Kriminalität

Die Sachbearbeitung von Sexualdelikten in Schleswig-Holstein



Zur Fortbildung:


Die Einführung der „Leitlinie“ legt als Erlass einheitliche Standards für polizeiliches Handeln in diesem Deliktsbereich fest und setzt vor allem für Ermittlungstätigkeiten in der Phase nach dem polizeilichen Sicherungsangriff spezialisierte Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter voraus.
Deren Fortbildung wurde den drei „Säulen“ polizeilicher Ermittlungen angepasst, nämlich dem Opfer, dem Tatort und dem Tatverdächtigen, mit dem Ziel, in jedem der drei Bereiche zu einem objektiven Ermittlungsergebnis zu gelangen.
Jede neue Sachbearbeiterin und jeder Sachbearbeiter in dem Deliktsfeld absolviert ein zweiwöchiges „Basismodul Sexualsachbearbeitung“ und im zeitlichen Abstand von ca. sechs Monaten ein einwöchiges „Aufbaumodul Sexualsachbearbeitung“. Zusätzlich findet einmal jährlich als regelmäßige Fortbildung für alle Sexualsachbearbeiter des Landes eine „Fachkonferenz Sexualsachbearbeitung“ statt, es werden aktuelle Themen des Deliktsbereiches angesprochen. Neben Sexualsachbearbeiterinnen und Sexualsachbearbeitern nehmen auch Sexualdezernentinnen und Sexualdezernenten der Staatsanwaltschaften sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von spezialisierten Dienststellen der Landespolizei (KSKS, OFA/VICLAS, KTU pp.) teil.
Im Basismodul liegt der Schwerpunkt neben speziellen Rechtsthemen und Fragen des Sachbeweises auf dem Personalbeweis in Form der videodokumentierten Vernehmung bzw. Anhörung von Opfern sexueller Gewalt, die auf allen Kriminalpolizeidienststellen des Landes Standard ist und im Seminar in Theorie und Praxis behandelt wird. Regelmäßig wird durch eine Aussagepsychologin über Vernehmungsmethoden referiert, wobei der Umgang mit Kindern und Jugendlichen einen besonderen Schwerpunkt darstellt.
Weiterhin sind alle sonstigen Institutionen vertreten, die im langwierigen Prozess des Strafverfahrens und auch danach bei der individuellen Verarbeitung des Erlebten eine Rolle spielen. Beispielhaft: Opferhilfeeinrichtungen wie der „Notruf“, Vertreterinnen der psychosozialen Prozessbegleitung sowie des Kinderschutz-Zentrums und des Jugendamtes.
Nach dem Basismodul haben die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter Zeit und Gelegenheit, das Erlernte in der Praxis anzuwenden.
Das Aufbaumodul bietet sodann nach einer Phase der Sachbearbeitung die Möglichkeit zur Reflektion und Diskussion von Sachverhalten und Maßnahmen im geschützten Raum der Gruppe. Ein weiterer, wesentlicher Inhalt des Aufbaumoduls ist der Umgang mit dem Tatverdächtigen der aus kriminalistischer, kriminologischer und psychologischer Sicht thematisiert wird.
Zur Kompensation dienstlicher Belastungen durch die Bearbeitung von Sexualdelikten sind Angebote im Bereich Betreuung/Beratung/Supervision für jede Sachbearbeiterin und jeden Sachbearbeiter kurzfristig verfügbar.
Unabhängig von der persönlichen Einschätzung des Sachverhaltes durch die Sachbearbeiterin und den Sachbearbeiter werden Opferschutzbelange beachtet und Geschädigte auf die Opferschutzrechte hingewiesen.
Regelmäßig sind Staatsanwältinnen und Staatsanwälte als Teilnehmer und Referenten an der Fortbildung beteiligt. Das hat sich als überaus konstruktiv und bereichernd für die Zusammenarbeit erwiesen.

Arbeitsgruppe Sexualdelikte beim LKA Schleswig-Holstein:


Nach Fertigstellung der Leitlinie und Implementierung der Fortbildung erwies es sich als notwendig, ein landesweites, interdisziplinäres Gremium einzurichten, um die Qualitätssicherung zu gewährleisten und die Kolleginnen und Kollegen regelmäßig im Wege eines Newsletters über aktuelle Entwicklungen zeitnah zu informieren.
Die Arbeitsgruppe setzt sich aus fünf Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamten sowie zwei Staatsanwältinnen zusammen. Sie legt seit über 10 Jahren Standards für die Bearbeitung von Sexualdelikten in Schleswig-Holstein fest. Die Mitglieder sind sämtlich nebenamtlich in der AG tätig und in ihrem Hauptamt in unterschiedlichen Funktionen mit diesem Deliktsbereich befasst.
Alle polizeilichen Mitarbeiter der AG sind ausgebildete spezialisierte Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter von Sexualdelikten und wirken/haben an der Fortbildung von Kolleginnen und Kollegen mitgewirkt.
Organisatorisch ist die AG beim LKA Schleswig-Holstein angebunden und wird nach außen in erster Linie von ihrem Geschäftsführer vertreten. Seit Gründung der AG ist die Aktualisierung der Leitlinie in Zusammenarbeit mit den spezialisierten Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Kriminalpolizei fester Bestandteil ihrer Arbeit.

Fazit


Die Bearbeitung von Sexualdelikten gehört für Polizei und Staatsanwaltschaft mit zu den anspruchsvollsten Tätigkeiten. Es handelt sich in aller Regel um komplexe Sachverhalte, für die objektive Beweismittel nicht vorhanden sind. Zudem stehen die Delikte im Fokus der Öffentlichkeit und werden hoch emotional behandelt. Umso wichtiger ist es, dass die Strafverfolgungsbehörden mit großem Sachverstand, unter Anwendung neuester Vernehmungsformen und mit einer professionellen, neutralen und unvoreingenommenen Haltung vorgehen.

AG Sexualdelikte beim LKA Schleswig-Holstein


KHK Uwe Keller LKA SH, Geschäftsführer
Oberstaatsanwältin Ulrike Stahlmann-Liebelt, StA Flensburg
Staatsanwältin Barbara Gradl-Matusek, StA Kiel
KHK Michael Haubrich, Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung KHK’in Heide von Petersdorff, LKA SH
KHK’in Maike Bünning, KPSt Rendsburg EKHK Michael Schildt, BKI Lübeck

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