Cybermobbing

Erscheinungsformen,Epidemiologie, Folgen, Prävention

10 Strafbarkeit und Forderungen nach einem neuen Cybermobbing-Gesetz


In Deutschland ist Cybermobbing kein eigener Straftatbestand. Es kann jedoch strafrechtlich verfolgt werden und verschiedene andere Straftatbestände erfüllen. Beim Cybermobbing können folgende Straftatbestände in Frage kommen: Beleidigung, Üble Nachrede, Verleumdung, Nachstellung, Nötigung und Bedrohung, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen. Beim Cybergrooming mit folgenden realen Kontakten liegt oft der Straftatbestand des sexuellen Kindesmissbrauchs vor. Happyslapping erfüllt den Straftatbestand der Körperverletzung und Sextortion den der Erpressung. Die Vielfalt der Erscheinungsformen von Cybermobbing spiegelt sich auch in der großen Zahl von Strafdelikten, die erfüllt sein können. Im Zivilrecht sind zusätzlich Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Die Zahl der Gerichtsverhandlungen, die zu einer Verurteilung der Täter von Cybermobbing geführt haben, nimmt von Jahr zu Jahr mit hohen Steigerungsraten zu. Angesichts dieser dramatischen Entwicklung fordern zahlreiche Institutionen und Politiker ein neues Cybermobbing-Gesetz. Das „Bündnis gegen Cybermobbing“ und die Kinderschutzorganisationen „Internet Watch Fondation“ und „Innonence in Danger“ plädieren seit Jahren dafür.

Sehr wichtig sind jedoch auch neue Gesetzgebungen, die die neue Gefahrenlage berücksichtigen. Der Missbrauchs-Beauftragte der Bundesregierung Johannes-Wilhelm Röhrig und die ehemalige Justizministerin Katharina Barley fordern vor allem strengere Gesetze bezüglich Cybergrooming, weil von ihm durch den sexuellen Kindesmissbrauch die gravierendsten Straftagen drohen.

11 Prävention


Da vor allem Kinder und Jugendliche Opfer von Cybermobbing werden, ist bei der Prävention die Vermittlung einer fundierten Medienkompetenz von überragender Bedeutung. Sowohl die Schüler als auch ihre Eltern sollen für die Gefahren des Internets sensibilisiert werden. Ein wichtiger Beitrag für die Prävention ist die Polizeiarbeit. Einer der Pioniere ist der Kriminologe Thomas Gabriel Rüdiger, der als Dozent am Institut für Polizeiwissenschaft der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg tätig ist.18 Er forscht seit mehr als zehn Jahren als Cyber-Kriminologe und erhielt hierfür den Europäischen Zukunftspreis der Polizeiarbeit. Gemeinsam mit der niederländischen Sicherheitsexpertin Petra Saskia Bayerl gab er kürzlich den umfangreichen Sammelband „Digitale Polizeiarbeit“ heraus.19

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Anmerkungen

  1. Der Autor ist Schwerpunktleiter Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Zentrum für Innere Medizin der Medizinischen Klinik und Poliklinik II in Würzburg. Korrespondenzadresse: Csef_H@ukw.de.
  2. Palfrey J, Gasser U (2008): Generation Internet. Die Digital Natives: Wie sie leben. Was sie denken. Wie sie arbeiten. Hanser, München.
  3. Fawzi N (2009): Cyber-Mobbing. Ursachen und Auswirkungen von Mobbing im Internet. Baden-Baden, NOMOS Verlagsgesellschaft; Stephan R (2010) Gewalt im Web 2.0. Der Umgang Jugendlicher mit gewalttätigen Inhalten und Cyber-Mobbing sowie die rechtliche Einordnung der Problematik. Berlin, VISTAS Verlag.
  4. Leest U, Schneider C (2017): Cyberlife II. Spannungsfeld zwischen Faszination und Gefahr. Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern. Bündnis gegen Cybermobbing.
  5. Deutscher Bundestag (2018): Wirksame Bekämpfung von Mobbing an Schulen. Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer, Margit Stumpp, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Drucksache 19/3229 v. 19.7.2018.
  6. Deutscher Bundestag, a.a.O. (EN 5)
  7. Katzer C (2011): Das Internet als Tatort: Cyberbullying und sexuelle Gewalt – Wer sind die Täter, wer wird zu Opfern? In: Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen (Hrsg.), Cybermobbing – Medienkompetenz trifft Gewaltprävention, Hannover; ders. (2016): Cyberpsychologie. Leben im Netz: Wie das Internet uns verändert. dtv München.
  8. Katzer C (2007): Gefahr aus dem Netz – Der Internet-Chatroom als neuer Tatort für Bullying und sexuelle Viktimisierung von Kindern und Jugendlichen. Dissertation, Universität Köln.
  9. Katzer C (2014): Cybermobbing – Wenn das Internet zur Waffe wird. Springer, Heidelberg.
  10. Schneider C, Leest U (2018): Mobbing und Cybermobbing bei Erwachsenen – die allgegenwärtige Gefahr. Eine empirische Bestandsaufnahme in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz. Bündnis gegen Cybermobbing.
  11. Leest, Schneider, a.a.O. (EN 4).
  12. Leest, Schneider, a.a.O. (EN 4).
  13. Leest, Schneider, a.a.O. (EN 4).
  14. Lereya ST, Capeland WE., Castello EJ, Wolke D (2015): Adult mental health consequences of peer bullying and maltreatment in childhood: two cohorts in two countries. www.thelancet.com/psychiatry Published online April 28, S. 1-8.
  15. Hucklenbroich Ch (2015): Mobbing schadet Kindern mehr als Misshandlung. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.5.2015.
  16. Mensch C (2015): Mobbing schadet der Seele mehr als Prügel zu Hause. WELT vom 30.4.2015.
  17. Lereya et al., a.a.O. (EN 14).
  18. Rüdiger T-G (2012): Cybergrooming in virtuellen Welten – Chancen für Sexualtäter? Internetkriminalität. Deutsche Polizei 2-2012, S 29-35.
  19. Rüdiger T-G, Bayerl P S, Hrsg. (2018): Digitale Polizeiarbeit. Herausforderungen und Chancen. Springer Wiesbaden.
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