Jugendberatung bei der Polizei (JUBP) in Sachsen-Anhalt

Ein nachahmenswertes Kooperations- und Jugendpräventionsmodell

2.2 

JUBP wird seit 1993 durchschnittlich im Jahr von mindestens 90% der bei der Polizei erscheinenden jungen Menschen nach polizeilichem Handlungsvollzug angenommen. Die prozentuale Aufteilung der Altersgruppen kann als durchschnittliche Anteile in 25 Jahren gesehen werden. Es dominieren die Jugendlichen, gefolgt von den Heranwachsenden und den Kindern. Ältere werden sehr selten von der Polizei vermittelt bzw. melden sich weitaus seltener (Abb. 3).


Abb. 3

2.3

Die konzeptionelle Arbeit der JUBP bestätigt, dass Delinquenzbegegnung in der Einzelfallarbeit nur dann wirklich erfolgreich ist, wenn die Sozialarbeiter in ihrer Herangehensweise strikt Person und Tat voneinander trennen. Das heißt

  • den jungen Menschen annehmen mit seinen Problemen, die er hat, diese mit ihm und internen und externen Netzwerkpartnern bearbeiten, um z.B. Verhaltensänderungen zu ermöglichen, die dann wiederum die Probleme, die er macht, z.B. durch delinquentes Verhalten, zukünftig zu verhindern,
  • die konkrete Tat reflektieren,
  • die multikausalen Tatursachen aufbereiten,
  • mögliche zeitnahe Wiedergutmachungsleistungen einleiten,
  • das Arbeiten an den Stärken (Ressourcenorientierung) des jungen Menschen,
  • Empowerment in der Elternarbeit und
  • adressatenorientierte Prävention im internen und externen Netzwerk.

Kinder, Jugendliche und auch Heranwachsende, die bei der Polizei erscheinen und somit frühzeitig über die JUBP ganz lebenspraktische Hilfen mit einem sogenannten Gebrauchswert bekamen und bei Bedarf umgehend an die kommunalen Fachdienste vermittelt wurden, traten bei der Polizei nachweislich deutlich weniger bis nicht mehr in Erscheinung.

2.4

JUBP leistet Krisenintervention in Krisensituationen bei jungen Menschen unmittelbar nach polizeilichem Handlungsvollzug (z.B. Zuführungen/Vorladungen). Das „Erwischt werden“, die „polizeilichen Zuführungen“ und auch die „Anhörungen bzw. Vernehmungen“ sind in den allermeisten Fällen zumindest Belastungssituationen mit einem krisenhaften Charakter. Eine unmittelbar danach ansetzende Intervention bietet eine echte Chance für die Kinder- und Jugendhilfe im Allgemeinen und für die JUBP-Mitarbeiter im Besonderen, um Zugang zu den Betroffenen zu bekommen. Auch und gerade Intensivtäter, um im polizeilichem Sprachgebrauch zu bleiben, gehören zur Zielgruppe. Es bleibt vordergründig wichtig sich auf wiederholt und mehrfach delinquent handelnde junge Menschen zu konzentrieren, will man doch gemeinsam zukünftig den Anteil der jungen Menschen, die intensiv Straftaten begehen (die sog. Intensivtäter werden in Sachsen-Anhalt als Jungtatverdächtige mit neun und mehr Straftaten in einem Kalenderjahr [JTV] bezeichnet), reduzieren. Immerhin sind es doch diejenigen, die für einen sehr großen Anteil der Straftaten verantwortlich sind (bundesdurchschnittlicher Erkenntniswert: knapp 5% der JTV sind für rund 50% der Straftaten verantwortlich).

2.5

JUBP sind Krisenmanager. Sie

  • informieren niederschwellig,
  • beraten, begleiten und vermitteln bei Bedarf professionell,
  • arbeiten mit Erziehungs- und Sorgeberechtigten, mit Institutionen und Behörden, vor allem Schulen, sehr eng zusammen, was nachweislich Wirkungen im Sinne der Akzeptanz zeitnaher Soforthilfen zeigt und entsprechende Verhaltensänderungen bewirkt und
  • vermitteln alternative Kompetenzen zum Bewältigungsverhalten durch gemeinsame Unterstützung von internen und externen Ressourcen (Abb. 4).


Abb. 4