Neonatizid

Der Begriff „Neonatizid“ beschreibt die Tötung eines neugeborenen Kindes innerhalb der ersten 24 Stunden nach seiner Geburt. In den polizeilich registrierten Fällen werden Neonatizide in der Regel von der Kindesmutter verübt.

Ursachen und Hintergründe

Psychologen erklären sich eine Neugeborenentötung als eine Panikreaktion auf die überraschende Geburt, weil die Mutter in einigen Fällen selbst nichts von der Schwangerschaft wusste oder versucht hat, sie bis zum Ende zu leugnen. In anderen Fällen hat die Mutter die Schwangerschaft vor ihrem sozialen Umfeld und dem Kindesvater verheimlicht und das Kind direkt nach der Geburt getötet, damit seine Existenz für immer unbekannt bleibt. Nur in sehr seltenen Fällen wird ein Neonatizid von dem Kindesvater oder einer fremden Person verübt. Die Aufklärung von Neonatiziden ist oftmals schwer, da meist nur die Mutter Kenntnis über das Kind und sein kurzes Leben hatte und während der Geburt vermutlich alleine war.

Historische Ursprünge

In der Antike war es verbreitet und gesellschaftlich anerkannt, neugeborene Kinder zu töten, wenn sie in einer Zeit geboren wurden, die von Hungersnot und Elend geprägt war. In Europa wurden im Mittelalter und bis ins 18. Jahrhundert hinein zahlreiche Kinder nach ihrer Geburt getötet. Gründe dafür waren Unehelichkeit, Armut, aber auch Fehlbildungen des Kindes. In dieser Zeit wurden Neonatizide oder Infantizide (Kindestötungen innerhalb des ersten Lebensjahres) häufig mit der Todesstrafe geahndet.

Rechtliche Konsequenzen

Bei den Ermittlungen eines Neonatizides unterscheidet die Polizei grundsätzlich, ob die Tötung durch aktives Handeln, wie etwa direkte Gewalteinwirkung, oder durch eine Nichtversorgung des Neugeborenen erfolgt ist. Für die Gerichtsmedizin stellt sich auch die Frage, ob das Kind überhaupt lebensfähig geboren wurde. Strafrechtlich wird ein Neonatizid als Totschlag (StGB §212), minder schwerer Fall des Totschlags (StGB § 212, 213) oder auch als Mord (StGB §211) verfolgt. Dabei drohen Freiheitsstrafen von zwei bis 15 Jahren.

Prävention durch ausreichende Beratung

Um Neonatizide bei ungewollter Schwangerschaft zu vermeiden, gibt das Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) vor, dass insbesondere ungewollt schwangere Frauen ausreichend beraten und psychologisch unterstützt werden müssen. Frühzeitig werden ihnen so Alternativen angeboten, wie etwa das Abgeben des Kindes in einer Babyklappe oder die Freigabe zur Adoption. Für ungewollt schwangere Frauen gibt es bundesweit Beratungsangebote, wie zum Beispiel von profamilia. Diese richten sich auch an Angehörige, die vermuten, dass eine ihnen nahestehende Person ihre Schwangerschaft verheimlichen will, und in Sorge um das Kind sind.

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