„Umweltschutz ist wichtig“ – Die Arbeit des Referats E23

Von PHK Peter Berg, Hamburg*

 

1 Referat E23 der Abteilung WSP

 

Morgens um kurz nach sechs Uhr brennt in den Diensträumen des ehemaligen Schutzpolizeireviers im Bremer Stadtteil Gröpelingen schon Licht. Seit einigen Jahren nutzt das Referat E23 der Abteilung Wasserschutzpolizei (WSP) der Polizei Bremen die Räumlichkeiten in diesem hafennahen Stadtteil. Über die Jahrzehnte hat sich das Gesicht der WSP in Bremen deutlich verändert und heute ist die Spezialdienststelle teilweise sehr dezentral aufgestellt. Eines verbindet die knapp 100 Mitarbeiter jedoch, nämlich die Verbundenheit mit dem Element Wasser. Weil für viele Laien dieser Teil der Polizei mit Schiffen und dem Führen von Dienstbooten verknüpft wird, vermutet man die WSP in aller Regel in Wassernähe. Vom Dienstort des Referats E23 kann man das Wasser jedoch nicht einmal sehen. Ein Umstand, der die Arbeit des Beamten jedoch keineswegs einschränkt, üben sie ihre Tätigkeit doch eher von der Landseite und mit dem Streifenwagen aus. Ein Streifenwagen, der inzwischen nicht mehr von denen der Schutzpolizei zu unterscheiden ist, handelt es sich doch bei den Wasserschützern auch um Polizisten, mit einer gehörigen Portion Spezialwissen.


Das Referat E23 besteht aus den Bereichen Gefahrgutüberwachung Straße und Schiff sowie aus der maritimen Umweltüberwachung. Der Mitarbeiterstamm der maritimen Umweltüberwachung besteht aus insgesamt sieben Kollegen, die auf die beiden Standorte Bremen und Bremerhaven verteilt ihren Dienst versehen. Dieser Überwachungsauftrag hat Tradition im kleinen Bundesland Bremen mit seinen wichtigen Seehäfen Bremen und Bremerhaven.


Alle sieben Kollegen haben einen entsprechenden Background, den sie teilweise bereits vor dem Einstieg in den Dienst der WSP erworben haben und der die Kollegen auch stets fordert, auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Der Background ist zum Teil sehr technisch geprägt: Da gibt es Schiffsbetriebsingenieure und Techniker, gelernte Mechaniker, studierte Biologen aber auch Kollegen, die den Weg über die normale Polizeiausbildung gegangen sind und sich nun einfach für den technikgeprägten Teil der wasserschutzpolizeilichen Tätigkeit begeistern. Und genau das macht dieses Team aus. Es handelt sich um Fachleute auf ihrem Gebiet, das sie teilweise schon Jahrzehnte bearbeiten.


Dieser spezielle Bereich der wasserschutzpolizeilichen Tätigkeit hat sich über die vielen Jahre stets verändert. Versuchten die Kollegen vor Jahren noch hauptsächlich den Umweltsündern im Zusammenhang mit der illegalen Entsorgung von öligen Rückständen das Handwerk zu legen, befassen sie sich heutzutage teilweise mit ganz anderen, nicht weniger umweltgefährdenden Stoffen. Es handelt sich um ein Rechtsgebiet, das in den letzten 20 bis 30 Jahren einem ständigen Wandel unterworfen war und auch in Zukunft kommt hinsichtlich der nationalen und internationalen Umweltvorschriften sicher keine Langeweile auf. Umweltschutz im Seeverkehr ist ein Bereich im nationalen und auch internationalen Recht, der vor noch nicht allzu langer Zeit wenig Bedeutung hatte und gerade auf internationaler Ebene stark dem Konsensprinzip der seefahrenden Nationen unterworfen war.

 


Abb. 1: Stark mit öligen Rückständen kontaminierter Mannlochdeckel eines Bilgenwassertanks.

 

 

2 Philosophie des Referats


Durch die Räume des Referats weht die Philosophie „Umweltschutz ist wichtig“. An diesem Morgen zu früher Stunde sind bereits zwei der hier tätigen vier Kollegen des Referats geschäftig in ihren Büros am Wirken. Wenn auch die großen und guten alten Zeiten der bremischen Häfen mit etlichen Schiffsankünften vorbei sind, spielt sich doch nach wie vor einiges in ihnen ab. Regelmäßig treffen die Kollegen auf ein buntes Sammelsurium an Schiffen aus aller Welt und nicht selten verirrt sich dann auch mal ein ganz spezieller Kunde in den Zuständigkeitsbereich des Referats.


Zu so früher Stunde wollen aber auch die Wasserschützer noch keinen Kapitän oder Leitenden Ingenieur aus der Koje rütteln. Das Tagesgeschäft beginnt mit der Routine. Zunächst wird die Ausrüstung geprüft und die Schiffslage abgefragt. Dem Hauptsachbearbeiter der maritimen Umweltüberwachung fiel auf dem Weg zum Dienst in einem nahgelegenen Hafenbecken ein Tankerschiff auf. Tanker bringen in der Regel Öl oder Kraftstoffe nach Bremen, was für die Kollegen nicht wirklich spannend ist. Ab und zu sind aber auch sog. „Produktentanker“ dabei, die, wenn sie kein Öl transportieren, auch schon einmal Chemikalien befördern. Und dann ist der Fall schon interessanter und vor allen Dingen bedeutsamer, denn das Handling dieser Gefahrstoffe ist speziellen Vorgaben und Sicherheitsrichtlinien unterworfen.

 


Abb. 2: Reinwasserleitung vom Bilgenwassertöler nach See. Hier dürften nur geringe Ölanteile vorzufinden sein.

 

 

3 „Früh-Team“ im Kontrolleinsatz


Nach einem kurzen Briefing starte das „Früh-Team“ ins Tagesgeschäft. Es ist Teamarbeit und somit ist die Schiffsauswahl für anstehende Kontrollen auch eine gemeinsame Entscheidung. Heute soll es nun der Tanker sein.


Die Erfahrungen der Kollegen zeigt, dass sie nicht traurig darüber sind, dass in den bremischen Häfen keine „Major Hazard-Stoffe“, also keine hochgiftigen Chemikalien umgeschlagen werden. Der Umschlag dieser extrem gefährlichen Chemikalien bedarf einer speziellen Handhabung.


Die beiden Umweltschützer der WSP erreichen das Seeschiff zu einem Zeitpunkt, wo der Umschlag vom Schiff an Land gerade in vollem Umfang läuft. Nachdem die Gangway-Wache die Zugangsberechtigung geprüft hat, werden die Beamten vom Ladungsoffizier abgeholt und ins „Ships-Office“ geleitet. Es beginnt der normale und freundliche Smalltalk mit der Schiffsführung, dem Kapitän, dem Leitenden Ingenieur und dem 1. Offizier, der für die Ladung und den Umgang mit dem Ballastwasser und dem Schiffsmüll verantwortlich ist. Die Schiffsführung legt zahlreiche Dokumente, Ordner, Tage- und Handbücher, Pläne und Abgabebescheinigungen vor. Die Führung der Unterlagen würde durchaus eine spezielle Verwaltungskraft an Bord rechtfertigen. Allein der Reeder spart sich diese Kosten und überträgt die Arbeit den Offizieren. Ein Mehraufwand, der in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, ohne dass ein Ende in Sicht ist. Auf vielen Schiffen kommt der Kapitän aus diesem Grund kaum noch dazu sein Schiff selbst zu „fahren“, sondern überlässt diese wichtige Tätigkeit seinen nautischen Offizieren.


Zunächst prüfen die Beamten die Schiffszeugnisse und widmen sich dann den nach den internationalen Übereinkommen geforderten Tagebüchern. Und da gibt es mit dem Öl- und Ladungstagebuch, dem Müll- und Ballastwassertagebuch sowie den Maschinen- und Brückentagebuch eine ganze Reihe Dokumente, die es zu überprüfen gilt. Um nicht den Überblick zu verlieren, gehen die beiden Beamten arbeitsteilig vor. Einer übernimmt den Maschinenraum und der andere Beamte nimmt sich den Ladungspart, den Bereich Ballastwasser und Schiffsmüll vor.


Der „Riecher“ vom Morgen war richtig. Bei dem Schiff handelt es sich um den „Produktentanker“, der mal Öl oder Kraftstoffe und dann auch wieder Chemikalien transportiert. Der Umgang mit Chemikalien ist für die Besatzung an sich schon eine Herausforderung aber der Umgang mit den Laderäumen, den jeweils installierten Pumpen und speziellen Rohrleitungen und den nach dem Transport und der Reinigung der jeweiligen Tanks anfallenden Rückständen stellt Besatzung und Meeresumwelt immer wieder auf eine harte Probe. Nicht selten führen Fehler im Umgang mit den Chemikalien und deren Rückständen an Bord zu Problemen, die dann so gelöst werden, dass sie einfach, wie es in der Tankersprache genannt wird, „in den blauen Schrank gestellt“, also nach See entsorgt werden. Ein Vorgang, selbst wenn er streng nach bestehenden Vorschriften abläuft, heutzutage nicht mehr stattfinden müsste. Die Technik zum vollständigen Entleeren der Tanks und die umweltgerechte Entsorgung sollte in der heutigen Zeit zur Verfügung stehen. Leider fehlt hierfür in aller Regel die Zeit und der Wille.


Setzt man sich intensiv mit dem Text der Anlage II zum internationalen Meeresumweltschutz-Übereinkommen „Marpol“ auseinander, dann erkennt man schnell, dass es hierbei nicht wirklich um die komplette Vermeidung der Verschmutzung geht. Wie gesagt, Umweltschutz ist im internationalen Seerecht ein Thema, bei dem man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt hat, der unser Umweltstrafrecht oder das Wasserhaushaltsgesetz sowie die flankierenden Vorschriften stark aufweicht.


Die Regelung zur Anlage II des Marpol-Übereinkommen lautet: „Vorschriften zur Überwachung der Verschmutzung durch als Massengut beförderte schädliche Stoffe“. Das hier nicht von „Verhinderung der Verschmutzung“ gesprochen wird, sagt schon einiges aus. Leider ermöglicht die Systematik im Umweltrecht im Rahmen der Verwaltungsakzessorietät dieses Handeln zum Nachteil der Umwelt. Aber genau deshalb gibt es die maritime Umweltüberwachung, die eine strikte Einhaltung der internationalen Vorschriften fordert.


Der kontrollierende Beamte nimmt sich das Ladungstagebuch vor, das für den Laien aussieht wie kryptische Aufzeichnungen eines Geheimbundes. Aber dafür sind die Beamten ausgebildet. Zunächst scheint alles ordentlich dokumentiert zu sein. Ladung im Hafen X übernommen und im Hafen Y abgegeben, Tanks gereinigt, Inhalte umgepumpt und dann irgendwann nach See entsorgt. Vorgänge die teilweise sehr komplex sind, weil diese Schiffe nicht nur einen Tank, sondern zehn oder mehr besitzen, in denen dann auch teilweise verschiedene Chemikalien befördert und in unterschiedlichen Häfen wieder abgegeben werden. Dies ist nicht immer einfach zu durchschauen.


Dann versteinert sich der Blick des prüfenden Kollegen. Nach einer kurzen Rücksprache mit dem Ladungsoffizier möchte er sich die Eintragungen in die Seekarte bzw. die Historie in der „ECDIS“, der elektronischen Form der Seekarte ansehen. Die Umweltermittler müssen auch die nautischen Gerätschaften und Hilfsmittel beherrschen, wollen sie eine allumfassende Kontrolle durchführen. Diese geschieht dann auf der Brücke des Schiffes und schon erhärtet sich der Verdacht des Beamten. Es ist zwar grundsätzlich erlaubt, die Rückstände aus den Chemikalientanks nach See zu entsorgen, was nicht wirklich umweltfördernd ist. Aber dann soll doch alles streng nach den internationalen Regelungen ablaufen.


Und genau hier setzt der Beamte an. Konnte er im Tagebuch schon feststellen, dass der Entladehafen und der darauffolgende Ladehafen identisch, nämlich Port Jerome im Bereich der Seinemündung in Frankreich war, hatte er nun den Beweis dafür, dass das Schiff nach dem Entladen zur Rückstandsbeseitigung extra den Hafen verlassen hatte um im Zuge einer reinen Verklappungsfahrt die Rückstände zu entsorgen. Anschließend wurde dann im selben Hafen wieder Ladung aufgenommen.


Nach deutschem Recht handelt es sich um einen Verstoß gegen den im Marpol-Übereinkommen geforderten Begriff des „On-Route“, der direkten Seereise vom Endladehafen zum nächsten Ladehafen. Hierbei ist die deutsche Auslegung sehr genau, so dass, wenn beide Häfen identisch sind, die Erlaubnis zum Einleiten nicht mehr greift. Folglich handelt die Schiffsführung in diesem Fall verbotswidrig im Rahmen des Marpol-Übereinkommens und damit strafrechtlich relevant im Sinne des 29. Abschnittes des StGB. Und da Umweltschutz ja bekanntlich wichtig ist und auch im Internationalen Seerechtsübereinkommen einen großen Part einnimmt, können die Mitgliedsstaaten den Geltungsbereich ihre umweltrechtlichen Strafrechtsnormen deutlich über ihre Hoheitsgrenzen hinaus ausdehnen.


Deutschland hat dieses zum einen über den § 5 Nr. 11 StGB für Teile der Nord- und Ostsee getan, die im Geltungsbereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) liegen. Dabei handelt es sich um einen vom Küstenstaat nutzbaren Teil der internationalen Gewässer, also nicht mehr um deutsches Staatsgebiet. Darüber hinaus findet sich im Art. 12 des Ausführungsgesetzes zum Seerechtsübereinkommen eine Erweiterung des 29. Abschnittes. Namentlich geht es um die §§ 324, 326 StGB sowie die §§ 330, 330a StGB und die Anwendung der Normen auf die gesamte Nord- und Ostsee. Voraussetzung für eine Verfolgung dieser Taten im Hoheitsbereich anderer Länder ist, dass die Tat im Recht des entsprechenden Staates unter Strafe gestellt ist und der Staat nicht nur von einer Verfolgung absieht, sondern den ermittelnden Staat, in unserem Fall Deutschland, um Ermittlungen und Ahndung ersucht.


Soweit so gut, jedoch wissen die Umweltermittler um die Sichtweise der Nachbarstaaten in solchen Fällen. Inzwischen hat sich eine Regelung etabliert, dass diese Strafsachen bei der für diese Örtlichkeit zuständigen Staatsanwaltschaft Hamburg zur Anzeige gebracht werden. Ob und in welcher Form später eine Ahndung erfolgt, darüber erhalten die Beamten in der Regel keine Informationen. Ihre Aufgabe ist es allein, alle Informationen und Beweise für den konkreten Verstoß zu sammeln, Berichte und Anzeigen zu fertigen, Beschuldigte zu belehren und zu vernehmen und das alles im Sinne des Umweltschutzes.


Nachdem alle erforderlichen Unterlagen zusammengetragen wurden, ist der Kontrolleinsatz noch lange nicht beendet. Es bleiben nach wie vor die Bereiche Maschinenraum, Schiffsmüll, Schiffsabwasser, Emission und vor allem der Ballastwasserpart. Diese recht neue Regelung in der internationalen Schifffahrt führt immer wieder zu Feststellungen mit anschließenden Ahndungen. Seit vielen Jahren leidet unser Meeresraum in Nord- und Ostsee unter den mit dem Ballastwasser der internationalen Schifffahrt eingeschleppten invasiven Arten. Seit einigen Jahren greift hier die Regelung zur Behandlung bzw. zum Austausch des Ballastwassers während der Fahrt. Gerade zu Beginn der Rechtskraft solcher Übereinkommen stellen diese die Schiffsbesatzungen vor große Probleme; und dies nicht selten aufgrund unterschiedlicher Auslegungen in den jeweiligen Ländern und Häfen. „Internationale Übereinkommen müssen reifen“, nichts trifft die Situation so genau wie diese Aussage, die man eigentlich eher von Winzern kennt. Aber da beim Entwurf, der Annahme bis hin zur Umsetzung von Vorschriften in der internationalen Schifffahrt teilweise 10 bis 20 Jahre vergehen, kommt es nicht selten vor, dass Seeleute den Überblick über die von ihnen einzuhaltenden Vorschriften verlieren.

 


Abb 3: Screenshot, der den Nachweis einer "Verklappungsfahrt“ belegt.


Am heutigen Tag jedoch haben die Beamten zu den Themen Schiffsmüll, Ballastwasser und zum Umgang mit Rückständen aus dem Maschinenraum nichts zu beanstanden. Allerdings hat einer der Kollegen aufgrund seiner Spezialkenntnisse eine Vorahnung hinsichtlich der Abwasserbehandlungsanlage. Nicht selten werden diese Anlagen an Bord der Schiffe etwas stiefmütterlich behandelt. Im Ergebnis führt das dann dazu, dass fäkales Schiffsabwässer ungeklärt ins Meer eingeleitet wird. Sehr zum Leidwesen der Meeresumwelt, Stichwort Überdüngung und daraus resultierende Blaualgenblüte, aber auch zum Nachteil der Badegäste an Nord- und Ostsee.


Der geschulte Beamte weiß genau worauf er achten muss und wie er sich selbst schützt. Arbeitsschutz ist nicht nur beim Umgang mit giftigen Stoffen oder gefährlichen Gerätschaften von großer Bedeutung, sondern gerade auch in Bereichen des täglichen Lebens. So auch bei der Arbeit an den „Sewage-Anlagen“. Also heißt es Schutzkleidung anlegen.


Angesagt ist in diesen Fällen ohnehin, dass nur die Besatzung schraubt und öffnet. Auch die Probenentnahme wird unter strenger Beachtung der Hygienevorschriften durchgeführt. Bis auf die Desinfektion des geklärten Abwassers, die in der Seeschifffahrt vorgeschrieben ist, ist jedoch auch hier nichts Schwerwiegendes zu beanstanden, handelt es sich hierbei doch lediglich um eine kleine Nachlässigkeit der Maschinenraumbesatzung.

 


Abb. 4: Abwasserbehandlungsanlage.


Ganz anders sah die Sache mit dem Schiffsabwasser vor einigen Tagen in einem anderen Hafenteil Bremens aus. Hier trafen die Sachbearbeiter der maritimen Umweltüberwachung auf ein Schiff, das aufgrund fehlender Charterverträge für längere Zeit „aufgelegt“ wurde. So nennt man es, wenn Schiffe aufgrund fehlender Ladung „geparkt“ werden. Dieses Schiff lag inzwischen seit mehr zwei Monaten im Hafen und es galt zu überprüfen, wie denn mit dem Schiffsabwasser, das die an Bord verbliebenen ukrainischen Besatzungsmitglieder produziert hatten, umgegangen wurde. Aus der „Aufliegegenehmigung“ des Hafenamtes war zu entnehmen, dass während der gesamten Liegezeit entweder eine funktionstüchtige Abwasserbehandlungsanlage ständig in Betrieb sein muss oder dass in einem Abwassertank gesammelte Abwässer aus Toiletten, Duschen und Waschbecken in entsprechenden Abständen an Land zu entsorgen ist. Beides wäre durchaus möglich gewesen, jedoch fanden die Beamten eine ganz andere Situation vor. Die Abwasserbehandlungsanlage war außer Betrieb gesetzt worden, was nach kürzester Zeit zum sog. „Umkippen“ der Kläratmosphäre in der Anlage führt, und in dem hier zu verwendenden Abwasserhaltetank befanden sich lediglich knapp 250 Liter Rückstände und das bei einem rechnerischen täglichen Anfall von ca. 75 bis 125 Liter pro Besatzungsmitglied. Der an Bord verantwortliche Seemann konnte lediglich erklären, dass die Anlage schon vor dem Einlaufen des Schiffes in den Hafen von Bremen nicht mehr in Betrieb war und zum Füllstand des Haltetanks und den erforderlichen Abgaben verwies er auf seinen Reeder. Berechnungen der Umweltermittler ergaben, dass mindestens 48.000 Liter fäkales Abwasser auf ungeklärten Wegen das Schiff verlassen hatten. Ein weder in der Menge noch in der Art und Konsistenz zu akzeptierender Vorgang.


Obwohl die Ermittlungen noch Monate andauerten, konnten die Beamten doch in einem Punkt mit einem guten Gefühl das Schiff verlassen: Eine weitere Gefahr für die Umwelt und speziell für die Weser war durch die Kontrolle abgewendet worden. Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft und der Hafenbehörde wurde dem Schiff und der Reederei auferlegt, den Abwasserstank regelmäßig an Land zu entsorgen, die Belege der Behörde vorzulegen und die Abwasserbehandlungsanlage wieder instand zu setzen. Hierdurch haben die für die maritime Umweltüberwachung zuständigen Mitarbeiter eine ihrer Hauptaufgaben, nämlich die Gefahrenabwehr, überzeugend erfüllt.

 

4 Zum Abschluss


Die verbleibende Zeit des Tages verbringen die Beamten mit der Berichterstattung sowie der Datenerfassung. Auch die Kontaktaufnahme mit den Kollegen in Frankreich will wohlformuliert sein. In den nächsten Tagen wird mehrfach der Adressat in Frankreich gewechselt und schließlich die WSP-Leitstelle in Cuxhaven um Unterstützung gebeten. Diese für die Aufgabenerfüllung so wichtige Stelle, die als Teil des Maritimen Sicherheitszentrums die Arbeit der Kollegen an den Dienststellen unterstützt, ist gut vernetzt. Nicht selten wird sie auch zum Auslöser umfangreicher Ermittlungen, überwacht sie doch im gemeinsamen Lagezentrum mit benachbarten Bundesbehörden den Seeraum und erhält somit als erste WSP-Dienststelle Kenntnis von Verunreinigungen und Schiffen mit auffälligen Kursen. Auch hier ist die Entwicklung in den letzten Jahren deutlich vorangeschritten. Neben den Überwachungsflugzeugen des Havariekommandos und den Hubschraubern der Bundespolizei erhalten die Leitstellenmitarbeiter immer häufiger Hinweise zu Verunreinigungen per Satellitenbilder. Über ein Recherchemodul lassen sich dann schnell möglicher Verursacher ermitteln und Aufträge an betroffene Dienststellen steuern.


Ähnlich wird mit Hinweise aus den sog. „Sniffer-Anlagen“ des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie verfahren. Diese Anlagen detektieren die Abgasfahnen vorbeifahrender Seeschiffe und geben Hinweise auf mögliche Verstöße bezüglich einzuhaltender Abgasgrenzwerte. Die durch Marpol und diverse Schwefelrichtlinien verschärften Abgasgrenzwerte führten in den letzten Jahren bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Luftqualität gerade auf vielbefahrenden Schifffahrtsrouten, wie der deutschen Bucht. Auch hier wird die maritime Umweltüberwachung auf Anforderung der zuständigen Behörden, aufgrund festgestellter Messergebnisse oder während ihrer Kontrollen im Rahmen des schifffahrtspolizeilichen Vollzuges tätig. Dann heißt es Proben vom Kraftstoff ziehen, Ersatzkraftstoffe und Reinigungssystem überprüfen und interne Aufschreibungen der Besatzung bzw. die Historie der Anlagen auslesen. Die unterschiedlichen Techniken der verschiedensten Hersteller von sog. „Scrubbern“ als Abgasreinigungsanlagen machen die Arbeit schwierig.


Gut, dass sich die Beamten in einem steten Austausch mit den Kollegen benachbarter Dienststellen bzw. anderer Bundesländer befinden und dadurch ihr Fachwissen im Interesse des Umweltschutzes vertiefen können. Im Ergebnis handelt es sich bei den Umweltermittlern der WSP um Spezialisten, die vom Dienstbeginn bis zum Dienstende die Philosophie „Umweltschutz ist wichtig“ leben.


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Anmerkungen


* Peter Berg war viele Jahre im Bereich der maritimen Umweltüberwachung der WSP Bremen/Bremerhaven tätig und ist heute als Fachbereichsleiter Küste an der Wasserschutzpolizei-Schule Hamburg verantwortlich für die Aus- und Fortbildung der WSP-Beamten der Küstenländer. Er ist sowohl Schiffsbetriebstechniker wie auch Inhaber eines nautischen Befähigungszeugnisses und verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Bereich Umweltschutz. Vor Kurzem ist von ihm das Buch „Navigation für jedermann“ erschienen.