Islamistisch-salafistische sowie jihadistische Akteure und ihre Verbindung zur aktuellen Flüchtlingssituation in Deutschland

4. Fazit


Der islamistisch-terroristische Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz durch den tunesischen Flüchtling Anis Amri und die anderen jüngsten Fälle von islamistisch-terroristischen Anschlägen und Attentate in Würzburg und Ansbach im Juli 2016, aber auch die erst kürzlich von deutschen Sicherheitsbehörden verhinderten Anschläge von als Flüchtlingen getarnten internationalen Jihadisten (Zugriffe der GSG 9 in Flüchtlingseinrichtungen in Schleswig-Holstein am 13.9.2016)52 und die vom syrischen Flüchtling Jabr Al Bakr geplanten Sprengstoffanschläge auf Berliner Flughäfen verdeutlichen sowohl die aktuelle Bedrohung Deutschlands durch islamistischen Terrorismus als auch die Verbindung zu den Flüchtlingsströmen der Jahre 2015 und 2016. Sowohl internationale Angehörige islamistisch-terroristischer Organisationen – unter anderem in Form von deutschen/ europäischen Jihad-Rückkehrern – als auch sog. homegrown-Akteure des salafistisch-jihadistischen Spektrums und internationale islamistische Einzeltäter (wie z.B. der syrische Flüchtling Al Bakr und der tunesische Flüchtling Amri) sind die Akteure der islamistisch-terroristischen Bedrohung Deutschlands. Problematischerweise suchen diese drei Akteursgruppen die Nähe der Flüchtlingsströme der Jahre 2015 und 2016, aus taktischen Gründen der Tarnung, aus logistischen Gründen der Versorgung durch sozialstaatliche Maßnahmen und privat organisierte Hilfsmaßnahmen, als auch zur Missionierung und Rekrutierung von (potentiellen) Attentätern und/ oder Unterstützern islamistisch-terroristischer Anschläge. Wie oben beschrieben spricht die Bundesregierung von zahlreichen unmittelbaren Kontaktaufnahmen der islamistisch-salafistischen Szene gegenüber Flüchtlingen in oder im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften.
Sowohl der aktuelle Fall des islamistisch-terroristischen Attentäters Anis Amri als auch der Fall des verhinderten Anschlages auf Berliner Flughäfen im Herbst 2016 durch den syrischen Flüchtling Jabr Albakr verdeutlichen das Problem des Zugriffes auf und Austausches von personenbezogenen Daten von Flüchtlingen durch die deutschen und europäischen Sicherheitsbehörden und andere Behörden sehr eindringlich. Das Problem der (beschränkten) rechtlichen Möglichkeiten der deutschen Sicherheitsbehörden für den Umgang mit und Austausch von personenbezogenen Daten auf deutscher und internationaler Ebene wird bereits seit einiger Zeit diskutiert. So forderten der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und verschiedene Bundes- und Landespolitiker der CDU und CSU schon Mitte 2016 einen „Abgleich der Daten der Asylsuchenden mit allen international verfügbaren Datenbanken über Terrorverdächtige“, „vollautomatischen Zugang der deutschen Nachrichtendienste zur Kerndatenbank der Asylsuchenden“ und dass ab sofort „die polizeiliche Gefahrenabwehr im Asylverfahren eine größere Rolle spielen“ müsse.53 Gegen diesen Vorschlag sprachen sich verschiedene Bundes- und Landespolitiker der SPD aus, z.B. der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger, mit den Worten „es wäre falsch, Hunderttausende Menschen, die vor Krieg und Terror nach Deutschland geflüchtet sind, jetzt unter Generalverdacht zu stellen“.54 Der Zugriff auf und der Austausch von personenbezogenen Daten von Asylsuchenden durch europäische und deutsche Sicherheitsbehörden war und ist sicherheitspolitisch höchst wichtig.
Die Prävention von islamistisch-terroristischen Anschlägen und Attentaten und damit der Schutz der deutschen und europäischen Bevölkerung erfordert ein enges Zusammenwirken von Polizei, Nachrichtendiensten, Justiz, Zoll, Ausländer-, Einbürgerungs-, Sozial- und anderen Behörden sowie weiteren Institutionen wie Einrichtungen der Wirtschaft, Verbänden und Vereinen. Zusätzlich dazu bedarf es nach Ansicht der Sicherheitsbehörden allerdings auch einer interessierten und informierten Zivilgesellschaft. Das Bundesamt für Verfassungsschutz spricht von der „Mithilfe der Bevölkerung als essentieller Baustein einer aufmerksamen und wehrhaften Demokratie“.55

Anmerkungen


  1. Vgl. http://www.schleswigholstein.de/DE/Fachinhalte/V/verfassungsschutz/Downloads/Berichte/Verfassungsschutzbericht_2015.pdf?__blob=publicationFile&v=2 ; (18.12.2016).
  2. Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz: Verfassungsschutzbericht 2015, Köln 2016, S. 164.
  3. Vgl. www.bpb.de/politik/innenpolitik/flucht/218788/zahlen-zu-asyl-in-deutschland; (18.12.2016).
  4. Vgl. www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/10/asylantraege-september-2016.html; (18.12.2016).
  5. Vgl. ebd.
  6. Vgl. Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW, Landesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2015, Düsseldorf 2016, S. 158.
  7. www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/zur-sache/zs-2016-002-maassen-dpa-2016-08; (17.12.2016).
  8. Vgl. ebd.
  9. Vgl. www.europol.europa.eu/content/211-terrorist-attacks-carried-out-eu-member-states-2015-new-europol-report-reveals; (15.12.2016); www.welt.de/politik/ausland/article152415821/Europol-warnt-vor-5000-Dschihadisten-in-Europa.html; (15.12.2016).
  10. Vgl. www.europol.europa.eu/content/211-terrorist-attacks-carried-out-eu-member-states-2015-new-europol-report-reveals; (16.12.2016).
  11. Vgl. www.schleswigholstein.de/DE/Fachinhalte/V/verfassungsschutz/Downloads/Berichte/Verfassungsschutzbericht_2015.pdf, S. 109; (16.12.2016).
  12. Vgl. www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/allgemeine-publikationen/broschuere-2016-08-handreichung-fuer-fluechtlingshelfer, S. 8ff; (18.12.2016).
  13. Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz 2016, S. 170; www.kas.de/wf/de/33.45297/; (21.12.2016).
  14. Nach Aussagen des Bundesministerium des Innern werden „als extremistisch solche Bestrebungen bezeichnet, die den demokratischen Verfassungsstaat und seine fundamentalen Werte, seine Normen und Regeln ablehnen und darauf abzielen, die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuschaffen und sie durch eine nach den jeweiligen Vorstellungen formierte Ordnung zu ersetzen.“ Vgl. www.bmi.bund.de/DE/Themen/Sicherheit/Extremismusbekaempfung/extremismusbekaempfung_node.html; (17.12.2016).
  15. Vgl. Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW 2016, S. 159.
  16. Vgl. ebd.
  17. Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz 2016, S. 175.
  18. Vgl. www.europol.europa.eu/content/211-terrorist-attacks-carried-out-eu-member-states-2015-new-europol-report-reveals; (16.12.2016).
  19. Vgl. Bundeskriminalamt/ Bundesamt für Verfassungsschutz (2016): Analyse der Radikalisierungshintergründe und -verläufe der Personen, die aus islamistischer Motivation aus Deutschland in Richtung Syrien oder Irak ausgereist sind. Fortschreibung 2016, Stand 4.10.2016, S. 5.
  20. Vgl. ebd.
  21. Vgl. www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/allgemeine-publikationen/broschuere-2016-08-handreichung-fuer-fluechtlingshelfer, S. 10.
  22. Vgl. www.schleswigholstein.de/DE/Fachinhalte/V/verfassungsschutz/Downloads/Berichte/Verfassungsschutzbericht_2015.pdf, S. 108.
  23. Vgl. ebd.
  24. www.welt.de/politik/deutschland/article156496638/Syrische-Staatsbuergerschaft-wird-massenhaft-vorgetaeuscht.html; (16.12.2016).
  25. Vgl. www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/allgemeine-publikationen/broschuere-2016-08-handreichung-fuer-fluechtlingshelfer; (14.12.2016); www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/zur-sache/zs-2016-002-bedeutung-der-migrationsbewegungen-nach-deutschland; 2016, (17.12.2016).
  26. Vgl. ebd.
  27. Vgl. ebd.
  28. Vgl. ebd.
  29. Vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache18/9646, Salafistische Propaganda gegenüber Flüchtlingen, 16.09.2016.
  30. Vgl. ebd.
  31. Vgl. Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport. Verfassungsschutz: Salafismus kompakt. Handreichung für die Arbeit in Flüchtlingseinrichtungen Niedersachsens, Hannover, 2015, S. 4.
  32. Vgl. ebd.
  33. www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/zur-sache/zs-2016-002-bedeutung-der-migrationsbewegungen-nach-deutschland; 2016, (17.12.2016).
  34. www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/schlaglicht/schlaglicht-2016-09-radikalisierung-von-muslimischen-migranten; (14.12.2016).
  35. Vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache18/9646, 16.09.2016, S. 1.
  36. Vgl. dazu u.a. Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention: Geflüchtete Menschen in Deutschland. Zuwanderung, Lebenslagen, Integration, Kriminalität und Prävention – ein aktueller Überblick im Mai 2016. Bonn, 2016, S. 29-32, 57-60, 62-63, 76-84.
  37. www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/schlaglicht/schlaglicht-2016-09-radikalisierung-von-muslimischen-migranten; (16.12.2016).
  38. Vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 18/9646.
  39. Vgl. ebd.
  40. Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz: Wie erkenne ich extremistische und geheimdienstliche Aktivitäten? Eine Handreichung für Flüchtlingshelferinnen und –helfer. Köln, August 2016, S. 5.
  41. Vgl. www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/zur-sache/zs-2016-002-maassen-dpa-2016-08; (18.12.2016).
  42. Vgl. Ebd.
  43. Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz 2016, S. 5.
  44. Vgl. lfv.hessen.de/sites/lfv.hessen.de/files/content-downloads/LfV_Bericht-2015final_screen_0.pdf, S. 96-88.
  45. Vgl. u.a. www.verfassungsschutz.bayern.de/mam/islamismus/content/flyer_druckerei_14-01-16.pdf; Bundesamt für Verfassungsschutz: Wie erkenne ich extremistische und geheimdienstliche Aktivitäten? August 2016.
  46. Vgl. Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW 2016, S. 161.
  47. www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/11-0622; (12.12.2016)
  48. Vgl. www.augsburger-allgemeine.de/politik/80-Prozent-der-Fluechtlinge-kommen-ohne-Pass-nach-Deutschland-id38036332.html; (16.12.2016).
  49. www.spiegel.de/politik/deutschland/anschlag-in-berlin-ralf-jaeger-aeussert-sich-zu-anis-amri-a-1128697.html; (5.1.2017).
  50. Vgl. www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/zur-sache/zs-2016-002-maassen-dpa-2016-08; (10.12.2016).
  51. Vgl. www.welt.de/print/die_welt/politik/article154980350/Karlsruher-Urteil-schaedlich-fuer-die-Terrorabwehr.html; (18.12.2016).
  52. Vgl. www.zeit.de/politik/deutschland/2016-10/chemnitz-sachsen-sprengstoff-jaber-a-faq; (15.12.2016).
  53. www.faz.net/aktuell/politik/kampf-gegen-den-terror/is-will-deutsche-infrastruktur-angreifen-streit-um-fluechtlings-ueberpruefung-14475616.html; (14.10.2016).
  54. Vgl. ebd.
  55. Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz: Wie erkenne ich extremistische und geheimdienstliche Aktivitäten? August 2016, S. 32.