Kriminalität

Clankriminalität

Organisierte Kriminalität als Bedrohung für die Innere Sicherheit

 

3 Legale und illegale Geschäftsfelder


Das Handeln der kriminellen Mitglieder türkisch-arabischstämmiger Clanstrukturen ist von flexiblen Aktivitäten in verschiedenen (schein-)legalen oder illegalen Handlungsfeldern gekennzeichnet. In folgenden legalen und illegalen Geschäftsfeldern sind kriminelle Familienclans tätig:

 

  • Betäubungsmittelhandel: Nach Angaben des LKA Nordrhein-Westfalen bildet der Handel mit illegalen Betäubungsmitteln ein zentral besetztes Feld illegaler Aktivitäten von Angehörigen krimineller Familienclans. Dies betrifft in erster Linie den internationalen Handel mit Kokain und Cannabis. So sind Angehörige der Clans über die gesamte Lieferkette in unterschiedlicher Intensität involviert.14
  • Gastronomie und Shisha-Bars: Der Betrieb von Shisha-Bars hat sich als ein zentraler Faktor im Kontext krimineller Aktivitäten entwickelt. Als Treffpunkt für Clanmitglieder dienen die Bars der Kontaktpflege und damit auch zur Vorbereitung und Verdeckung von Straftaten. Dabei bieten Shisha-Bars als Teil einer insbesondere städtisch verorteten Eventkultur erhebliches Potenzial für Geldwäschehandlungen durch die Investition in Immobilien oder aber für steuerlich relevante Tatbestände.15
  • Glücksspiel-Szene, Wettbüros: Ähnlich den Shisha-Bars bieten von Angehörigen türkisch-arabischstämmiger Familienclans betriebene oder kontrollierte Glücksspielstätten eine Basis für Kontakte zur Vorbereitung und Begehung von Straftaten. Darüber hinaus können über Manipulationen an Spielgeräten erhebliche Mittel erwirtschaftet werden, die im Einzelfall die Nutzer der Geräte, die Betreiber sowie den Fiskus schädigen. Zudem bietet die Investition in Glücksspielstätten oder in Wettbüros die Möglichkeit zur Investition kriminell erlangter Gelder in die Legalwirtschaft und damit die Grundlage für Geldwäschehandlungen.16
  • Rapper-Szene: Angehörige türkisch-arabischstämmiger Clanfamilien verfügen über vielfältige Bezüge zu Teilen der Rapper-Szene. Dabei erfahren sie ein erhebliches Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit, die der eigenen Reputation außerhalb des Milieus von Familienclans dienen soll. Neben der kulturellen und der legalwirtschaftlichen Bedeutung dieses Milieus existiert ein fließender Übergang zu strafrechtlich relevantem Verhalten. Die Nähe der „Gangster-Rapper“ zur Kriminalität ist ein der Szene immanenter Teil der Außendarstellung und dient sowohl der Verkaufsförderung als auch der Bindung der Fans.17
  • Rocker-Szene: Den Ermittlungsbehörden liegen seit längerem Hinweise vor, die eine Involvierung von Angehörigen krimineller Familienclans in verschiedene Charter bzw. Chapter von Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG) belegen. Gleiches gilt für deren Einbindung in Straftaten der Clubs. Hintergrund der polizeilichen Einschätzung ist u.a. die für das Rockermilieu typische öffentliche Darstellung von personalen Verantwortlichkeiten in den Chartern und Chaptern. Eine mit dem traditionellen Rockerethos zu verbindende Motivationslage kann bei der Mitgliedschaft von Clanangehörigen ganz überwiegend ausgeschlossen werden.18
  • Security-Dienstleistungen: Diese stellen ein Geschäftsfeld dar, in dem Mitglieder von kriminellen Familienclans tätig sind. So wird teilweise von Konkurrenzkämpfen mit anderen typischerweise im Türstehermilieu etablierten Gruppierungen (OMCG) berichtet. Dies gilt auch für Drohungen gegenüber Gastronomen, die Leistungen eines konkurrierenden Security-Dienstleisters annehmen. Zusammenfassend bietet die Tätigkeit „an den Türen“ auch die Kontrollmöglichkeit über den Drogenhandel in der jeweiligen Gastronomie. Die Bereitschaft, das Personal den jeweiligen Sozialversicherungsträgern zu melden, ist nur sehr gering ausgeprägt.19
  • Investitionen in Immobilien in Deutschland: Den deutschen Behörden liegen Hinweise auf Investitionen illegal erlangter Mittel durch Angehörige krimineller Familienclans in den nationalen Immobilienmarkt vor. Dieses Vorgehen dient einerseits der Geldanlage und andererseits der Vermögenssicherung durch Maßnahmen der Verschleierung (Geldwäsche, § 261 StGB). Die Verdachtsmomente auf Seiten der Ermittlungsbehörden stützen sich oftmals auf ein dubioses und wirtschaftlich nicht nachvollziehbares Verhalten des Käufers im Kontext des Immobilienerwerbs oder auf ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem Wert der erworbenen Immobilie und den gegenüber den Finanzbehörden deklarierten Einkommensverhältnissen des vermeintlichen Erwerbers („Strohmann“) bzw. des tatsächlichen Käufers.20
  • Sozialleistungsbetrug: Auffallend ist, dass der nach außen präsentierte Lebensstil und die zur Schau gestellten Vermögenswerte und Luxusgüter krimineller Familienclans nicht mit den gegenüber den Finanzbehörden angegebenen Einkommensverhältnissen in Einklang zu bringen sind, vor allem aber im Widerspruch zu den bei der Beantragung von Sozialleistungen gemachten Angaben stehen.21
  • Illegaler Geldtransfer durch Hawala-Banking: Polizeiliche Erkenntnisse weisen auf den häufigen Transfer erheblicher Bargeldbestände über informelle Geldtransmitter hin, welche u.a. in die Türkei und in den Libanon abfließen. Hier ist vor allem auf die Nutzung sog. Hawaladare durch die Tätergruppen hinzuweisen, die das weltweit genutzte informelle Überweisungssystem des Hawala-Banking gegen eine Provision von 1,5 bis 2,5% der Transfersumme anbieten. Auch Angehörige türkisch-arabischstämmiger Familienclans nutzen dieses Geldtransfermodell, das der Vermögenssicherung und auch der Geldwäsche dient. Hawaladare verstoßen im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Regel gegen das Zahlungsdienstleisteraufsichtsgesetz (ZAG), weil sie ihre Leistungen ohne Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) anbieten.22