Prävention

Gewalt gegen Frauen: Möglichkeiten der Kriminalprävention

Von EKHK a.D. Klaus Kemper, Duisburg

 

3 Mögliche Präventionsansätze


Bei der Frage, ob man diese Personen präventiv beeinflussen und dadurch von ihren Taten abhalten kann, ist bei beiden Tätertypen Skepsis angebracht. Dass Strafandrohungen oder -verschärfungen seitens des Gesetzgebers Menschen, die möglicherweise triebgesteuert, alkoholisiert oder emotional aufgewühlt sind, von ihrem (oft kurzfristig gefassten) Tatentschluss abhalten können, ist zwar nicht gänzlich auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich. Die erfasste Anzahl von Vergewaltigungen sowie sexuellen Nötigungen und Übergriffen im schweren Fall ist trotz der Aufnahme des Prinzips „nein heißt nein“ in das „Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung“ im November 20165 in der Folgezeit zeitweise sogar gestiegen. So wurden Ende des Jahres 2019 immer noch 9.523 Frauen Geschädigte gemäß der §§ 177, 178 StGB. Selbst die den rückfälligen Sexualtäter möglicherweise erwartende Sicherheitsverwahrung scheint nur bedingten Abschreckungseffekt zu haben.


Aufgrund dieser Fakten dürfte es erfolgversprechender sein, den potentiellen Geschädigten Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie das Risiko, Opfer eines Gewaltdeliktes zu werden, minimieren können, wobei dabei zwischen zwei Gruppen unterschieden werden muss:

3.1 Frauen ohne vorherige engere Beziehung zum Täter

Der allgemeine Hinweis, betont weibliche Kleidung könne eine gewisse „Signalwirkung“ auf potentielle Sexualtäter ausüben, und deshalb sollte auf sie nach Möglichkeit verzichtet werden, führte sehr schnell zu Protesten. Vor diesem Hintergrund sei ein derartiger Eingriff in die persönliche Freiheit, das Outfit nach eigenem Geschmack zu wählen, nicht hinnehmbar. Die Diskussion ebbte allerdings sehr schnell wieder ab, als entsprechende Untersuchungen ergaben, dass das Aussehen der Opfer solcher Straftaten für den Täter in der Regel so gut wie keine Rolle gespielt hatte. Unabhängig davon gibt es aber einige Hinweise, die die polizeilichen Fachdienststellen Frauen, die sich unsicher fühlen, an die Hand geben können:

 

  • Bei Feiern, Gaststätten- oder Diskothekenbesuchen sollte grundsätzlich das eigene Getränk niemals aus den Augen gelassen werden, um somit jede Möglichkeit für andere Personen, ihm etwas, wie zum Beispiel KO-Tropfen, beizumischen, zu unterbinden.
  • Grundsätzlich ist für den Heimweg in den Abend- oder Nachtstunden zur eigenen Sicherheit immer die Möglichkeit, sich von bekannten bzw. vertrauenswürdigen Personen abholen oder von einem Taxiunternehmen fahren zu lassen, der Variante, alleine nach Hause zu gehen, vorzuziehen.
  • In beinahe jeder größeren Ortschaft der Bundesrepublik gibt es sog. „Angsträume“, also Straßenzüge, Grünanlagen oder nur unzureichend beleuchtete Gegenden, die objektiv, manchmal aber auch ohne realen Hintergrund, den Ruf haben, es handele sich um kriminogene Orte. Um kein Risiko einzugehen, sollten solche Orte auf einem fußläufigen Heimweg nach Möglichkeit gemieden werden.
  • Wichtig ist die Sensibilisierung der Frauen für die Tatsache, dass es nicht ohne Risiko ist, das Angebot einer neuen männlichen Bekanntschaft anzunehmen, mit dessen Kfz nach Hause gebracht zu werden.
  • Unter der Rufnummer 03012074182 ist das sogenannte „Heimweg-Telefon“ erreichbar. Mittlerweile etwa 50 ehrenamtliche Helfer können freitags und samstags in der Zeit von 22:00 bis 03:00 Uhr sowie sonntags bis donnerstags zwischen 20:00 und 24:00 Uhr von Frauen (aber auch Männern) fernmündlich kontaktiert werden, wenn sie sich abends auf dem Weg nach Hause unsicher fühlen. Sinn dieser Einrichtung ist es, den Anrufer über Handy während seines Weges zu begleiten und ihm dadurch das Gefühl zu vermitteln, nicht alleine zu sein und im Notfall sofort Hilfe organisiert zu bekommen.
  • Auch die verschiedenen Ortungs-Apps (Way-Guard-Apps), sicherlich eher für Eltern gedacht, die die aktuellen Aufenthaltsorte ihrer Kinder wissen möchten, können unterwegs nach entsprechender Absprache mit Daheimgebliebenen zur Stärkung des eigenen Sicherheitsgefühls eingesetzt werden.
  • Ein mitgeführter Taschen- oder Schrill-Alarm sorgt in einer bedrohlichen Situation bei seiner Aktivierung durch ein durchdringendes akustisches Signal dafür, dass die Aufmerksamkeit von Menschen, die sich in der Nähe befinden, geweckt wird, bzw. kann eventuell auch einen möglichen Angreifer aufgrund der entstandenen Öffentlichkeit in die Flucht schlagen.
  • Viele Frauen wollen sich allerdings nicht nur auf passive Präventionsmöglichkeiten verlassen, sondern sich aktiv gegen mögliche Übergriffe zur Wehr setzen können. Aufgrund der entsprechenden Nachfrage bieten mittlerweile bundesweit viele Polizei-, aber auch andere Sportvereine Selbstverteidigungskurse an.


Getränke sollten niemals unbeaufsichtigt bleiben