Recht und Justiz

Upskirting – Strafbarkeit von Bildaufnahmen des Intimbereichs

Von Prof. Dr. Anja Schiemann, Münster

5.2 Objektiver Tatbestand

Der objektive Tatbestand wurde dem Gesetzentwurf der Bundesregierung entnommen43 und stellt das unbefugte Herstellen oder Übertragen von Bildaufnahmen, die bestimmte, besonders schützenswerte Körperteile abbilden, unter Strafe.44 Die Aufzählung der konkret erfassten Körperteile verhindert Auslegungsschwierigkeiten, die mit der Verwendung eines allgemeinen Oberbegriffs, wie dem des Intimbereichs45 verbunden sein können.46 Um die Strafbarkeit einzugrenzen, ist der Tatbestand auf besonders schützenswerte, namentlich erfasste Körperteile beschränkt. Neben dem Upskirting ist auch das Downblousing durch Aufnahmen der weiblichen Brust erfasst. Die männliche Brust erschien dem Gesetzgeber aufgrund der fehlenden Eigenschaft als sekundäres Geschlechtsmerkmal als weniger schützenswert, so dass sie von der Strafbarkeit des § 184k StGB nicht erfasst ist. Der Gesetzgeber betont allerdings, dass sich das Adjektiv „weiblich“ allein auf die Brust und nicht auf das Geschlecht des Opfers bezieht, so dass Transgenderfälle unter das Tatbestandsmerkmal fallen können.47


Durch die konkrete Nennung der Fälle und Beschränkungen des Anwendungsbereichs auf besonders schützenswerte Körperteile wird dem Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen und strafwürdiges Verhalten von sozialadäquatem Alltagsverhalten abgegrenzt.48 Nicht erfasst werden durch den Passus „gegen Anblick geschützt“ aber unbefugte Nahaufnahmen unbekleideter Geschlechtsteile.49 Während der Regierungsentwurf noch die Formulierung der durch „Unterbekleidung“ bedeckten Körperteile wählte, ersetzte man diese – auf Empfehlung der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss50 – durch den prägnanteren Begriff der „Unterwäsche“.51


Als Tathandlungen sind das Herstellen oder Übertragen einer Bildaufnahme vorgesehen. Das Merkmal des Übertragens erfasst dabei sog. Echtzeitübertragungen auf informationstechnische Geräte oder ins Internet ohne dauerhafte Speicherung des Bildes.52 Das bloße Beobachten bleibt dagegen straflos.53


Zudem werden – nach dem Vorbild des § 201a StGB – auch das Gebrauchen und das einem Dritten Zugänglichmachen einer nach Abs. 1 hergestellten Bildaufnahme als Tathandlungen erfasst. Dabei kann hinsichtlich der Auslegung der Merkmale auf die Kommentierungen zu § 201a StGB verwiesen werden. Gebrauchen ist jede Nutzung der Bildaufnahme für eigene oder fremde, private oder öffentliche, persönliche oder kommerzielle Zwecke. Insbesondere das Speichern, Kopieren und Archivieren können unter diese Tathandlung subsumiert werden.54 Das Zugänglichmachen erfasst jede Ermöglichung eines Zugriffs durch Dritte.55


Ebenfalls spiegelbildlich zu § 201a StGB wird nach § 184k Abs. 1 Nr. 3 StGB auch derjenige bestraft, der eine befugt hergestellte Bildaufnahme wissentlich unbefugt Dritten zugänglich macht. Entscheidend ist hier, dass die Bildaufnahme befugt hergestellt worden ist. Unrechtskern der Handlung ist also nicht das Eindringen in die Intimsphäre gegen oder ohne den Willen der Betroffenen, sondern der nachträgliche Vertrauensbruch.56

 

5.3 Subjektiver Tatbestand

Durch die Beschränkung der Strafbarkeit im Rahmen des § 184k Abs. 1 Nr. 1 StGB auf die Vorsatzformen des dolus directus 1. und 2. Grades57 durch die Formulierungen wissentlich und willentlich, wird der Anwendungsbereich der Vorschrift auf besonders strafwürdige Verhaltensweisen begrenzt.58 Hier wurde den Empfehlungen der Sachverständigen im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss Rechnung getragen, die eine Einschränkung im subjektiven Tatbestand für erforderlich hielten, um eine ausufernde Strafbarkeit zu vermeiden.59 Allerdings wurde auf der anderen Seite darauf hingewiesen, dass dieses Vorsatzerfordernis in der Praxis ggf. zu Beweisschwierigkeiten führen könne.60


Im Rahmen einer Strafbarkeit nach § 184k Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 StGB ist allerdings bedingter Vorsatz ausreichend.

 

5.4 Rechtswidrigkeit

Das Merkmal der Unbefugtheit der Tathandlung i.S. des § 184k Abs. 1 Nr. 1 StGB stellt lediglich einen deklaratorischen Verweis auf die allgemeinen Rechtfertigungsgründe, insbesondere den der rechtfertigenden Einwilligung des Betroffenen dar.61 Ob der Täter „unbefugt“ gehandelt hat, ergibt sich danach in erster Linie aus dem Fehlen der Einwilligung der abgebildeten Personen sowie aus dem Fehlen besonderer Erlaubnissätze, die ihren Grund in Strafverfolgungsinteressen haben können.62

 

5.5 Strafantragserfordernis

Die Strafverfolgung soll bei Handlungen im Sinne des § 184k Abs. 1 StGB gem. Abs. 2 nur auf Antrag des Verletzten erfolgen, es sei denn, ein Einschreiten von Amts wegen ist wegen des besonderen öffentlichen Interesses geboten. Dieses Antragserfordernis entspricht den Bestimmungen verwandter Strafnormen wie dem des § 201a StGB und § 184i StGB, die ebenfalls ein solches Erfordernis vorsehen (§ 205 Abs. 1 und § 181i Abs. 3 StGB). Für die grundsätzliche Notwendigkeit eines Strafantragserfordernisses spricht, dass die Tat nicht gegen den Willen des Verletzten verfolgt werden sollte. Durch die Formulierung als relatives Antragsdelikt kann jedoch auch den Strafverfolgungsbehörden ein Einschreiten ermöglicht werden, falls beispielsweise beim Auffinden anonymen Bildmaterials die Person des Opfers unbekannt ist.63

 

 

6 Fazit


Insgesamt bleibt festzustellen, dass es sich bei den Phänomenen des Upskirtings und Downblousings um durchaus strafwürdige Handlungen handelt. Der Gesetzgeber hat – auch durch die diversen Änderungen und Modifizierungen im Gesetzgebungsverfahren – mit § 184k StGB einen ausgewogenen Straftatbestand geschaffen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob dieser Straftatbestand überhaupt eine kriminalstatistische Bedeutung erlangt. Die Fallzahlen dürften trotz medialer Aufmerksamkeit in Bezug auf das Phänomen gering sein, auch wenn belastbare Zahlen bislang fehlen.


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