Kriminalitätsbekämpfung

Die Gefährdungspotenziale arabischer Clans und krimineller Rockergruppierungen

im Lichte staatlicher Reaktionsstrukturen

2 Zwischenergebnis

Unzweifelhaft liegt zurzeit ein besonderer Fokus – in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland – auf den kriminellen arabischen Groß-Familienclans. Der Berliner Senat, Polizei sowie Justiz nehmen nunmehr offensichtlich den Kampf gegen kriminelle arabischstämmige Clans weitaus intensiver und erfolgreicher in Angriff, sie nehmen deren Bekämpfung endlich ernst. Der Innenstaatssekretär kündigte im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin 2018 an, man werde eine Reihe von Projekten in Gang setzen.33 So werde die Berliner Kriminalpolizei (LKA Berlin) im Jahr 2019 endlich (!) ein eigenes Lagebild zum Thema OK erstellen. Die Vermögensabschöpfung galt bislang eher als strafrechtliches Nischenprodukt, das nur ausnahmsweise angewendet wurde und besonderen Fallkonstellationen vorbehalten war. Die Bedeutung der Vermögensabschöpfung ist durch das am 1.7.2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung34 deutlich gestiegen.35

Anmerkung: Längst wird immer wieder gefordert, dem Staat das juristische Werkzeug der sog. Beweislastumkehr an die Hand zu geben. Das hieße, nicht mehr die Justiz müsse einem Clan-Mitglied beweisen, sein Geld sei illegal erworben, vielmehr müsse dann der Beschuldigte nachweisen, dass es legal erworben worden ist. Diesen rechtlichen Aspekt beinhaltet die am 1.7.2017 in Kraft getretene Gesetzesänderung der StPO leider nicht, es reicht aber schon heute der nur begründete (hinreichende) einfache Verdacht36 gegen einen Beschuldigten aus, dass das Vermögen aus kriminellen Handlungen stammt, um es zu beschlagnahmen. Der Staat muss nunmehr nicht mehr bis ins letzte Detail nachweisen, dass ein mutmaßlicher Straftäter sein Vermögen aus illegalen „Geschäften“ erworben hat. Wenn StA und Polizei – insb. bei sog. Clanfamilien – große Geldsummen finden, die z.B. in Autoreifen oder Sitzen versteckt sind, können diese nach der Gesetzesnovellierung nunmehr problemlos sichergestellt bzw. beschlagnahmt werden, ohne beweisen zu müssen, dass das Geld aus kriminellen Geschäften stammt. Die Vermögensabschöpfung zeigt gerade bei jungen kriminellen Mitgliedern arabischstämmiger Großfamilien Wirkung. „Ohne Rolex-Uhr und teures Auto verlässt man ungern das Haus“, so OStA´in Leister anlässlich einer Expertenanhörung vor dem Innenausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin.37 Ob spektakuläre Aktionen wie etwa die im Juli 2018 erfolgte Beschlagnahme von 77 Immobilien wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen die Familie R. Bestand haben38, wird sich jedoch erst noch zeigen müssen, wenn vor Gericht geklärt ist, ob die Maßnahmen rechtmäßig waren.39 Insoweit sei der Hinweis auf §§ 73 ff. StPO geboten. § 73 Abs. 1 StPO gestattet die Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern, wenn der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt hat; dann ordnet das Gericht die Einziehung an. § 73a StPO lässt die erweiterte Einziehung von Taterträgen auch bei Tätern und Teilnehmern zu, wenn eine rechtswidrige Tat begangen worden ist und diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.40 § 73b StPO regelt die Einziehung von Taterträgen bei anderen Personen (sog. Dritteinziehung). Ist das Taterlangte nicht oder nicht mehr vorhanden, wird der Wert des Erlangten nach den §§ 73c, 73d StGB eingezogen (Wertersatzeinziehung).41 Abgeschöpft wir gem. § 73 StGB in erster Linie – in Übereinstimmung mit der bisherigen (alten) Rechtslage – prinzipiell der Tatertrag beim Täter bzw. Teilnehmer oder – unter den (deutlich engeren) Voraussetzungen des § 73b StGB – beim Dritten. Dies bezieht sich im Regelfall auf „brutto“ Beträge, soweit Geld als Gegenstand der Abschöpfung in Betracht kommt. Für die in der juristischen Praxis nicht seltenen Fälle, dass das ursprünglich Erlangte beim Tatbeteiligten oder Dritten nicht mehr vorhanden ist, muss zumindest dessen Wert auf der Grundlage des § 73c StGB eingezogen werden. Was konkret abzuschöpfen ist, regelt nach neuer Rechtslage § 73d StGB. Diesbezüglich kommt in begrenztem Umfang das Nettoprinzip zum Tragen.42 Längst haben die StAen im Rahmen der neuen Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung ihre Strategien geändert. Die Straftäter wollen durch ihre Taten nicht nur ihren Lebensunterhalt verdienen, sondern sie wollen Vermögen anhäufen, Immobilien erwerben, sich Luxusgüter anschaffen. Die StA muss daher dieses in aller Regel widerrechtlich erlangte Vermögen kurzerhand abschöpfen, d.h. sicherstellen bzw. beschlagnahmen. Dass Hartz IV-Empfänger keine Millionensummen anhäufen, Immobilien besitzen und Nobelkarossen ihr Eigen nennen können, liegt auf der Hand. Daher hat am 17.12.2018 im Land Berlin eine neue Spezialabteilung der StA bei der Hauptabteilung Wirtschaft ihre Arbeit aufgenommen und damit begonnen, die OK noch wirksamer zu bekämpfen; die Spezialabteilung zur Vermögensabschöpfung zielt im Rahmen ihrer Ermittlungen besonders auf Mitglieder arabischstämmiger Clans und anderer Banden.43 Durch das Gesetz vom 1.7.2017 begünstigt, hat der Staat mehr Möglichkeiten, durch Straftaten zusammengetragenes Vermögen zu beschlagnahmen. Es kann nunmehr dann eingezogen werden, wenn die Herkunft des Geldes unklar ist.44 Früher musste die StA noch haargenau beweisen, dass inkriminiertes Geld offensichtlich aus (bestimmten) Straftaten stammt; das ist nunmehr nicht mehr erforderlich. In der neu gebildeten Abteilung der StA bringen Experten des Steuerrechts, für Korruptionsdelikte und Geldwäsche ihr spezielles Wissen bei der Aufklärung von Finanzströmen und Vermögenswerten unbekannter Herkunft mit ein, arbeiten „Hand in Hand“. Damit, so die Hoffnung, sollen künftig häufiger Erfolge wie im Juli 2018 gelingen. Damals waren 77 Immobilien im Wert von mehr als neun Millionen Euro beschlagnahmt worden. Sie gehörten einer arabisch-kurdischen Großfamilie. Die Botschaften an das kriminelle Clan-Milieu sind klar und sollen auch so verstanden werden: Konsequente Verfolgung und Ahndung von Regelverstößen, Beschlagnahme von Vermögen (Vermögensabschöpfung bzw. Einziehung von Vermögen kriminellen Ursprungs), verstärkte Gewerbe- und Finanzkontrollen, Einstieg in kriminelle Karrieren junger Muslime verhindern, Ausstieg ermöglich, soweit dies überhaupt bei den spezifischen Clanstrukturen möglich ist (Ausstiegsszenarien für Mitglieder krimineller Clans) und ressortübergreifende Zusammenarbeit.