Recht und Justiz

Steuerverwaltung und Geldwäsche

Von Dr. Karsten Webel, LL.M. (Indiana), Hamburg

2.5.3 Veranlagungsdienststellen

Bzgl. der Veranlagungsdienststellen ist zu unterscheiden, für welche Steuerart die jeweilige Dienststelle zuständig ist. So können z.B. Körperschaftsteuerstellen Auffälligkeiten in den Gesellschaftsverträgen wahrnehmen oder wenn bei Neugründung einer GmbH durch (ausländische) Investoren zusätzlich zu dem Preis ihrer Geschäftsanteile außerordentlich hohe Aufschläge gezahlt werden. Handelt es sich um Grunderwerbsteuerstellen, so können Grundstückserwerbe zu unüblichen Konditionen oder unter ungewöhnlichen Umständen auffallen, wenn z.B. vermehrt Grundstücke zu offensichtlich über dem Marktwert liegenden Preisen von denselben Personen gekauft werden. Im Fall von Erbschaftsteuerstellen können Auffälligkeiten entstehen, wenn im Rahmen von Erbschaftsteuererklärungen Beträge erklärt werden, die nicht zur Einkommens- und Vermögenslage des Erblassers passen.

 

2.5.4 Erhebungsstellen

Eine Besonderheit stellen insoweit die Erhebungsstellen dar: Sie können selbstverständlich auch im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens z.B. durch die Vorlage von Gesellschaftsverträgen, Kontounterlagen usw. Feststellungen treffen, die den Verdacht einer Geldwäsche begründen. Darüber hinaus kann ein Steuerpflichtiger durch entsprechendes Verhalten auch die Erhebungsstelle im Rahmen seiner Geldwäsche „einbinden“ indem er zunächst an den Vollziehungsbeamten des Finanzamtes eine deutlich zu hohe Zahlung auf seine Steuerschuld tätigt und sich hinterher den überzahlten Betrag wieder auszahlen lässt. Ein entsprechendes Vorgehen ist selbstverständlich auch ohne Einbeziehung der Erhebungsstelle durch eine Überzahlung auf das Konto der Steuerkasse mit der folgenden Bitte um Erstattung möglich.

 

2.6 Rückmeldeverpflichtung nach § 42 Abs. 2 GWG

Für den Fall, dass die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) Informationen an sonstige inländische öffentliche Stellen weiterleitet, soll die empfangende Stelle die FIU gem. § 42 Abs. 2 GWG über die abschließende Verwertung der bereitgestellten Informationen und die Ergebnisse der in Folge der Informationen durchgeführten Maßnahmen informieren. Aufgrund der in der Steuerverwaltung nicht zu überschätzenden Bedeutung des Steuergeheimnisses ist jedoch auch insoweit die Frage zu stellen, ob eine entsprechende Information zulässig ist. Da § 31b Abs. 1 Nr. 5 AO die Offenbarungsbefugnis auf die Aufgaben der FIU nach § 28 Abs. 1 GwG beschränkt, eröffnet diese Regelung keine Meldeberechtigung über individuelle Ergebnisse von Auswertungen in steuerlichen Einzelsachverhalten.

Es stellt sich somit die Frage, ob sich eine Offenbarungsbefugnis aus § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i. V. m. § 42 Abs. 2 GwG ergibt. Dies ist jedoch zu verneinen, da eine solche Rückmeldeberechtigung der Finanzbehörden nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt ist. Es handelt sich vielmehr bei § 30 AO um eine Norm, die i.S.d. § 42 Abs. 2 GWG a.E. der individualisierten oder individualisierbaren Ergebnisrückmeldung entgegensteht.21 Ergebnisberichte aus der Finanzverwaltung dürfen demnach nur anonymisiert und damit sinnvollerweise als kumulierte Rückmeldung in Form anonymer statistischer Aufzeichnungen erfolgen.

 

3 Das Verhältnis von Geldwäsche und Steuerstrafverfahren


§ 261 StGB stellt gem. § 369 Abs. 1 AO keine Steuerstraftat dar, obwohl es sich bei ihr gem. § 261 Abs. 1 Satz 3 AO um ein mögliches Anschlussdelikt einer Steuerhinterziehung handelt.22 Folglich ist die Steuerfahndung nicht befugt im Hinblick auf Geldwäsche zu ermitteln. Etwas anderes gilt gem. § 1 Abs. 5 ZollVG für Geldwäsche, sofern diese im Zusammenhang steht mit dem grenzüberschreitenden Verkehr von Barmitteln und gleichgestellten Zahlungsmitteln oder Straftaten, die in die Ermittlungszuständigkeit der Zollbehörden fallen.

Die Steuerhinterziehung muss banden- oder gewerbsmäßig begangen worden sein, damit sie eine taufgliche Vortat der Geldwäsche darstellt. Da Gewerbsmäßigkeit i.d.S. schon vorliegt, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch die wiederholte Begehung von Straftaten der jeweiligen Art eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, dürfte dies häufig zu bejahen sein. Beispiele wären Restaurants, Kioske oder Apotheken, die ihre elektronischen Kassen dahingehend manipulieren, dass jeden Tag bestimmte Beträge nicht erfasst werden und folglich jeden Monat eine unzutreffende Umsatzsteuererklärung abgegeben wird. Dasselbe gilt z.B., wenn Handwerksbetriebe jeden Monat einen gewissen Anteil ihrer Aufträge „schwarz“ ausführen, so dass es auch insoweit fortlaufend zu falschen Steuererklärungen kommt. Es ist allerdings in der steuerstrafrechtlichen Praxis festzustellen, dass insoweit selten auf die Gewerbsmäßigkeit abgestellt wird, sondern diese unter den Tisch fällt.

Erschleicht sich der Täter durch dieses Vorgehen Umsatzsteuererstattungen, die auf einem Bankkonto liegen, so stellt dieses Geld einen (Beziehungs-)Gegenstand i.S.d. § 261 Abs. 1 StGB dar. Dieses Tatobjekt bleibt selbstverständlich auch kontaminiert, wenn eine Überweisung auf andere – ggf. ausländische – Konten erfolgt. Dasselbe gilt dementsprechend auch für dasjenige, das nach – ggf. mehreren – Austausch- und Umwandlungsvorgängen an die Stelle des ursprünglichen Gegenstandes getreten ist.23

Probleme ergeben sich jedoch aus der Einbeziehung der im Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung ersparten Aufwendungen durch § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB. Sofern der jeweilige Steuerpflichtige mehr als nur ein Konto hat, auf dem alle Schwarzeinnahmen eingezahlt werden und von dem alleine die Steuer zu entrichten gewesen wäre, ist eine exakte Feststellung, welche seiner Vermögenswerte aus der Tat herrühren (= mit welchem seiner Guthaben er seine Steuerschuld beglichen hätte), nicht möglich. Unterlässt er die Abgabe einer Steuererklärung und zahlt deshalb in der Folge keine Steuer, so ist durch diese ersparten Aufwendungen kein bestimmter neuer Vermögensgegenstand erworben worden und kein bestimmter – vor der Tat bereits vorhandener – Vermögensgegenstand in seinem Wert erhöht. Es kommt vielmehr dazu, dass durch § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB die Strafbarkeit den Erwerb von Gegenständen aus dem Gesamtvermögen eines Steuerhinterziehers erfasst wird. Dementsprechend wollte der Gesetzgeber, dass die Ersparnis des Täters als ein integraler und untrennbarere Bestandteil seines Gesamtvermögens angesehen wird, da sich die eigentliche Steuerforderung gegen das gesamte Vermögen des Täters richtet.24 Folglich wird das gesamte legale Vermögen einbezogen, da eine Abgrenzung im Hinblick auf ersparte Aufwendungen eben gerade nicht möglich ist.

Es ist nachvollziehbar, dass eine solche Infektion des gesamten Vermögens mit der Folge, das jeder Geldverkehr mit der jeweiligen Person den Tatbestand der Geldwäsche erfüllen kann, als willkürlich und unverhältnismäßig angesehen wird.25 Es dürfte jedoch in einem ersten Schritt angezeigt sein, die Kontamination des Vermögens auf den Betrag der hinterzogenen Steuern zu begrenzen.26 In einem zweiten Schritt ist dann zu klären, welche Vermögensgegenstände konkret kontaminiert sind. Teilweise wird davon ausgegangen, dass dies im Ergebnis nicht möglich sei, so dass § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB im Hinblick auf die Hinterziehung von Steuern praktisch nicht anwendbar sei.27 Ausgehend vom Willen des Gesetzgebers wird man aber wohl eher annehmen müssen, dass das Gesamtvermögen in seiner Gesamtheit kontaminiert ist. Daraus ist dann aber der Schluss zu ziehen, dass die Geldwäschehandlung nur strafbar ist, wenn sie sich auf einen so großen Anteil des Vermögens des Vortäters der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung bezieht, dass der unberührte Teil wertmäßig unter dem Wert der deliktisch ersparten Steuern liegt. Eine Strafbarkeit ist hingegen zu verneinen, wenn der Wert des Restvermögens die Höhe des Steuervorteils erreicht oder sie überschreitet.28

Neben den ersparten Aufwendungen erweitert § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB für den Fall einer Vortat i.S.d. § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB – gewerbsmäßiger, gewaltsamer oder bandenmäßiger Schmuggel, § 373 AO und gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhehlerei, § 374 Abs. 2 AO – den Anwendungsbereich der Geldwäsche auch auf Gegenstände, hinsichtlich derer die Abgaben hinterzogen wurden. Es werden damit Beziehungsgegenstände erfasst,29 bei denen es sich z.B. um Schmuggelgut, gehehlte unverzollte Ware30 sowie Erzeugnisse und Waren i.S.d. § 374 Abs. 1 AO handeln kann. Die jeweiligen Gegenstände unterliegen der Einziehung nach § 375 Abs. 2 AO.