Kriminalität

Methodische Grund­lagen der Tatortarbeit

3.1.2 Feststellen und Bestimmen der Tatortgrenzen

Die Festlegung der Tatortgrenzen wird auf der Grundlage der Erkenntnisse zur räumlichen Ausdehnung des Tatortes bestimmt.

Methodische Hinweise:17

  • Tatorte im Freien sind weiträumig abzusperren. Dies gilt umso mehr, je unsicherer Informationen zum Ereignis sind, „weil es einfacher ist, einen zunächst zu groß festgelegten Sperrbereich zu verkleinern, als einen zu kleinen Sperrbereich ohne Gefahr der Spurenvernichtung und irritierender Veränderungen zu vergrößern“18.
  • Die Rekonstruktion der Begehungsweise beeinflusst die Festlegung der Ausdehnung von Tatorten in Gebäuden und wird durch bauliche Gegebenheiten bestimmt.
  • Zu- und Abgangswege sind in die Sicherung des Tatortes einzubeziehen. Bei größeren Tatorten empfiehlt sich u.U. eine äußere und innere Grenze festzulegen.
  • Eine „Spurengasse“, die verhindern soll, dass Spuren vernichtet oder beschädigt werden, ist für das Betreten des Tatortes zu bestimmen. Ebenso ist ein räumlicher (nichtspurentragender) Bereich festzulegen, in dem die Ermittlungsbeamten Ausrüstungsgegenstände ablegen bzw. Zeugen vernehmen können.
  • Bei Sachverhalten, deren Wirkung nicht nur auf den unmittelbaren Tatort beschränkt ist (Havarien, Störfälle in Unternehmen, große Schadensereignisse), müssen auch solche funktionalen Aufgabenbereiche in die Sicherung einbezogen werden, die möglicherweise Einfluss auf die Auslösung und den Verlauf des Ereignisses haben konnten.

Absperren des Tatortes:

Das Absperren des Tatortes umfasst solche Maßnahmen, die geeignet sind, nichtberechtigten Personen den Zutritt zum Tatort zu verweigern. Ziel ist es zu verhindern, dass die bei Eintreffen der Sicherungskräfte vorgefundene Situation verändert wird.

Methodische Hinweise:

  • Innerhalb des abgesperrten Bereiches sind unberechtigte Personen vorübergehend des Ortes zu verweisen bzw. ist Unberechtigten der Zutritt zu verweigern.
  • Kann der Zutritt aus berechtigten Interessen nicht verweigert werden, hat dies unter Beachtung der Spurensituation am Tatort so zu erfolgen, dass keine Spuren verändert bzw. vernichtet werden (Nutzung der Spurengasse).
  • Der Zustand des Tatortes ist vor Betreten weiterer Personen zu dokumentieren.
  • Personen, die den Tatort betreten, sind protokollarisch zu erfassen.
  • Durch gefahrenabwehrende Maßnahmen oder Sicherungsmaßnahmen verursachte Veränderungen sind zu kennzeichnen und akribisch zu dokumentieren.
  • Bei Aufenthalt von Personen am Tatort vor der Spurensuche ist zu dokumentieren wer, wann und auf welchem Wege den Tatort betreten hat. Dabei entstandene Veränderungen und Spuren sind zu markieren und zu registrieren, damit sie von den tat- oder täterrelevanten Veränderungen unterschieden werden können. Unter Umständen ist das Tragen von Schutzkleidung, Schuhüberzügen und Handschuhen im Rahmen der Absperrung schon notwendig.

3.1.3 Schutz des objektiven Tatortbefundes

Gefährdete Spuren oder andere materielle Beweismittel19 sind gegen Vernichtung oder Veränderungen zu schützen. Einzuleitende Maßnahmen20 können sein:

  • Abdecken von Spuren und Beweismitteln,
  • luftdichte Verpackung zum Schutz vor Austrocknen,
  • fotografische Dokumentation,
  • Notsicherung von Spuren,
  • Notasservierung von gefährdeten Gegenständen,
  • Sicherung von Substanzen, die sich durch biologische oder chemische Prozesse selbst auflösen.

3.1.4 Schutz des subjektiven Tatbefundes

Am Tatort anwesende Personen sind festzustellen. Der Grund ihrer Anwesenheit ist zu erfragen und zu registrieren. Es muss festgestellt werden, welchen Bezug die Personen zur Tat haben. Weitere Folgemaßnahmen21 sind zu veranlassen:

  • Die Identität der am Tatort anwesenden Personen ist festzustellen. Eine Personenüberprüfung in den polizeilichen und ggf. außerpolizeilichen Informationssystemen ist vorzunehmen.
  • Der rechtliche Status der anwesenden Personen ist zu ermitteln. Es gilt festzustellen, ob die Personen Tatbeteiligte sind und welcher Art ihre Tatbeteiligung ist.
  • Die Zeugen sollten, wenn möglich, den Tatort nicht verlassen, damit ihre Aussagen für die Durchführung der Tatortarbeit genutzt werden können (z.B. für die weitere territoriale Eingrenzung des Tatortes oder die Beschreibung des Fluchtweges),
  • Zeugen sind zu trennen, damit sie sich gegenseitig nicht beeinflussen.
  • Werden am Tatort bereits Vernehmungen durchgeführt, so ist der Vernehmungsort so zu wählen, dass andere Personen nicht über deren Inhalt informiert sind. Zeugen sollten an einen solchen Ort gebracht werden, der es ihnen unmöglich macht, Gespräche der Ermittler untereinander oder auch die Vernehmung anderer wahrzunehmen. Mit dieser Maßnahme gilt es Tatwissen zu schützen.
  • Sollten Personen den Tatort bereits verlassen haben, so ist zu erfassen wer, wann, wo und aus welchen Gründen sich vom Tatort entfernt hat.
  • Alle Handlungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Sicherung des subjektiven Tatortbefundes und die Inhalte der Aussagen sind zu dokumentieren. Die Inhalte der Aussagen können schriftlich oder mittels Tonaufzeichnung fixiert werden.

Nach der Tatortsicherung können die weiteren Phasen eingeleitet werden. Die Tatortsicherung ist bis zur Beendigung der Tatortarbeit aufrechtzuerhalten.