Der Hehler – ein Geldwäscher?

Der „vergessene“ Tatbestand

– Resümee zum BGH-Urteil vom 24.01.2006 – 1 StR 357/051 –
von Marcus Hörmann, Kriminaloberkommissar, Bayerisches Landeskriminalamt,
SG 632-GFG-Bayern/UnterstützungsGruppeGewinnabschöpfung

Marcus Hörmann, Kriminaloberkommissar, Bayerisches Landeskriminalamt

Einleitung:

„Geldwäsche ist das Waschen von Geld!„ „Um Geldwäsche zu begehen muss die Herkunft des Geldes verschleiert werden!„

Diese Aussagen werden häufig mit der Strafvorschrift des § 261 StGB – Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte verbunden. Tatsächlich geben sie aber nur einen Teilbereich dieser Strafvorschrift wieder.

Fallbeispiele:

Ein Täter stiehlt gewerbsmäßig Schmuck und verkauft diesen an einen Juwelier (im Folgenden: Abnehmer). Dieser verkauft den Schmuck gewinnbringend an Kunden weiter.

Ein Mitarbeiter eines Schrottplatzes unterschlägt vielfach Fahrzeugteile und veräußert diese (gewerbsmäßig) an einen bekannten Werkstattbesitzer (im Folgenden: Abnehmer). Dieser wiederum verkauft die Fahrzeugteile gewinnbringend als Gebrauchtware an seine Kunden. Der Werkstattbesitzer weiß um die berufliche Tätigkeit des Schrottplatzmitarbeiters.
Bei der Frage nach der Strafbarkeit des Abnehmers wird in beiden Fallkonstellationen sofort an die Vorschrift der Hehlerei gem. § 259 StGB gedacht. Doch gerade der subjektive Tatbestand ist in der polizeilichen Ermittlungspraxis nicht immer nachzuweisen. Eine Prüfung des Tatbestandes der Geldwäsche gem. § 261 StGB findet häufig nicht statt.

Im Folgenden werden an Hand der beiden Fallkonstellationen und der aktuellen Rechtsprechung2 die Probleme bei der Ermittlung – insbesondere des subjektiven Tatbestandes – der Hehlerei aufgegriffen und die Möglichkeit des Tatbestandes der leichtfertigen Geldwäsche aufgezeigt.

a) Hehlerei – § 259 StGB

Der objektive Tatbestand des § 259 StGB ist zweifelsohne erfüllt. Beide Abnehmer der gestohlenen bzw. unterschlagenen Ware kaufen bzw. verschaffen sich die Sache, um sich zu bereichern3.

Problematischer gestaltet sich allerdings der subjektive Tatbestand. Die Hehlerei fordert grundsätzlich einen Vorsatz und die Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern.

Eine Bereicherungsabsicht mag gerade im Hinblick auf den gewinnbringenden Weiterverkauf der Sachen4 noch zu bejahen sein, doch hinsichtlich des Vorsatzes können sich größere Probleme ergeben.

Der Täter muss wissen, dass die Sache durch eine rechtswidrige Tat erlangt wurde. Zwar braucht er diese im Einzelnen nicht zu kennen, doch die bloße Möglichkeit, die Sache stamme aus einer rechtswidrigen Tat, genügt auch für einen bedingten Vorsatz nicht. Er muss vielmehr derartiges billigend in Kauf genommen oder sich damit abgefunden haben5.

Gerade in der polizeilichen Ermittlungsarbeit stellt der Nachweis des Vorsatzes die Ermittlungsbehörden immer wieder vor große Beweisschwierigkeiten. Belege hinsichtlich der getätigten Rechtsgeschäfte, Hinweise, dass der Abnehmer von den rechtswidrigen Taten wusste, Zeugenaussagen, die den subjektiven Tatbestand der Hehlerei untermauern, etc. können nicht in jedem Ermittlungsverfahren beigebracht werden.

In der Folge bleibt dem Gericht bzw. der Staatsanwaltschaft nichts anderes übrig, als den Beschuldigten/Abnehmer vom Vorwurf der Hehlerei gem. §§ 259 ff. StGB freizusprechen bzw. das Strafverfahren einzustellen.

Doch was passiert dann? Begeht der Juwelier/Werkstattinhaber keine Straftat? Ist sein Handeln rechtlich nicht zu beanstanden? Allzu häufig wird bei diesen Fallkonstellationen die Strafvorschrift der leichtfertigen Geldwäsche gem. § 261 Abs. 5 StGB sträflich vernachlässigt.

b) Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte - § 261 StGB

Die Grundproblematik stellt sich bereits in der Bezeichnung der Vorschrift. Das Wort „Geldwäsche„ impliziert beim flüchtigen Leser bereits, es handle sich um eine Strafvorschrift, welche das „Geld waschen„ verbietet.

Der § 261 Abs. 1 StGB spricht aber im Gegensatz zu § 259 StGB von „Gegenständen„6, nicht nur von „Sachen„. Das Tatobjekt kann damit jeder Gegenstand mit Vermögenswert sein, also bewegliche sowie unbewegliche Sachen aber auch Rechte, wie Forderungen7. Hierunter sind natürlich auch die unterschlagenen Fahrzeugteile oder der gestohlene Schmuck zu subsumieren.

Die Vorschrift umfasst also nicht nur das „Waschen von Geld„.

Darüber hinaus enthält § 261 StGB zwei verschiedenartige Tatbestände. Zum einen den Verschleierungstatbestand, welcher bereits in der Überschrift des Paragraphen „Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte„ angesprochen wird. Zum anderen aber den oft vergessenen Erwerbs-, Besitz- und Verwendungstatbestand8.

So erfüllt der Abnehmer der Sache in den oben angeführten Beispielsfällen die objektive Tatbestandsalternative des „sich verschaffen„ gem. § 261 Abs. 2 i.V.m. § 261 Abs. 1 Nr. 4a StGB. Eine gewerbsmäßige Begehung der Vortat liegt vor9, da sich die Täter aus der wiederholten Begehung von Diebstählen/Unterschlagungen eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und nicht unerheblicher Dauer verschafften.

Im Gegensatz zur Hehlerei kann bereits durch eine leichtfertige10 Begehung der subjektive Tatbestand des § 261 Abs. 5 StGB erfüllt werden.
Leichtfertigkeit wird in der Literatur als „ein starker Grad von Fahrlässigkeit„ bezeichnet. Obwohl die Leichtfertigkeit weitgehend dem Begriff der groben Fahrlässigkeit des Bürgerlichen Rechts entspricht, können beide nicht miteinander gleichgesetzt werden11. Bei der Leichtfertigkeit sind vor allem auch die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Täters zu berücksichtigen12.

Der BGH definiert die Leichtfertigkeit in seinem Urteil vom 24.01.2006 wie folgt:

„Leichtfertigkeit, die sich auch auf die Verkennung der gewerbsmäßigen Begehung der Vortaten beziehen muss, liegt vor, wenn sich die deliktische Herkunft im Sinne des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB nach der Sachlage geradezu aufdrängt und der Täter gleichwohl handelt, weil er dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Acht lässt.„

Es wird deutlich dass das Tatbestandmerkmal der Leichtfertigkeit meist eher erfüllt ist, als der geforderte Vorsatz der Hehlerei. Insbesondere wenn sich, wie in den Beispielfällen, die Frage nach der Herkunft des Schmuckes oder einer Erlaubnis zum „privaten„ Verkauf der Fahrzeugteile geradezu aufdrängt.

Daher ist eine Verurteilung der Abnehmer wegen Hehlerei zwar unter Umständen mangels Vorsatz nicht möglich, doch haben sie leichtfertig nicht erkannt, dass die Gegenstände (Schmuck, Fahrzeugteile) aus einer gewerbsmäßigen Unterschlagung/Diebstahl herrühren (§ 261 Abs. 1 Nr. 4a, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 StGB).

c) Konkurrenzen zwischen § 259 StGB und § 261 StGB – Sperrwirkung

Ein Problem könnte sich in der Frage einer möglichen Sperrwirkung des § 259 StGB ergeben.

Der BGH nimmt in seinem Urteil vom 24.01.2006 erstmalig ausführlich Stellung zur Konkurrenzproblematik zwischen einer wie in den vorliegenden Beispielsfällen dargestellten leichtfertigen Geldwäsche und einer nur objektiv erfüllten Hehlerei.

Grundsätzlich besteht eine Sperrwirkung nach § 261 Abs. 9 StGB, wenn der Täter an der Vortat (Katalogtat) beteiligt ist. Die Begründung zum Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 04.05.1998 verweist hierbei auf den Grundsatz der Straffreiheit von Selbstbegünstigungshandlungen und der Doppelbestrafung13. Für eine zusätzliche Bestrafung besteht dann kein kriminalpolitisches Bedürfnis, wenn die Handlung bereits unter dem Gesichtspunkt der Katalogtat strafbewehrt ist. In diesem Sinne wird der § 261 StGB auch als „Auffangtatbestand„ bezeichnet14. Daher verdrängt bspw. die gewerbsmäßige Steuerhehlerei auch die Geldwäsche, da der Täter mit der Geldwäschehandlung zugleich eine Katalogtat im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB verwirklicht15.

Allerdings verneint der BGH eine, teilweise in der Literatur geforderte16, weitergehende Sperrwirkung dergestalt, dass eine Verurteilung wegen Geldwäsche bereits dann ausscheidet, wenn allein der objektive Tatbestand der Hehlerei erfüllt, der Vorsatz jedoch nicht nachweisbar ist.

Einer Sperrwirkung des erfüllten objektiven Tatbestandes der Hehlerei für die Geldwäsche widersprechen neben den verschiedenen Schutzrichtungen der beiden Paragraphen auch der gesetzgeberische Wille bei der Einführung der Geldwäschestrafvorschrift durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Org. Kriminalität vom 15.07.1992, mit welcher der Gesetzgeber bewusst die Lücken schließen wollte, welche die Anschlussdelikte der §§ 257 bis 259 StGB bei besonders gefährlichen Kriminalitätsformen, namentlich der Organisierten Kriminalität, auf objektiver und subjektiver Seite offen lassen. Aber auch europa- und völkerrechtliche Vorgaben legen die Verneinung einer möglichen Sperrwirkung nahe (vgl. Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlamentes), da ausdrücklich auch die Strafbarkeit des bloßen Erwerbs von in bestimmter Weise inkriminierten Vermögensgegenständen gleich welcher Art als „Geldwäsche„ verlangt wird.

Abschließend stellt der BGH fest, dass die Tatalternativen des Sich- oder Einem-Dritten-Verschaffens in § 259 Abs. 1 StGB einerseits und § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB andererseits identisch sind, sodass im Falle des Vorliegens einer Katalogtat im Sinne des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB in der Folge häufig beide Tatbestände erfüllt sein werden. Zudem führt er aus, dass bei einer solchen Fallkonstellation eine Verurteilung wegen (leichtfertiger) Geldwäsche vielmehr auch dann möglich sein muss, wenn eine solche wegen Hehlerei (etwa mangels Nachweisbarkeit des Vorsatzes) ausscheidet.

Zusammenfassung:

Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass gerade der Tatbestand der leichtfertigen Geldwäsche – vorbehaltlich persönlicher Strafausschließungsgründe wie bspw. die Beteiligung an der Vortat gem. § 261 Abs. 9 StGB sowie der notwendigen Vortatkonkretisierung – allzu oft unberücksichtigt bleibt. Speziell in Fallkonstellationen, bei denen bspw. wegen eines Verstoßes der Hehlerei ermittelt wird, sollte obligatorisch auch der Tatbestand des § 261 StGB geprüft werden.

Fußnoten:

1 Nach den Urteilsfeststellungen des BGH vom 24.01.2006 hatten die Angeklagten von Mitarbeitern der Firma D. fortlaufend und in erheblichem Umfang gestohlene Flugzeugteile erworben, die sie in ihrem eigenen Unternehmen veräußerten. Das Landgericht sprach die Angeklagten von den Vorwürfen der gewerbsmäßigen Hehlerei u.a. frei, weil ein entsprechender Vorsatz nicht nachgewiesen werden konnte. Der BGH hob das Urteil des Landgerichtes auf, da nach dessen Ansicht auch der Gesichtspunkt der (leichtfertigen) Geldwäsche hätte gewürdigt werden müssen.
2 insbesondere BGH v. 24.01.2006, Az. 1 StR 357/05.
3 Schönke/Schröder, 26. Auflage, § 259 Rn. 46 ff. – Bereicherungsabsicht bedeutet das Streben nach Vorteilen.
4 Tröndle/Fischer, 51. Auflage § 259 Rn. 22.
5 Schönke/Schröder, 26. Auflage, § 259 StGB Rn. 45; Tröndle/Fischer, 51. Auflage § 259 Rn. 20.
6 Palandt, 61. Auflage, Überbl. v. § 90 BGB Rn. 2 ff.
7 Schönke/Schröder, 26. Auflage, § 261 Rn. 3; BGH v. 24.01.2006, Az. 1 StR 357/05.
8 Schönke/Schröder, 26. Auflage, § 261 Rn. 2.
9 BGH v. 24.01.2006, Az. 1 StR 357/05.
10 BGH v. 17.07.1997, Az. 1 StR 791/96 – Der Tatbestand der leichtfertigen Geldwäsche verstößt nicht gegen das Schuldprinzip oder den Bestimmtheitsgrundsatz.
11 BGH v. 24.01.2006, Az. 1 StR 357/05.
12 Neuheuser in MünchKomm, § 261 StGB Rn. 82.
13 BGH wistra 2000, 464 ff.
14 BGH, NStZ-RR 1998, 25 ff.; BGH v. 24.01.2006, Az. 1 StR 357/05.
15 BGH v. 24.01.2006, Az. 1 StR 357/05.16 Schönke/Schröder, 26. Auflage, vor § 52 Rn. 138 f.; Schnitthelm Lencker-FS S. 519, 528 f..