Die Drohne als preisgünstige Massenware

– Eine neue Herausforderung für die Polizei –


Von Regierungsrätin Katrin Lellmann, Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz

1. Phänomen


Digitale Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte werden nicht nur immer kleiner und immer günstiger, sondern sind in der Konsequenz auch immer einfacher zu beschaffen – für Jedermann. Insbesondere hochauflösende Kameratechnik erfreut sich durch alle Bevölkerungsschichten hinweg stetig wachsender Beliebtheit.
Dabei sind Handykameras mit einer Auflösung von mehr 5 Megapixel schon lange keine Besonderheit mehr. Inzwischen bieten Discounter sog. Wildkameras, die jedoch längst nicht nur unter Jägern ihre Abnehmer finden, für weniger als 100,– EUR zum Kauf an. Preislich vergleichbar liegen die sog. Dashcams1, die in Fahrzeugen auf dem Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe angebracht werden, um aus dem Fahrzeug heraus Bildaufzeichnungen anfertigen zu können. Aber auch sog. Drohnen mit eingebauter Kameratechnik werden im Internet in den günstigeren Preisklassen bereits für unter 100,– EUR zum Kauf angeboten.

(Kamera-)Technik, die vormals einem kleinen Kreis spezialisierter Nutzer – ob staatlich oder privat – vorbehalten war, steht damit heutzutage Jedermann zur Verfügung, wird gekauft und genutzt.
Wohl war es diese schnelle, massenhafte Verbreitung sog. Drohnen, die bereits zu einer Vielzahl an Veröffentlichungen in Fachzeitschriften geführt hat. Ein besonderes Augenmerk wird gerade in der juristischen Fachliteratur stets auf die Frage der luftverkehrsrechtlichen Einordnung der Drohne, den daran anknüpfenden Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Nutzung, aber ebenso auf die rechtliche Einordnung der mit der Drohnennutzung verbundenen technischen Möglichkeiten wie z.B. der Bildaufzeichnung gelegt.
Aufgrund der Verbreitung sog. Drohnen auch – und gerade – im privaten Bereich bei Modellfliegern oder dem bloß technikinteressierten Nutzer soll im Folgenden der Blick einmal nicht gerichtet sein auf die Nutzung sog. Drohnen durch öffentliche Stellen, sondern vielmehr einmal die Nutzung durch Privatpersonen zur individuellen Freizeitgestaltung in den Fokus gerückt werden.
Dabei kann es indes vorkommen, dass der Bürger durch die oder bei der Drohnennutzung gegen luftverkehrsrechtliche Regelungen verstößt, vielleicht sogar Straftatbestände erfüllt oder die konkrete Nutzung der Drohne unter Umständen auch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung begründet. In diesen Fällen hat die Polizei strafverfolgende bzw. gefahrenabwehrende2 Maßnahmen zu treffen. Welche dies sind, hängt – wie stets – maßgeblich von der im Einzelfall zu treffenden rechtlichen Einordnung des Sachverhalts, hier insbesondere auch Art und Funktionsweise der im Einzelfall eingesetzten Drohne ab.
Ausgehend von dieser stets zunächst vorzunehmenden rechtlichen Einordnung einer Drohnennutzung ist Ziel dieser Ausarbeitung, repressive, wie auch präventivpolizeiliche Maßnahmen, die im Einzelfall von den Kolleginnen und Kollegen des operativen Polizeidienstes zu treffen sein könnten, aufzuzeigen.
Aufgrund der überwiegend „technikneutral“ ausgestalteten gesetzlichen Regelwerke sind die nachfolgend herauszustellenden Erkenntnisse – mit Ausnahme der luftverkehrsrechtlichen Betrachtung – entsprechend auf den privaten Einsatz anderer Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte wie z.B. Handykameras aber auch die sog. Dashcams übertragbar.

2. Begriff und technische Einsatzmöglichkeiten


Bei der umgangssprachlich so genannten Drohne handelt es sich um ein unbemanntes Luftfahrtgerät, d.h. ein „Luftfahrzeug ohne Luftfahrzeugführer an Bord (…), dessen Bewegungssteuerung automatisch und/oder ferngeführt erfolgt“.3
Neben den in § 1 Abs. 2 S. 1 LuftVG aufgezählten Luftfahrzeugen gelten nach S. 3 auch „unbemannte Fluggeräte einschließlich ihrer Kontrollstation, die nicht zu Zwecken des Sports oder der Freizeitgestaltung betrieben werden (unbemannte Luftfahrtsysteme)“ als Luftfahrzeuge. Zu differenzieren ist folglich nach dem Zweck der Nutzung4: Ist Hauptzweck das Fliegen als solches5 und dient die Benutzung der Drohne damit dem Sport bzw. der Freizeitgestaltung, handelt es sich um ein Flugmodell i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 9 LuftVG. Wird die Drohne dagegen zu einem anderen, insbesondere einem gewerblichen Zweck6 eingesetzt, so handelt es sich um ein unbemanntes Luftfahrtsystem (UAS7) i.S.d. § 1 Abs. 2 S. 3 LuftVG.8
Diese Differenzierung besitzt – wie im Folgenden darzustellen sein wird –Bedeutung für die luftverkehrsrechtliche Betrachtung der Drohnen (z.B. hinsichtlich der Erlaubnispflicht).
Während die Flugmodelle i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 9 LuftVG auch einfach als moderner Nachfolger ferngesteuerter Flugzeuge als Spiel- oder Sportgerät genutzt werden, sind die technischen Einsatzmöglichkeiten von UAS mannigfaltig. Jüngst in den Fokus der öffentlichen Betrachtung geraten sind die Drohnen in der militärischen Nutzung als sog. Kampfdrohnen9, aber auch polizeiliche Einsatzmöglichkeiten von Drohnen zur Luftaufklärung waren wiederholt Gegenstand der Medienberichterstattung.
Jedoch finden sich auch bei der Nutzung von Drohnen durch nicht-öffentliche Stellen umfassende Einsatzmöglichkeiten z.B. „im Bereich Deichschutz (Hochwasserbekämpfung) oder bei der Überwachung von Hochspannungsleitungen und der Kontrolle von Windenergieanlagen“10. Ebenso werden Drohnen eingesetzt in der Meteorologie zur Wetterbeobachtung, zur Messung von Schadstoffbelastungen der Luft, aber auch zur Schädlingsbekämpfung. Daneben werden Drohnen mit eingebauten hochauflösenden Kameras gezielt zur Fertigung von Luftbildaufnahmen genutzt.

3. Luftverkehrsrechtliche Betrachtung


Bei der Teilnahme sog. Drohnen am Luftverkehr findet infolge derer Einordnung als Luftfahrzeuge das LuftVG Anwendung, das die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge regelt:
Gemäß § 1 Abs. 1 LuftVG ist die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge „frei, soweit sie nicht durch dieses Gesetz, durch die zu seiner Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften, durch im Inland anwendbares internationales Recht, durch Rechtsakte der Europäischen Union und die zu deren Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften beschränkt wird.“

a. Verbotstatbestände


Ein Verbot für den Betrieb unbemannter Luftfahrtsysteme besteht nach § 15a Abs. 3 S. 1 LuftVO grundsätzlich, „wenn
er außerhalb der Sichtweite des Steuerers erfolgt oder
die Gesamtmasse des Geräts mehr als 25 Kilogramm beträgt“.

Im Hinblick auf Nr. 1 stellt § 15a Abs. 3 S. 2 LuftVO klar: „Der Betrieb erfolgt außerhalb der Sichtweite des Steuerers, wenn das Luftfahrtgerät ohne besondere optische Hilfsmittel nicht mehr zu sehen oder eindeutig zu erkennen ist.“
Nutzt der Steuerer des unbemannten Luftfahrtsystems den Luftraum dagegen ohne Sichtkontakt zu dem unbemannten Luftfahrtsystem oder betreibt er ein unbemanntes Luftfahrtsystem von über 25 kg, begeht er eine Ordnungswidrigkeit nach § 58 Abs. 1 Nr. 10 LuftVG i.V.m. § 43 Nr. 19b LuftVO11, die mit einer Geldbuße von bis zu 50.000,– EUR geahndet werden kann.
Zuständig für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit ist gemäß § 63 Nr. 4 LuftVG das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF).

POLIZEILICHE MAßNAHMEN:
Die Polizei kann jedoch nach § 46 OwiG i.V.m. § 163b Abs. 1 StPO die Identität des Steuerers der Drohne sowie nach § 46 OwiG i.V.m. § 163b Abs. 2 StPO auch die Identität von Zeugen feststellen und die entsprechenden Informationen nach § 46 OwiG i.V.m. § 479 StPO12 an das sachlich zuständigen BAF übermitteln.
Auch eine Beschlagnahme der Drohne nach §§ 94/98 StPO als potentielles Beweismittel kommt in Betracht.
Ist von einer Fortsetzung des Verstoßes gegen die luftverkehrsrechtlichen Regelungen auszugehen, wäre auch eine präventivpolizeiliche Sicherstellung der Drohne nach § 22 Nr. 1 POG RP zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr zulässig.


b. Erlaubnispflicht


Im Übrigen bedürfen gemäß § 16 Abs. 1 LuftVO u.a. folgende Arten der Nutzung des Luftraums der Erlaubnis:

„Nr. 1 der Aufstieg von Flugmodellen

  1. mit mehr als 5 Kilogramm Gesamtmasse,
  2. mit Raketenantrieb, sofern der Treibsatz mehr als 20 Gramm beträgt,
  3. mit Verbrennungsmotor in einer Entfernung von weniger als 1,5 Kilometern von Wohngebieten,
  4. aller Art in einer Entfernung von weniger als 1,5 Kilometern von der Begrenzung von Flugplätzen, auf Flugplätzen bedarf der Betrieb von Flugmodellen darüber hinaus der Zustimmung der Luftaufsichtsstelle oder der Flugleitung,
  5. (…)


Nr. 7 der Aufstieg von unbemannten Luftfahrtsystemen“.


Von den i.R.d. Ausarbeitung näher betrachteten unbemannten Luftfahrtgeräten bedürfen lediglich die nicht der Nr. 1 unterfallenden Sport- bzw. Freizeitgeräte keiner Erlaubnis.
Für die übrigen unbemannten Fluggeräte erteilt gemäß § 16 Abs. 3 LuftVO die Luftfahrtbehörde der Länder13 die Erlaubnis, „wenn die beabsichtigten Nutzungen nicht zu einer Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die öffentliche Sicherheit oder Ordnung führen können, insbesondere im Fall von Absatz 1 Nummer 7 die Vorschriften über den Datenschutz nicht verletzten“. Zur möglichen Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften s. unten (Ziff. 4, lit. b, bb).
Nimmt das unbemannte Luftfahrtgerät am Luftverkehr teil, obgleich die erforderliche Erlaubnis der zuständigen Luftfahrtbehörde nicht eingeholt oder nicht erteilt wurde, so liegt bei vorsätzlichem oder auch fahrlässigem Zuwiderhandeln eine Ordnungswidrigkeit nach § 58 Abs. 1 Nr. 10 i.V.m. § 43 Nr. 20 LuftVO vor, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000,– EUR geahndet werden kann.

POLIZEILICHE MAßNAHMEN:
Auch in diesen Fällen kann die Polizei gemäß § 46 OwiG i.V.m. § 163b StPO die Identität des Steuerers der Drohne wie auch von Zeugen feststellen.
Zudem kommt auch hier wiederum eine Beschlagnahme der Drohne als Beweismittel nach §§ 94/98 StPO, wie auch bei anzunehmender Fortsetzung des Verstoßes eine präventivpolizeiliche Sicherstellung nach § 22 Nr. 1 POG RP zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr in Betracht.
Auch eine Datenübermittlung an das zuständige BAF gemäß § 46 OwiG i.V.m. § 479 StPO14 wäre zulässig.

4. Rechtliche Einordnung von Überflug und Bildaufnahmen durch Drohnen



Unabhängig von dieser luftverkehrsrechtlichen Betrachtung stellt sich die Frage, ob das Überfliegen von Grundstücken mit unbemannten Fluggeräten und insbesondere auch das Aufzeichnen von Bildmaterial durch unbemannte Fluggeräte strafrechtliche Relevanz besitzt und sanktioniert wird bzw. zivilrechtliche Ansprüche z.B. auf Unterlassung, Löschung oder auch Schadensersatz begründen kann.

a. Überflug


Die Frage, ob ein Grundstückseigentümer über den „keilförmigen Raum“15 über seiner Grundstücksoberfläche nach Belieben verfügen, d.h. andere von der Mitbenutzung ausschließen kann, bestimmt sich nach § 1 Abs. 1 LuftVG. Danach ist die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge grundsätzlich frei, soweit sie nicht den entsprechenden luftverkehrsrechtlichen Regelungen zuwider läuft.
Insoweit schließt nach allgemeiner Auffassung § 1 Abs. 1 LuftVG die Geltendmachung zivilrechtlicher Abwehransprüche zugunsten des „Gemeingebrauchs am Luftraum“16 durch Luftfahrzeuge i.S.v. § 1 Abs. 2 LuftVG jedenfalls hinsichtlich des bloßen Überflugs aus.17 Unter Einhaltung der einschlägigen luftverkehrsrechtlichen Vorschriften, zu denen auch Regelungen über Sicherheitsabstände sowie der Flughöhe gehören, muss der Grundstückseigentümer den bloßen Überflug daher dulden.


Foto: A. Lemberger

b. Bildaufnahmen


Es fragt sich jedoch, ob das Fertigen von Luftbildaufnahmen mittels in UAS verbauten Kameras vom betroffenen Grundstückseigentümer ebenfalls unter dem Aspekt des „Gemeingebrauchs am Luftraum“ hinzunehmen ist.

aa. Strafrechtliche Betrachtung

Gemäß § 27 Abs. 2 LuftVG a.F.18 war das Anfertigen von Luftbildaufnahmen außerhalb des Fluglinienverkehrs generell untersagt; es sei denn, es lag eine behördliche Erlaubnis vor. Nach Aufhebung dieser Regelung sanktioniert heute § 109g StGB nur noch das Anfertigen von (Luft-) Bildaufnahmen, wenn dadurch wissentlich die Sicherheit der BRD oder die Schlagkraft der Truppe gefährdet wird. Hierzu zählt vornehmlich das Fertigen von Lichtbildern militärischer Einrichtungen oder Anlagen.
Während § 201 StGB die Aufzeichnung des nicht-öffentlich gesprochenen Wortes unter Strafe stellt, sanktioniert § 201a Abs. 1 StGB lediglich die unbefugte Bildaufnahme von Personen „in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum“. Ziel der Regelung ist es, einen höchstpersönlichen Lebensbereich19 als „letzten Rückzugsbereich“20 vor unbefugter Beobachtung zu sichern.
Für die Einordnung als einen „gegen Einblick besonders geschützten Raum“ ist nicht erforderlich, dass es sich um einen allseitig „umschlossenen Raum“ i.S.d. § 243 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB handelt; abzustellen ist vielmehr auf Art und Zweckbestimmung des Sichtschutzes.21 Demnach kann im Einzelfall auch eine Örtlichkeit im Freien (z.B. Garten22) unter den Schutzbereich des § 201a Abs. 1 StGB fallen, wenn diese die entsprechende Schutzeigenschaft aufweist, d.h. darauf angelegt ist, den privaten Rückzugsbereich vor Einsicht von außen zu schützen. Ein entsprechender Sichtschutz kann durch „eine hohe, undurchdringliche Hecke oder einen hohen Zaun bzw. eine Mauer“23 gewährleistet sein und so einen entsprechenden Rückzugs- und damit Schutzbereich i.S.d. § 201a Abs. 1 StGB begründen.
Allerdings sehen die vom Gesetzgeber „gegen Einblick von außen“ geschützten räumlichen Rückzugsbereiche regelmäßig nur einen Sichtschutz zur Seite hin vor. Ein Schutz vor Einblick von oben besteht „unter freiem Himmel“ begrifflich bereits nicht. Der Tatbestand des § 201a StGB trifft jedoch keine Unterscheidung hinsichtlich des Standortes des Aufzeichnenden, so dass auch eine Luftbildaufnahme ein strafbares Verhalten begründen kann24.


Für eine Strafbarkeit nach § 201a Abs. 1 StGB muss jedoch stets hinzutreten, dass die Bildaufzeichnung den höchstpersönlichen Lebensbereich der aufgenommenen Person verletzt. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann sich der Begriff „inhaltlich an dem durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verwendeten und in der zivilrechtlichen Rechtsprechung näher ausgeformten Begriff der Intimsphäre orientieren“25. Erfasst sind demnach „grundsätzlich die innere Gedanken- und Gefühlswelt mit ihren äußeren Erscheinungsformen wie vertraulichen Briefen und Tagebuchaufzeichnungen sowie die Angelegenheiten, für die ihrer Natur nach Anspruch auf Geheimhaltung besteht, beispielsweise Gesundheitszustand, Einzelheiten über das Sexualleben sowie Nacktaufnahmen“26.
Das bloße Fertigen einer Lichtbildaufnahme „in einem gegen Einblick besonders geschützten Bereich“ erfüllt damit allein den Tatbestand des § 201a Abs. 1 StGB nicht. Hinzukommen muss eine dadurch eingetretene Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs, welche mit Ausnahme der Fertigung von un- oder leichtbekleidetem Sonnenbaden z.B. im privaten Garten kaum anzunehmen sein dürfte.
Liegt indes im Einzelfall ein strafbares Handeln nach § 201a Abs. 1 StGB vor, so sanktioniert § 201a Abs. 2 StGB zudem das Gebrauchen oder einem Dritten Zugänglichmachen einer unter Verstoß gegen Abs. 1 hergestellten Bildaufnahme.
Eine weitere Strafvorschrift enthält § 33 KunstUrhG. Danach macht sich strafbar, wer entgegen §§ 22, 23 KunstUrhG ein Bildnis öffentlich zur Schau stellt oder verbreitet. Verbreitung meint dabei jede Form der körperlichen Weitergabe27, während unter öffentlicher Zurschaustellung die Sichtbarmachung für eine untereinander nicht persönlich verbundene Personenmehrzahl zu verstehen ist.28 Nach dem klaren Wortlaut der Norm ist jedoch das bloße Herstellen einer Bildaufnahme – unabhängig von einer Einwilligung des Betroffenen – nicht strafbar.

Während also die Aufzeichnung des nicht-öffentlich gesprochenen Wortes stets unter Strafe steht, ist die Bildaufzeichnung von Personen nur in sehr engen Grenzen strafrechtlich sanktioniert. Im Vergleich zum nicht-öffentlich gesprochenen Wort besteht im Hinblick auf das Recht am eigenen Bild eine strafrechtliche Regelungslücke, die vom Gesetzgeber zur Gewährleistung eines möglichst umfassenden Persönlichkeitsschutzes zu schließen wäre.

POLIZEILICHE MAßNAHMEN:
Stellt jedoch das Herstellen der Bildaufnahme im Einzelfall eine Straftat nach § 201a StGB oder gar § 109g StGB dar oder wird das Bildnis widerrechtlich veröffentlicht (33 KunstUrhG), so kann die Polizei als Strafverfolgungsbehörde gemäß § 163b Abs. 1 StPO die Identität des Nutzers des UAS als Tatverdächtigem sowie gemäß § 163b Abs. 2 StPO auch die Identität etwaiger Zeugen feststellen.
Sie kann das hergestellte Bildmaterial als Gegenstand von potentieller Beweisbedeutung nach §§ 94/98 StPO, aber auch als Tatprodukt nach § 111b StPO i.V.m. § 74 StGB beschlagnahmen.
Auch das UAS kann als Gegenstand mit potentieller Beweisbedeutung nach §§ 94/98 StPO wie auch nach § 111b StPO i.V.m. § 74 Abs. 2, 4 i.V.m. § 201a Abs. 4 StGB als Tatmittel beschlagnahmt werden.
Eine Beschlagnahme des Bildmaterials nach §§ 94/98 StPO wäre auch zulässig, wenn dieses einen Gegenstand von potentieller Beweisbedeutung darstellt, weil darauf u.U. die Begehung einer Straftat nachvollzogen werden kann.
Einer präventivpolizeilichen Sicherstellung des unter Verstoß gegen die Rechtsordnung als Schutzgut der öffentlichen Sicherheit aufgenommenen Bildmaterials (§ 22 Nr. 1 POG RP) dürfte in diesen Fällen eine untergeordnete Bedeutung zukommen.


bb. Datenschutzrechtliche Betrachtung

Auf die Fälle der Datenerhebung und -verarbeitung durch öffentliche Stellen der Länder findet das jeweilige Landesdatenschutzgesetz (z.B. LDSG RP) Anwendung.
Auf die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch nicht-öffentliche Stellen, zu denen auch Privatpersonen zählen, findet grundsätzlich das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Anwendung. Erfolgt die Erhebung, Verarbeitung bzw. Nutzung der personenbezogenen Daten jedoch „ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten“ so ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 27 Abs. 1 S. 2 BDSG das BDSG nicht einschlägig.
Werden die Luftbildaufnahmen indes zu gewerblichen Zwecken gefertigt, richtet sich Rechtmäßigkeit der Datenerhebung, -speicherung und -nutzung nach §§ 28 ff. BDSG. Da vorliegend jedoch die private Nutzung von Drohnen im Vordergrund der Betrachtung steht, soll auf die Regelungen des BDSG an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.

cc. Recht am eigenen Bild

Allerdings greift die ungenehmigte Herstellung von Bildnissen einer Person – unabhängig von einer Verbreitungsabsicht – in das private Recht am eigenen Bild als Unterfall des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein.29 Ob eine Duldungspflicht des Betroffenen besteht, die eine Rechtswidrigkeit der Aufnahme entfallen lassen würde, kann unter entsprechender Zugrundelegung der Kriterien der §§ 22, 23 KunstUrhG ermittelt werden:30 Handelt es sich demnach um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG), in dessen Kontext die betroffene Person abgebildet wurde, ist die aufgezeichnete Person lediglich „Beiwerk“ zu einer Landschaft oder Örtlichkeit (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrhG) oder Teilnehmer einer Versammlung oder Veranstaltung (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG), so muss sie grundsätzlich nicht nur die Aufnahme, sondern sogar die Veröffentlichung der Bildaufnahme hinnehmen.
Liegt jedoch bei der Bildaufnahme einer Person im privaten Rückzugsbereich eine entsprechende Ausnahmekonstellation nicht vor, sondern stand u.U. sogar die aufgezeichnete Person, ohne dass ein öffentliches Informationsinteresse anzunehmen wäre, im Fokus einer gezielten Beobachtung und Aufzeichnung, besteht eine entsprechende Duldungspflicht nicht.
Der Betroffene kann aufgrund der rechtswidrigen Verletzung seines privaten Rechts am eigenen Bild gemäß §§ 823, 1004 BGB Schadensersatz-, Löschungs- wie auch Unterlassungsansprüche gegenüber dem Steuerer des UAS geltend machen. Sachlich zuständig sind insoweit die Zivilgerichte.

POLIZEILICHE MAßNAHMEN:
Zur Sicherung der zivilrechtlichen Geltendmachung vorbenannter Ansprüche kann die Polizei jedoch den Steuerer der Drohne nach § 10 Abs. 1 S. 1 POG RP zum Schutz privater Rechte einer Identitätsfeststellung unterziehen.
Eine Sicherstellung des unter rechtswidriger Verletzung des Rechts am eigenen Bild hergestellten Bildmaterials nach § 22 Nr. 1 POG RP31 durch die Polizei kommt aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 3 POG RP nur als vorläufig sichernde Maßnahme in Betracht, „wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne (…) polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde“.
Steht nicht fest, ob eine (relevante) Bildaufzeichnung erfolgt ist, würde sich eine Sichtung des aufgezeichneten Bildmaterials als Mindermaßnahme zur Sicherstellung empfehlen.



dd. Allgemeines Persönlichkeitsrecht
Zudem hat der BGH mit Urteil vom 09.12.200332 festgestellt, dass die Fertigung von Luftbildaufnahmen eines umfriedeten Grundstücks „den zur Sicherung der Privatheit des Anwesens angebrachten Sichtschutz durchbricht und sich damit gegen den Willen des Berechtigten in gewisser Weise Zugang verschafft“33. In der Konsequenz hat der BGH im „Ausspähen“ der Privatsphäre gegen den Willen des Betroffenen „unter Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln“ einen Eingriff in die Privatsphäre angenommen.34 Auch in den Fällen der Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch „Ausspähung“ seines persönlichen Lebensbereichs kann der Betroffene gemäß §§ 823, 1004 BGB Schadensersatz-, Löschungs- wie auch Unterlassungsansprüche gegenüber dem Steuerer des UAS geltend machen.

POLIZEILICHE MAßNAHMEN:
Auch hier kann die Polizei wiederum nach § 10 Abs. 1 S. 1 POG RP zum Schutz privater Rechte die Identität des Steuerers der Drohne feststellen sowie unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 POG RP das hergestellte Bildmaterial nach § 22 Nr. 1 POG RP als vorläufige Maßnahme sicherstellen.


Ein hochauflösender „Bildteppich“ aus mehreren Bildern

5. Fazit


Der Verkauf von Drohnen, Wildkameras & Co. zu günstigen Preisen im Onlinehandel, aber auch in Discountern sorgt für eine schnelle und weite Verbreitung dieser Technikausstattung auch und gerade im privaten Bereich – die Drohne als modernes „Spielzeug“ für alle Altersklassen.
Die Verbreitung dieser Technik und insbesondere auch die damit verbundenen Funktionalitäten, wie z.B. Videotechnik, öffnet Raum für bewusste und gewollte, aber sicher auch unbewusste Rechtsverstöße. Diese gilt es für die Polizei vor dem Hintergrund luftverkehrsrechtlicher oder strafrechtlicher Regelungen zu bewerten. Nichts anderes gilt, wenn sich ein Bürger durch die private Nutzung einer Drohne in seinen Rechten verletzt fühlt und sich hilfesuchend an die Polizei wendet.
Dabei hängt die Rechtmäßigkeit polizeilicher Maßnahmen jedoch entscheidend davon ab, dass
der Steuerer der Drohne als Verantwortlicher überhaupt identifiziert werden kann,
das unbemannte Fluggerät luftverkehrsrechtlich und
vor dem Hintergrund der technischen Ausstattung des Gerätes die konkrete Art der Nutzung (Flug, Bildaufzeichnung) rechtlich eingeordnet werden kann.
Konnten diese drei „Hürden“ genommen werden und ist ein bußgeldbewehrter oder gar ein strafrechtlich relevanter Verstoß festgestellt oder ist eine mit der Nutzung der Drohne verbundene Gefahr erkannt, so obliegt es der Polizei, die als erforderlich erkannten Maßnahmen zu treffen.
Das sich für die Polizei stellende Problem dürfte erkannt sein:
Mit fortschreitender technischer Entwicklung und der Verbreitung immer neuer „Gadgets“ in der Bevölkerung wird sich die Polizei als Strafverfolgungs- wie aber auch als Gefahrenabwehrbehörde künftig immer wieder mit der Frage der rechtlichen Einordnung komplexer technischer Möglichkeiten konfrontiert sehen, die eine Bewertung der Zulässigkeit polizeilicher Maßnahmen erst möglich macht.


Anmerkungen

  1. Zusammengesetzt aus engl. dashboard = Armaturenbrett und engl. camera
  2. Soweit präventivpolizeiliche Maßnahmen in Betracht kommen, werden diese am Beispiel des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes Rheinland Pfalz (POG RP) dargestellt.
  3. vgl. BR-Drucksache 816/09, S. 22 (zu § 15a Abs. 3 und 4 LuftVO)
  4. BT-Drucksache 17/8098, S. 12
  5. www.lbm.rlp.de/Aufgaben/Luftverkehr/Drohnen-UAS/
  6. BT-Drs. 17/8098, aaO
  7. engl. Unmanned Aireal System
  8. Nach einer Pressemittelung des Deutschen Modellflieger Verbands (DMFV) vom 08.08.2014 „hat das zuständige Referat „Luftfahrt“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in Bonn nun Klarheit in der luftrechtlichen Abgrenzung zwischen Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen, den so genannten UAS geschaffen“. U.a. habe das BMVI dem DMFV schriftlich mitgeteilt, „dass ein Flugmodell nicht zu einem unbemannten Luftfahrtsystem (UAS) wird, (…) nur weil an einem Flugmodell eine Kamera montiert ist, mit der gegebenenfalls Aufnahmen zu rein privaten Zwecken gemacht werden sollen“ (http://presse.dmfv.aero/aktuelles/dmfv-sorgt-fur-rechtssicherheit/).
  9. z.B. unter www.spiegel.de/wissenschaft/technik/bundeswehr-eads-verspricht-kampfdrohne-in-einem-jahr-a-879710.html
  10. www.lbm.rlp.de/Aufgaben/Luftverkehr/Drohnen-UAS/
  11. Unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 S. 3 LuftVO kann die zuständige Luftfahrtbehörde Ausnahmen von dem Verbot nach S. 1 zulassen.
  12. Ggf. wäre auch eine präventivpolizeiliche Datenübermittlung nach § 34 Abs. 2 POG RP zulässig.
  13. Eine Zusammenstellung der Luftfahrtbehörden der Länder enthält die „Kurzinformation über die Nutzung von unbemannten Luftfahrtsystemen“ des Bundesministeriums MVI (Stand: Januar 2014), S. 11 ff., www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/VerkehrUndMobilitaet/unbemannte-luftfahrtsysteme.pdf
  14. vgl. Fn. 13
  15. Regenfus, Zivilrechtliche Abwehransprüche gegen Überflüge und Bildaufnahmen von Drohnen, NZM 2011, 799
  16. Regenfus, aaO, S. 800
  17. Regenfus, aaO m.w.N.
  18. gültig bis zum 30.06.1990
  19. Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 61. Aufl., § 201a, Rn. 3
  20. BT-Drs. 15/2466, S. 5
  21. BT-Drs. 15/2466, S. 5
  22. BT-Drs. 15/2466, aaO
  23. BT-Drs. 15/2466, aaO
  24. Esser, Private Flugdrohnen und Strafrecht, JA 2010, 323, 325
  25. BT-Drs. 15/2466, aaO
  26. BT-Drs. 15/2466, aaO
  27. Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 22 KUG, Rn. 9
  28. Dreier/Schulze, aaO, Rn. 10
  29. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 823, Rn. 112a
  30. Lellmann, Bild- und Tonaufzeichnungen zum Nachteil von Polizeibeamten im Dienst, Kriminalistik 2012, 517 ff.
  31. Lellmann, aaO
  32. BGH, Urteil vom 09.12.2003, Az.: VI ZR 373/02
  33. BGH, aaO, Rn. 19
  34. BGH, aaO