Ausländer im Bann der Kriminalität

Ursachen und Präventionsansätze zur Vorbeugung der Delinquenz von Ausländern und Migranten

 

5 Präventionsansätze gegen die Kriminalität junger Ausländer und Migranten

 

Aus kriminologischer und kriminalpolitischer Sicht ist die Begrifflichkeit Prävention ein Zentralbegriff für kriminalitäts- und sicherheitsbezogenes Engagement. Unter Kriminalprävention sind alle Maßnahmen zu verstehen, die einen Beitrag dazu leisten, mit demokratischen Mitteln das Ausmaß und die Schwere der Kriminalitätserscheinungen zu verringern. Der Begriff Prävention wird heute in die Felder der primären, sekundären und tertiären Prävention unterteilt. Die primäre Kriminalprävention beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie Kriminalität entsteht und welche Bedingungen daran angeknüpft sind. So werden Ursachen, die von psychosozialen Bedingungen bis hin zur Armut reichen, betrachtet und es wird versucht, das erstmalige Auftreten von Straftaten zu verhindern. Die primäre Prävention hat somit als Ziel, die Ursachen kriminellen Handelns zu beseitigen, indem sie etwa bereits im Bereich Erziehung, Schule, Arbeit, Wohnen und Freizeit ansetzt. Während die primäre Prävention die allgemeinen Bedingungen der Kriminalität betrachtet, richtet sich die Maßnahme der sekundären Kriminalprävention gegen eine klare Zielgruppe wie etwa Kinder und Jugendliche. Diese Zielgruppe erweist sich auf Grund ihrer Entwicklung oder Lebensbedingungen zu potentiellen Tätern. Das Ziel ist präventiv zu handeln bevor es zur Kriminalität kommen kann. Die Sekundärprävention soll im Allgemeinen die Tatgelegenheiten reduzieren und das Entdeckungsrisiko für Täter erhöhen. Sie ist eine klassische Aufgabe der Polizei. Die Zielgruppe der tertiären Kriminalprävention umfasst Personen, die bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Diese Form der Kriminalprävention setzt im Gegensatz zu den vorgenannten Formen eine strafrechtlich relevante Handlung voraus. Ziel dieser Prävention ist die Vermeidung von Rückfällen der strafrechtlich belasteten Täter. Wie diese drei Bereiche der Kriminalprävention in der Praxis angewendet werden, soll im Folgenden anhand eines sozialen Projektes in Nordrhein-Westfalen vorgestellt werden.

 

6 „Farids QualiFighting“ als generalpräventiver Faktor junger Ausländer und Migranten


Das „Boxzentrum Münster“ mit dem sozial integrativen Projekt „Farids QualiFighting“ befindet sich im Stadtteil Coerde, das zu dem kritischen und kriminell stark belasteten Teil Münsters gehört. Viele der dort lebenden Menschen verfügen über einen Migrationshintergrund und gehören zum sozial schwachen Milieu. Von der Kriminalität und der sozialen Randlage sind vor allem die Kinder und Jugendlichen stark betroffen. Viele schaffen nur bedingt den Hauptschulabschluss und geraten so oftmals in die Jugendarbeitslosigkeit. Maßnahmen und Angebote zur Berufsförderung werden nicht oder nur missmutig angenommen. Durch die fehlende Bildung und folglich fehlende Arbeit schaffen es nur wenige, aus diesem Stadtteil herauszukommen. Das Resultat ist dann häufig eine finanzielle Notlage und die Betroffenen können ihre Freizeit nur schwer mit Hobbys und Sport füllen. Viele dieser Kinder und Jugendlichen verbringen ihre Zeit auf der Straße und rutschen schnell über falsche Freunde in ein kriminelles Umfeld ab. Vor diesem Hintergrund engagiert sich das Boxzentrum Münster mit seinem sozialen Projekt für die Perspektiven dieser Kinder- und Jugendlichen. „Farids QualiFighting“ ist ein Betreuungskonzept, das 2006 gegründet wurde. Ganz nach dem Credo „Boxen macht schlau!“, verknüpft das soziale Bildungskonzept schulische und sportliche Leistungen der Kinder, Jugendlichen sowie Heranwachsenden im Boxzentrum. Das Augenmerk dieses Projektes liegt vor allem auf die Kombination der Lernförderung, Vermittlung von Tugenden wie Disziplin, Pünktlichkeit, Respekt vor anderen Geschlechtern und Religionen. Die Mission des Sportvereins besteht aus „fordern und fördern“. Durch den sportlichen Einsatz, Fleiß und diszipliniertem Lebensstil sollen die Teilnehmer eine sportliche, schulische und gesellschaftliche Förderung erhalten. Diese aufgezählten Werte zeigen, wie wichtig die Bildung für die jungen Ausländer und Migranten ist. Der Boxsport vermittelt somit Schlüsselqualifikationen, die für die Berufs- und Lebensbewältigung von großer Bedeutung sind: Selbstdisziplin, Respekt, Umgang mit Erfolg und Niederlage sowie ein konstruktiver Umgang mit der eigenen Aggressivität.

„Farids QualiFighting“ betreut 161 Kinder und Jugendliche, die alle aus unterschiedlichen Herkunftsländern kommen und oftmals schon polizeilich in Erscheinung getreten sind. Die Kinder und Jugendlichen bekommen dort die Chance ihre schulischen und boxerischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Die Lerneinheiten erfolgen vier Mal pro Woche jeweils vor dem Boxtraining. Es gilt stets die Devise: Wer nicht lernt, darf auch nicht boxen. Die Jungen und Mädchen bekommen Auflagen wie etwa mit Alkohol und Drogen aufzuhören und ihre Noten zu verbessern. So werden am Anfang eines Schuljahres sog. Wunschzeugnisse erstellt. Darauf arbeiten die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer hin. Sollten die Noten sich nach einem halben Jahr nicht verbessert haben, gilt ein sechsmonatiges Boxverbot. Im Erfolgsfalle werden sie weiter kostenlos trainiert. Hauptziel von „Farids QualiFighting“ ist es, die jungen Boxerinnen und Boxer nachhaltig und eigenverantwortlich zu einer gewandelten Lebensführung zu bringen. Die Kinder und Jugendlichen lernen ihre Leistungsbereitschaft, die sie beim Boxen zeigen, auch in Alltagssituationen umzusetzen. Dieser sportliche Gedanke überträgt sich so beispielsweise auf die Leistungen in der Schule. Folglich wird eine Klausur wie ein Wettkampf gesehen, auf den man sich gezielt vorbereiten muss. Sie lernen einzuschätzen, ob ihren Vorbereitungen ausreichend waren, um den Test zu bestehen. Dieses Projekt wurde bereits mit etlichen Auszeichnungen wie dem Preis der deutschen Stiftung für Kriminalprävention, Deutscher Bürgerpreis, das grüne Band oder Reiner-Klimke-Preis der Stadt Münster geehrt. Die Schirmherrschaft hat der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen übernommen.

 

7 Fazit


Die Thematik der Ausländerkriminalität ist nach wie vor schwierig und kann bei einer unkritischen Sicht zur Stigmatisierung und Instrumentalisierung führen. Ein Schweigen oder Ignorieren dieses Spannungsfeldes führt jedoch nicht weiter. Vielmehr bedarf es einer ernsten und offenen Diskussion. Erst dann können Fragen nach den Gründen für eine Kriminalitätsbelastung junger Ausländer und Migranten beantwortet werden. Keineswegs soll die Kriminalität junger Ausländer und Migranten kleingeredet werden, jedoch bringt es dem demokratischen Rechtsstaat und dem Zusammenleben in unserem Land wenig, diese Aspekte beispielsweise als „Mutter aller Probleme“ oder die Rettung von Flüchtlingsbooten im Mittelmeer mit einem „Shuttle-Service“ zu vergleichen. Denn genau solche Äußerungen bieten Spielraum für rechtspopulistische Gruppierungen, die ihren Zorn auf Grundlage von Gefühlen statt Fakten schüren.

 

Anmerkung


Die Autorin ist in Deutschland geboren und arbeitet als Polizeikommissarin in NRW. Sie spricht neben ihrer deutschen und kurdischen Muttersprache noch die türkische, englische, spanische und arabische Sprache. Neben ihrer Tätigkeit im Streifendienst fungiert sie als ehrenamtliche Helferin im sozialen Projekt „Farids QualiFighting“ in Münster. Dort unterstützt sie sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche. Zudem lehrt sie an der HSPV das Studienfach „Interkulturelle Ko

Seite: << zurück123