Recht und Justiz

Hanf und CBD

In aller Munde (und manchmal auch auf der Haut)

 

8 CBD und Rauchwaren


CBD-haltige Produkte werden nicht nur im Lebensmittel-, Arzneimittel und Kosmetikbereich als Lifestyleprodukte vermarktet, sondern zunehmend auch als Rauchware, zu denen auch rauchlose Erzeugnisse zählen. Innerhalb von Europa hat sich insbesondere in der Schweiz ein entsprechender Markt entwickelt, wobei dort der Grenzwert für THC bei 1,0% (!) liegt.37 Doch auch auf dem deutschen Markt tauchen zunehmend CBD-haltige E-Liquids oder gar getrocknete CBD-Blüten in Reagenzgläsern zum Räuchern auf, bevorzugt in Tankstellenshops. Hierbei handelt es sich um Nachfüllbehälter für E-Zigaretten, welche unter Verwendung eines akkubetriebenen Verdampfers als flüssige Zubereitungen aus Nicotin, Propylenglycol, Glycerin und verschiedenen Aromastoffen verdampft und vom Konsumenten mittels eines Mundstücks inhaliert werden.


Gemäß § 2 Nr. 1 und 2 Tabakerzeugnisgesetz fallen auch elektronische Zigaretten sowie Nachfüllbehälter unter den Anwendungsbereich des TabakerzG; seit dem 1.1.2021 auch dann, wenn sie gänzlich nikotinfrei sind. Hierzu hatte das BVerwG bereits im Jahr 201438 festgestellt, dass E-Zigaretten weder Medizinprodukte noch die flüssigen Zubereitungen Arzneimittel darstellen, sondern – trotz eines Entwöhnungseffektes – wegen der Genussmitteleigenschaft insgesamt ein Tabakerzeugnis. Folglich finden nicht nur die strafbewehrten39 – Irreführungstatbestände der §§ 18, 34 Abs. 1 Nr. 9, 11 TabakerzG Anwendung, sondern auch die Vorgaben aus §§ 4, 28 Tabakerzeugnis-Verordnung, welche i.V.m. Anlage 1 zur TabakerzV zum Schutz der menschlichen Gesundheit verbotene Zusatzstoffe in Tabakerzeugnissen abschließend auflistet. So sind z.B. Vitamine, Koffein, Taurin und bestimmte Aromen wie Menthol als Inhaltsstoffe verboten. CBD findet sich allerdings nicht darunter. Hersteller und Importeure unterliegen –- gemäß den Vorschriften des TabakerzG40 zahlreichen Überwachungs- und auch Mitteilungspflichten, insbesondere wenn diese neu (nach dem 19. Mai 2014) hergestellte oder neu importierte E-Zigaretten nebst Liquids in den Verkehr bringen wollen. Denn bei der Erhitzung dürfen nur Inhaltsstoffe Verwendung finden, die weder kalt noch erhitzt eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. In diesen Fällen schreibt der Gesetzgeber – ähnlich wie in der Novel Food – Verordnung – ein Notifizierungsverfahren bei der zuständigen Behörde vor. § 12 Abs. 1 TabakerzG bestimmt, dass neuartige Tabakerzeugnisse nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie zugelassen sind. Die Vorgaben zum Zulassungsantrag des Herstellers bzw. Importeurs sind umfangreich und kostenintensiv.41 Das eigentliche Problem liegt darin, dass § 12 TabakerzG bereits von Wortlaut und Gesetzessystematik her nur für Tabakerzeugnisse im engeren Sinne gilt und nicht für die „verwandten Erzeugnisse“ wie z.B. Nachfüllbehälter. Hier handelt es sich offensichtlich um eine ungewollte Regelungslücke. Denn es dürfte unstreitig sein, dass CBD-Liquids ähnlich wie Tabak konsumiert und bewusst als Alternative zu diesen Genussmitteln genutzt werden. Sie können ebenso in Tabakläden oder Tankstellen erworben werden und entfalten gesundheitliche Relevanz.42 Auch unterfallen sie – als sog. Substitute für Tabakwaren ab dem 1.7.2022 – wie Tabakerzeugnisse künftig der Tabaksteuer. Dennoch gilt hier das im Strafrecht immanente Analogieverbot:43 Danach dürfte eine erweiternde und über §§ 12, 34 Abs. 1 Nr. 6 TabakerzG strafbegründende Auslegung verfassungsrechtlich verboten sein, so dass nach meiner Auffassung der Vertrieb von CBD-Liquids jedenfalls nach dem Tabakrecht straflos ist. Hiervon unberührt bleiben jedoch die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften, da sich „verwandte Erzeugnisse“ und „Betäubungsmittel“ (anders als bei „Tabakerzeugnissen“) nicht gegenseitig ausschließen.44

 

9 Zusammenfassung


Der Stoff CBD ist noch nicht überall im polizeilichen Alltag angekommen, dürfte jedoch wegen seiner strafrechtlichen Allrounder-Eigenschaft zunehmend auch Gegenstand von Ermittlungsverfahren werden. Das setzt jedoch eine entsprechend sensibilisierte Überwachungstätigkeit voraus. Denn gerade im Nebenstrafrecht erfolgen Strafanzeigen i.d.R. durch Behörden und weniger durch Geschädigte. Der Handel mit CBD-haltigen Produkten zu Konsumzwecken unterfällt – je nach analytischer Zusammensetzung und abhängig von der Frage einer Zulassung – regelmäßig den Strafvorschriften der einschlägigen Gesetze zum Betäubungsmittel-, Arzneimittel-, Medizinprodukte-, Lebensmittel-, Kosmetik- oder Tabakrecht. Hierbei spielt es keine Rolle, ob das Produkt durch Rauchen, Verdampfen, Essen oder Auftragen auf die Haut dem menschlichen Körper zugeführt wird. Zumindest für Lebensmittel hat das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit seit geraumer Zeit (unmissverständlich) festgestellt: „Dem BVL ist derzeit keine Fallkonstellation bekannt, wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, als auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre“.


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Anmerkungen

 

  1. Der Autor arbeitet seit vielen Jahren als Dezernent in der Landeszentralstelle für Wein- und Lebensmittelstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft in Bad Kreuznach. Die vorliegenden Ausführungen geben ausschließlich die persönliche Meinung des Autors wieder.
  2. Bechtel, NZWiSt 2021, 222.
  3. Rottmeier, PharmR 2020, 446.
  4. EuGH, Urt. v. 19.11.20, C 663/18, ZLR 1/2021, 58.
  5. Lachenmeier, DLR 08/2019, 362.
  6. Habel/Lachenmeier, CVUA Karlsruhe 4.8.2020.
  7. Schäfer/Tafelski, der Aneasthestist 2021, 552.
  8. Erweitert im Jahr 1971.
  9. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BtMG: nicht natürlich vorkommende Stoffgemische, Gemenge oder Lösungen aus zwei oder mehr Stoffen der Cannabispflanze.
  10. Körner/Patzak/Volmer, BtMG, 9. Aufl. § 1 Rn. 24.
  11. Z.B. bei zerkleinertem, vermahlenem Pflanzenmaterial
  12. Insbesondere Pflanzensäfte wie Harze, Öle oder Milch.
  13. MüKo, 3. Aufl. 2017, § 2 Rn. 18.
  14. Nutzhanfsorte gemäß BLE-Liste.
  15. OLG Hamm, BeckRS 2016, 13673.
  16. BGH, Urteil v. 24.03.2021, 6 StR 240/20.
  17. BT-Drs. 13/3052;  881/1997.
  18. Köbler, PharmR 2021, 327.
  19. KPV, a.a.O § 2 Rn. 6.
  20. Grieb/Hiller, LMuR 2020, 289.
  21. KPV, a.a.O. § 29 Rn. 48 – 51.
  22. BGVV v. 16.3.2000.
  23. Arzneimittelverschreibungsverordnung.
  24. Urt. v. 10.7.2014 – C-358/13 („Legal Highs“).
  25. MüKo StGB 3. Aufl. 2017 § 2 AMG Rn. 8; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2018, 28563.
  26. Statt aller: Fischer, StGB 67. Aufl, § 17 Rn. 5 ff.
  27. OLG Hamm, a.a.O. Rn. 87.
  28. DAZ Online, 19.2.2020.
  29. Siehe Vorlagebeschluss BVerfG v. 20.5.2021 – 3 C9/20 zum EuGH am Beispiel eines Nasensprays.
  30. Urteil v. 16.4.2015 – I RZ 27/14, GRUR 2015, 1140.
  31. EuGH, Urt. v. 9.6.2005 – C 111/03 – juris.
  32. Gem. Art. 3 Abs. 1 NFV auch Bereithalten zu Verkaufszwecken.
  33. Siehe u.a. Verbraucherzentrale: Wissen zu Hanfprodukten.
  34. Niedersächs. OVG, Beschl. v. 4.2.2021 – 13 ME 545/20 – juris.
  35. VG Würzburg, LMuR 2021, 311.
  36. So auch Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht mit Urteil v. 25.1.2021, Az.: 1 B 171/20 – juris.
  37. Bohnen/Schmidt, BeckOK BtMG, 11. Aufl. 2021 § 29 Rn. 32.
  38. BVerwG, Urt. v. 20.11.2014 – 3 C 27.13, PharR 2015, 259.
  39. Über § 34 Abs. 1 Nr. 9 – 11 TabakerzG.
  40. In Umsetzung der Richtlinie 2014/40/EU vom 20.5.2016.
  41. Siehe Zipfel/Rathke, LMR 178. EL 2020 TabakerzG § 12 Rn. 24.
  42. Siehe BfR v. 11.5.2021: E-Zigaretten – alles andere als harmlos.
  43. M-G/Sch StPO, 63. Aufl. 2020 Einl. Rn. 198.
  44. Vgl. KPV, a.a.O. § 1 Rn. 11.

 

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