Opferschutz

WEISSER RING

Der WEISSE RING: Seit 40 Jahren Stimme der Opfer


Mau konnte sich noch nicht gegenüber anderen Menschen öffnen und Hilfe holen. Stattdessen folge ein Hin-und Her mit dem Mann, der mal Freund, mal Exfreund war. Der Mann machte auch vor Stalking nicht Halt. So stand er ständig vor der Haustür, rief Andrea Mau immer wieder an. Mau reagierte, zog einen Anwalt hinzu, der eine einstweilige Verfügung erwirkte. Auch dies brachte nicht den gewünschten Effekt: Der Stalker kam wieder, trieb sich auch in der Nacht in der Nähe ihres Hauses herum, schreib Briefe, ließ ihr mit seinen telefonischen Kontaktversuchen auch bei der Arbeit keine Ruhe und suchte sie auch nach Feierabend heim. Eines Tages fand Andrea Mau Nacktfotos von sich selbst im Fahrradkorb, vom Stalker dort hineingelegt. Dieser wartete zudem bereits auf dem Parkplatz der Arbeitsstelle auf sie. Die Situation eskalierte, Mau schlug mit einem Fahrradschloss in die Rückscheibe des Autos des Stalkers und rief die Polizei. Die Beamten reagierten. So wurde das Handy des Stalkers eingezogen und darüber hinaus auch dessen Wohnung durchsucht.
Hilfe fand Andrea Mau aber auch beim WEISSEN RING. Der Verein leistete materielle Hilfe, sorgte aber auch für menschlichen Beistand – in Form des persönlichen Rückhalts, den Jürgen Schulz, der Leiter der Rotenburger Außenstelle des WEISSEN RINGS, geben konnte. Er half Andrea Mau, mit dieser schwierigen Situation überhaupt umgehen zu können und in behutsamer Zusammenarbeit mit ihr die richtigen Schritte auszuloten. Hilfreich war dabei, dass Schulz hauptberuflich bei der Kriminalpolizei tätig war. So konnte er sich sehr gut in den Sachverhalt und in die Situation eines Opfers hineinversetzen. Der Stalker musste sich schließlich vor Gericht für seine Taten verantworten. Andrea Mau und ihre Tochter konnten aufatmen. Sie hatten die schwierige Situation gemeistert – auch durch die Hilfe des WEISSEN RINGS.


Foto: WEISSER RING, Michael Bellaire
Radsportteam des Weißen Rings, bestehend aus sportbegeisterten Hamburger Polizisten

Die Hilfen des WEISSEN RINGS: breites Spektrum der Opferhilfe


Stalking ist natürlich bei weiterem nicht das einzige Delikt, bei dem die Opferhilfe des WEISSEN RINGS greift. Der Verein hilft allen Menschen, die Opfer von Kriminalität geworden sind, und deren Angehörigen. Mord, Totschlag, Körperverletzung, Sexualdelikte, häusliche Gewalt, Mobbing, Betrug, Diebstahl…die Bandbreite von Kriminalität ist vielfältig. Neue Deliktsarten sind über die Jahre dazugekommen, die sich auch im Zuge neuer Technologien verbreiten: Internetkriminalität zum Beispiel war vor 40 Jahren natürlich noch kein Thema. Heute gehört World Wide Web wie selbstverständlich zum Aktivitätsbereich von Kriminellen und stellt natürlich auch Polizeibeamte und Opferhelfer gleichermaßen vor Herausforderungen. Was aber sind die Straftaten, die die Helfer unseres Vereins am meisten beschäftig? Gibt es Deliktsgruppen, die in der Opferhilfepraxis des WEISSEN RINGS eine größere Rolle als andere spielen? Hier gibt die Statistik für 2015 Aufschluss. Die Deliktsgruppe im Bereich der Körperverletzung machte mit 35 Prozent im vergangenen Jahr den größten Anteil aus. Insgesamt 3741 Personen haben sich bundesweit in dieser Hinsicht an den WEISSEN RING gewandt und erhielten materielle Hilfe. Es folgt der Bereich der Sexualdelikte – darunter zählen sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sonstige Sexualdelikte sowie Kindesmisshandlung und Körperverletzung mit Todesfolge. Hier wandten sich 2015 bundesweit insgesamt 2963 Personen an den WEISSEN RING und erhielten materielle Hilfe, was einem Anteil von 28 Prozent entspricht. Es folgt, auf Platz 3, die Deliktsgruppe Diebstahl, unter denen Diebstahl, Trickdiebstahl, schwerer Diebstahl sowie Wohnungseinbruchdiebstahl erfasst sind. Hier erhielten bundesweit insgesamt 1247 Personen 2015 materielle Hilfe, was einem Anteil von 12 Prozent entspricht. Ebenfalls im Opferhilfe-Spektrum enthalten waren auch die Deliktsgruppen Nachstellung, Tötung, Raub, Betrug, Straftaten gegen die persönliche Freiheit sowie sonstige Delikte wie Erpressung, Unterschlagung, Sachbeschädigung und Brandstiftung. Statistisch exakt erfasst werden vom WEISSEN RING die Fälle, in denen materielle Hilfe geleistet wird. Die Anzahl der immateriellen Hilfeleistungen wie Trost, Beistand, und Begleitung werden vom Verein noch nicht statistisch nicht exakt erfasst. Sie liegen aber noch einmal bedeutend höher als die Werte für materielle Hilfe.

Polizistinnen und Polizisten erleben täglich hautnah das Leid der Opfer von Straftaten. Unser Rechtssystem berücksichtigt aus guten Gründen beim Strafmaß für den Täter auch das dem Opfer zugefügte Leid. Aber ein Rachegedanke ist unserem Rechtssystem fremd und oft wird der Person des Täters in einem Strafprozess sehr viel Aufmerksamkeit zuteil. Umso wichtiger ist es aber, den Schutz des Opfers zu stärken und ihm bei der Bewältigung und Linderung des Schadens auch emotional und materiell beizustehen, wie es der Weiße Ring seit vier Jahrzehnten unter großer gesellschaftlicher Anerkennung tut. Wir als Polizisten wollen nicht, dass Menschen Opfer von Straftaten werden. Dafür tun wir alles, rund um die Uhr.
Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP)

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