Zum Ansehen der Polizei im Fokus der öffentlichen Meinung: neue Resultate aus Nordrhein-Westfalen

2.2 Daraus resultierende Fragen


Vor diesem Hintergrund wurden in Bochum (und anderswo) drei Fragen gestellt:

  • Haben sich polizeirelevante Ereignisse aus den letzten Jahren auf das Ansehen (den Ruf der Polizei) negativ ausgewirkt?
  • Welche Rolle spielt die Polizei selbst? Etwa durch ihr Auftreten bzw. Verhalten oder durch ihr Outfit?
  • Welche Maßnahmen der polizeilichen Gegensteuerung kommen aus kriminalpolitischer Sicht in Frage?


2.2.1 Auswirkungen polizeirelevanter Ereignisse?

Diese Frage ist so vielschichtig, dass sie im Rahmen der Bochum IV-Untersuchung nicht mehr vertretbar beantwortet werden konnte. Immerhin fällt aber auf, dass sich das Ansehen der Polizei über die Jahre hinweg tendenziell erhöht hat, und zwar nicht nur in Bochum, sondern z.B. auch im Flächenstaat Niedersachsen. Auffällig ist jedoch, dass zugleich die Kriminalitätsfurcht zunimmt; diese bezieht sich, was in der Berichterstattung der Medien oft übersehen wird, auch auf das Dunkelfeld der Kriminalität. Steigende Kriminalitätszahlen (im Hellfeld), Dunkelfeld und Kriminalitätsfurcht sowie das Ansehen der Polizei hängen über Rückkopplungen miteinander zusammen.21


2.2.2 Zur Rolle der Polizei selbst

Die Bewertung der polizeilichen Arbeit könnte auch unter den Aspekten der Umgangsformen und der entsprechenden Erfahrung, die die Bürger mit der Polizei gemacht haben, relevant sein. Als weitere Einflussfaktoren kommen neben Persönlichkeitsmerkmalen und Erfahrungen im Bekanntenkreis aber auch Berichterstattungen in den Medien in Betracht. Auffällig ist die hohe Zahl der Probanden, die die Frage „nach dem Ruf der Polizei“ nicht beantworten konnten oder nicht beantworten wollten.

Die Antwort auf die Frage nach verschiedenen Eigenschaften der Polizei gibt die Übersicht 3. Grundsätzlich hielten die Befragten die Bochumer Polizei für hilfsbereit, kompetent und höflich. Genauer: 82,7% der Befragten erlebten die Polizei als (eher) hilfsbereit, 76,2% für (eher) kompetent und 79,7% für (eher) höflich. Bei der Höflichkeit fällt jedoch auf, dass ein relativ hoher Prozentsatz (12,9%) die Polizei für (eher) unhöflich hält.



Im Zeitvergleich haben sich die Einschätzungen verändert. Der Vergleich ergibt (vgl. Übersicht 4), dass im Jahr 2016 82,7% der Probanden den typischen Polizeibeamten als (eher) hilfsbereit einschätzten. Im Jahr 1998 (Bochum III) lag dieser Wert sogar noch etwas höher (bei 85,6%). Einen auffälligen Rückgang hat die Kategorie „Kompetenz“ zu verzeichnen. 1998 erachteten noch 82,1% der Befragten die Polizei als (eher) kompetent; 2016 nur noch 76,2%. Dieselbe Tendenz weist auch die aktuelle Befragung auf, wenn nach der Höflichkeit gefragt wird. Waren es 1998 noch 84,1% der teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger, die die Polizei als (eher) höflich empfanden, sind es 2016 nur noch 79,9%. Die abnehmende Tendenz könnte mit Erziehungsdefiziten bzw. Ausbildungsmängeln zu tun haben.



Die Antworten auf die Frage, ob der Proband der Meinung ist, dass ein Polizist eine „Respektsperson“ sei, fielen vergleichsweise positiv aus. 1998 hatten auf die Frage erst 65,7% der Befragten zustimmend geantwortet; 2016 waren es 88,1%. Dieses Ergebnis ist deshalb auffällig, weil innerhalb der Polizei eher der abnehmende Respekt der Bevölkerung diskutiert wird.22


2.2.3 Sonstige Einflussfaktoren

Zu den „sonstigen Einflussfaktoren“ gehört z.B. das „Outfit“ der (Streifen-)Beamten. Dazu hat die Polizeifachhochschule Sulzbach-Rosenberg in Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg ermittelt:23 Bei der Frage nach der Akzeptanz verschiedener polizeilicher Erscheinungsbilder kam heraus, dass überwiegend extreme Haarschnitte, sichtbare Piercings und Tätowierungen sowie Drei-Tage-Bart und Ohrringe von fast allen Befragten abgelehnt wurden. Künstliche lange Fingernägel möchten 40% der Befragten an den Beamtinnen nicht sehen. Was Tattoos anbelangt, wird die Zulässigkeit in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. In Bayern kommen Tattoos für Polizeibeamte generell nicht in Betracht. Die Vertreter des Freistaates argumentierten vor dem Bayrischen Verwaltungsgerichtshof, der Vorsprung an Respekt, den ihre Uniform Polizisten verschaffe, werde durch sichtbare Tätowierungen nivelliert.24 Eine Studie der Hochschule der Polizei in Rheinland-Pfalz kommt zu einem vergleichbaren Resultat.25 Deren Fazit lautete: Wenn ein Polizist sichtbar tätowiert oder gepierct ist, sinken Respekt und Vertrauen der Bürger. Zugleich steige das Einsatzrisiko des Beamten, weil sich manche Bürger eher widersetzen könnten. Eine gepflegte Uniform erwartete jeder zweite Befragte bei einem Polizisten. Offene Uniformjacke und Schlips „auf Halbmast“ mindern hingegen die Achtung vor den Beamten und damit das Ansehen der Polizei.26 Unklar ist, ob der Wechsel der Uniformfarbe von grün auf dunkel (in nahezu allen Bundesländern umgesetzt) den Respekt vor der Polizei erhöht hat. Der Verfasser, der langjährig im Streifendienst eingesetzt war, hält das für möglich.