Editorial Dezember 2007

Liebe Leserin,

lieber Leser,

der islamistische Terrorismus hält auch Deutschland weiterhin in Atem. „Polizei verhindert Anschläge in Deutschland – Flughafen und NATO-Basis im Visier„ titelte beispielsweise das ZDF im September dieses Jahres nach der Festnahme von drei mutmaßlichen islamistischen Terroristen im Sauerland. Die drei Tatverdächtigen wollten offenbar aus Hass auf die USA gleichzeitig Autobomben vor mehreren US-Einrichtungen zur Explosion bringen, um auf deutschem Boden ein Fanal zu setzen. Weitere Tatverdächtige sind offenbar im Visier der Ermittler. Vorausgegangen waren monatelange personal- und kostenintensive Ermittlungen des Bundeskriminalamtes und mehrerer Landeskriminalämter. Einmal mehr ist es der professionellen Arbeit deutscher Ermittler gelungen, in enger Kooperation mit in- und ausländischen Nachrichtendiensten ein verheerendes Blutbad zu verhindern. Trotz dieses herausragenden Ermittlungserfolges darf man jedoch nicht vergessen, dass das erkannte und hochwirksame Netzwerk der Djihadisten deutlich beeinträchtigt, jedoch nicht beseitigt wurde – folglich besteht weiterhin die Gefahr, dass Deutschland Ziel von Anschlägen wird.

Herbert Klein Kriminaldirektor, LKA Rheinland-Pfalz, Chefredakteur

Dieses Ereignis hat der politischen Diskussion um weiterreichende gesetzliche Maßnahmen weiteren Auftrieb gegeben; so auch die Frage nach der Notwendigkeit einer Online-Durchsuchung.


Dr. Wolfgang Hetzer, Adviser to the Director General, European Anti-Fraud Office, Brüssel, setzt sich in seinem Beitrag „Böser Feind und heiliger Krieg -Sicherheit oder Semantik?„ kritisch mit politischen Positionen auseinander. Er greift aber auch Aussagen von Justizministerin Zypries und Innenminister Schäuble, aber auch des amerikanischen Präsidenten auf, um auf Widersprüchlichkeiten hinzuweisen. In seiner Auseinandersetzung mit dem internationalen islamistischen Terrorismus erkennt er die mögliche Gefahr, dass sich die Bekämpfung des Terrorismus zu einem „Krieg der Kulturen„ ausweiten könnte. Seine Ausführungen münden in bemerkenswerte Schlussthesen, wie beispielsweise:

  • Zu den genetischen Bedingungen des neuzeitlichen Terrorismus gehören (mindestens) eine objektiv ungerechte Weltwirtschaftsordnung, politisch-strategische Inkompetenz wichtiger Industriestaaten und ehemaliger Kolonialmächte, religiös motivierte Radikalisierung, soziale und emotionale Isolation nach Integrationsversagen, gruppenspezifische Dynamisierung und Identitätsverlust aufgrund psychopathologischer Deformation.
  • Die Vielzahl der durch Terroristen vernichteten Menschenleben, der hohe Sachschaden und die sozialpsychologischen, politischen und wirtschaftlichen Folgen besonders zerstörerischer Anschläge haben rechtsstaatlich verfasste Staaten an die Grenzen ihrer justizförmigen Leis-tungsfähigkeit geführt.

Da man vielen Aspekten kaum wird widersprechen können, dürfte noch ein langer Weg bis zu einer Konfliktlösung bevorstehen, der allen Verantwortungsträgern neben Entschlossenheit auch ein hohes Maß an Sensibilität abfordern wird.

Vor diesem Hintergrund ist es zweifellos auch von großem Interesse, welche Rolle die supranationale Organisation Europol im Konzert der europäischen Sicherheitsbehörden bei der Bekämpfung dieses Phänomens einnimmt. Peter Gridling, Leiter des Bereiches Terrorismusbekämpfung bei Europol in Den Haag, beschreibt unter dem Titel „Europol‘s Beitrag zur Terrorismusbekämpfung in der EU„ neben der Organisation, die Ziele, Aufgaben und Aktivitäten.

Ende 2004 hat ein führender europäischer Pharmahersteller bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken auf eine Website hingewiesen, auf der ein rezeptpflichtiger „Schlankmacher„ angeboten wurde. Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde durch das saarländische Landeskriminalamt (Ermittlungsgruppe Placebo) geführt. Dr. Martin Emmerich, Kriminaloberkommissar beim Landeskriminalamt Saarland, beschreibt unter dem Titel „Europaweiter Versandhandel mit gefälschten Lifestyle-Pillen – Schnittstellen zur organisierten Kriminalität„ dieses nicht alltägliche Phänomen aus der Perspektive eines Ermittlers.

Die drei Jahre andauernden Ermittlungen führten sehr schnell zu einer saarländisch/rheinland-pfälzischen Tätergruppierung, die zwischenzeitlich zu mehrjährigen Haftstrafen rechtskräftig verurteilt ist. Dabei konnten unter anderem 851 Einzelfälle mit einem Vermögensschaden in Höhe elf Millionen Euro nachgewiesen werden. Gleichzeitig ist den beteiligten Strafverfolgungsbehörden die Zerschlagung einer international operierenden kriminellen Organisation von Arzneimittelfälschern gelungen. Dr. Martin Emmerich befasst sich darüber hinaus vertiefend mit dem Phänomen der Arzneimittelfälschungen und zeigt neben einer weltweiten Problematik, gefördert durch die Nutzung moderner Medien, insbesondere das erhebliche Risikopotential für die Endverbraucher auf.

Die digitale Erfassung von Örtlichkeiten und Objekten hat sich einen festen Platz in der Kriminaltechnik gesichert. Diese Technik kann auch für eine recht exakte Größenbestimmung von Personen nutzbar gemacht werden. In dem Beitrag „Tätergrößenvermessung mit Laserscanner„ stellen Sandra Petershans, Vermessungstechnikerin, Martin Abel, Dipl.-Ing. (FH), und Udo Mayerle, EKHK, vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg Möglichkeiten, Grenzen und Rahmenbedingungen des Verfahrens dar.

Herbert Klein