Islamistisch-salafistische sowie jihadistische Akteure und ihre Verbindung zur aktuellen Flüchtlingssituation in Deutschland


Salafistische Gruppierungen verzeichnen mit augenblicklich über 9000 Personen in Deutschland weiterhin rasant steigende Anhängerzahlen (von 5500 im Jahr 2013 auf 7000 im Jahr 2014).13 Der (extremistische14) Salafismus kann dabei religiös-ideologisch in zwei Grundströmungen analysiert werden: In den politischen und in den (militanten) jihadistischen Salafismus. Politische Salafisten vertreten eine anti-demokratische und damit verfassungsfeindliche Interpretation des Islam und streben die Errichtung eines „islamischen“ Staatssystems an.15 Ihre Hauptaktivität besteht in der Missionierungsarbeit (Da’wa) zum Gewinn neuer Anhänger und in der religiös-ideologischen Indoktrination.

Koranverteilaktionen wie diese der salafistischen Organisation "Die Wahre Religion (DWR), LIES!" – verboten durch das Bundesministerium des Innern am 15.11.2.2016 – nutzen zu verschenkende Koran-Exemplare nur vordergründig für ihre eigentliche Dawa, die islamistisch-salafistisch radikalisieren soll.


Gewaltorientierte Salafisten können auch als Jihadisten bezeichnet werden, da sie den Jihad als militärischen Kampf in den Mittelpunkt ihrer religiösen Vorstellungen stellen. Sie sind gewillt, ihre Vision von einem „islamischen Staat“ auch mit Waffengewalt umzusetzen. Jihadisten wollen ihre religiös-politischen Ordnungsvorstellungen eines Kalifats aber nicht nur in muslimischen Ländern, sondern auch in westlichen Ländern mit Gewalt umsetzen.16 Der Übergang zwischen diesen beiden religiös-ideologischen Strömungen muss als fließend bezeichnet werden. Dabei stellt die salafistische Szene ein wesentliches Rekrutierungsfeld für den islamistischen Terrorismus (Jihadismus) dar. Fast ausnahmslos alle Personen mit Deutschlandbezug, die sich dem Jihad angeschlossen haben, waren zuvor salafistische Akteure.17

2.3. Deutsche/ europäische Jihad-Rückkehrer

Die islamistisch-terroristischen Organisationen Al Qaida und der IS haben – nach aktueller Analyse von EUROPOL – wiederholt in den sozialen Netzwerken dazu aufgerufen, als islamistischer Einzeltäter terroristische Anschläge bzw. Attentate in Europa – auch in Deutschland – zu verüben.18 Der IS fordert seine Anhänger im Westen schon seit März 2016 ausdrücklich dazu auf, nicht mehr in das „Kalifat“ auszureisen, sondern in ihren Heimatländern Anschläge zu verüben.19 So erklärte der inzwischen getötete „Sprecher“ des IS, Muhammad Al-Adnani im März 2016 in einer veröffentlichten Videobotschaft die Zielrichtung von Anschlägen im Westen: „die kleinste Tat, die Ihr [die Unterstützer des IS] in ihrer [der ‚Ungläubigen‘] Heimat ausführt, ist besser und wirkungsvoller für den Staat [den IS] und schmerzvoller für sie.“20
Nach Ansicht der Verfassungsschutzbehörden wirkt die durch Indoktrinierung und Rekrutierung verbreite Ideologie jihadistischer Salafisten insbesondere auf aktionsorientierte, potentiell gewaltaffine sowie religiös wenig gebildete junge Menschen stark anziehend.21
Die Anschläge von Paris, Brüssel und Nizza haben gezeigt, dass der IS in der Lage ist, islamstisch-terroristische Anschläge mit hohen Opferzahlen auch in europäischen Ländern durchzuführen. Dies ist sowohl für Frankreich als auch für Deutschland daher von Bedeutung, weil eine hohe Anzahl von Personen des deutschen und des französischen islamistisch-salafistischen Spektrums mit jihadistischer Motivation nach Syrien oder in den Irak gereist sind. Bei diesen Personen ist einzukalkulieren, dass diese für vergleichbare Terroroperationen in Europa ausgebildet wurden bzw. augenblicklich werden.22 Erschwerend für die polizeiliche und nachrichtendienstliche Aufklärung und Observation kommt hinzu, dass es sich dabei nicht um deutsche Jihadisten handeln muss.23

2.4. Bedeutung der Flüchtlingsbewegungen der Jahre 2015 und 2016 aus der Sicht der Sicherheitsbehörden


In seiner Analyse der Bedeutung der Flüchtlingsbewegungen nach Europa und Deutschland warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz vor

  • der Einreise von aktiven Mitgliedern, Sympathisanten oder Unterstützern extremistischer oder terroristischer Organisationen (wie z.B. des IS, der Al Qaida oder der Jabhat Fatah Al Sham/ Jabhat Al Nusra)
  • ehemaligen oder noch aktiven hauptamtlichen oder informellen Mitarbeitern fremder Nachrichtendienste (u.a. arabisch-sprachiger Länder, die sich als sog. „falsche Syrer oder falsche Iraker“24 ausgeben)
  • extremistischen Bestrebungen von in Deutschland lebenden Einzelpersonen oder Organisationen bereits seit Längerem stationierter oder geworbener Nachrichtendienstmitarbeiter fremder Staaten mit Bezug zur aktuellen Flüchtlingssituation und/oder zur Situation in Syrien und dem Irak (Internationale Koalition gegen das IS-Kalifat)
  • (Selbst-)Radikalisierungsprozessen unter sich in Deutschland aufhaltenden Migranten
  • Auf Migranten bezogene propagandistische und aktionistische Wechselwirkungen zwischen extremistischen Phänomenbereichen.25