Kriminalität

Zum Ansehen der Polizei im Fokus der öffentlichen Meinung: neue Resultate aus Nordrhein-Westfalen

3 Möglichkeiten der staatlichen Gegensteuerung

Die Möglichkeiten der staatlichen Gegensteuerung hängen von den Ursachen bzw. Einflussfaktoren ab, die sich auf das Ansehen der Polizei auswirken können.

3.1 Verhalten und Erscheinungsbild der Polizei

Wie man sich in Uniform zu benehmen hat, lernt der Polizeibeamte spätestens auf der Polizeiakademie. Die Ergebnisse der Bochumer Untersuchung zeigen, dass die ganz überwiegende Zahl der Befragten mit ihrer Polizei insoweit zufrieden ist, also grundsätzlich kein Regelungsbedarf besteht. Diskutiert werden sollten aber z.B. vor allem in der polizeilichen Ausbildung die Ergebnisse zur Höflichkeit und zur vermuteten Kompetenz.

3.2 Erosion des staatlichen Gewaltmonopols als Schwächesignal?

Mit dem Phänomen allgemein zunehmender Gewalt in unserer Gesellschaft hat sich bereits Ende der 1980er Jahre ausführlich die sog. Anti-Gewaltkommission der Bundesregierung befasst.27 Damals spielte das Phänomen der verbalen und körperlichen Angriffe auf Polizeibeamte vergleichsweise aber noch keine Rolle. Heute ist das anders: die Akzeptanz des staatlichen Gewaltmonopols nimmt offensichtlich ab.

3.2.1 Gesellschaftliche Auflösungsprozesse?

Heitmeyer28 hat ganz allgemein insoweit von „gesellschaftlichen Auflösungsprozessen“ gesprochen, die sich auch auf die Umgangsformen, wie Respekt vor Autoritäten, Ordnung und Disziplin auswirken würden.


Fußstreifen unterstreichen das Leitbild einer bürgernahen Polizei.


3.2.2 Kriminalpolitische Weichen

Der Staat versucht gegenzusteuern, z.B. durch die Heraufsetzung der Strafdrohungen gegenüber Störern bzw. Straftätern in den §§ 113/114 StGB;29 der Gesetzgeber erwartet Abschreckung. Abschreckung setzt aber voraus, dass auch das Misserfolgsrisiko der Angreifer, gefasst und verurteilt zu werden, so groß ist, dass Täter nach einer Kosten-Nutzen-Abwägung Abstand von ihrer Straftat nehmen. Ein solches Misserfolgsrisiko besteht für die potentiellen Täter aber nur dann, wenn die Polizei von ihrer Ausstattung aber auch personell in die Lage versetzt wird, ihre (zunehmenden) Aufgaben optimal zu erfüllen. Insoweit besteht allerdings Nachholbedarf.30

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Anmerkungen

  1. Jan-Volker Schwind ist M.A.-Kriminologe und Polizeioberkommissar in Osnabrück; der Beitrag bezieht sich auf eine empirische Untersuchung des Autors zum Thema „Sicherheit und Sicherheitsgefühl in der Stadt Bochum 2015/2016“ („Bochum IV“)“, Bochumer Schriften zur Rechtsdogmatik und Kriminalpolitik, Band 47, zugleich Diss. iur. (Bochum), Holzkirchen/Obb. 2018.
  2. Polizei-Extrablatt 2004, 1.
  3. GfK-Studie: Global Trust Report 2017, unter URL: www.gfk-verein.org/presse/vertrauen-der-deutschen-sicherheitskraefte-waechst-weiter-automobilbranche-starken (10.12. 2018).
  4. Feltes: Die diskursive Rechtfertigung von Gewaltanwendung durch Polizeibeamte, in: Akzeptanz des Rechtsstaates in der Justiz. Texte und Ergebnisse des 37. Strafverteidigertages Freiburg, Berlin 2014, 121.
  5. Feltes a.a.O.
  6. Vgl. Der Spiegel 49/2017, 45.
  7. Weitere Beispiele bei Hunsicker: Wie kann Deutschland seine Polizei vor Angriffen von Störern wirksam(er) schützen? Möglichkeiten, Grenzen und Forderungen 2018.
  8. Zit. nach Süddeutsche Zeitung 27.6.2016, 1.
  9. Hunsicker a.a.O. 39.
  10. Zit. nach WAZ 10.2 2009, 1.
  11. WAZ a.a.O.
  12. Befragung von 18500 Polizeibeamten 2011 in NRW durch die Universität Kiel, zit. nach WAZ 3.12.2013, 1.
  13. Dazu Ohlemacher et al.: Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte 1985-2000. Eine kriminologische Analyse, Baden-Baden 2003 und Ellrich et al.: Gewalt gegen Polizeibeamte. Befunde zu Einsatzbeamten, Situationsmerkmalen und Folgen von Gewaltübergriffen (KFN-Forschungsbericht Nr. 3) Hannover 2011.
  14. Dreißigacker:Befragung zu Sicherheit und Kriminalität: Kernbefunde der Dunkelfeldstudie 2015 des Landeskriminalamtes Schleswig-Holstein (KFN-Forschungsbericht Nr. 129). Hannover 2016.
  15. LKA Niedersachsen:Befragung zu Sicherheit und Kriminalität in Niedersachsen, Abschlussbericht zur ersten Befragung im Frühjahr 2013, Hannover 2015 und LKA Niedersachsen: Befragung zu Sicherheit und Kriminalität in Niedersachsen 2015, Bericht zu Kernbefunden der Studie, Hannover 2016.
  16. LKA Mecklenburg-Vorpommern: Erste Untersuchung zum Dunkelfeld der Kriminalität in Mecklenburg-Vorpommern, Abschlussbericht, o.O. 2017.
  17. Schwind, H.-D. et al.: Empirische Kriminalgeographie (Kriminalitätsatlas Bochum), BKA-Forschungsreihe Band 8, Wiesbaden 1978.
  18. Schwind, H.-D. et al.:Dunkelfeldforschung in Bochum 1986/87 – eine Replikationsstudie, BKA-Forschungsreihe Band 21, Wiesbaden 1989.
  19. Schwind, H.-D. et al.: Kriminalitätsphänomene im Langzeitvergleich am Beispiel einer deutschen Großstadt, Bochum 1975 – 1986 – 1998, BKA-Reihe: Polizei + Forschung Band 3, Neuwied 2001.
  20. Schwind, J.-V.: Sicherheit und Sicherheitsgefühl in der Stadt Bochum 2015/2016 (Bochum IV), Bochumer Schriften zur Rechtsdogmatik und Kriminalpolitik, Band 47, zugleich Diss. iur. (Bochum), Holzkirchen/Obb. 2018.
  21. Schwind, H.-D.: Kriminologie, Heidelberg 2016, 64.
  22. Hermanutz: Gewalt gegen Polizisten – sinkender Respekt und steigende Aggressionen? Eine Beleuchtung der Gesamtumstände, Baden-Baden 2015, 3f.
  23. Zit. nach Focus 51/2009, 14.
  24. Zit. nach NOZ vom 13.07.2018, 25.
  25. Zit. nach NOZ a.a.O.
  26. Dazu Schwind, J.-V.: Zum Ansehen der Polizei und seiner Bedeutung für die polizeiliche Arbeit, in: Die Kriminalprävention 1/2007, 23 f.
  27. Schwind, H.-D. et al.: Ursachen, Prävention und Kontrolle von Gewalt, Berlin 1990.
  28. Heitmeyer: in: Recht und Politik 08.06.1993, 3.
  29. Dazu krit. Wagner-Kern: Schutzbedürftige Staatsgewalt? Über Grundströmungen der Reform des Normenprogramms zur Bestrafung von Gewalt gegen Polizeibeamte, in: Recht und Politik 1/2018, 7-18; vgl. auch Reuter: Quo vadis lus poenale? Vom Sinn und Unsinn der Strafrechtsverschärfung des § 114 StGB, in: Die Kriminalpolizei 1/2018, 19-23.
  30. Hunsicker a.a.O. 44 ff./ 174 ff.
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