Neue Risiken für den Rechtsstaat – Anmerkungen zum Stand der inneren Sicherheit in Deutschland


Zum anderen ist in allen genannten Feldern außer Rechts- und Linksextremismus bei den Tatverdächtigen ein überproportional hoher Anteil von Tätern mit Migrationshintergrund festzustellen, und dies zumeist entweder aus muslimischen Ländern oder Osteuropa. Für Islamisten und Tätern aus muslimischen Parallelgesellschaften liegt dies auf der Hand. Es gilt aber auch in den anderen genannten Bereichen: Der Anteil der Passausländer unter den Beschuldigten in Verfahren der organisierten Kriminalität lag im Jahre 2014 bei 62,6 %18, darunter – bei insgesamt 104 festgestellten Nationalitäten – überwiegend Osteuropäer und Türken19. Weitere 10,9 % aller Tatverdächtigen hatten zwar einen deutschen Pass, jedoch eine abweichende Geburtsstaatsangehörigkeit, und dies wiederum meist osteuropäisch sowie türkisch und arabisch.20 Beim Wohnungseinbruchsdiebstahl betrug der Ausländeranteil unter den ermittelten Tatverdächtigen im Jahre 2014 in Bayern 43 %21 und es spricht zumindest nichts gegen die wegen des hohen Dunkelfeldes nur schwer zu beweisende kriminalistische Erfahrung, dass der Anstieg der Fallzahlen in hohem Maße auf verstärkte Aktivitäten von meist von Migranten gebildeten organisierten Gruppen zurückzuführen ist.22 Und unter jugendlichen Intensivtätern stellen vor allem türkisch- und arabischstämmige Täter mit Abstand den größten Anteil, gefolgt von Osteuropäern.23
Zum Migrantenanteil unter den Tatverdächtigen sei zur Vermeidung von Missdeutungen auf die folgenden drei Punkte hingewiesen:
Zum Ersten finden sich unter den Tätern der genannten Deliktsfelder stets auch nennenswerte Anteile von Tatverdächtigen ohne Migrationshintergrund, die sich in ihrer Ablehnung von Staat und Gesellschaft und ihrer Gefährlichkeit von den Tatverdächtigen mit Migrationshintergrund nicht unterscheiden. Lediglich der Ausländeranteil ist überproportional hoch.
Zum Zweiten ändern die genannten Probleme mit ausländischen Beschuldigten trotz ihres Gewichts nichts daran, dass Deutschland in der Summe von Einwanderung profitiert hat und weiter profitieren kann, da die große Zahl integrierter Migranten schon jetzt in erheblichem Maße Wohlstand schafft und auch in Zukunft schaffen wird.24
Zum Dritten bedeutet das massierte Auftreten bestimmter Gruppen von Migranten in schweren Deliktsfeldern nicht, dass alle Einwanderer mit dem gleichen ethnischen oder religiösen Hintergrund Integrationsverweigerer wären. Vielmehr finden sich auch unter den Angehörigen dieser Gruppen zahlreiche Beispiele gelungener Integration und ist auch bei diesen Gruppen Straffälligkeit auf eine Minderheit beschränkt.
Dass gescheiterte Integration nicht die Regel und gelungene nicht die Ausnahme ist, wird dabei gerade im Bereich der Strafrechtspflege immer sichtbarer. Dort sind nämlich keineswegs nur Täter mit Migrationshintergrund ein leider gewohntes Bild, sondern mehr und mehr auch Polizeibeamte25, Staatsanwälte und Richter. Und diese arbeiten genauso wie ihre Kolleginnen und Kollegen ohne Migrationshintergrund daran, deutsches Recht zur Geltung zu bringen, und nehmen dabei namentlich als Polizeibeamte auch die gleichen Risiken in Kauf.
Dies stets im Blick, ist freilich der relativ hohe Migrantenanteil bei den genannten Deliktsfeldern bei der Problemanalyse ebenso wie bei der Suche nach Lösungen mit zu bedenken, und zwar ohne falsche Rücksichtnahmen und Denkverbote.

3. Sicherheitsrisiken und das Wesen des Rechtsstaats


Wie soll, wie muss der Rechtsstaat auf diese Bedrohungen reagieren?
Bevor man sich dieser Frage nähert, ist zunächst in Erinnerung zu rufen, dass es sich dabei nicht um irgendeine Frage handelt, sondern um eine, die gerade den liberalen Rechtsstaat in seinem Kern berührt. Der liberale Staat verspricht seinen Bürgern ja vor allem dies: Freiheit. Doch „ohne Sicherheit ist keine Freiheit“26, wie Wilhelm von Humboldt schon vor über zweihundert Jahren feststellte. Wenn Bürger jederzeit fürchten müssen, dass ihr Eigentum, ihr Leib oder gar ihr Leben schutzlos Angriffen Dritter ausgeliefert sind, bedeuten auf diese Rechtsgüter bezogene Freiheitsrechte nichts. Der Schutz individueller Rechte vor Angriffen Dritter ist daher Conditio sine qua non für jede Form von Freiheit und damit für das Funktionieren des liberalen Staates schlechthin.27

4. Die notwendigen Antworten des Rechtsstaats


Wie also ist Sicherheit und damit Freiheit angesichts der neuen Gefahren zu gewährleisten?
Zunächst müssen die Sicherheitsbehörden personell und technisch besser ausgerüstet werden. Statt Stellenkürzungen braucht es mehr Mitarbeiter und bessere Ausstattung. Zu Letzterem gehört auch Überwachungstechnik wie etwa eine offensive Videoüberwachung des öffentlichen Raums. Dass dies für die Polizei und die Strafjustiz mittlerweile auch durch die Politik erkannt wurde, ist zu begrüßen.28 Es betrifft aber auch die in vergangenen Jahren viel gescholtenen Dienste, denen namentlich im Kampf gegen politischen Extremismus eine zentrale Rolle zukommt und die in Deutschland verglichen mit anderen westlichen Staaten völlig unterdimensioniert sind.29
Wo nötig, müssen auch Gesetze verschärft werden. Dies gilt insbesondere für die Möglichkeiten, straffällige Ausländer leichter auszuweisen. Auch dies ist von der Bundesregierung zutreffend erkannt worden, indem in Zukunft schon bei der Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe die Ausweisung möglich sein soll.30 Es wäre freilich zu erwägen, die Ausweisung nicht mehr an der Strafe, sondern am Schuldspruch festzumachen. Denn letztlich ist es die Tat, die die schwere Verletzung des Gastrechts darstellt, sodass es sachgerecht erschiene, dass jeder, der bestimmte gewichtige Taten, etwa eine sexuelle Nötigung, einen Raub oder einen Einbruchsdiebstahl, begeht, bereits durch diese Tat selbst sein Gastrecht und damit seinen Aufenthaltstitel verliert.