Kriminalität

Bomben und Betrug – der schnelle Weg zum Glück?

Wettgeschäfte, Optionsscheine, Börsenkriminalität

5.3 BaFin-Statistik

Nach Statistiken der BaFin hat die Verhängung von Geldbußen als staatliche Reaktion auf Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften in den letzten 20 Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Das wird nicht zuletzt daran deutlich, dass die Höhe der Geldbußen kontinuierlich gestiegen ist. Mit zunehmender Etablierung regulatorischer Vorgaben ist die Wertpapieraufsicht der BaFin außerdem von einer anfänglich nachsichtigeren Haltung gegenüber den Normadressaten zu einer höheren Ahndungsquote übergegangen. Nach eigenen Angaben der BaFin wurden 15 Jahre später – zwischen dem 1.1.2013 und dem 31.12.2015 – fast 1.577 Ordnungswidrigkeitenverfahren neu eröffnet und 1.380 Verfahren abgeschlossen. Die Ahndungsquote lag in diesem Zeitraum bei ca. 37 Prozent, das heißt, es wurden in 511 Verfahren Geldbußen rechtskräftig verhängt. Die höchste Gesamtgeldbuße gegen eine Gesellschaft betrug 2015 3,25 Million Euro (Mitteilungspflicht), die höchste Einzelgeldbuße 215.000 Euro (Ad-hoc-Pflicht). Zwischen dem 1.7.2012 und dem 30.6.2015 richteten sich rund 85 Prozent der Verfahren ausschließlich gegen juristische Personen (sog. selbstständige Verfahren).

5.4 An den Pranger: „Naming and Shaming“

Gemäß § 40 b WpHG werden Entscheidungen über Maßnahmen und Sanktionen, wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Marktmanipulation von der BaFin auf ihrer Internetseite bekannt gemacht; gem. §§ 40c, d WpHG selbst dann, wenn die Entscheidung noch nicht bestandskräftig oder rechtskräftig ist. Das betrifft sowohl die natürlichen, wie die juristischen Personen oder Personenvereinigungen. Man spricht vom sog. „Naming and Shaming“. Ziel der neuen Regelungen ist eine größere Transparenz im Hinblick auf Maßnahmen und Sanktionen sowie „generalpräventive Erwägungen“, die eine abschreckende Wirkung erzeugen sollen. Dass der Täter damit an den Pranger gestellt wird, verschafft allen Geschädigten Genugtuung, auch denen, die ihren Vermögensschaden nicht ersetzt bekommen. Strafurteile beziehungsweise Einstellungen von Verfahren gemäß §§ 153, 153a StPO wegen eines Verstoßes gegen die Marktmissbrauchsverordnung werden nicht gemäß § 40d WpHG bekannt gemacht, da es sich dabei nicht um verwaltungsrechtliche Maßnahmen oder Sanktionen handelt.

6 Fazit und Ausblick

Die europäischen Institutionen und der nachfolgende deutsche Gesetzgeber werden nicht müde, immer neue Sanktionsnormen zu schaffen. Voraussichtlich werden in Kürze ca. 50 weitere Ordnungswidrigkeitentatbestände eingeführt. Das Bußgeldregime des § 39 WpHG bleibt also weiter im Fluss. Die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden wird auch nicht dadurch einfacher, dass sich die Sanktionsnormen weitestgehend in EU-Verordnungen finden, auf die das deutsche Recht zunehmend nur noch verweist. Zudem stellt sich die Frage der Überregulierung. Die besten und feinsinnigsten Regelungen bleiben eine bloße Drohgebärde, wenn schlichtweg die Kapazitäten fehlen, um Rechtsverstöße auch verfolgen zu können. Angesichts der erheblichen Schäden, die Anlegern, aber auch der Volkswirtschaft insgesamt durch skrupellose Geschäftemacher entstehen, ist die Personalausstattung der Ermittlungsbehörden verhältnismäßig dürftig. Außerdem bleibt der Tatnachweis solange schwierig, wie den Ermittlern die fachlichen Ansätze fehlen. Solide Kenntnisse des betrieblichen Rechnungswesens, des Jahresabschlusses, der Unternehmensanalyse einschließlich Auswertung der Lageberichte von Vorständen und Aufsichtsräten, sind für eine erfolgreiche Ermittlungstätigkeit unabdingbar. Dazu: Das Verstehen, was Sitzungsprotokollen und Beratungsunterlagen von Vorständen und Aufsichtsräten „entlockt“ werden kann, sofern man ihrer habhaft wird. Genau diese Unterlagen sind nämlich von hoher Relevanz.23

Anmerkungen

  1. Hartmut Glenk ist Direktor des Instituts für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), unabhängige Forschungs- und Beratungseinrichtung für die mittelständische Wirtschaft und Sachverständiger für Bankhaftungsfragen. Der Verfasser dankt Herrn Dipl.-Ing. Tim Hofmann (Vorstandsassistent des IGB), für seine Mitarbeit an diesem Beitrag.
  2. Juvenal, Satire 10, 356.
  3. Lücke, Fußballwettskandal, Die Kriminalpolizei 4/2012.
  4. BGH v. 20.12.2012 – 4 StR 55/12.
  5. Fall Hoyzer: BGH v. 15.12.2006 – 5 StR 181/06.
  6. BGH v.19.12.1979 – 3 StR 313/79.
  7. Satzger, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, Strafgesetzbuch, 3. Auflage 2016, § 263, Rn. 292.
  8. BGH v. 15.12.2006 – 5 StR 181/06.
  9. BVerfG v. 23.6. 2010 – 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09.
  10. BGH v. 20.12.2012 – 4 StR 55/12.
  11. BT-Drucksache 18/8831 vom 20.6.2016.
  12. Veröffentlichungspflicht: z.B. „Ad-hoc-Meldepflicht gem. Art. 17 EU-Verordnung Nr. 596/2014 v. 16.4.2014).
  13. Vorwurf im Fall Porsche: Marktmanipulation in fünf Fällen nach §§ 20a Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 Alt. 1, 39 Abs. 2 Ziff. 11, 38 Abs. 2 Ziff. 1 WpHG.
  14. Gekürzt aus OLG Stuttgart v. 18.8.2014 – 1 Ws 68/14.
  15. Profil zu Borussia Dortmund – WKN: 549309 ISIN: DE0005493092.
  16. Quelle: n-tv.
  17. BFH v. 12.1.2016 – IX R 48/14, IX R 49/14, IX R 50/14.
  18. Vgl. dazu auch Ott, „Der ‚Marzipan-Erpresser‘ von Kiel“ (S. 4 ff. in diesem Heft).
  19. LG Bonn v. 27.3.2009 – 27 Kls 11/08.
  20. Vgl. BGH v. 26.8.2003 – 5 StR 145/03.
  21. Zu den einzelnen Tatbeständen siehe Regierer, in: Häublein/Hoffmann-Theinert, HGB, 1. Auflage 2017, § 331 „Unrichtige Darstellung“ Rn. 5 ff.
  22. BGBl 2017 I S. 1693.
  23. Ein Folgebeitrag in dieser Fachzeitschrift lautet insofern auch: „Die Bedeutung des Rechnungswesens, der Unternehmensanalyse und der Berichterstattung für die effiziente Ermittlungstätigkeit.“