Politik - Innere Sicherheit

Auf dem Weg zu einem Sicherheitsdienstleistungsgesetz (SDLG)

Von Dr. Harald Olschok, Bad Homburg/Berlin

4.4 Bewacherregister (BWR): Volle und nachhaltige Funktionsfähigkeit herstellen


Bereits am 1. Juni 2019 ging das BWR als digitales Vorzeigeprojekt des Bundeswirtschaftsministeriums beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) an den Start. Im BWR werden alle Sicherheitsunternehmen und deren Mitarbeiter*innen registriert und durch die kommunalen Ordnungsbehörden auf Zuverlässigkeit überprüft und verwaltet. Durch die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse sollten das Erlaubnisverfahren für die Sicherheitsunternehmen vereinfacht und die Zuverlässigkeitsüberprüfungen der Mitarbeiter*innen deutlich beschleunigt werden. Nach zweieinhalb Jahren Betrieb sind immer noch große Lücken vorhanden. Inzwischen sind die meisten der 6.000 Sicherheitsunternehmen registriert, Große Defizite gibt es aber nach wie vor bei den rund 260.000 Sicherheitskräften. Wir gehen davon aus, dass derzeit nur rund 70% im BWR freigeschaltet sind. Es gibt immer wieder Probleme mit der Programmsteuerung und der Benutzeroberfläche des BWR für Unternehmen und Ordnungsbehörden. Hinzu kommt die vielfach anzutreffende mangelnde personelle, technische und fachliche Ausstattung der kommunalen Verwaltungen. Das gilt vor allem für kleinere Gemeinden. So kommt es gerade dort nach wie vor zu einem massiven Bearbeitungsstau. 75% unserer Mitglieder warten momentan länger als vier Wochen auf die Freigabe von neuen Mitarbeiter*innen für einen Einsatz beim Kunden. Im Durchschnitt hat sich die Dauer der Zuverlässigkeitsüberprüfungen trotz BWR verdoppelt. Dies ist ein unhaltbarer Zustand und beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit der Sicherheitswirtschaft. Das BWR hat im Ergebnis bisher nicht zu weniger, sondern zu mehr Bürokratie für die Sicherheitswirtschaft geführt. Es bleibt damit leider auch weiterhin eine Dauerbaustelle.

Als Folge des zum 1. Juli 2020 erfolgten Ressortwechsels zum Bundesinnenministerium (BMI) wird das BWR im Jahr 2022 vom Statistischen Bundesamt (Destatis) als registerführende Stelle übernommen. Der BDSW fordert von der Bundesregierung bzw. vom BMI, dass die Verwaltungsdigitalisierung auf diesem Gebiet erfolgreich abgeschlossen und die Dauerbaustelle BWR beendet wird. Das setzt aber auch voraus, dass die Bundesländer ihre Vollzugsbehörden personell und technisch im Interesse der Sicherheitswirtschaft und Sicherheitsarchitektur Deutschlands besser ausstatten.

4.5 Sicherheitsstandards für betriebseigene Sicherheitskräfte


Die derzeitigen gewerberechtlichen Regelungen bei der Durchführung von Sicherungstätigkeiten gemäß § 34a der Gewerbeordnung (Zuverlässigkeitsüberprüfung und Unterrichtungsverfahren bzw. Sachkundeprüfung) gelten nicht für betriebseigene Sicherheitskräfte (sog. Inhouse-Security). Dies kann im Bereich des Schutzes kritischer Infrastrukturen, des Schutzes des ÖPV, des Schutzes von Flüchtlingsunterkünften bzw. des Schutzes von Veranstaltungen mit besonderem Gefährdungspotenzial zu gravierenden Sicherheitslücken führen. An die Mitarbeiter*innen der Inhouse-Security sind dieselben Anforderungen im Bereich Qualifikation, Schulung und Weiterbildung zu stellen, wie an diejenigen der Sicherheitsdienstleister. Nur so kann vermieden werden, dass durch – auf Kostenerwägungen beruhenden – Ausweichbewegungen der Bedarfsträger (Umsetzung mit eigenen Mitarbeiter*innen) die angestrebte Erhöhung des Sicherheitsstandards verhindert wird. Diese Lücke ist im SDLG zu schließen.

4.6 Rechtsgrundlagen für Bodycams


Immer mehr private Sicherheitskräfte werden in „konfliktgeneigten“ Tätigkeiten eingesetzt. Dazu gehört der Schutz von Flüchtlingsunterkünfte, des ÖPV, von Veranstaltungen, von Einkaufszentren oder auch von Diskotheken. Während die Gewalttaten gegenüber den Einsatzkräften von Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften von Politik und Medien regelmäßig aufgegriffen und öffentlich zu Recht kritisiert werden, gilt dies nicht gegenüber den Attacken der Beschäftigten in der von mir vertretenen Branche. Die für die Sicherheitswirtschaft zuständige gesetzliche Unfallversicherung, die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, hat vor einigen Jahren einen Securityreport herausgegeben. Dieser ist nur Insidern bekannt.3


Die daraus zu ziehenden Konsequenzen sind vielschichtig. Dazu gehört aber auch, dass zum Schutz der Mitarbeiter*innen Rechtsgrundlagen für den Einsatz von Bodycams zu schaffen sind. Feldversuche mit dem Einsatz von Bodycams zeigen, dass deren Einsatz in Konfliktsituationen signifikant deeskalierend bzw. Gefahren mindernd wirkt. Das trägt maßgeblich zum Schutz des Sicherheitspersonals bei. Dabei legt der BDSW Wert darauf, nur datenschutzkonforme Anwendungsformen zum Einsatz zu bringen. Insofern sollten für den Einsatz von Bodycams durch private Sicherheitskräfte zum Eigenschutz bzw. bei konfliktgeneigten Einsätzen rechtliche Grundlagen auf Bundes- und Landesebenen geschaffen werden. Nur so kann ein effektiver Eigenschutz der Sicherheitsmitarbeiter*innen sowie eine Verbesserung der öffentlichen Sicherheit in Deutschland erreicht werden.

4.7 Regelungen zum Schutz vor Piraten überprüfen


Deutschland ist als große Export- und Importnation wie kaum eine andere führende Industrienation vom Seehandel abhängig. Der Schutz der internationalen Handelsrouten liegt damit im deutschen Interesse. Er ist Grundvoraussetzung für die globalen Wertschöpfungsprozesse, für den Wohlstand und die Sicherheit der Arbeitsplätze. Piraterie gefährdet die freie Fahrt auf allen Meeren. Ende 2013 wurde ein neuer § 31 in das Gewerberecht eingeführt, wonach nur vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zugelassene Sicherheitsunternehmen den Schutz von Seeschiffen unter deutscher Flagge ausüben dürfen. Der BDSW hat sich im Gesetzgebungs- und Evaluierungsprozess für qualitätsorientierte, praktikable und nicht den internationalen Wettbewerb behindernde Regelungen stark gemacht. Durch das starre Festhalten an überzogenen Regelungen, beispielsweise an einer 4-Personen-Teamstärke, greifen deutsche Reeder kaum auf deutsche Sicherheitsunternehmen zurück. Diese sind gegenüber ausländischen Mitbewerbern nicht konkurrenzfähig. Dieser Zustand muss im Interesse der deutschen Sicherheitswirtschaft neu überdacht werden.