Kriminalitätsbekämpfung

Subjektive Sicherheit und der Einfluss sozialdemographischer Merkmale. Ergebnisse von Bürgerbefragungen


In Görlitz stieg der Anteil der Personen, die sich beim letzten abendlichen Ausgang begleiten ließen, damit ihnen nichts passiert, in der Befragung 2012 gegenüber der von 2004 zwar nur geringfügig von 27,3 Prozent auf 28,1 Prozent, allerdings sank der Anteil der Befragten, die bei dieser Frage mit „nein“ antworteten, von fast 60 Prozent 2004 auf rund 50 Prozent 2012. Das bedeutet, dass sowohl der Anteil der Befragten, die mit „weiß nicht“ antworteten, von 5,7 Prozent auf 9,6 Prozent stieg, wie auch der Anteil der befragten Bürger, die äußerten, dass sie nie abends ausgingen. Dieser stieg von 6,8 Prozent 2004 auf 10,8 Prozent 2012 und dürfte hauptsächlich mit der fortschreitenden Alterung der Görlitzer Bevölkerung zu erklären sein. Der Anteil der Befragten, die sich beim letzten abendlichen Ausgang begleiten ließen, damit ihnen nichts passiert, stieg in Hoyerswerda von 33,9 Prozent 1998 über 34,2 Prozent 2002 auf 36,7 Prozent 2008 kontinuierlich an. In Görlitz ging dieser Anteil indes von 37,3 Prozent 1999 auf 27,3 Prozent im Jahr 2004 zunächst deutlich zurück, um 2012 – wie gesehen – wieder leicht auf 28,1 Prozent anzusteigen. 
Zwischen dem Alter der Befragten und dem Anteil derer, die sich abends zum Schutz begleiten ließen, besteht erwartungsgemäß ein statistisch hoch signifikanter Zusammenhang (Spearman-Rangkorrelationskoeffizient: p = 0,0001 < 0,01, h.s., Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0000 < 0,01, h.s.). Ebenso verhält es sich mit dem Geschlecht (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0000 < 0,01, h.s.), wobei Frauen sich zu 42,6 Prozent, Männer aber nur zu 11,3 Prozent begleiten ließen. Auch der Familienstand erscheint in seinem Einfluss statistisch hoch signifikant (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0000 < 0,01, h.s.), wobei vor allem verwitwete Personen sich mit 37,5 Prozent am häufigsten begleiten lassen wie auch mit einem Anteil von 28,1 Prozent am häufigsten bekunden, dass sie abends nie ausgingen. Der Ausbildungsabschluss (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0000 < 0,01, h.s.) und der Beschäftigungsstatus (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0000 < 0,01, h.s.) lassen ebenfalls statistisch hoch signifikante Effekte erkennen, wobei vor allem Befragte mit Hochschul- und Fachhochschulabschlüssen bzw. Vollzeitbeschäftigte sich am seltensten begleiten lassen, während noch in der Ausbildung Befindliche und Rentner überdurchschnittlich häufig begleitet werden. Es liegen demnach auch entsprechende Interaktionseffekte mit dem Alter vor. Der Stadtteil, in dem die Befragten wohnen, zeigt keinen Einfluss (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,5196 > 0,05, n.s.). Dafür aber die Zufriedenheit mit der sozialen Integration (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0089 < 0,01, h.s.). Vor allem Befragte, die mit ihrer sozialen Einbindung „sehr zufrieden“ sind, ließen sich mit einem Anteil von 19,2 Prozent deutlich seltener als andere beim letzten abendlichen Ausgang begleiten. Auch damit wird der Befund eines engen Zusammenhangs zwischen der Zufriedenheit mit der sozialen Integration und dem Sicherheitsgefühl nachdrücklich bestätigt. 
Noch aufschlussreicher erscheint die Entwicklung im Hinblick auf das Meidungsverhalten (Tabelle 12), das mit der Frage: „Als Sie das letzte Mal abends ausgegangen sind, haben Sie bestimmte Straßen oder Orte gemieden, um zu verhindern, dass Ihnen etwas zustößt?“, erfasst wurde. 

Mit 37,6 Prozent der Befragten, die angeben, dass sie abends bestimmte Straßen und Orte meiden würden, damit ihnen nichts passiert, wird bei der Befragung 2012 in Görlitz eigentlich der niedrigste Anteil an „ja“-Antworten bei dieser Frage festgestellt. Allerdings liegt der Anteil der „nein“-Antworten mit 36 Prozent 2012 um rund 10 Prozent niedriger als 2004, als 46,3 Prozent mit „nein“ antworteten. Dies erklärt sich insbesondere dadurch, dass 2012 deutlich mehr Befragte mit „weiß nicht“ (10,3 Prozent) oder mit „gehe nie (abends) aus“ (14,5 Prozent) antworteten. 1998 lag der Anteil der „ja“-Antworten bei dieser Frage in Hoyerswerda bei 47,2 Prozent, 2002 bei knapp 45 Prozent und 2008 ebenfalls bei rund 45 Prozent. In Görlitz waren es 1999 rund 43 Prozent und 2004 rund 39 Prozent, die mit „ja“ antworteten. 
Kein erkennbarer Zusammenhang besteht zwischen der Meidung bestimmter Straßen und Orte und dem Stadtteil, in dem die Befragten wohnen (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,2076 > 0,05, n.s.). Das Alter erweist sich indes in seinem Einfluss auf das Meidungsverhalten statistisch hoch signifikant wirksam (Spearman-Rangkorrelationskoeffizient: p = 0,0000 < 0,01, h.s., Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0000 < 0,01, h.s.). 



Der zwischen dem Alter und der Meidung bestimmter Straßen und Orte abends bestehende, statistisch hoch signifikante Zusammenhang stellt sich im Einzelnen komplizierter dar (Tabelle 13). So liegt der Anteil der Befragten, die dies bejaht haben, bei den 20 bis 24-Jährigen (53,5 Prozent) und bei den 25 bis 29-Jährigen (58,1 Prozent) am höchsten und bei den 14 bis 19-Jährigen mit 30,4 Prozent am niedrigsten. Bei dieser jüngsten Altersgruppe antworteten allerdings 13 Prozent, dass sie abends (noch) nicht ausgehen. Lediglich bei den Altersgruppen der 45 bis 59-Jährigen überwiegt der Anteil derjenigen, die bestimmte Straßen und Orte nachts nicht meiden, den Anteil derjenigen, die solches Meidungsverhalten bekunden. Bei der Altersgruppe der 60 bis 64-Jährigen mit 19,7 Prozent und insbesondere bei den Befragten über 64 Jahren mit 27,3 Prozent ist vor allem der Anteil derjenigen hoch, die äußern, dass sie abends – aus welchen Gründen auch immer – „nie ausgehen“. Der statistisch signifikante Zusammenhang geht demnach nicht nur auf das Meidungsverhalten selbst zurück, sondern auch darauf, dass die Angehörigen der beiden ältesten Altersgruppen auch deutlich seltener als die Befragten anderer Altersgruppen überhaupt abends ausgehen. Natürlich ist ein starker Interaktionseffekt mit dem Geschlecht zu vermuten, also dass es überwiegend Frauen der einzelnen Altersgruppen sind, die abends bestimmte Straßen und Orte, aus Furcht, dass ihnen etwas zustoßen könnte, meiden. 

Wie zu erwarten war, zeigt das Geschlecht bezüglich dieser konativen Furchtdimension des Meidungsverhaltens einen hoch signifikanten Einfluss (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0000 < 0,01, h.s.). Nicht nur, dass gegenüber 44,5 Prozent der Frauen, die bekunden, dass sie abends aus Frucht bestimmte Straßen und Orte meiden, der Anteil der Männer, die sich so äußern, nur 31,2 Prozent beträgt. Auf der anderen Seite verneinen 48,1 Prozent der Männer, aber nur 26,7 Prozent der Frauen ein solches Meidungsverhalten. Es fällt auch auf, dass ein fast doppelt so hoher Anteil an Frauen, nämlich 18,7 Prozent, gegenüber 9,9 Prozent der Männer erklären, dass sie abends nie ausgehen würden. Ob ein abendlicher Ausgang aus Furcht oder aus anderen vorliegenden Gründen unterbleibt, ist damit nicht unbedingt gesagt, kann aber wohl als eines der relevanten Motive durchaus angenommen werden. 
Alle anderen betrachteten sozialdemographischen bzw. unabhängigen Variablen zeigen ebenfalls statistisch signifikante Effekte. Dies gilt für die Ausbildungsabschlüsse (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0138 > 0,01, p = 0,0138 < 0,05, s.s.), bei denen ein schwach signifikanter Einfluss festzustellen ist, ebenso im Hinblick auf den Beschäftigungsstatus (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0000 < 0,01, h.s.), den Familienstand (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0003 < 0,01, h.s.) und die Zufriedenheit mit der sozialen Integration (Pearson-Chi-Quadrat: p = 0,0045 < 0,01, h.s.).

Schlussbetrachtung


Im Sinne der theoretischen Ausgangspunkte konnte gezeigt werden, dass verschiedene sozialdemographische Kenngrößen vielfach einen statistisch hoch signifikanten Einfluss auf verschiedene Aspekte der subjektiven Sicherheit haben. Dies gilt insbesondere für das Alter und das Geschlecht der Befragten, ebenso aber auch für andere untersuchte unabhängige Variablen. Soweit sich im Zeitverlauf deutliche Veränderungen in der sozialdemographischen Zusammensetzung der Bevölkerung und insbesondere in der Altersstruktur ergaben (Sterbling 2013, S. 64 ff), hat dies auch mehr oder weniger weitreichende Auswirkungen auf die Entwicklung der subjektiven Sicherheit insgesamt. Kriminalitätsfurcht ist eine Erscheinung, die zwar in allen Bevölkerungsgruppen anzutreffen ist, aber doch auch sozialdemographisch beschreibbare, spezifische Differenzen erkennen lässt. An entsprechende Befunde und Erkenntnisse kann sicherlich auch in der praktischen Präventionsarbeit und nicht zuletzt in der Kriminalprävention sinnvoll angeknüpft werden.