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Medienschelte hilft nicht weiter – reden, reden, reden!

Von Michael Legband, Kiel


Zu dem angesprochenem „nicht Zurückziehen“ bei Fehlern gehört auch unbedingt aktives Ansprechen der Medienleute. Agieren ist immer besser als reagieren. Journalisten sollten bei bestimmten Themen zu Gesprächen eingeladen werden oder man besucht sie an ihrem Arbeitsplatz. Bei dieser Gelegenheit kann dann auch gerne fundiertes Material übergeben werden. Das können größere Gesprächsrunden mit mehreren Journalisten sein oder aber auch Einzelgespräche. Auch Hintergründiges kann hier schön vermittelt werden. Das schafft Vertrauen. Über das Jahr verteilt sollte es jedoch keine bevorzugten Redaktionen geben. Die Gleichbehandlung der Medien ist für Öffentlichkeitsarbeiter ein ehernes Gesetz. Wenn zu Hintergrundrunden eingeladen wird, sollte hier wirklich ein gewichtiges Thema auf dem Tisch liegen. Denn von diesem Termin kann der Journalist ja nicht berichten. Also kommt er schnell in hausinterne Rechtfertigungszwänge. Merken: Also bei diesem Instrument der Information keine „Pillepalle-Themen“.

Apropros „pillepalle“: Am Anfang aller angedachten Aktivitäten aus einer Pressestelle heraus, muss die Frage nach dem Warum stehen. Die Botschaft muss erarbeitet werden. Anders geht es nicht. Nur mal so eine Medieninformation – das funktioniert einfach nicht.

Einladungen zu Presseveranstaltung, die einen etwas besonderen Charakter haben, sollten in der guten, alten gedruckten Form verschickt werden. Denn die Postfächer der Redaktions-PC sind eh immer kurz vor dem Explodieren. Die Chance der Wahrnehmung ist mit etwas Gedrucktem heute ganz ordentlich. Beim Nachfragen, wer den wohl diesen aus eigener Sicht so wichtigen Termin wahrnimmt, empfiehlt sich der Anruf vom Chefkommunikator persönlich. So lässt sich im Gespräch mit dem Redakteur gleich noch etwas inhaltlich nacharbeiten und auf etwaige Fragen kann sofort eingegangen werden. Zum anderen hört der Sprecher, die Sprecherin so ganz gut in die Redaktionswelt hinein. Erfährt von Themen, die anliegen oder von Personalwechsel. Wissen ist Macht! So lässt sich ganz nebenbei der Presseverteiler aktualisieren. Übrigens ein Dauerauftrag für die Pressestellen.

 

5 Im Krisenfall


Bei Vorträgen vor Berufsanfängern erlaube ich mir gerne den Hinweis: Wenn Sie Ihren Job gut machen, kommen Sie gar nicht erst in eine Krise. Daher ist es gut, mögliche Schwachstellen oder Krisensituationen vor ihrem Eintritt einmal intern durchzuspielen. Dazu muss man im Kopf der Journalisten Spazieren gehen können. Aber es gibt natürliche Ereignisse – meist von außen – da hat man einfach keine Chance und muss dann das Beste daraus machen. Und das geht! Wichtig ist es mit einer Stimme zu sprechen, an einer Stelle laufen die Informationen zusammen. Mehr als sonst sind in der Krise klare Zuständigkeiten hilfreich. Offenheit nicht nur signalisieren, sondern auch praktizieren. Geheimniskrämerei führt nur zu Spekulationen, die sich heute schnell zu einem Shitstorm entwickeln können. Hilfreich ist es, sich nicht nur auf die traditionellen Informationskanäle, wie Gespräche mit Journalisten und Medieninformationen zu verlassen. Aktiv und so rasch wie möglich selber in das Internet oder Intranet gehen. Alles was in Medieninfos steht, kann auch zeitglich ins weltweite Netz gehen oder in geschlossene Kreisläufe, wie dem Intranet. Da fühlen sich Mitarbeiter wertgeschätzt und können später nicht herummaulen, dass ihnen nie jemand etwas sagt. Auf diesem Weg kann auch ein wenig dazu beigetragen werden, gegebenenfalls Gerüchten entgegenzutreten. Mit diesem Instrument lässt sich übrigens auch eine möglicherweise fehlerhafte oder mit einem falschen Zungenschlag versehen Medienberichterstattung ins richtige Licht rücken. Socialmedia richtig genutzt macht allemal Sinn. Für die Öffentlichkeitsarbeit in Verbänden und Institutionen gilt, dass die Mitgliedschaft schnell per elektronischer Kommunikation zeitgleich mit den Medien informiert wird. Mitglieder und Ehrenamtler sollten wissen, welche Informationen ihrer Institution auf dem Markt sind. Daher gilt erst intern, dann extern kommunizieren oder zumindest zeitgleich. Das erspart Rückfragen oder gar Misstrauen in die Fähigkeit der eigenen Organisation.

Wichtig ist – gerade in der Krise, aber auch sonst –, dass die Medienverantwortlichen Prokura haben zu erklären. Bei bestimmten Lagen ist es hilfreich sich zu verstärken und die eine oder andere journalistische Dienstleistung einzukaufen. Generell würde ich als verantwortlicher Kommunikator mir dann und wann jemanden ins Haus holen, der einfach mal beobachtet und alles ein wenig mit den Augen von außen sieht. Betriebsblindheit kann tödlich enden.

 

6 Fernsehen & Co.


Ein Hinweis zum Umgang mit den Fernsehredaktionen. Der wesentlichste Unterschied zu den Print- oder Radiojournalisten ist natürlich, dass das Fernsehen von bewegten Bildern lebt. Sich dies zu vergegenwärtigen ist wichtig, wenn es das Ziel ist, die Fernsehredaktionen für sich einzunehmen. Also überlegen wie es mit möglichen Bildern aussieht. Helfen bei der Visualisierung einer bestimmten Thematik ist wichtig. Beispiel: Bei einer Pressekonferenz zur wirtschaftlichen Entwicklung sollten vorherige Drehmöglichkeiten bei Repräsentanten bestimmter Branchen ermöglicht werden. Das gleiche gilt mittlerweile für den Umgang mit online-Redaktionen, die ja auch immer mehr mit bewegten Bildern arbeiten. Dabei muss jedoch die eigene Botschaft allen Beteiligten klar sein.

 

7 Pressesprecher als Hofnarr – Essen und Trinken verbindet


Im gut verstandenen Sinne sollte der Pressesprecher gerne so etwas wie ein Hofnarr sein. Er muss gut informiert sein, hört und sieht alles im eigenen Laden, hat ein großes Netzwerk und er behält den Blick von außen auf die eigene Organisation. Und er berichtet auch mutig nach innen, was man draußen denkt. Abgeschliffene und unkritische Typen gibt es ja bekanntlich genug. Die sind jedoch an der Schaltstelle zwischen Unternehmen/Organisation und Medien nicht unbedingt besonders von Nutzen. Der Presseverantwortliche muss die nötige Beinfreiheit haben und nicht immer am eigenen Schreibtisch festgenagelt sein. Raus in die Redaktionen, Besuch anderer Presseveranstaltungen und Mitgliedschaft in Presseclubs etc. – all das muss möglich sein. Journalisten besuchen bestimmte Kneipen oder gehen in Kantinen essen. Da kann man sich auch gut mal blicken lassen. Essen und Trinken verbindet bekanntlich. Dann klappt es auch mit der nicht immer ganz unkomplizierten Medienarbeit!

 

Anmerkungen


1 Michael Legband, Jahrgang 1952. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und Tätigkeit später Wechsel zum Journalismus. Volontariat beim Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (sh:z). Anschließend Redakteur. Dann Ende der 1980er Jahre Redakteur beim Fernsehsender RTL. Stark am Aufbau des Regionalfensters in Schleswig-Holstein beteiligt. Inhaltliche Schwerpunkte: Politische Berichterstattung, Sozialreportagen. Ab 1998 selbständig. Fernseharbeit schwerpunktmäßig für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) und weiterhin für RTL. Im Printbereich Schleswig-Holstein-Korrespondent für die Nachrichtenagentur associated press (AP), freier Autor für die Tageszeitung DIE WELT, den sh:z und die Lübecker Nachrichten. 2004 Pressesprecher der Industrie- und Handelskammer zu Kiel und wenig später der IHK Schleswig-Holstein. Neben der alltäglichen Kommunikation zeichnete Legband für das größte Wirtschaftsmagazin im Lande verantwortlich. Die Wirtschaft hat eine Auflage von fast 100.000 Exemplaren monatlich. Im aktiven Ruhestand ist Legband ein gefragter Medientrainer und -berater. Zahlreiche Buchveröffentlichungen sind mit dem Namen des Autors verbunden. Das Autorenfoto zeigt Michael Legband auf einer Vortragsveranstaltung zur Pressegeschichte.

 

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