Polizei

Die Drohne als preisgünstige Massenware

– Eine neue Herausforderung für die Polizei –


Für eine Strafbarkeit nach § 201a Abs. 1 StGB muss jedoch stets hinzutreten, dass die Bildaufzeichnung den höchstpersönlichen Lebensbereich der aufgenommenen Person verletzt. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann sich der Begriff „inhaltlich an dem durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verwendeten und in der zivilrechtlichen Rechtsprechung näher ausgeformten Begriff der Intimsphäre orientieren“25. Erfasst sind demnach „grundsätzlich die innere Gedanken- und Gefühlswelt mit ihren äußeren Erscheinungsformen wie vertraulichen Briefen und Tagebuchaufzeichnungen sowie die Angelegenheiten, für die ihrer Natur nach Anspruch auf Geheimhaltung besteht, beispielsweise Gesundheitszustand, Einzelheiten über das Sexualleben sowie Nacktaufnahmen“26.
Das bloße Fertigen einer Lichtbildaufnahme „in einem gegen Einblick besonders geschützten Bereich“ erfüllt damit allein den Tatbestand des § 201a Abs. 1 StGB nicht. Hinzukommen muss eine dadurch eingetretene Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs, welche mit Ausnahme der Fertigung von un- oder leichtbekleidetem Sonnenbaden z.B. im privaten Garten kaum anzunehmen sein dürfte.
Liegt indes im Einzelfall ein strafbares Handeln nach § 201a Abs. 1 StGB vor, so sanktioniert § 201a Abs. 2 StGB zudem das Gebrauchen oder einem Dritten Zugänglichmachen einer unter Verstoß gegen Abs. 1 hergestellten Bildaufnahme.
Eine weitere Strafvorschrift enthält § 33 KunstUrhG. Danach macht sich strafbar, wer entgegen §§ 22, 23 KunstUrhG ein Bildnis öffentlich zur Schau stellt oder verbreitet. Verbreitung meint dabei jede Form der körperlichen Weitergabe27, während unter öffentlicher Zurschaustellung die Sichtbarmachung für eine untereinander nicht persönlich verbundene Personenmehrzahl zu verstehen ist.28 Nach dem klaren Wortlaut der Norm ist jedoch das bloße Herstellen einer Bildaufnahme – unabhängig von einer Einwilligung des Betroffenen – nicht strafbar.

Während also die Aufzeichnung des nicht-öffentlich gesprochenen Wortes stets unter Strafe steht, ist die Bildaufzeichnung von Personen nur in sehr engen Grenzen strafrechtlich sanktioniert. Im Vergleich zum nicht-öffentlich gesprochenen Wort besteht im Hinblick auf das Recht am eigenen Bild eine strafrechtliche Regelungslücke, die vom Gesetzgeber zur Gewährleistung eines möglichst umfassenden Persönlichkeitsschutzes zu schließen wäre.

POLIZEILICHE MAßNAHMEN:
Stellt jedoch das Herstellen der Bildaufnahme im Einzelfall eine Straftat nach § 201a StGB oder gar § 109g StGB dar oder wird das Bildnis widerrechtlich veröffentlicht (33 KunstUrhG), so kann die Polizei als Strafverfolgungsbehörde gemäß § 163b Abs. 1 StPO die Identität des Nutzers des UAS als Tatverdächtigem sowie gemäß § 163b Abs. 2 StPO auch die Identität etwaiger Zeugen feststellen.
Sie kann das hergestellte Bildmaterial als Gegenstand von potentieller Beweisbedeutung nach §§ 94/98 StPO, aber auch als Tatprodukt nach § 111b StPO i.V.m. § 74 StGB beschlagnahmen.
Auch das UAS kann als Gegenstand mit potentieller Beweisbedeutung nach §§ 94/98 StPO wie auch nach § 111b StPO i.V.m. § 74 Abs. 2, 4 i.V.m. § 201a Abs. 4 StGB als Tatmittel beschlagnahmt werden.
Eine Beschlagnahme des Bildmaterials nach §§ 94/98 StPO wäre auch zulässig, wenn dieses einen Gegenstand von potentieller Beweisbedeutung darstellt, weil darauf u.U. die Begehung einer Straftat nachvollzogen werden kann.
Einer präventivpolizeilichen Sicherstellung des unter Verstoß gegen die Rechtsordnung als Schutzgut der öffentlichen Sicherheit aufgenommenen Bildmaterials (§ 22 Nr. 1 POG RP) dürfte in diesen Fällen eine untergeordnete Bedeutung zukommen.


bb. Datenschutzrechtliche Betrachtung

Auf die Fälle der Datenerhebung und -verarbeitung durch öffentliche Stellen der Länder findet das jeweilige Landesdatenschutzgesetz (z.B. LDSG RP) Anwendung.
Auf die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch nicht-öffentliche Stellen, zu denen auch Privatpersonen zählen, findet grundsätzlich das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Anwendung. Erfolgt die Erhebung, Verarbeitung bzw. Nutzung der personenbezogenen Daten jedoch „ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten“ so ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 27 Abs. 1 S. 2 BDSG das BDSG nicht einschlägig.
Werden die Luftbildaufnahmen indes zu gewerblichen Zwecken gefertigt, richtet sich Rechtmäßigkeit der Datenerhebung, -speicherung und -nutzung nach §§ 28 ff. BDSG. Da vorliegend jedoch die private Nutzung von Drohnen im Vordergrund der Betrachtung steht, soll auf die Regelungen des BDSG an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.

cc. Recht am eigenen Bild

Allerdings greift die ungenehmigte Herstellung von Bildnissen einer Person – unabhängig von einer Verbreitungsabsicht – in das private Recht am eigenen Bild als Unterfall des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein.29 Ob eine Duldungspflicht des Betroffenen besteht, die eine Rechtswidrigkeit der Aufnahme entfallen lassen würde, kann unter entsprechender Zugrundelegung der Kriterien der §§ 22, 23 KunstUrhG ermittelt werden:30 Handelt es sich demnach um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG), in dessen Kontext die betroffene Person abgebildet wurde, ist die aufgezeichnete Person lediglich „Beiwerk“ zu einer Landschaft oder Örtlichkeit (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrhG) oder Teilnehmer einer Versammlung oder Veranstaltung (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG), so muss sie grundsätzlich nicht nur die Aufnahme, sondern sogar die Veröffentlichung der Bildaufnahme hinnehmen.
Liegt jedoch bei der Bildaufnahme einer Person im privaten Rückzugsbereich eine entsprechende Ausnahmekonstellation nicht vor, sondern stand u.U. sogar die aufgezeichnete Person, ohne dass ein öffentliches Informationsinteresse anzunehmen wäre, im Fokus einer gezielten Beobachtung und Aufzeichnung, besteht eine entsprechende Duldungspflicht nicht.
Der Betroffene kann aufgrund der rechtswidrigen Verletzung seines privaten Rechts am eigenen Bild gemäß §§ 823, 1004 BGB Schadensersatz-, Löschungs- wie auch Unterlassungsansprüche gegenüber dem Steuerer des UAS geltend machen. Sachlich zuständig sind insoweit die Zivilgerichte.

POLIZEILICHE MAßNAHMEN:
Zur Sicherung der zivilrechtlichen Geltendmachung vorbenannter Ansprüche kann die Polizei jedoch den Steuerer der Drohne nach § 10 Abs. 1 S. 1 POG RP zum Schutz privater Rechte einer Identitätsfeststellung unterziehen.
Eine Sicherstellung des unter rechtswidriger Verletzung des Rechts am eigenen Bild hergestellten Bildmaterials nach § 22 Nr. 1 POG RP31 durch die Polizei kommt aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 3 POG RP nur als vorläufig sichernde Maßnahme in Betracht, „wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne (…) polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde“.
Steht nicht fest, ob eine (relevante) Bildaufzeichnung erfolgt ist, würde sich eine Sichtung des aufgezeichneten Bildmaterials als Mindermaßnahme zur Sicherstellung empfehlen.



dd. Allgemeines Persönlichkeitsrecht
Zudem hat der BGH mit Urteil vom 09.12.200332 festgestellt, dass die Fertigung von Luftbildaufnahmen eines umfriedeten Grundstücks „den zur Sicherung der Privatheit des Anwesens angebrachten Sichtschutz durchbricht und sich damit gegen den Willen des Berechtigten in gewisser Weise Zugang verschafft“33. In der Konsequenz hat der BGH im „Ausspähen“ der Privatsphäre gegen den Willen des Betroffenen „unter Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln“ einen Eingriff in die Privatsphäre angenommen.34 Auch in den Fällen der Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch „Ausspähung“ seines persönlichen Lebensbereichs kann der Betroffene gemäß §§ 823, 1004 BGB Schadensersatz-, Löschungs- wie auch Unterlassungsansprüche gegenüber dem Steuerer des UAS geltend machen.