Auslandseinsatz in der EU Mission - EULEX Kosovo
4. Ausblick
Die Frage der Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo wird für eine kaum absehbare Zeit das Verhältnis von Serbien und Kosovo prägen. Die serbische Regierung sieht sich zwar angesichts der EU-Beitrittsverhandlungen einem gewissen Druck ausgesetzt. Dennoch verlautbaren Vertreter der serbischen Regierung fortgesetzt bei verschiedenen Gelegenheiten, einer Unabhängigkeit des Kosovo unter keinen Umständen zustimmen zu können. So wird diese widerstreitende Diskussion um die Staatlichkeit des Kosovo die kosovarische Regierung bei der dringend notwendigen priorisierten Fokussierung auf die wirtschaftliche Entwicklung behindern. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Lebenssituation der Menschen und damit letztlich auf deren Bereitschaft im Land zu bleiben aus. Darüber hinaus wird der Handlungsdruck durch das Durchschnittsalter der Bevölkerung von rund 29 Jahren und einer Arbeitslosigkeit von mehr als 50 Prozent in der Altersgruppe 15 – 24 verstärkt. Insofern erscheint nachvollziehbar, welchen hohen Stellenwert die bisher durch die EU versagte Visumsfreiheit gerade für die jüngere Generation darstellen würde. Insgesamt lässt sich leicht das Potenzial sozialen Unfriedens aber auch einer steigenden Motivation zum Verlassen des Landes erahnen. Mithin könnte eine dauerhafte Perspektivlosigkeit die bisher ausgesprochen niedrige Anfälligkeit gegen islamisitische Anwerbungsversuche in der überwiegend muslimischen Bevölkerung verändern.
Die gesellschaftliche Entwicklung und letztlich auch die innere Sicherheit stehen in engem Zusammenhang mit der Bereitschaft zu einer Aufarbeitung der Vergangenheit und damit eben auch der Kriegsverbrechen. Dies erscheint als eine besondere Herausforderung als die Veteranen der Kosovo Liberation Army (KLA) von einer Bevölkerungsmehrheit als Helden angesehen werden und maßgebliche Köpfe dieser KLA höchste politische Ämter begleiten sowie mutmaßlich in organisierte Kriminalität und Korruption involviert sein dürften.
Darüber hinaus ist offen, inwieweit das vorhandene nationalistische Gedankengut, das sich an dem Bestreben nach einem Groß-Albanien in Abgrenzung von Serbien festmacht, eine erweiterte Mehrheit finden kann. Derzeit wird diese politische Strömung von der im Parlament vertretenen Partei „Vetevendosje“ mit einem Wähleranteil von rund 14% getragen. Diese Partei lehnt den Pristina-Belgrad-Dialog und somit auch aktuell erzielte Vereinbarungen ab. Das gilt insbesondere für die aktuell beschlossene Etablierung eines Verbundes der serbisch dominierten Kommunen. In einer Debatte zu den entsprechenden gesetzlichen Grundlagen musste jüngst gar das Parlament geräumt werden, da Mitglieder dieser Partei Tränengas als Form des Protests eingesetzt hatten. Für die serbische Bevölkerung gerade im Norden des Kosovo wäre die Stärkung der serbischen Kommunen dagegen ein wichtiger Schritt. Es würde ihnen mithin die Anerkennung des Kosovo erleichtern und damit eine Grundlage für das Vertrauen in kosovarische Sicherheitsbehörden darstellen.
Nahezu parteiübergreifend – zumindest beim kosovo-albanischen Teil umstritten – ist auch die Vereinbarung mit der EU zur Einrichtung eines internationalen Gerichts (Specialist Chamber) zur Verfolgung besonders herausragender Kriegsverbrechen. Hierzu hat sich erst in zweiter Abstimmung eine denkbar knappe Mehrheit im Parlament gefunden. Offensichtlich befürchten auch höchste politische Amtsträger in den Fokus dieses Gerichtes zu geraten. Unverhohlen wird gerade von der nationalistischen Partei gewalttätiger Widerstand angekündigt. Derzeit werden Versuche unternommen, eine breite gesellschaftliche Unterstützung für einen landesweiten Protest zu generien.
Nicht zuletzt lässt die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Kosovo und Serbien auf der Ebene Justiz und Polizei einerseits noch viele Fragen unbeantwortet, ist aber andererseits im Hinblick auf die Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität auf dem Balkan und im Sinne europäischer Sicherheitspolitik zeitlich drängend.
Zuletzt muss gegenwärtig offen bleiben, welche Auswirkung die geplante Beendigung der EU-Mission Eulex Kosovo zum Juni 2016 für die weitere Entwicklung des Landes haben wird. Es bleibt die Hoffnung, dass die erzielten Ergebnisse gerade im Bereich Polizei als Fundament der Fortentwicklung nachhaltig wirken.
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