Politik - Innere Sicherheit

Auf dem Weg zu einem Sicherheitsdienstleistungsgesetz (SDLG)

Von Dr. Harald Olschok, Bad Homburg/Berlin

 

4 SDLG: Deutschland (noch) sicherer und resilienter machen2


In einem eigenständigen SDLG sind für einige Tätigkeiten der privaten Sicherheitsdienste spezifische Rechtsgrundlagen zu schaffen (4.1). Eine Basis-Schulung für alle neu in die Branche eintretenden Beschäftigten soll das Unterrichtungsverfahren ersetzen und kann auch durch zertifizierte Sicherheitsfachschulen angeboten werden (4.2). Schnelle und umfassende Zuverlässigkeitsüberprüfungen für alle Beschäftigten sind für die privaten Sicherheitsdienste von großer Bedeutung. Durch ein „Kaskadenmodell“ werden Mehrfachüberprüfungen überflüssig und die Effizienz kann gesteigert werden (4.3). Das Bewacherregister (BWR), in dem alle Beschäftigte unserer Branche erfasst werden sollten, ist nach fast drei Jahren immer noch nicht vollumfänglich funktionsfähig. Durch den schnellen Übergang vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) auf das Statistische Bundesamt ist die volle und nachhaltige Funktionsfähigkeit baldmöglichst herzustellen (4.4). Für betriebseigene Sicherheitskräfte sind verbindliche Sicherheits- und Qualitätsstandards einzuführen (4.5). Immer mehr private Sicherheitskräfte sind in „konfliktgeneigten“ Tätigkeiten eingesetzt und werden dadurch auch immer häufiger Opfer von Übergriffen. Zum Schutz der Mitarbeiter*innen sind Rechtsgrundlagen für den Einsatz von Bodycams in bestimmten Aufgabengebieten zu schaffen (4.6). Vor rund zehn Jahren kam es weltweit zu einer dramatischen Steigerung von Piratenangriffen auf die Handelsflotte. Nicht nur in Deutschland wurde der Einsatz von privaten Sicherheitskräften zum Schutz vor Piraten gesetzlich geregelt. Ein neuer § 31 wurde in das Gewerberecht eingeführt. Leider fand eine Überregulierung statt. Derzeit ist nur noch ein deutsches Sicherheitsunternehmen vom BAFA lizenziert. Um die Sicherung der Seehandelswege zumindest für deutschflaggige Schiffe zu sichern, muss die Regelung überarbeitet werden (4.7). Kommunale Sicherheits- und Ordnungsaufgaben werden immer wichtiger. Bei der Fülle ihrer Aufgaben greifen immer mehr Kommunen – zumindest partiell - auf private Sicherheitsdienste zurück. Für eine effiziente Unterstützung, und damit auch Entlastung der Polizei, sind geeignete Rechtsgrundlagen zu schaffen (4.8). Der Wirtschaftsschutz, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), wird immer wichtiger. Viele KMU können sich keine eigenen Sicherheitsabteilungen leisten. Ein Beauftragter der Bunderegierung für Wirtschaftsschutz soll dem Rechnung tragen und die vielfältigen Aktivitäten bündeln (4.9). Ein besonderes Ärgernis für private Sicherheitsdienste ist in vielen Fällen die öffentliche Vergabepraxis. Eine Billigstvergabe muss durch die verbindliche Einführung von Standards beendet werden (4.10).

4.1 Spezifische Rechtsgrundlagen für bestimmte Aufgabenbereiche


Die Sicherheitswirtschaft trägt mit ihrem stetig gewachsenen Dienstleistungsspektrum wesentlich zur Gefahrenminimierung für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft bei. Für die nachfolgenden Einsatzbereiche, in denen ein besonders hohes Maß an Sicherheit geboten ist, regen wir an, im Rahmen des Sicherheitsdienstleistungsgesetzes verbindliche Anforderungen an Qualifikation, Schulung und Weiterbildung aller Sicherheitsmitarbeiter*innen und Führungskräfte der Sicherheitsdienstleister zu stellen:

  • Sicherheitsdienstleistungen zum Schutz von Objekten kritischer Infrastrukturen,
  • Sicherheitsdienstleistungen im öffentlichen Personenverkehr (ÖPV),
  • Sicherheitsdienstleistungen zum Schutz von Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber oder Flüchtlinge,
  • Sicherheitsdienstleistungen für kommunale Sicherheit und Ordnung,
  • Sicherheitsdienstleistungen für kommunale Verkehrssicherheit,
  • Sicherheitsdienstleistungen zum Schutz von Veranstaltungen mit besonderem Gefährdungspotenzial,
  • Sicherheitsdienstleistungen auf Seeschiffen und
  • Sicherheitsdienstleistungen im Bereich Geld- und Wertdienste.

4.2 Basis-Schulung durch zertifizierte Sicherheitsfachschulen


Seit 1996 müssen alle neu in die Sicherheitswirtschaft eintretenden Beschäftigten bei einer Industrie- und Handelskammer (IHK) ein 40-stündiges Unterrichtungsverfahren durchlaufen. Das ist keine Ausbildung. Durch dieses IHK-Monopol entstehen für die Unternehmen und ihre künftigen Mitarbeiter*innen immer wieder unnötige Wartezeiten. Wir sind der Auffassung, dass auch zertifizierte Sicherheitsfachschulen diese Aufgabe durchführen könnten. Ein Wettbewerb zwischen den von den IHKs angebotenen Basis-Schulungen und dem Angebot von zertifizierten Bildungsträgern würde zu einer Beschleunigung und auch zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung führen. Die Inhalte müssen nach 25 Jahren dringend überarbeitet und zu einer Basis-Schulung entwickelt werden. Neue und besondere Einsatzbereiche müssen besser berücksichtigt werden. Dazu gehört vor allem der Schutz von Veranstaltungen. Über die technischen Einsatzmittel in der Branche muss in Zeiten der Digitalisierung besser informiert werden.

 

4.3 Neuregelung der Zuverlässigkeitsüberprüfungen: „Kaskadenmodell“


Zur Stärkung der Zuverlässigkeit und Seriosität in der Sicherheitswirtschaft wurde in den letzten Jahren die Prüfungstiefe bei Zuverlässigkeitsüberprüfungen ausgeweitet. Für spezielle Einsatzbereiche, wie den Schutz militärischer oder kerntechnischer Anlagen und den Aufgaben nach dem Luftsicherheitsgesetz, wurden weitergehende Zuverlässigkeitsüberprüfungen für das Personal vorgesehen. Wechselt eine Person von einem dieser Tätigkeitsbereiche in einen anderen, ist nach derzeitiger Rechtslage eine erneute Überprüfung notwendig. Des Weiteren sind nach derzeitigem Recht bis zu vier unterschiedliche Überprüfungsverfahren für ein und denselben Mitarbeitenden zur Ausübung nur einer Funktion erforderlich. Dies führt zu einer wenig sinnvollen Belastung der Behörden. Dies kann dazu führen, dass Überprüfungen erst nach vielen Wochen oder gar Monaten abgeschlossen werden. Es kommt hierdurch zu Sicherheitslücken beim Schutz sensibler Bereiche in Deutschland. Um die Einsatzfähigkeit von Mitarbeiter*innen der Sicherheitswirtschaft zu optimieren und keine Sicherheitslücken für sensible Schutzbereiche entstehen zu lassen, müssen Regelungen geschaffen werden, nach denen eine zusätzliche gewerberechtliche Zuverlässigkeitsprüfung dann nicht erforderlich ist, wenn bereits eine Zuverlässigkeitsüberprüfung nach einer anderen Rechtsgrundlage – mindestens in gleicher Überprüfungstiefe – innerhalb der letzten fünf Jahre erfolgt ist („Kaskadenmodell“).