Recht und Justiz

„Ein Freund, ein guter Freund“

Von den Besonderheiten des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen (Teil 1)

2.2 Nicht offen ermittelnder Polizeibeamter (noeP)

Die Tätigkeit eines nicht offen ermittelnden Polizeibeamten geht nicht über einzelne wenige, konkret bestimmte Ermittlungshandlungen hinaus und es ist nicht erforderlich, eine unbestimmte Vielzahl von Personen über seine wahre Identität zu täuschen.10 Anders als bei dem Verdeckten Ermittler finden sich hinsichtlich seiner Tätigkeit keine speziellen gesetzlichen Regelungen. Vielmehr kann der Einsatz nach ständiger Rechtsprechung allein auf die allgemeinen Regelungen i.S.d. §§ 161, 163 StPO gestützt werden.11 Die überwiegende Zahl derartiger Ermittlungseinsätze dürfte dabei im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität stattfinden. Problematisch erweist sich hierbei oftmals die Abgrenzung zu einem Verdeckten Ermittler. Dies ist äußerst relevant, da bezüglich des Verdeckten Ermittlers in bestimmten Konstellationen gemäß § 110b Abs. 2 S. 1 StPO eine richterliche Zustimmung erforderlich und der Einsatz gemäß § 110a Abs. 1 StPO auch nur zur Aufklärung bestimmter Straftaten zulässig ist. Die höchstrichterliche Rechtsprechung grenzt dabei im Wesentlichen anhand der Dauer des Einsatzes ab. So bewirkt allein die Verwendung einer Legende noch nicht die Anwendbarkeit der §§ 110a ff. StPO. Denn beschränkt sich die Tätigkeit eines unter seinem Decknamen auftretenden Polizeibeamten im Umfeld des Beschuldigten auf eine Einzelaktion, bedarf es dazu keiner richterlichen Zustimmung.12 Starre zeitliche Regeln existieren dabei nicht. Vielmehr ist durch eine Gesamtwürdigung aller Umstände festzustellen, ob der Ermittlungsauftrag umfangreiche Tätigkeiten vorsieht, welche in einem längerfristigen Zusammenhang stehen.13 Fraglich ist, ob der nicht offen ermittelnde Polizeibeamte im Rahmen seines Einsatzes mit (täuschungsbedingter) Einwilligung der Zielperson deren Wohnung betreten darf. Ein Verdeckter Ermittler bedürfte diesbezüglich gemäß § 110b Abs. 2 S. 1 StPO einer richterlichen Zustimmung. Bei einem nicht offen ermittelnden Polizeibeamten ist dies jedoch nicht der Fall.14 Insbesondere zum Schutz der Zielperson bedarf es einer solchen nicht. Denn der noeP wird, anders als der Verdeckte Ermittler, gerade nicht für längere Zeit eingesetzt, weshalb er grundsätzlich zu der Zielperson kaum ein vertrauensbasiertes Näheverhältnis aufbauen können dürfte. Die Zielperson entscheidet sich daher bewusst, jemanden, der ihr nur flüchtig bekannt ist, und dessen Intentionen sie nicht kennt, Zutritt zu ihrer Wohnung zu gewähren. Hierin manifestiert sich primär das allgemeine Lebensrisiko, vor dem die Zielperson nicht durch einen Richtervorbehalt geschützt werden muss.

2.3 Informanten

Bei diesen handelt es sich nicht um Polizeibeamte. Vielmehr sind es Privatpersonen, die im Einzelfall bereit sind, gegen Zusicherung der Vertraulichkeit den Strafverfolgungsbehörden Informationen zu geben (RiStBV Anl. D, I. Nr. 2.1). Diese Infor-mationen erlangen die Personen typischerweise aufgrund ihrer Nähe zum „kriminellen Milieu“, in welches sie oftmals selbst

unmittelbar verstrickt sind. Die Motivation der Informanten für eine Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden stellt sich dabei nicht einheitlich dar. Diese kann finanzieller Natur sein, aber auch etwa auf persönlichen Animositäten bezüglich derje-nigen Personen beruhen, über welche die Mitteilungen getätigt werden. Auch ist nicht selten die Erwartung des Informanten relevant, im Fall seines etwaigen späteren Ausstiegs aus den kriminellen Strukturen, auf staatliche Unterstützung hoffen zu dürfen. Die Inanspruchnahme eines Informanten kommt grundsätzlich nur bei schweren Delikten, etwa aus dem Bereich der Betäubungsmittel- und Organisierten Kriminalität in Betracht. Straftaten unterhalb dieser Schwelle können ebenfalls hierfür ausreichen, wenn durch deren vermehrtes Auftreten die Erfül-lung öffentlicher Aufgaben oder die Allgemeinheit in erheb-lichem Maße gefährdet erscheint (RiStBV Anl. D, I. Nr. 3.1).

Ein in dieser Hinsicht taugliches Beispiel stellt sicherlich der Wohnungseinbruchsdiebstahl im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB bzw. § 244 Abs. 4 StGB dar, durch den erhebliche Teile der Bevölkerung in der jüngeren Vergangenheit betroffen worden sind. Die Entscheidungen bezüglich der Zusicherung der Vertraulichkeit treffen grundsätzlich der Behördenleiter der zuständigen Staatsanwaltschaft bzw. ein besonders bezeich-neter Staatsanwalt und auf polizeilicher Seite die „Leitungs-ebene“ (vgl. RiStBV Anl. D, I. Nr. 5.1). Aus dem Umkehrschluss der Regelung der RiStBV Anl. D, I. Nr. 3.4, die vorsieht, dass eine V-Person volljährig sein muss, ergibt sich mangels einer vergleichbaren Regelung für Informanten, dass als solche auch Minderjährige in Betracht kommen dürften.

2.4 Vertrauenspersonen (V-Personen)

Vertrauenspersonen gehören keiner Strafverfolgungsbehörde an und sind bereit, diese bei der Aufklärung von Straftaten auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen, wobei ihre Identität grundsätzlich geheim gehalten wird (RiStBV Anl. D, I. Nr. 2.2). Die Voraussetzungen für den Einsatz sind dieselben wie die bereits bezüglich der Informanten erläuterten. Obwohl Vertrauenspersonen vergleichbar mit Verdeckten Ermittlern seitens der Strafverfolgungsbehörden oftmals in umfangreichen Ermittlungskomplexen gegen bestimmte Beschuldigte eingebunden werden, sind die §§ 110a ff. StPO auf diese nicht anwendbar.15 Vielmehr sind insofern die Regelungen i.S.d. §§ 161, 163 StPO ausreichend.16 Mangels weiterer gesetzlicher Vorschriften waren daher in der Vergangenheit bereits zahlreiche Konstellationen der Beweisgenerierung durch Vertrauenspersonen und deren Verwertbarkeit in der Hauptverhandlung Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. So ist etwa die Zeugenaussage einer Vertrauensperson über Äußerungen von Angehörigen des Angeklagten auch dann als verwertbar angesehen worden, wenn die Angehörigen in der Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machten. Dies resultiert primär aus dem fehlenden Vernehmungscharakter der Handlungen einer Vertrauensperson.17 Eine weitere grundsätzliche Frage betrifft die Auswirkungen von durch Vertrauenspersonen im Rahmen der Ermittlungen begangener Straftaten für die, die V-Personen leitenden Polizeibeamten. Hiermit beschäftigt sich das im Folgenden zu erläuternde Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofes.