Verbrecherisches Reisen

Der Kindersextourismus – ein anhaltendes (deutsches) Problem



UN – Kinderrechtskonvention Artikel 34 (von Deutschland unterzeichnet)


Die Vertragsstaaten verpflichten sich, Kinder vor allen Formen sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch zu schützen. Zu diesem Zweck treffen die Vertragsstaaten insbesondere alle geeigneten innerstaatlichen, zweiseitigen und mehrseitigen Maßnahmen, um zu verhindern, dass Kinder

  1. zur Beteiligung an rechtswidrigen Handlungen verleitet oder gezwungen werden,
  2. zur Prostitution oder zu anderen Handlungen verleitet oder gezwungen werden,
  3. für pornografische Darbietungen und Darstellungen ausgebeutet werden.“

Mit dem Deliktsbereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern vertraute Kriminalist(inn)en wissen: Diese Kriminalität ist präventabel, Ihr kann – ob im In- oder Ausland begangen- wirksam vorgebeugt und sie kann verhindert werden.

Deshalb bemühen sich neben der „Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes“ seit Jahren viele einzelne, kriminalpolizeiliche Dienststellen in allen Bundesländern mit unterschiedlichsten Präventionsprojekten erfolgreich und nicht selten in vorbildlicher Weise (stellvertretend für viele andere Dienststellen sei hier nur die Kriminalpolizei in Heidelberg genannt), dieser Kriminalität, begangen an den Schwächsten und Hilflosesten, wirksam(er) als bislang zu begegnen.

Der Erfolg ist nur schwer messbar aber er ist nicht selten spürbar und manchmal sogar sichtbar. Zum Beispiel dann, wenn ein Reiseveranstalter den Reiseunterlagen für den geplanten Urlaub ( in ein Land, in welchem Kinder sexuell ausgebeutet werden ) ein Faltblatt Kleine Seelen, große Gefahr… mit dem Untertitel Zeigen Sie Zivilcourage – Nicht wegsehen – Kinder brauchen Schutz – weltweit ! beilegt, welches von

  • der „Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes“,
  • dem „Deutschen Reiseverband“ (DRV) und
  • der „Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung“ (ECPAT)

entworfen und seit Jahren erfolgreich in der Reisebranche eingesetzt wird.
Dieses Faltblatt enthält neben Hinweisen auf richtiges, verantwortungsvolles (Zeugen-)Verhalten und Handeln auch die zentrale Meldeadresse der Polizei für Verdachtsfälle des Kindesmissbrauchs weltweit – unabhängig vom Beherrschen der jeweiligen Landessprache: [email protected].




Freilich legen längst nicht alle Reiseveranstalter das Faltblatt im Reisebüro aus oder den Reiseunterlagen bei. Und es gibt sicher nicht wenige Reisende, die nehmen die Inhalte nicht oder nur ungern zur Kenntnis und übergeben das Faltblatt dem Papierkorb.
Zudem kommt gelegentlich der klammheimliche Verdacht auf, dass Schrifterzeugnisse wie Flug- und Faltblätter besonders häufig dann eingesetzt werden, wenn es inhaltlich um Problembereiche geht, über die nur ungern geredet wird, die gerne ignoriert, tabuisiert und verdrängt werden – so wie beim sexuelle Missbrauch von Kindern der Fall. Über das Delikt und sein Ausmaß – ob im Inland oder bei den Auslandsstraftaten- muss jedoch geredet werden. Konstruktiv und auf allen Ebenen. Deshalb kann und soll diesem sehr gut gestalteten und mit den wichtigsten Hinweisen ausgestatteten Faltblatt auch nur eine (durchaus wichtige) Begleitfunktion zukommen. Präventionsprojekte wie kriminalpolizeiliche Vortrags- oder Diskussionsveranstaltungen, Aufklärungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen, Gespräche mit (potenziellen) Tatzeugen –so mit den Angehörigen der Reisebranche- ersetzen kann es nicht.
Genau deshalb führen kompetente und engagierte Kriminalbeamtinnen und –beamte seit Jahren gemeinsam mit der weltweit in über 70 Ländern vertretenen und auch in Deutschland ansässigen Kinderschutzorganisation

ECPAT ( End Child Prostitution Child Pornography and Trafficking of Children for Sexual Purposes)


Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen an den Ausbildungsstätten der Tourismusbranche, an Berufsschulen, Akademien und Hochschulen durch.
Das ist ein wenig beachtetes aber höchst effizientes Präventionsprojekt, bei dem die gesamte Reisebranche, vom (zukünftigen) Angestellten im Reisebüro über die Reiseleiter bis hin zum Tourismusmanagement, erreicht werden kann. Es ist ein Projekt, das sehr gefragt ist und auf großes Interesse der Touristikbranche und ihrer Auszubildenden und Student(inn)en stößt.
Zunächst erscheint es erforderlich, den Partner bei diesen regelmäßigen Informationsveranstaltungen an touristischen (Aus-)Bildungsstätten etwas näher vorzustellen. ECPAT Deutschland ist bedauerlicherweise –selbst in Fachkreisen- immer noch (zu) wenig bekannt. Die deutsche Organisation setzt sich aus 29 Kinderrechtsorganisationen, Beratungs- und Fachstellen sowie Hilfswerken zusammen, die gemeinsam Kinderprostitution, Kinderhandel und Kinderpornografie bekämpfen. Ihre Aktivitäten werden durch Beiträge der Mitgliedsorganisationen sowie Projektmittel und Zuschüsse der EU, des BMFSFJ, des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) und anderer Hilfswerke finanziert.
ECPAT hat für die Tourismuswirtschaft einen Verhaltenskodex zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung im Tourismus ( Kinderschutzkodex – Child Protection Code ) entworfen, der bereits im Jahre 2001 vom Deutschen Reiseverband (DRV) und auch vom Österreichischen Reisebüro Verband ( ÖRV ) unterzeichnet wurde.
Die Reisebranche verpflichtete sich mit der Unterzeichnung zu folgenden Maßnahmen:

  1. Zur Einführung einer Firmenphilosophie ( zu einem Leitbild ), welche sich eindeutig gegen die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern ausspricht,
  2. zur Sensibilisierung und Ausbildung von Mitarbeitern und Beschäftigten im Herkunfts- und im Zielland,
  3. zur Aufnahme von Klauseln in den Verträgen mit Leistungsträgern, welche die gemeinsame Ablehnung von kommerziellem sexuellem Missbrauch von Kindern verdeutlichen,
  4. zur Informationsvermittlung an Kundinnen und Kunden hinsichtlich der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Kindern ( z.B. mittels dem Faltblatt „Kleine Seelen – große Gefahr“ ),
  5. zu einer engen Zusammenarbeit und Informationsvermittlung mit den Destinationen,
  6. zu einer jährlichen Berichterstattung über die durchgeführten Maßnahmen.


Während der Verhaltenskodex von einigen Reiseveranstaltern in vorbildlicher Weise umgesetzt wurde und wird, erlangte er bei anderen Unternehmen (noch) nicht die gewünschte Aufmerksamkeit.
Wer von uns wurde jemals vor Antritt seiner Urlaubsreise schon im Reisebüro über den sexuellen Missbrauch von Kindern im Zielland informiert und sensibilisiert ?
Dennoch gilt es zu erkennen: Den Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Rahmen des Tourismus kann von der deutschen Polizei – auch im Zusammenwirken mit den Sicherheitsorganen der betroffenen Länder- allein kaum erfolgreich(er) gestaltet werden. Dazu benötigt sie Partner und Helfer.
Die Reisebranche ist dieser Kriminalität, ihren Tätern und ihren Opfern sehr nahe und kann auf sie einwirken. Die Reisebranche bringt die Täter an die Tatorte, stellt ihnen Hotels, Wohnungen und Absteigen (nicht selten die eigentlichen Tatorte) zur Verfügung. Bedienstete der Reisebranche machen immer wieder entsprechende Beobachtungen und sie erhalten Hinweise auf bevorstehende oder bereits begangene Taten. Sie können tatverhindernd eingreifen, zur Aufklärung von Straftaten beitragen – oder auch nicht. Der Ansatz von dem gemeinsamen Projekt der Kriminalpolizei und ECPAT, diese potenziellen Zeugen entsprechender Straftaten zu sensibilisieren und mit dem notwendigen Wissen von richtigen und falschen, tatverhindernden und tatfördernden Verhaltensweisen aufzuklären, erscheint deshalb so richtig wie interessant und nützlich.
Eine mit den erforderlichen Kenntnissen ausgestattete Vertreterin von ECPAT stellt bei diesen an Ausbildungsstätten bundesweit durchgeführten Informationsveranstaltungen die Zielgebiete der Kindersextouristen vor. Die Schüler(innen) oder Studierenden werden dann mit dem Problembereich „Kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern im Rahmen des Tourismus“ vertraut gemacht.
Sie werden über die Möglichkeiten und Verpflichtungen der Reisebranche informiert und lernen den Verhaltenskodex kennen.
Eine Vertreterin oder ein Vertreter der Kriminalpolizei ergänzt diese Informationen mit einem Kriminalitätslagebild und mit entsprechenden Fallbeispielen – aus welchen richtige und tatverhindernde wie falsche und tatfördernde Verhaltensweisen ersichtlich sind . Sie oder er informiert über die Rechtslage und darüber, wie entsprechende Taten erkannt und verhindert werden können oder wie im Einzelfall zur Tataufklärung beigetragen werden kann.
Dabei wird verdeutlicht, welche Verantwortung der Reisebranche und ihren Vertragspartnern zukommt, dass sie –und jeder Einzelne- sich zum Hinsehen und Handeln und zur Mithilfe beim Kampf gegen diese Kriminalität zum Nachteil von Kindern verpflichtet fühlen sollten.
Die Auszubildenden zeigen an diesen Informationsveranstaltungen ausgesprochen großes Interesse. Sie werden deshalb von zahlreichen Ausbildungsstätten bundesweit in steter Regelmäßigkeit nachgefragt. Die Folge: Die gesamte Tourismusbranche, von der Angestellten im Reisebüro über die Reiseleiter vor Ort bis zur Managerebene, werden erreicht und mit dem Problembereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Rahmen des Tourismus ebenso vertraut gemacht. Sie alle lernen die richtigen Verhaltensweisen zur Verhinderung und zur erfolgreichen Bekämpfung dieser Kriminalität kennen.Das ist fraglos ein sehr wichtiger und effizienter Beitrag im Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern weltweit. Es bleibt, ECPAT und den auf dieser Bühne agierenden Kriminalist(inn)en weiterhin viel Anerkennung und Erfolg zu wünschen – Im Interesse der Kinder – weltweit.

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