Massenveranstaltungen in Zeiten realer terroristischer Bedrohungen

Von Dr. Harald Olschok, Bad Homburg1

Die Zahl der Veranstaltungen in Deutschland ist kaum mehr zu überblicken. Immer mehr davon gilt es zu schützen. Die Love-Parade 2010 in Duisburg hat deutlich gemacht, wie schnell das Fehlverhalten von Behörden und Veranstaltern zu einer Katastrophe führen kann. In jüngster Zeit sind vermehrt terroristische Bedrohungen und andere Gefährdungen aus dem Bereich Security ins Blickfeld geraten. Die rechtlichen Grundlagen für den Schutz von Veranstaltungen in Deutschland sind widersprüchlich und reichen nicht (mehr) aus. Die Musterversammlungsstätten-Verordnung verlangt einen Ordnungsdienst, ohne diesen zu definieren. Es gibt auch keine Vorgaben für die Qualifikation.

Private Sicherheitsdienste sind nach dem Gewerberecht verpflichtet, ihre Mitarbeiter zu einer 40-stündigen Unterrichtung bei einer Industrie- und Handelskammer zu schicken. Außerdem erfolgt eine umfassende Zuverlässigkeitsüberprüfung durch Ordnungsbehörden und Polizei. Leitende Mitarbeiter von Sicherheitsunternehmen müssen, bevor sie beim Schutz von Veranstaltungen eingesetzt werden dürfen, eine Sachkundeprüfung bei einer IHK absolvieren. In den Handbüchern und Unterrichtungsmaterialien der Kammern, mit denen man sich auf diese Prüfung vorbereitet, taucht der Begriff „Veranstaltungen“ gar nicht auf. Für Ordnungskräfte gibt es keinerlei gesetzliche Vorgaben. Diese Lücken und Widersprüche lassen sich nur mit einem Gesetz zum Schutz von Veranstaltungen schließen. Der vorliegende Beitrag versucht dies zu begründen und beleuchtet gleichzeitig die Komplexität der Thematik.

1 Veranstaltungsschutz: So nicht!

Anfang September 2017 fand im rheinhessischen Bad Kreuznach das sog. „Fischerstechen“ statt. Erwartet wurden 15 000 Besucher. In der Allgemeinen Zeitung aus Mainz wurde am 8. August über das „Sicherheitskonzept“ der örtlichen Veranstalter berichtet. Die Veranstalter wussten, dass dieses spätestens nach dem Unglück bei der Love-Parade in Duisburg zwingend erforderlich ist. Ein privater Sicherheitsdienst hätte die Veranstalter für die drei Tage insgesamt 3 000 Euro gekostet. Diese Mittel konnten nicht aufgebracht werden. Deshalb waren die Veranstalter dankbar, dass eine örtliche Fahrschule „spontan“ angeboten hatte, Mitarbeiter umsonst zur Verfügung zu stellen, die den „entsprechenden Schein“ hätten. Gemeint war der eingangs erwähnte Unterrichtungsnachweis für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von privaten Sicherheitsdiensten nach § 34a der Gewerbeordnung. Auch der Kleingärtnerverein wollte mit seinen Mitgliedern zur Sicherheit beitragen.

Dieses Beispiel soll nicht überbewertet werden. Es war ein gelungenes und vor allem auch sicheres Fest. Bad Kreuznach ist nicht Nizza, Berlin oder Manchester. Aber auch im fränkischen Ansbach dachte im Juli 2016 niemand an ein Attentat. Am letzten Tag des alljährlich in der mittelfränkischen Bezirkshauptstadt veranstalteten dreitägigen Musikfestivals versuchte ein Attentäter als Rucksackbomber auf den Festivalplatz zu gelangen. Die Eingangskontrollen waren als Reaktion auf den Amoklauf wenige Tage zuvor im Olympiaeinkaufszentrum in München verstärkt worden. An dem gewählten Zugang wurde der Attentäter abgewiesen, weil er keine Eintrittskarte vorwies. An einer zweiten, hinter der Kartenkontrolle befindlichen Schleuse durchsuchten Ordnungskräfte die Taschen aller Besucher. Der Attentäter wandte sich ab und wenig später explodierte – möglicherweise versehentlich – sein selbstgebauter und von der Brisanz her eher schwacher Sprengsatz, wobei der Attentäter selbst getötet wurde. Geplant war offensichtlich, dass er den Rucksack in einer Menschenansammlung des Festivals abstellen und aus der Ferne zünden sollte.

Beim Schutz von Veranstaltungen darf es nicht darum gehen, dass ein Mitarbeiter einen „Sitzschein“ einer IHK vorhält. Es geht vielmehr um ein Gesamtkonzept zum Schutz von Veranstaltungen. Dies kann von leistungsfähigen privaten Sicherheitsdiensten erwartet werden.

2 Event-geprägte Gesellschaft und die gestiegene Anfälligkeit für Angriffe

Auch die Zahl der Besucher von Veranstaltungen in Deutschland ist, nach Angaben des German Convention Bureau (www.gcb.de), allein in den letzten zehn Jahren um 100 Mio. von 291 Mio. (2006) auf 393 Mio. (2015) gestiegen. „Die“ Veranstaltung gibt es natürlich nicht. Es gibt Großveranstaltungen mit täglich mehr als 100 000 Besuchern, es gibt Sport-, Konzert- und Kulturveranstaltungen, es gibt Volks- und Straßenfeste und es gibt allgemein zugängliche und geschlossene Veranstaltungen. Die Durchführung sichererer Veranstaltungen ist also eine komplexe Aufgabe für alle Beteiligten.

Wir leben in einer immer stärker Event-geprägten Gesellschaft und werden damit immer anfälliger für Angriffe. Das wurde in den letzten Jahren leider immer deutlicher. Die Anschläge betrafen Veranstaltungen im Freien und Gebäude gleichermaßen. Veranstaltungen in Großstädten wie Berlin und Paris gerieten genauso ins Visier von Attentätern wie das erwähnte Musikfestival in Ansbach am 24. Juli 2016. Mit 58 Toten und hunderten Verletzten erlebte im Oktober (1.10.) 2017 die Glücksspiel-Metropole Las Vegas das tödlichste Schusswaffen-Attentat der amerikanischen Geschichtsschreibung. Der Attentäter hatte aus dem Fenster eines Hotels das Feuer auf die Besucher eines Musikfestivals eröffnet. Bei einem Selbstmordanschlag auf ein Ariane-Grande-Konzert im Foyer der Manchester Arena am 22. Mai 2017 hat es mindestens 23 Tote und 59 Verletzte gegeben. Der mutmaßliche Attentäter war den Behörden bereits im Vorfeld bekannt. Das besonders perfide Merkmal dieses Anschlages war, dass zahlreiche Kinder und Jugendliche davon betroffen waren. Die beiden Terroranschläge vom 13. November 2015 auf das Stade de France während des Fußballländerspiels zwischen Frankreich und Deutschland und zeitgleich auf ein Konzert im Bataclan-Theater in Paris forderten 130 Todesopfer und über 350 zum Teil Schwerverletzte. Im Zieleinlauf des Boston-Marathons zündeten am 15. April 2013 zwei Brüder tschetschenischer Abstammung Sprengsätze in Rucksäcken. Dem Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 fielen zwölf Menschen zum Opfer. Aber auch die massenhaften und teilweise sexuell motivierten Übergriffe in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln und anderen europäischen Großstädten haben die sicherheitspolitischen Defizite deutlich gemacht.

Es steht fest, dass Security-Maßnahmen sowie eine noch engere Zusammenarbeit mit Polizeibehörden weiter erheblich an Bedeutung gewinnen werden. Große öffentliche Veranstaltungen wie Faschingsumzüge, Fußballspiele, Kirchentag oder Volkfeste wie das Münchner Oktoberfest haben ihre Sicherheitsvorkehrungen deutlich verschärft. Die personellen Anforderungen an private Sicherheitsdienste haben im Zuge dessen deutlich zugenommen.

3 Love-Parade und die Folgen

Das große Umdenken beim Schutz von Veranstaltungen begann in Deutschland vor sieben Jahren. Am 24. Juli 2010 starben in Duisburg bei der 17. Love-Parade 21 Besucher, über 500 Personen wurden verletzt und leiden teilweise heute noch an den Folgen. Die Ursachen für diese Katastrophe waren kein terroristischer Angriff, sondern offensichtliche Fehler bei der Planung der Besucherströme und ein von vorneherein völlig ungeeignetes Festivalgelände. Im Februar 2011 wurde vor dem Hintergrund der Love-Parade-Katastrophe vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Inneres und Kommunales (MIK) eine Projektgruppe eingesetzt, die das Ziel hatte, Impulse für die Verbesserung der Sicherheit von Großveranstaltungen zu liefern. Die Projektgruppe benötigte zwei Jahre, bevor sie im Februar 2013 ihren Abschlussbericht vorlegen konnte. Die wichtigsten Ergebnisse:

  1. Bestehende Gesetze und Vorgaben wurden untersucht und es wurden Vorschläge für Änderungen gemacht.
  2. Ein Veranstaltungsgesetz wurde als überlegenswert bewertet.
  3. Fortbildungsmaßnahmen für Verwaltungsbeschäftigte und Veranstalter wurden erarbeitet und auf den Weg gebracht.
  4. Eine Definition von Großveranstaltungen wurde vorgenommen.
  5. Qualifizierungsmaßahmen für Sicherheits- und Ordnungskräfte wurden als besonders wichtig eingestuft.
  6. Sicherheitskonzepte werden grundsätzlich gefordert.
  7. Es wurden Leitfäden für Verwaltung und Veranstalter erarbeitet. Eine Musterfortbildung „Sicherheit bei Großveranstaltungen“ wurde vorgestellt.

Aber nicht nur in Nordrhein-Westfalen, auch in zahlreichen anderen Bundesländern wurden der Schutz von Veranstaltungen auf den Prüfstand gestellt, Defizite analysiert und Leitfäden mit Festlegungen und Empfehlungen zur Planung, Genehmigung und Durchführung von Großveranstaltungen entwickelt. Dieses Ereignis hat zu einem nachhaltigen Umdenken bei allen Beteiligten geführt. Anfang Dezember 2017 begann nach jahrelangen Diskussionen nun der Prozess vor dem Duisburger Landgericht zu möglichen Verfehlungen von Verantwortlichen in Behörden und beim Veranstalter.


Qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Grundbedingung für leistungsfähige Sicherheitsunternehmen.

4 Eckpunkte des BDSW zur Verbesserung des Schutzes von Großveranstaltungen

Wenige Tage nach der Love-Parade 2010 stellte der BDSW Bundesverband der Sicherheitswirtschaft öffentlich seine Eckpunkte zur Verbesserung des Schutzes von Großveranstaltungen vor, die zu einer nachhaltigen Verbesserung des Schutzes von Großveranstaltungen beitragen können.

Der Schutz von Veranstaltungen ist für den Erfolg sowie das Bild des Veranstalters und das Bild der Genehmigungsbehörde in der Öffentlichkeit von großer Bedeutung. Dabei können qualifizierte Sicherheitsdienstleister zum Einsatz kommen und durch Schutz, Sicherheit und Service zu einer erfolgreichen und sicheren Veranstaltung entscheidend beitragen. Das garantiert eine unbeschwerte Atmosphäre für alle Beteiligten und trägt auch zu einem wirtschaftlichen Erfolg für den Veranstalter bei.

Wichtig ist gerade unter Sicherheitsaspekten eine ganzheitliche Betrachtung aller vorgeschriebenen Maßnahmen. Ein frühzeitiger Austausch aller Sicherheitsakteure ist zwingend erforderlich. Für Groß- bzw. Megaveranstaltungen mit mehreren hunderttausend Teilnehmern müssen geeignete und transparente Qualitätskriterien von den Genehmigungsbehörden festgelegt und kontrolliert werden.

  • Leistungsfähigkeit des Sicherheitsunternehmens – Führungskräfte mit nachweislicher Erfahrung im Veranstaltungsschutz
    • Haftung: ausreichender Versicherungsschutz
    • Angemessene Unternehmensgröße in Abhängigkeit von der jeweiligen Veranstaltung bzw. den geforderten Ordnern und Sicherheitskräften
    • Kommunikations- und Führungsfähigkeit durch den Einsatz geeigneter sowie mindestens mit dem Führungskreis des Veranstalters abgestimmter Funk- und Fernmeldetechnik
    • Eigene Unternehmenskontrollen durch Supervisor
    • Vorhandensein eines (allgemeinen) Sicherheitskonzepts für Großveranstaltungen
    • Einhaltung der Vorgaben des Veranstalters bzw. der Ordnungsbehörden
    • Frühzeitige Einbindung in die Sicherheitsplanung
  • Einhaltung der gewerberechtlichen Voraussetzungen für das eingesetzte Sicherheitspersonal
    • Unterrichtungsverfahren bzw. Sachkundeprüfung
    • Zuverlässigkeitsüberprüfung (qualifizierter Auszug aus dem Bundeszentralregister)
  • Aufgabenspezifische Qualifizierung
  • Frühzeitige und umfassende veranstaltungsspezifische Einweisung vor einer Großveranstaltung
  • Einhaltung der tariflichen Mindestlöhne für Sicherheitsdienstleistungen und der Qualitätsstandards
  • Einsatz von Subunternehmen nur unter strikter Einhaltung der oben genannten Voraussetzungen
  • Lückenlose Dokumentation
  • Klassifikation von Großveranstaltungen
    • Gewaltpotenzial
    • Crowd control etc.
  • Kontrollen durch Ordnungsbehörden, Polizei etc.
  • Staatliches Rahmenkonzept für Großveranstaltungen
    • Vorgaben für Anzahl der Ordner/Sicherheitskräfte analog zur FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006

 

5 Der Schutz von Bundesligaspielen

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland im Jahr 2006 hat zu einem nachhaltigen Umdenken beim Schutz von Bundesligaspielen geführt. Zu unterschiedlich und teilweise wenig professionell waren vorher die Anforderungen an die Sicherheitskräfte durch die Bundesligavereine. Die FIFA als Veranstalter der WM 2006 forderte eine einheitliche Qualifizierung der Ordner in allen WM-Stadien, diese musste vom DFB umgesetzt werden. Es wurde deutlich, dass der Schutz von Fußballspielen auch von privaten Sicherheitskräften erfolgreich geschützt und dadurch die Polizei wirksam entlastet werden kann.

Der Schutz von Fußballspielen hat durch die Attentate in Paris während des Länderspiels zwischen Frankreich und Deutschland 2015 leider eine unerwartete Dimension erlangt. Die wenig später erfolgte Absage des Länderspiels gegen die Niederlande in Hannover zeigte die Unsicherheit der Polizei und der Veranstalter. Beim Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und England am Ostersamstag 2016 im Olympiastadion in Berlin waren über 1 200 Polizisten und 1 000 private Sicherheitskräfte im Einsatz. Erstmals kamen Körperscanner wie an den Verkehrsflughäfen zum Einsatz.

Es ist den Bundesligavereinen überlassen, ob sie vereinseigene Ordner oder private Sicherheitskräfte einsetzen. Daraus ergeben sich deutliche Kostenunterschiede. Die vereinseigenen Ordner sind nicht verpflichtet, den Nachweis über die Teilnahme am Unterrichtungsverfahren einer Industrie- und Handelskammer zu erbringen. Dies verzerrt den Wettbewerb, weil bei den privaten Sicherheitsdiensten das Unterrichtungsverfahren bzw. die Sachkundeprüfung zwingend vorgeschrieben ist. In den meisten Stadien sind inzwischen zwar private Sicherheitsdienste im Einsatz, häufig gibt es aber „Mischmodelle“. Vereine, die grundsätzlich auf eigene Ordnungskräfte setzen, müssen häufig bei „Risikospielen“ ergänzend auf private Sicherheitsdienste zurückgreifen. Die Bundesligavereine von Hannover 96 und Werder Bremen haben gemeinsam mit einem örtlichen privaten Sicherheitsdienstleister eine rechtlich selbstständige Sicherheitsgesellschaft gegründet. Damit ist eine besonders enge Verzahnung zwischen Verein und Sicherheitsunternehmen gegeben.

Fußballspiele der drei Bundesligen können heute ohne den Schutz durch private Sicherheitsdienste nicht mehr durchgeführt werden. Dieses Geschäftsfeld hat in den letzten zehn Jahren eine immer wichtiger werdende Bedeutung für spezialisierte Mitgliedsunternehmen des BDSW erhalten. Bis zu 13 000 private Sicherheitskräfte pro Spieltag sorgen in den ersten drei Bundesligen für Schutz und Sicherheit der Besucher in den Bundesligastadien. Hinzu kommen ca. 5 000 vereinseigene Sicherheits- und Ordnungsdienstmitarbeiter, für die die gewerberechtlichen Voraussetzungen nicht gelten. Die Sicherheits- und Ordnungskräfte schützen pro Jahr über 21 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer in den Stadien, damit diese das Spiel genießen können. In den letzten fünf Jahren hat sich das Anforderungsprofil an die Ordnungsdienste stark verändert. Dazu haben die Sicherheitslage in und um die Stadien sowie die politischen Rahmenbedingungen entscheidend beigetragen. Unter Leitung des Sicherheitsbeauftragten des DFB, Hendrik Große Lefert, wurden die DFB-Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesligaspielen in den letzten Jahren deutlich verändert. Aber auch der DFB ist an seine satzungsgemäßen Aufgaben gebunden und kann nicht autonom entscheiden.

Um die Qualität von Sicherheits- und Ordnungsdiensten weiter zu verbessern, haben in einer Projektgruppe von DFB und BDSW Vertreter der Vereine und von qualifizierten Sicherheitsdiensten ein einheitliches Qualifizierungskonzept für private Sicherheitsdienste entwickelt. Damit soll die Sicherheit in Stadien weiter verbessert und der aktuellen Gefährdungslage angepasst werden. Unser gemeinsames Ziel ist es, mit dieser veranstaltungsspezifischen Qualifizierung das völlig untaugliche Unterrichtungsverfahren in den Unterrichtungsräumen einer Industrie- und Handelskammer zu ersetzen.


Einlasskontrollen durch Einsatzkräfte der Sicherheitswirtschaft.

In den letzten Jahren wurden vielfältige Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheitslage in den Bundesligastadien ergriffen. Die Leistungsfähigkeit der eingesetzten privaten Sicherheitsdienste wird sukzessiv verbessert und entlastet damit auch die Polizei. Der Schutz von Fußballspielen ist immer ein Zusammenspiel vieler Akteure. Dazu gehören der Veranstalter, die kommunalen Ordnungsbehörden, die Rettungsdienste, die Fangruppen, die Polizeien der Länder und des Bundes aber auch private Sicherheitsdienste.

6 Innenministerkonferenz zum Schutz von Veranstaltungen

Die Innenministerkonferenz (IMK) hat in der Fortschreibung des Programms „Innere Sicherheit“ 2008/2009 erstmals eindeutig darauf hingewiesen, dass private Sicherheitsdienste ein wichtiger Bestandteil der Sicherheitsarchitektur in Deutschland sind. Gleichzeitig wurde eine verbindliche Zertifizierung von privaten Sicherheitsdiensten gefordert. Zur Konkretisierung dieser Überlegungen wurde eine Projektgruppe „Zertifizierung von Unternehmen im privaten Sicherheitsgewerbe“ beauftragt. Die im Abschlussbericht gemachten Vorschläge waren jedoch unzureichend und wurden auch nicht weiter verfolgt. So wird z. B. zwischen Veranstaltungen und Großveranstaltungen mit mehr als 5 000 Besucherplätzen unterschieden. Die Anforderungen an Sicherheitsdienstleistungen müssen sich an den von der Veranstaltung ausgehenden Gefahren und Risiken orientieren. Diese können bei einer kleinen Veranstaltung mit brisantem politischen Hintergrund oder risikobehafteten Personen größer sein als bei einem friedlichen Pop-Konzert mit 6 000 Besuchern. Im Rahmen einer Gefahrenanalyse sollte daher im Vorfeld geklärt werden, welchen Umfang die Sicherheitsmaßnahmen haben sollten. Dabei ist zu unterscheiden zwischen „unkritischen“ und „kritischen“ Veranstaltungen. Die geforderte Vorhaltung zusätzlicher Kräfte in Führungs- und Einsatzmittel als Reserve ist für private Sicherheitsdienste ungeeignet. Wenn es sich um eine kritische Veranstaltung handelt, so müssen durch entsprechende Vorgaben durch die Veranstalter private Sicherheitsdienstleister mit ausreichendem Personal von Beginn der Veranstaltung an vorhanden sein. Private Sicherheitsdienste sind nicht mit polizeilichen Einsatzkräften vergleichbar. Bei (Groß-)Veranstaltungen kommen die privaten Sicherheitskräfte aus einem Umkreis von bis zu 100 km. Sollte sich im Laufe der Veranstaltung die Notwendigkeit einer Zuführung von Ressourcen erweisen, so ist dies nicht möglich. Durch Vorgaben und Auflagen muss der Auftraggeber bereits vor Beginn der Veranstaltung verpflichtet werden, eine entsprechende Personalstärke für eine sichere Veranstaltung anzufordern.

Außerdem fordert die Projektgruppe, dass über 50 % der Beschäftigten mindestens zehn Verwendungen bei Veranstaltungen bzw. Großveranstaltungen nachweisen müssen. Dies ist für uns nicht praktikabel und würde zu einem bürokratischen Mehraufwand führen. Wie sollen diese Verwendungen des einzelnen Mitarbeiters nachgewiesen werden? Ein Mitarbeiter kann bei Großveranstaltungen in den unterschiedlichsten Verwendungen eingesetzt werden, die aber nicht zwangsläufig auf einen Einsatz mit Personenkontakten im Ordnungsdienst vorbereiten. Dies ist weder sachgerecht noch praktikabel. Im Unterschied dazu halten wir die Vorgabe, dass Führungskräfte bei einer entsprechenden Verantwortung mindestens bei zehn Großveranstaltungen bzw. Veranstaltungen eingesetzt waren, für sachgerecht und auch notwendig.

Auch nach der Vorlage des genannten Abschlussberichts hat sich die IMK mehrfach mit der Qualifizierung der Sicherheits- und Ordnungsdienste in den Stadien beschäftigt. Die Vereine bzw. die Deutsche Fußballliga wurden mehrfach aufgefordert, die Qualität der Ordnerdienste nachhaltig zu verbessern. Dies hat dazu geführt, dass alle Profivereine inzwischen hauptamtliche Sicherheitsbeauftragte haben. Das Lizenzierungsverfahren definiert Anforderungen an deren Qualifikation und verlangt regelmäßige Teilnahmen an Fortbildungsmaßnahmen.

Auf der 198. Sitzung am 4. und 6. Dezember 2013 in Osnabrück forderte die IMK in ihrer Beschlussniederschrift, dass der Ordnerdienst bei Großveranstaltungen Gegenstand des Sachkundenachweises von dort eingesetztem Sicherheitspersonal werden muss. Es wird weder zwischen Ordnungs- und Sicherheitsdiensten noch zwischen vereinseigenen Ordnern/Sicherheitskräften und denjenigen von privaten Sicherheitsdiensten unterschieden.

Außerdem ist die IMK der Auffassung, dass die DIN-Norm 77200 „Sicherungsdienstleistungen – Anforderungen“ die Grundlage einer qualitätssichernden Zertifizierung privater Sicherheitsunternehmen bilden kann und öffentliche Auftraggeber künftig grundsätzlich nur noch Unternehmen beauftragen sollten, die von akkreditierten Zertifizierungsstellen zertifiziert worden sind. Eine gesetzlich geforderte Zertifizierung, zumal einer deutschen Norm, ist rechtlich nicht zulässig. Leider muss festgestellt werden, dass die mehrfache Beschäftigung der Innenminister von Bund und Ländern mit privaten Sicherheitsdiensten und dem Schutz von Veranstaltungen äußerst oberflächlich und teilweise auch falsch war. Der BDSW hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dieser Thematik beschäftigt. Wir wollen die Leistungsfähigkeit der eingesetzten privaten Sicherheitskräfte weiter erhöhen, um damit der aktuellen Gefährdungslage gerecht zu werden.

7 Qualifizierung für Veranstaltungsordnungsdienste – Abgrenzung von Ordnung und Sicherheit

Die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung von Veranstaltungen wird ein immer wichtigeres Aufgabengebiet für private Sicherheitsdienste. Die Zunahme von Großveranstaltungen und vor allem auch das immer höhere Konflikt- und Risikopotenzial sind große Herausforderungen für die Unternehmen. Im Interesse unserer Mitgliedsunternehmen hat der BDSW einen Arbeitskreis Veranstaltungsordnungsdienst (VOD) gegründet mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit der Unternehmen nachhaltig zu steigern. Aufgrund der widersprüchlichen Rechtslage war es zunächst wichtig, eine klare Definition und eine Trennung der ordnungsdienstlichen und sicherheitsrelevanten Tätigkeiten vorzunehmen. Wir haben Vorschläge für eine realisierbare und effiziente Ordnungstätigkeit auf Veranstaltungen erarbeitet – immer vorausgesetzt, dass Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben von kompetenten Unternehmen durchgeführt werden, die mit professionell geschultem und eingewiesenem Personal arbeiten.

Der Gesetzgeber verlangt zwar in der Muster-Versammlungsstättenverordnung den Einsatz von Ordnungsdiensten, hat diese aber nicht ausreichend definiert. In der Praxis werden die Begriffe „Ordnung“ und „Sicherheit“ häufig synonym verwendet. Dabei werden die gewerberechtlichen Grundlagen ausgeblendet. Es muss klargestellt werden, dass es sich bei reinen Ordnungsdienstaufgaben nicht um Sicherheitstätigkeiten handelt, sie daher nicht den gewerberechtlichen Grundlagen des § 34a GewO unterliegen. Der BDSW hat aus diesem Grund eine punktgenaue Definition des VOD erarbeitet: „Veranstaltungsordnungsdienst führt durch, wer als Mitarbeiter eines Bewachungsunternehmens gemäß § 34a der Gewerbeordnung eine der folgenden Tätigkeiten im Rahmen einer Veranstaltung ohne die Übertragung des Hausrechts durch den jeweiligen Veranstalter durchführt und dabei nicht selbstständig handelt, sondern engmaschig durch einen Supervisor/Bereichsleiter geführt wird und nicht einer Erlaubnis nach § 34a Gewerbeordnung bedarf. Umfasst sind die folgenden Tätigkeiten:

  • Kartenabriss und Platzanweisung
  • Ansprache zum Freihalten von Gängen in Stuhlreihen oder Mundlöchern
  • Kartenkontrolle an Zuschauer-Blöcken/-Bereichen
  • Kontrolle von Akkreditierungen (Zutrittsberechtigung ähnlich Ticket)
  • Steuerung von Menschenströmen durch Information
  • Zufahrtskontrolle auf Akkreditierung
  • Evakuierungshelfer
  • Mengenkontrolle der Bereiche
  • Bergen von hilfsbedürftigen Personen
  • Lenkung des ruhenden und fließenden Verkehrs auf dem Veranstaltungsgelände
  • Freihalten von Flucht- und Rettungswegen“

Vor dem Hintergrund dieser Definition wird deutlich, dass die Mitarbeiter im VOD nicht der Unterrichtung oder Sachkundeprüfung nach dem Gewerberecht bedürfen. Stattdessen muss eine tätigkeitsspezifische, einheitliche und vergleichbare Qualifizierung geschaffen werden, damit die Mitarbeiter auf ihre Tätigkeit ausreichend vorbereitet werden.

Die auf VOD spezialisierten Mitgliedsunternehmen des BDSW verfügen über eine außergewöhnlich große Erfahrung in der Betreuung von verschiedenen Events aller Größenordnungen. Dabei geht es um Einsätze in den drei Fußballligen, bei großen Open-Air-Festivals mit internationalen Top Acts oder um Stadtfeste, Umzüge oder exklusive VIP-Events. Die Dienstleister für VOD unterstreichen ihren eigenen hohen Anspruch an die Qualität der Serviceleistungen durch regelmäßige Weiterbildungen und spezielle Trainingseinheiten. Durch die größtenteils eigenverantwortlich organisierte Ausbildung ist es so möglich, eine große Zahl an veranstaltungserfahrenen und gut ausgebildeten Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Für die sicherheitsrelevanten, aber auch für die zur Veranstaltungsbetreuung erforderlichen Service- und Ordnertätigkeiten finden zudem regelmäßige Schulungen unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben statt. Die hausinternen Schulungen stellen sicher, dass die Mitarbeiter im VOD auf die verschiedenen Tätigkeiten optimal vorbereitet sind. Dazu gehört auch, dass auf Schlüsselpositionen in der Veranstaltungsbetreuung mehrsprachiges Personal eingesetzt wird. Grundsätzlich werden die Mitarbeiter während der Veranstaltungen von sehr gut ausgebildeten Einsatzleitern eng geführt und können auf modernste Einsatzmittel zugreifen.

Da es sich aber um unternehmensinterne, nicht normierte Schulungen handelt, ist nicht sichergestellt, dass alle Unternehmen diese in gleichem Umfang und mit den gleichen inhaltlichen Schwerpunkten durchführen. Wenn man aber davon ausgeht, dass die Mitarbeiter, wie oben dargestellt, nicht unter die bewachungsrechtlichen Regelungen fallen und daher nicht den Zulassungsvoraussetzungen unterliegen, muss eine einheitliche Qualifizierung geschaffen werden, damit alle Mitarbeiter in diesem Bereich auf dem gleichen Stand sind.

Dies betrifft, wie bereits festgestellt, nicht die Mitarbeiter im Veranstaltungssicherheitsdienst, da diese unter den Bereich der Bewachungsdienstleistungen fallen, die gesetzlich durch den § 34a GewO in Verbindung mit der Bewachungsordnung geregelt werden. Der VOD dagegen umfasst eine Vielzahl von speziellen Tätigkeiten, die sich auf die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Veranstaltungen beziehen.

Im Mittelpunkt einer solchen Qualifizierung müssen daher veranstaltungsspezifische Inhalte stehen, wie die Dynamik von Menschenmassen, Psychologie zur Führung von größeren Menschengruppen, Deeskalation von Menschenmassen und das Zusammenwirken von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten und anderen am Logistikprozess einer Veranstaltung beteiligten Organisationseinheiten. Solche Inhalte werden im Rahmen der Unterrichtung gemäß § 34a GewO nicht behandelt. Wegen der inhaltlichen Unterschiede und der sehr speziellen Inhalte ist die Integration des VOD in den § 34a GewO auch nicht angeraten.

Etablierte VOD-Dienstleister mahnen schon seit Jahren, dass Veranstaltungsdienstleistungen zukünftig nicht weiter auf Sicherheitstätigkeiten gemäß des § 34a GewO reduziert werden dürfen. Sie haben deshalb, wie oben erwähnt, begonnen, eigene Qualifizierungsmaßnahmen zu entwickeln und diese nun unter dem Dach des AK VOD des BDSW zu einer eigenen Systematik zusammenzubringen. Hier werden die Tätigkeitsbereiche der einzelnen Mitarbeiter bei einer Veranstaltung definiert und aus den firmenspezifischen Qualifizierungsmaßnahmen die Kenntnisse, Erfahrungen und das komplexe Wissen zusammengeführt. Im Ergebnis wurde ein Schulungs- und Weiterbildungskonzept als Alternative zu § 34a GewO in Qualifizierung und Zertifizierung von Mitarbeitern entwickelt. Das so vermittelte und nachweislich geprüfte Wissen dient in Verbindung mit der Praxiserfahrung der vor Ort eingesetzten Mitarbeiter dem Wohl der Veranstaltungsbesucher.

Im Gegensatz zum Unterrichtungsverfahren nach § 34a GewO wird dieses Schulungskonzept für VOD-Dienste praxisnah und auf die jeweilige Tätigkeit zugeschnitten sein. Das Qualifizierungs- und Zertifizierungskonzept sieht die Vermittlung von allgemeinem Know-how sowie speziellem Fachwissen für die verschiedenen Tätigkeitsbereiche auf einer Veranstaltung vor. Dadurch ist gewährleistet, dass alle eingesetzten Mitarbeiter über die notwendigen Kenntnisse und das Wissen der Abläufe einer Veranstaltung verfügen und dieses auch entsprechend umsetzen können.Damit können die teilnehmenden VOD-Dienstleister nachweislich sowohl im VOD als auch in sicherheitsrelevanten Positionen jeweils passend qualifiziertes und geschultes Personal einsetzen. Die Umsetzung des Qualifizierungskonzepts wird derzeit vom AK VOD vorangetrieben. Eine entsprechende Online-Plattform wurde bereits erarbeitet, auch die Inhalte stehen größtenteils fest. Über die rechtliche Umsetzung und die Finanzierung wird der AK VOD im Laufe dieses Jahres entscheiden.

8 Beiträge der Sicherheitsforschung

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert im Rahmen seines Sicherheitsforschungsprogramms (www.sifo.de) mehrere Projekte, die sich explizit mit dem Schutz von Veranstaltungen beschäftigen. Das von der Hochschule der Polizei initiierte Projekt SiKomFan unter Leitung von Thomas Kubera soll die Kommunikation der beim Schutz von Fußballspielen beteiligten Sicherheitsakteure verbessern. Langfristig sollen die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl der Besucher von Fußballspielen verbessert werden. Das Praxishandbuch „Sicherheit und Kommunikation bei Fußballgroßveranstaltungen - Praxishandbuch für Akteure im Netzwerk der Sicherheitsgewährleistung“ ist vor kurzem im Richard Boorberg Verlag in Stuttgart erschienen.Die Ergebnisse von SikomFan sind in das Projekt des DFB „Leitfaden für die Arbeit und Übung mit Koordinierungsgruppen“ eingeflossen. Dieser Leitfaden wurde erstmals im August 2017 den Sicherheitsbeauftragten der ersten drei Ligen vorgestellt.

Der Lehrstuhl von Prof. Fiedrich für Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit an der Bergischen Universität Wuppertal beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dem Gefahrenpotenzial von Großveranstaltungen. Im Verbundprojekt „BaSiGo – Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen“ (2012 – 2015) wurden unter Einbeziehung sämtlicher bedeutsamer Akteure die sicherheitsrelevanten Schwachstellen über den gesamten Veranstaltungszyklus identifiziert, um bessere Lösungen zu finden und auch eher weniger erfahrenen Veranstaltern und anderen Akteuren im Eventbereich Unterstützung bieten zu können. Ein herausragendes Projektergebnis aus drei Jahren Forschungs- und Entwicklungsarbeit ist der „BaSiGo-Guide“2. Dieser Guide stellt den aktuellen Wissensstand zur Sicherheit bei Großveranstaltungen dar und soll den Bevölkerungsschutz in diesem Bereich deutlich voranbringen.

An der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Bad Neuenahr-Ahrweiler wird seit einigen Jahren regelmäßig das Seminar „Interdisziplinäre Grundlagenausbildung zur Sicherheit bei Großveranstaltungen“ angeboten. Damit soll der inzwischen erreichte Wissensstand an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vermittelt und diskutiert werden.

Das Projekt BaSiGo betont die große Bedeutung, die „Veranstaltungsordnungsdienste“ (VOD) beim Schutz von Großveranstaltungen haben und stellt gleichzeitig fest, dass diesen Kräften bislang nicht die gebührende Beachtung geschenkt wurde. VOD spielen im komplexen Zusammenspiel mit anderen Akteuren wie der Polizei, Rettungsdiensten und Veranstaltern eine besondere Rolle. Sie haben eine hohe Verantwortung für die Menschen und deren Sicherheit vor Ort. Auf der anderen Seite stehen allerdings oftmals eine hohe Personalfluktuation, schwierige organisatorische und rechtliche Arbeitsbedingungen, geringe Qualifikationen, Mangel an Standards in der Ausbildung und – insbesondere im Vergleich zu den anderen Sicherheitsakteuren – ein eher negatives Ansehen. Die begriffliche Unklarheit und rechtliche Unschärfe, auf die bereits hingewiesen wurde, führen dazu, dass bei den Auftraggebern zu wenig zwischen Sicherheits- und Ordnungsdienst sowie VOD differenziert wird.

Das BaSiGo-Folgeprojekt „ProVOD - Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes“3 (2016 – 2019) wird unter Koordinierung der Bergischen Universität Wuppertal und im Verbund mit der IBIT GmbH und dem BBK durchgeführt. In den nächsten zwei Jahren befasst sich das Projekt-Konsortium mit den o. a. Herausforderungen und erarbeitet praktische wie wissenschaftliche Lösungsansätze. Erforscht werden wollen vor allem, ob ein rechtlicher und organisatorischer Regelungsbedarf besteht. Ein wichtiges Ziel ist die Etablierung neuer Qualifizierungsmaßnahmen für VOD-Personal (Einsatz und Führung).

Seit September 2016 ist der BDSW einer von sechs Partnern im Projekt „Die Ordnung des Sicherheitsmarktes“ (OSiMa). Das Projekt wird koordiniert vom Brandenburgischen Institut für Gesellschaft und Sicherheit (BIGS) in Potsdam. Darüber hinaus arbeitet der BDSW mit der Universität Potsdam, der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder sowie dem Fraunhofer FOKUS in Berlin zusammen. Der Beitrag der privaten Sicherheitswirtschaft für die Innere Sicherheit in Deutschland soll aus ordnungspolitischer Sicht analysiert werden. In einem nächsten Schritt soll der rechtliche Rahmen beschrieben werden, innerhalb dessen neue Dienstleistungen und Organisationsformen von Schutz und Sicherheit durch die Sicherheitswirtschaft gestaltet werden können. Wir wollen damit in der politischen Auseinandersetzung unsere Positionen mithilfe wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse untermauern.

9 Fazit und Ausblick

Die mit den erwähnten Forschungsprojekten verbundenen Erkenntnisfortschritte sind von großer Bedeutung. Sie können aber Rechtsdefizite nicht kompensieren. Die Vorschläge der IMK reichen ebenfalls nicht aus. Der Schutz von Veranstaltungen kann nicht im Gewerberecht und nicht durch freiwillige Zertifizierungen geregelt werden. Dazu bedarf es einer spezialgesetzlichen Regelung zum Schutz von Veranstaltungen. Nur dadurch können rechtlich verbindlich Vorgaben an die Leistungsfähigkeit privater Sicherheitsdienste und die Qualifizierung der bei Veranstaltungen eingesetzten Sicherheitskräfte gemacht werden. Nur so können die heutigen – z. T. künstlich geschaffenen – Unterschiede zwischen Ordnungs- und Sicherheitskräften beseitigt werden. Insbesondere bei Groß- oder Risikoveranstaltungen müssen die eingesetzten Kräfte auf ihre Tätigkeit praktisch vorbereitet und die Abläufe für den Ernstfall eingeübt werden. Der Sicherheitsstandard von Veranstaltungen ist in Deutschland nach der Katastrophe in Duisburg deutlich erhöht worden. Flächendeckend werden Sicherheitskonzepte eingefordert. Bei der aktuellen Bedrohungslage für Veranstaltungen reicht eine Anpassung der Sicherheitskonzepte nicht mehr aus.

Die Polizei wird trotz der notwendigen Neueinstellungen von bis zu 15 000 Polizistinnen und Polizisten nicht in der Lage sein, alle Veranstaltungen in Deutschland wirksam zu schützen. Es bedarf deshalb qualifizierter privater Sicherheitsdienste mit entsprechend ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der BDSW hat in seinem Forderungspapier konkrete Vorschläge gemacht.4 Dazu gehört vor allem der Schutz von Massenveranstaltungen in Zeiten realer terroristischer Bedrohungen. Er muss, wie ausgeführt, dringend verbessert werden. Die Chancen für eine Umsetzung unserer Vorschläge sind deutlich gestiegen. „Private Sicherheitsbetriebe leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit. Durch die Neuordnung der Regelungen für das private Sicherheitsgewerbe in einem eigenständigen Gesetz werden wir die Sicherheitsstandards in diesem Gewerbezweig verbessern und so für noch mehr Sicherheit und Verlässlichkeit sorgen.“ Dieser Abschnitt in der Koalitionsvereinbarung der „Großen Koalition“ muss nun im Interesse der Inneren Sicherheit in Deutschland konkretisiert und in einem Gesetz verabschiedet werden.

Bildrechte beim BDSW.

Anmerkungen

  1. Dr. Harald Olschok ist Hauptgeschäftsführer des BDSW.
  2. Als Wiki über www.basigo.de/basigo-guide.html oder als PDF über das Downloadportal des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK): http://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Publikationen/Praxis_Bevoelkerungsschutz/Band_17_Praxis_BS_Sicherheit_Grossveranstaltungen.html.
  3. Das Verbundprojekt „ProVOD: Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes (VOD)“ wird im Rahmen des Forschungsprogramms „Forschung für die zivile Sicherheit“ der Bundesregierung in der Themenausschreibung „Neue ökonomische Aspekte“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Projektträger des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens ist die VDI Technologiezentrum GmbH. Nähere Informationen zum Projekt finden Sie unter: www.provod.de.
  4. https://www.bdsw.de/images/broschueren/Deutschland-sicherer-machen---Positionen-und-Forderungen-des-BDSW.pdf.