Fanatismus im Fußball
„Ultra“ ist eine lateinische Vorsilbe und bedeutet „über“, „jenseits“ oder auch „extrem“. Ultras betrachten sich demnach als „Über-Fans“ – eine Art Fan-Elite, die alles für ihren Verein tut, ihre Mannschaft überall hin begleitet und ein besonderes Flair in die Stadien bringen will. Dabei orientieren sich Ultras häufig an südeuropäischen Vorbildern wie Italien oder Spanien, wo die Ultra-Bewegung ihren Ursprung hat. Eine eindeutige Definition des Ultragedankens existiert jedoch nicht, da es viele unterschiedliche Gruppen, Bewegungen und Szenen gibt, die verschiedene Strukturen, Regeln, Schwerpunkte und Vorstellungen haben, was „Ultra“ für sie bedeutet. Ultras wehren sich außerdem gegen die Kommerzialisierung des Fußballs. Meist steht für sie nicht das Spielergebnis im Vordergrund, sondern vielmehr die Stimmung bzw. „Party“ vor, während und nach dem Spiel. Aufgrund zunehmender Ausschreitungen kommt es immer wieder zu Spannungen zwischen Ultra-Gruppierungen und der Polizei. Während die Polizei den Ultras Gewaltbereitschaft vorwirft, fühlen sich im Gegenzug viele Ultras von der Polizei provoziert oder verweigern den Dialog.
Geschichte der Ultra-Szene in Deutschland
Ihre Wurzeln hat die Ultra-Bewegung in Italien, wo sie in den 1950er Jahren ihren Anfang nahm. Deutschland erreichte die Bewegung erst zu Beginn der 1990er, als mit den „Fortuna Eagles“ aus Köln im Jahr 1986 die – nach eigenen Angaben – erste deutsche Ultra-Gruppierung entstand. Einen großen Aufschwung erlebte die Ultra-Szene Anfang 2000. Begünstigt durch das neue Medium Internet schlossen sich mehrere kleinere Gruppen zu einer größeren Gemeinschaft zusammen und die Mitgliederzahlen stiegen stark an. Mittlerweile existieren bei fast allen Vereinen der oberen drei Fußballigen, aber auch in hierarchisch tieferen Spielklassen Gruppen, die sich selbst als Ultras bezeichnen. Deutschlands zahlenmäßig größte und aktivste Ultra-Gruppe sind die Ultras Frankfurt.
Verhalten vor, während und nach dem Spiel
In den Stadien unterstützen Ultras ihren Verein akustisch durch lautstarke Gesänge, mithilfe von Trommeln oder Megaphonen, sowie optisch durch Kurven-Choreographien, Schwenkfahnen, Transparente und der Verwendung von verbotener Pyrotechnik. Dabei geht es Ultras nicht nur um die Vereinsunterstützung, sondern auch um die eigene Selbstdarstellung. Ihren Platz haben sie häufig in den Stehplatzbereichen direkt hinter dem Tor oder auf den Rängen. Obwohl sich Ultras – im Gegensatz zu Hooligans – nicht als gewaltorientiert bezeichnen, sind viele Ultras regelmäßig in Krawalle und Schlägereien verwickelt. So wurde beispielsweise im Februar 2011 Volker Lange, Einsatzleiter der Polizei in Köln, nach dem 3:2 Sieg des 1. FC Köln gegen den FC Bayern von zwei Mitgliedern der Ultra-Gruppierung „Wilde Horde“ verprügelt – weitere Polizisten wurden verletzt. Auch auf der Autobahn kommt es immer wieder zu teilweise lebensgefährlichen Zwischenfällen. Ein aktuelles Beispiel ist die Attacke einiger Mitglieder der „Wilden Horde“ auf einen Fanbus von Borussia Mönchengladbach auf der A3 im März 2012. Nachdem sie den Bus zunächst ausgebremst und von der Fahrbahn abgedrängt hatten, wurden Steine geworfen und mithilfe von Eisenstangen Scheiben zerschlagen.
Bekannte Ultra-Gruppierungen
- Ultras Rapid 1988 (SK Rapid Wien, international bekannteste Gruppierung)
- Ultras Dynamo (SG Dynamo Dresden)
- Ultras Frankfurt (Eintracht Frankfurt)
- Suptras Rostock (FC. Hansa Rostock)
- Wilde Horde (1. FC Köln)
- Ultrà Sankt Pauli (FC St. Pauli)
- Schickeria München (FC Bayern München)
- Pfalz Inferno (1. FC Kaiserslautern)
- The Unity (Borussia Dortmund)
- Horda Azzuro (FC Carl Zeiss Jena)
(KL)