Internetkriminalität

Das Darknet

Rauschgift, Waffen, Falschgeld, Ausweise – das digitale „Kaufhaus“ der Kriminellen?

2.4 Illegale Inhalte des Darknet

Im Darknet findet sich die komplette Bandbreite krimineller Aktivitäten wieder, bei denen das Internet als Tatmittel nutzbar ist oder auch Cybercrime im engeren Sinne vorliegt (wobei sich letzteres Phänomen dominanter im Bereich der Underground Economy zeigt). Grundsätzlich sind daher alle Delikte im Darknet anzutreffen.
Viele Plattformen im Darknet sind nach den jeweiligen illegalen Angeboten übersichtlich aufgebaut, aus Gründen der Abschottung und Konspiration oft streng hierarchisch gegliedert und werden professionell betrieben. Die Gewinnerzielung steht dabei im Vordergrund – das anonyme Handeln wird dabei durch die Verwendung digitaler Zahlungsmittel (Krypto-Währungen wie „Bitcoins“ u.a.) ermöglicht. Hingegen geht es z.B. bei Plattformen, auf denen pädosexuelle Nutzer aktiv sind, um das Tauschen kinderpornografischer Inhalte oder im Bereich politisch motivierter Kriminalität um den Informationsaustausch mit Gleichgesinnten.

3 Darknet und Strafverfolgung


Die Entwickler von Anonymisierungssoftware wie Tor sind bestrebt, eine Identifizierung der Nutzer grundsätzlich unmöglich zu machen. Herkömmliche Ermittlungsansätze wie IP-Adressen, Domainnamen oder verifizierte Nutzerdaten stehen daher regelmäßig nicht zur Verfügung. Der Einsatz von Krypto-Währungen erschwert die Rückverfolgung von Geldströmen zusätzlich. Hinzu kommt ein vielfach vorhandener hoher Grad an Konspiration innerhalb der Szene. Zudem: Kriminalität im digitalen Raum spielt sich unabhängig vom nationalen Recht und Zuständigkeiten ab.
Gleichzeitig findet sich im Internet eine Flut von Daten und Informationen, die z.T. auch allgemein zugänglich sind und von Relevanz für Ermittlungen sein können. Insofern sind hier die klassischen zwei Seiten einer Medaille gegeben: Einerseits bestehen Ermittlungsansätze, andererseits sind die Strafverfolgungsbehörden mit „big data“ und deren Auswertung und Analyse konfrontiert.
Trotz dieser Herausforderungen gelingen dem BKA und den Polizeibehörden der Länder sowie dem Zoll immer wieder Erfolge bei der Identifizierung und Verfolgung von Straftätern im digitalen Raum – und im Darknet. Dieser Erfolg beruht auf einer Vielzahl von Faktoren:

  • Kombination von innovativen, technisch gestützten analytischen Methoden mit „klassischen“ polizeilichen Vorgehensweisen
  • Durchführung „digitaler“ Finanzermittlungen
  • Gemeinsam abgestimmte und auch durchgeführte „Operationen“ auf nationaler Ebene unter Einbeziehung der Staatsanwaltschaften
  • Intensive Zusammenarbeit auf europäischer Ebene – unter Nutzung von Europol, Interpol und im internationalen Kontext
  • Gute technische Ausstattung der Cyber- und Forensikdienststellen
  • Einsatz von qualifiziertem Personal und IT-Experten
  • Veränderte Personalgewinnung und „clevere“ Qualifizierung.


Bundesweit haben sich in den letzten Jahren Cyberdienststellen in der Polizei und beim Zoll entwickelt, die Cybercrime und speziell Kriminalität im Darknet bekämpfen. Hier werden Experten eingesetzt, die sowohl über eine IT- Expertise verfügen als auch über kriminalpolizeiliches know how. Das BKA praktiziert derzeit eine sog. „Tandemlösung“, d.h., dass ein Cyberanalyst (IT-Experte) zusammen mit einem Polizeibeamten gemeinsam am Fall arbeitet. Andere Bundesländer verfolgen andere Modelle, wie z.B. den Einsatz von „Cybercops“; dabei handelt es sich um IT-Experten, die in einer verkürzten Ausbildung an die Aufgaben eines Kriminalbeamten herangeführt werden. Auch bei den Staatsanwaltschaften werden spezialisierte Dienststellen neu eingerichtet oder erweitert, die sich ausschließlich auf die Bekämpfung von Cybercrime bzw. der Kriminalität im Kontext Internet konzentrieren.
„Erfolge“, die diese Spezialisten bei der Bekämpfung von Kriminalität im Darknet erzielen, fußen oftmals auf einer Kombination von verschiedenen Auswerte- und Ermittlungsansätzen. Die Analyse der Massendaten, die im Internet und auch im Darknet „produziert“ werden, kann ohne IT nicht erfolgen – hier sind an den jeweiligen Fall angepasste „Werkzeuge“ erforderlich. Zudem sind verdeckte Ermittlungen oft ein entscheidender Faktor, um letztlich die Täter zu identifizieren.
Zudem hat sich gezeigt, dass in gemeinsamen polizeilichen Bund-Länder „Operationen“ gute Erfolge erreichbar sind. Hier können die Ziele einer gemeinsamen Auswertung oder Ermittlung abgestimmt, die Vorgehensweise vereinbart und die personellen sowie technischen Möglichkeiten der beteiligten Dienststellen berücksichtigt werden. Positive Erfahrungen in der Praxis liegen bereits vor.
Digitale Kriminalität kann nur erfolgreich durch internationale Zusammenarbeit bekämpft werden – viele gemeinsame polizeiliche Operationen werden daher heute mit Hilfe von Europol koordiniert und durchgeführt. Hier nutzen europäische Staaten das sog. EC 3 – eine eigens bei Europol eingerichtete Arbeitsplattform. Das BKA hat für diese Arbeit einen Verbindungsbeamten zu Europol entsandt. Gemeinsame Projekte und Operationen werden zudem im Rahmen des sog. EU-Policy Cycle unter Nutzung der europäischen Förder-Finanzhilfen durchgeführt, so dass ein direkter operativer Nutzen entsteht. International besteht zudem ein enger Arbeitsverbund über das G 7 Netzwerk; ferner sind Arbeitsverbünde bi- und multilateraler Art mit Polizeien anderer Staaten weltweit entstanden. Auch Interpol hat in Singapur das Global Complex for Innovation eingerichtet, ein Zentrum, welches die Cyberkriminalität von dort aus ins Visier nimmt. – Das Netzwerk internationaler Kooperation unter den Polizeien ist eng gespannt!
Ferner bedarf es auch eines permanenten erheblichen „Investments“ in die technische Ausstattung, die Personalgewinnung sowie die Aus- und Fortbildung von Kriminalbeamten und IT-Experten – dies sind dauerhafte Kostenfaktoren, gerade wenn man an die Schnelllebigkeit der Entwicklungen im IT-Bereich denkt. Zudem sind auch „Bündnisse“ mit Universitäten und Instituten zu schließen, um den Entwicklungs- aber auch den Fortbildungsbedarf zu decken. Das bedeutet: eine erfolgreiche Bekämpfung von Cybercrime im „Niedrigpreissegment“ hat wenig Aussicht auf Erfolg!
Weiterer Handlungsbedarf besteht im Bereich der Rechtsfortentwicklung – wie z.B. bei der Frage, ob nicht das kriminelle Handeln von Administratoren und Moderatoren auf illegalen Plattformen einer eigenen Strafbarkeit unterworfen werden sollte. Die Bereitstellung einer technischen Infrastruktur für kriminelle Zwecke ermöglicht nicht nur eine Tatbegehung durch Dritte sondern bildet auch den Tatort und stellt das technische Tatwerkzeug zur Verfügung.
Europäisches Recht wie z.B. die Budapester Cybercrime Convention bedarf der weiteren Umsetzung. Letztlich muss es gelingen, die Strafverfolgung im digitalen Raum über die Ländergrenzen hinweg zu gewährleisten und hier die rechtlichen Instrumente anzupassen.
Die hier angedeuteten Herausforderungen werden sich auch in Zukunft weiter dynamisieren. Veränderungen, Innovationen, wie z.B. die Blockchain-Technologie im Bereich der Kryptowährungen, geben den Takt vor und haben unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden. Dies stellt oft völlig neue Anforderungen an uns als Strafverfolgungsbehörden, auf die wir uns einstellen müssen.
Dennoch – die Nachricht für die Täter im digitalen Raum muss lauten: Es gibt auch dort keine rechtsfreien Räume.

Anmerkungen


  1. Frau Dr. Sabine Vogt leitet die Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität des Bundeskriminalamtes.
  2. Die Begriffe und erklärten Sektoren des Internet stellen keine abschließenden Definitionen dar. Für das BKA und andere Polizeibehörden ist jedoch eine Festlegung bedeutsam, um eine Grundlage für eine möglichst einheitliche Sprachregelung zu schaffen.
  3. Cybercrime im engeren Sinn umfasst die Straftaten, die sich gegen das Internet, Datennetze, informationstechnische Systeme oder deren Daten richten (z.B. Durchführung von Distributed Denial of Service [DDoS]-Angriffen, Hacking, etc.).
  4. www.deepdotweb.com.
  5. Detaillierte Beschreibung der Funktion des Tor-Browsers findet sich in der Broschüre „Tor-Netzwerk“ des BKA, aufzurufen unter www.extrapol.de.
  6. metrics.torproject.org.
  7. www.heise.de/security/meldung/Silk-Road-FBI-schaltet-Drogen-Handelsplattform-im-Tor-Netz-aus-1972026.html.
  8. www.zeit.de/digital/internet/2015-05/ross-ulbricht-silk-road-strafmass-urteil.
  9. Nähere Informationen finden sich in der Broschüre „Tor-Netzwerk“ des BKA, aufzurufen unter www.extrapol.de.
  10. Die Abschaltung einer Plattform führt gemäß einer Studie der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh gerade nicht zu einem Einbruch des Handelsgeschehens sondern zur Verlagerung auf andere Plattformen (Quelle: Measuring the Longitudinal Evolution of the Online Anonymous Marketplace Ecosystem, Kyle Soska and Nicolas Christin, Carnegie Mellon University, 2015).
  11. Marktplatz des Verbotenen, Handelsblatt, 5.8.2016.


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