Strafrechtliche Rechtsprechungsübersicht

§§ 211, 22, 23 StGB – Versuchter Mord; hier: Heimtücke durch Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit. §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt., 22, 23 StGB – Versuchte gefährliche Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeuges; hier: Holzknüppel. § 252 StGB – (Schwerer) Räuberischer Diebstahl; hier: Besitzerhaltungsabsicht gerade auch bei der Flucht. (...)



II. Prozessuales Strafrecht


§ 102 StPO; §§ 184b Abs. 1, 176 Abs. 1 StGB – Wohnungsdurchsuchung; hier: Erlaubtes Verhalten als Tatverdacht. Nach den Ergebnissen der Ermittlungen des BKA, der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main sowie der STA Regensburg besteht gegen den Beschuldigten (B.) der Verdacht, dass er über eine Internetseite der Fa. X eine Bildserie „... PHOTOS“ zum Download gegen einen Kaufpreis von 6,95 US-Dollar bezog. Er benutzte dabei seine Klarpersonalien, eine E-Mailadresse und seine Kreditkarte. Die Bildserie zeigt nackte Kinder, zählt aber nach Beurteilung aller drei Ermittlungsbehörden zu der so genannten „Kategorie II“ (nichtpornografische Nacktaufnahmen von Kindern und Jugendlichen)“. Die Fa. X vertrieb auch umfangreiches strafbares kinder- und jugendpornografisches Material („Kategorie I“). Die STA Regensburg beantragte bei dem Amtsgericht – Ermittlungsrichter – Regensburg (AG) den Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses unter anderem für die Wohnung des B. mit der Begründung, dass aufgrund der Bestellung des legalen oben genannten Bildmaterials auch der Verdacht des Erwerbs und Besitzes (anderer) kinder- oder jugendpornografischer Schriften gem. §§ 184b, c StGB bestehe. Das AG lehnte den Erlass eines entsprechenden Beschlusses ab, da es sich bei den vorgelegten Bildern „noch nicht einmal um Posing-Darstellungen“ handele. Diese Entscheidung wurde durch das LG Regensburg bestätigt, da auch Nachermittlungen der STA keine weitergehenden Informationen brachten.
Erlaubtes Verhalten kann zwar bei der für die Beurteilung des Tatverdachts nötigen Gesamtabwägung durchaus im Einzelfall ein Indiz darstellen. Es kann jedoch für sich alleine genommen regelmäßig keine Grundlage für die Annahme einer für eine Wohnungsdurchsuchung ausreichenden Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 102 StPO sein. (LG Regensburg, Beschl. v. 10.10.2014 – 2 Qs 41/14)

§§ 102, 105 StPO; Art. 13 GG – Wohnungsdurchsuchung; hier: Selbstanzeige eines Schmerzpatienten wegen Betäubungsmittel. Der Beschwerdeführer ist Schmerzpatient. Er leidet an diversen physischen und psychischen Erkrankungen, einem bewegungsunabhängigen diffusen Schmerzsyndrom und Arthrose sowie Depressionen und einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Einsätzen als Soldat in Krisengebieten. Er ist schwerbehindert und steht teilweise unter gesetzlicher Betreuung. Aufgrund einer Selbstanzeige erging unter anderem auch ein Durchsuchungsbeschluss für seine Wohnung.
Bei Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität ist es beim Vorliegen besonderer Umstände (hier: Selbstanzeige des Anbaus von Cannabispflanzen bei erlaubtem Bezug von Medizinalhanf im Rahmen einer ärztlich begleiteten Schmerztherapie) verfassungsrechtlich geboten, die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen unter Abwägung von Tatschwere gegenüber dem Schutzgut einzelfallbezogen besonders zu begründen. (BVerfG, Beschl. v. 11.02.2015 – 2 BvR 1694/14)

§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO – Haftgrund Fluchtgefahr; hier: Wohnanschrift im Ausland. Gegen den Angeklagten (A.) wurde ein Haftbefehl, Grund: Fluchtgefahr, erlassen; es bestand der dringende Verdacht des 14-fachen gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchdiebstahls; der Haftbefehl wurde auf die Beschwerde des A. hin aufgehoben. Zum anberaumten Hauptverhandlungstermin erschien A. nicht. Ein erneuter Haftbefehl, Grund: Fluchtgefahr, wurde erneut aufgehoben.
Das LG stellte unter anderem fest: Allein die Tatsache, dass der im Ausland unter einer bekannten Wohnanschrift lebende A. einer ordnungsgemäßen Ladung zur Hauptverhandlung nicht nachkommt, begründet nicht den Haftgrund der Fluchtgefahr, da er nicht verpflichtet ist, sich freiwillig seiner Verhaftung zu stellen bzw. seine Strafverfolgung zu erleichtern. (LG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 21.10.2014 – 22 Qs 168/14)

III. Sonstiges



Zur Thematik: Überforderung des Strafprozesses? Zur Frage des verfahrensrechtlichen Umgangs mit Massenbetrugsfällen. Ein lesenswerter Beitrag von Jun.-Prof. Dr. Dr. Kuhli in der Zeitschrift Strafverteidiger, StV 01/2016, S. 40 – 48. Er behandelt dieses Thema und stellt den Massencharakter in qualitativer und quantitativer Hinsicht dar. Beispielsweise hatte der BGH 2013 (BGH, 06.02.2013 – 1 StR 263/12) über einen Sachverhalt zu befinden, in dem unrichtige Rechnung über 48 € an 140000 Personen gesandt wurden, bei einer Bezahlquote von etwa 40 Prozent.

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