Projektes in den vergangenen acht Jahren praktisch ohne jegliche Aufwandsentschädigung betrieben hat, wäre das Projekt in diesem Umfang jedoch nicht möglich gewesen. Dies zeigt allerdings auch das herausragende und beispielgebende Engagement von Silvia Izi aus Ludwigshafen in Zeiten globalisierter Gewalt und Rassismus.
In Deutschland ist alles in Ordnung. Und wenn nicht, gilt das Ordnungswidrigkeitengesetz. Leistung lohnt sich und Qualität setzt sich durch, auch auf den Weltmärkten. Und wenn nicht, leistet man Überzeugungsarbeit, wirbt, erklärt, führt vor, verhandelt und erhält schließlich den Auftrag. Und wenn nicht, besticht man, systematisch, über Jahre, immer wieder und überall. Oder waren es vielleicht nur Einzelfälle, Verschwörungen kleiner Banden krimineller Mitarbeiter, die sich in den Innereien von Konzernen so festgesetzt hatten, dass sie in der Stratosphäre eines Vorstandes einfach nicht zu entdecken waren, ungetreues Fußvolk? Glücklicherweise leisten namhafte Repräsentanten der Politik immer wieder wertvolle Aufklärungshilfe und ermöglichen die Einsicht, dass weder der deutsche Staat mit seinen Institutionen und seinem Verwaltungsapparat noch die deutsche Wirtschaft von Korruption durchsetzt sind, wie der Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz, Lutz Diwell, im Dezember 2006 auf einer Tagung in Berlin erklärte. Und wenn nicht? Dann räumt die versammelte Bundesregierung der Korruptionsprävention und der strafrechtlichen Korruptionsbekämpfung jedenfalls einen großen Stellenwert ein, so versicherte der gleiche Amtsträger. Und wenn nicht? Dann ist das auch nicht so schlimm, weil nach seinen Erkenntnissen die überwiegende Mehrheit der Angestellten und Beamten im öffentlichen Dienst und der Mitarbeiter in der Privatwirtschaft redlich ist und Vertrauen verdient, ungeachtet der Tatsache, dass Korruption „Kontrollkriminalität„ ist. Angesichts dieses Befundes von Dr. Wolfgang Hetzer, Adviser to the Director General, European Anti-Fraud Office, Brüssel, ist sein Beitrag „Kommerz oder Kommiss? – Siemens, Söldner und Soldaten„ von besonderer Aktualität.

Herbert Klein