Recht und Justiz

Müssen sich Einsatzkräfte bei Durchsuchungen fotografieren und filmen lassen?

8 Anspruch auf Schadenersatz

Durch die Anfertigung von Fotos oder Filmen wird – ebenso wie durch das Verbreiten oder Zuschaustellen – das durch § 823 Abs. 1 BGB geschützte Recht am eigenen Bild verletzt. Folglich stellt sich die Frage, ob den betroffenen Einsatzkräften insoweit ein Anspruch auf Schadenersatz aus § 823 Abs. 1 BGH i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zustehen könnte. Die Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dient zum einen der Genugtuung des Opfers und zum anderen der Prävention.30 Ferner ist eine Geldentschädigung nur angezeigt, wenn eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, bei der die Beeinträchtigung nach Art der Verletzung nicht in anderer Weise - z.B. durch Unterlassen - befriedigend ausgeglichen werden kann, was unter Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu würdigen ist.31 Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, ist unter Berücksichtigung des geschützten Bereichs, in den eingegriffen wird, und abhängig von der Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, dem Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad des Verschuldens zu ermitteln.

Darüber hinaus sind im Rahmen einer Abwägung auch die Interessen desjenigen zu berücksichtigen, der die Aufnahmen anfertigt. Allerdings ist die Zuerkennung einer Geldentschädigung auch beim Vorliegen einer schwerwiegenden Verletzung des Rechts am einen Bild als „ultima ratio“ anzusehen, wenn die Persönlichkeit in ihren Grundlagen betroffen ist.32 Es ist also im jeweiligen Einzelfall im Hinblick auf die Genugtuungswirkung des Schadenersatzes neben der Tatsache, dass die Einsatzkräfte durch entsprechende Aufnahmen lediglich in ihrer Sozialsphäre betroffen sind, z.B. zu berücksichtigen,

  • ob die Einsatzkräfte groß abgebildet und/oder namentlich erwähnt sind,
  • ob die Aufnahme geeignet ist, die Einsatzkräfte der Lächerlichkeit preiszugeben oder in der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht zu rücken,33
  • ob die Aufnahme in der Kenntnis angefertigt wurde, dass dadurch Rechte der Einsatzkräfte verletzt werden34 und
  • ob bereits ein Unterlassungstitel – u.U. in Verbindung mit einer Ordnungsmittelandrohung – vorliegt.35

Im Hinblick auf die Präventivwirkung der Geldentschädigung ist maßgeblich, ob die ernstliche Gefahr einer wiederholenden gleichartigen Rechtsverletzung besteht, die nicht bereits von einem etwaigen Unterlassungstitel umfasst ist.36

Es wird mithin deutlich, dass im Einzelfall die Wahrscheinlichkeit einer Geldentschädigung gering ist, sofern es sich nicht bereits um einen Wiederholungsfall handelt. Folglich dürfte allein die Anfertigung der Aufnahmen keine ausreichende Grundlage für einen Schadenersatzanspruch darstellen, da die Beeinträchtigungen der Rechte der Einsatzkräfte durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung bzgl. der Weitergabe der Aufnahmen oder die Vernichtung der Aufnahmen mit einer diesbezüglichen schriftlichen Bestätigung ausreichend Rechnung getragen wird. Dafür spricht unter anderem, dass lediglich in die Sozialsphäre der Einsatzkräfte eingegriffen wird und die Aufnahmen i.d.R. nicht mit dem Vorsatz angefertigt werden, die Einsatzkräfte in ihren Rechten zu verletzen.

Im Hinblick auf die Verbreitung oder Zuschaustellung der Aufnahmen wird der von der Durchsuchung Betroffene kein schützenswertes Interesse haben, da seine Aufnahmen allenfalls im Hinblick auf spätere (Gerichts-)Verfahren zu rechtfertigen sind. Ebenso wird die Presse kein schützenswertes Interesse an der eine Identifikation der Einsatzkräfte ermöglichenden Darstellung haben.37 Daraus folgt jedoch nicht zwingend ein Anspruch auf eine Geldentschädigung, da sonst die grundlegenden Kommunikationsfreiheiten des Art. 5 GG gefährdet wären, wenn sich aus jeder Rechtsverletzung die Gefahr einer Verpflichtung zur Zahlung einer Geldentschädigung ergeben würde.