Kinder im Dienst der (Organisierten) Kriminalität

Kinderhandel und Ausbeutung von Kindern – ein gern ignoriertes, aber erhebliches, deutsches Problem

Von Manfred Paulus, Erster Kriminalhauptkommissar a. D., Ulm/Donau

„Wer sein noch nicht achtzehn Jahre altes Kind oder seinen noch nicht achtzehn Jahre alten Mündel oder Pflegling unter grober Vernachlässigung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht einem anderen auf Dauer überlässt und dabei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft…“

Der Tatbestand des § 236 Strafgesetzbuch (StGB) –Kinderhandel- beinhaltet längst nicht alles, was die realen und schmutzigen europäischen Märkte mit der Ware Kind zu bieten haben und er beinhaltet auch nur einen verschwindend kleinen Teil dessen, was den Handel mit Kindern in Deutschland betrifft und was auf deutschem Boden geschieht.
Kinderhandel aber ist immer auch Menschenhandel. Deshalb sind bei der strafrechtlichen Würdigung des Handels mit Kindern auch die Tatbestände der §§ 232 (Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung) und 233 (Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft) des StGB zu sehen. Doch auch sie beinhalten nur einen Bruchteil dessen, was im Bereich des Kinderhandels in Europa und auch in Deutschland wirklich geschieht.
Das deutsche Strafrecht schützt Kinder vor Handel und Ausbeutung nur in Teilbereichen. Eine spezielle und umfassende, den gegenwärtigen Herausforderungen angepasste Strafvorschrift fehlt.
So wie der inzwischen seit Jahrzehnten boomende Frauenhandel in die (Zwangs-)Prostitution zeigt sich heute auch der Handel mit Kindern in modernen Kleidern, ganz den Verhältnissen in den ost- und südosteuropäischen Rekrutierungsländern und den Bedürfnissen der westlichen Industrienationen angepasst.
Und dieser europäische und auch Deutschland betreffende Kinderhandel hat verschiedene, zumeist sehr hässliche Gesichter. Er hat zudem in Teilbereichen Formen und Ausmaße angenommen, die nicht nur auf eine Antwort in Form einer Spezialvorschrift im deutschen Strafrecht sondern auch auf angemessene(re) und wirksame(re) Bekämpfungsstrategien warten.

Die Märkte


Wir glaubten und wir glauben noch immer all zu gerne, der Handel mit Menschen, so auch der mit Kindern, wäre ein Phänomen längst vergangener Zeiten. Und so ordnen wir den Menschen- oder Kinderhandel in Gedanken dem Römischen Reich zu. Einer Zeit, in welcher vor 2000 Jahren Männer, Frauen und Kinder ganz selbstverständlich auf Sklavenmärkten feilgeboten und verkauft wurden: Muskelbepackte Männer als Arbeitskräfte. Nackt zur Schau gestellte Frauen und Kinder als Sexsklav(inn)en. Einer Zeit, in der dem Tod Geweihte als Gladiatoren anzutreten hatten oder gleich den Raubtieren zum Fraß vorgeworfen wurden, zur Unterhaltung und zum Vergnügen der Mächtigen. Einer Zeit, in der Sklaven und Sklavinnen nicht als Menschen mit (Menschen-)Rechten sondern als Gegenstände galten, die man erwerben, benutzen und nach Gebrauch auch wieder wegwerfen konnte.
Wir ordnen den Menschen- und Kinderhandel auch der Zeit zu, in welcher der transatlantische Handel mit Männern, Frauen und Kindern stattfand und diese vom afrikanischen Kontinent nach Amerika verschifft wurden, um in der neuen Heimat versklavt zu werden.
Wir erinnern uns beim Thema Menschenhandel vielleicht auch an das Dritte Reich und daran, dass Himmler frühzeitig erkannte, dass Juden lebend nützlicher sein können als tot und die sogenannten „Austauschjuden“ bei teuflischen Geschäften gegen Gut und Geld verscherbelte.
Oder wir erinnern uns daran, dass sich auch die DDR gut bezahlen ließ – für die Freilassung inhaftierte Menschen. Auch das war Menschenhandel.
Menschen aber werden noch immer gehandelt. Hier, heute, mitten unter uns. Mehr als wir wahrhaben und mehr als wir wahrnehmen wollen. Teilweise nicht rücksichtsvoller und nicht weniger brutal als damals, vor 2000 Jahren, im Römischen Reich.
Europa ist neben anderen Nahtstellen zwischen Arm und Reich (zum Beispiel USA-Mexiko oder Kambodscha-Thailand ) gegenwärtig eines der bedeutendsten Menschenhandelszentren dieser Welt.
Es sind neben jungen Frauen vermehrt Kinder, die auf diesen schmutzigsten aller europäischen Märkte angeboten, gehandelt und der Ausbeutung zugeführt werden. Und Deutschland und Deutsche sind daran nicht unwesentlich beteiligt. Indem sie die Plattform für die Ausbeutung der Schwachen und Schwächsten zur Verfügung stellen, indem täterfreundliche und opferfeindliche Rahmenbedingungen geschaffen und lange beibehalten wurden – oder noch immer beibehalten werden. Vor allem aber stellt Deutschland die Ausbeuter oder es lässt diese gewähren: Die Antreiber und Ausbeuter von Kindern, die klauen, betteln und betrügen, die Zuhälter, die Freier, die Pädokriminellen, die Perversen…
Europa und Deutschland sind seit vielen Jahren und in hohem Maße mit unterschiedlicher, menschenverachtender und ausbeuterischer Kriminalität zum Nachteil von Kindern konfrontiert, ohne dass bislang Mittel und Wege gefunden wurden, das einzudämmen und zu ändern.
Werfen wir einen Blick auf die Vielfalt dieses innereuropäischen Handels mit der „Ware“ Kind, der in weiten Teilen auch Deutschland betrifft:
Im September 2009 wurde von der rumänischen Polizei eine namhafte Klinik mitten in der rumänischen Hauptstadt Bukarest gestürmt und geschlossen. Dort tätige Ärzte wurden festgenommen. Den Ermittlungen zufolge wurden in dem Krankenhaus junge Frauen über lange Zeiträume hinweg für ein Entgelt von jeweils 200.- Euro mit Hormonen vollgepumpt, um Eizellen zu produzieren, die dann auf dunklen Handelswegen in die ganze Welt hinaus verkauft wurden. Eizellen sind sehr gefragt und die Klinik machte gute Geschäfte. Die nicht unerheblichen gesundheitlichen Risiken und Folgen für die Spenderinnen hatten diese freilich allein zu tragen. Kinder, so könnte man diese illegalen Praktiken rumänischer Ärzte interpretieren, werden in Europa bereits (in illegaler Weise) gehandelt bevor sie das Licht der Welt erblicken.
In Moldawien hält sich hartnäckig das Gerücht, dass es innerhalb der mit Grenzen abgesicherten Enklave Transnistrien ( offiziellen Angaben zufolge weitgehend in russischer Hand, offensichtlich jedoch auch und vor allem in Händen der Organisierten Kriminalität) eine Einrichtung gibt, in der Kinder fabrikartig erzeugt werden, um dann illegal und für gutes Geld als „Namenlose“ in alle Welt hinaus verkauft zu werden.
In den letzten Jahren verlassen Beobachtungen der bulgarischen Sicherheitsbehörden zufolge vermehrt junge und schwangere Bulgarinnen ihr Land, um später wieder allein und mit 20.000 Euro ( so der gängige Preis für ein Mädchen) oder 30.000 Euro (der Preis für einen Jungen) in der Rocktasche wieder zurückzukehren.
Während auch der Handel mit Kindern als Soldaten ein großes, vor allem jedoch lateinamerikanisches und afrikanisches und kein europäisches oder gar deutsches Problem darstellt, ist der Handel mit kindlichen Arbeitskräften ein weltweites Phänomen, das auch Europa und Deutschland betrifft. Zum einen sind wir Abnehmer und Konsumenten von (Billig-)Produkten, die bekanntermaßen von Kinderhänden erzeugt werden, womit Kinderarbeit unterstützt und gefördert wird. Zum anderen wird auch hierzulande immer wieder kräftig „in die Händchen gespuckt“. Das allerdings geschieht in den meisten Fällen freiwillig und mit Einverständnis der Eltern und Erziehungsberechtigten ( man denke nur an die kleinen Helfer in der Landwirtschaft oder auch in kleinen, familiären Handwerksbetrieben ), was nicht bedeutet, dass es damit legal wäre. Es ist eine der großen europäischen und deutschen Errungenschaften der Vergangenheit, sich von der Kinderarbeit losgesagt zu haben. Wachsamkeit aber scheint nach wie vor angebracht. Auch und vor allem in Branchen, die sich vermehrt der Kinder bedienen, ohne dass sie zwangsläufig mit Kinderarbeit in Verbindung gebracht wierden: Film- und Fernsehproduktionsgesellschaften, Modelagenturen, die Werbebranche…


Auch der Handel mit jungen Sporttalenten nimmt gelegentlich höchst merkwürdige Formen an. So sorgte unlängst der Kauf und Transfer eines 9-jährigen Fußballtalents aus Schweden, Sprössling (allzu) ehrgeiziger Eltern, durch den renommierten FC Barcelona für Schlagzeilen. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang auch an zahllose, afrikanische Fußballtalente, die in Spanien und anderen westeuropäischen Staaten umherirren, nachdem ihnen eine große Fußballerkarriere versprochen wurde, ohne dass diese je in Erfüllung ging und in Erfüllung gehen konnte. Sie wurden erbärmlich allein und im Stich gelassen, nachdem sie (nicht selten mit Hilfe der ganzen Verwandtschaft) das Geld für die Überfahrt nach Europa zusammengekratzt und an die Schleuser bezahlt hatten. Heute haben sie nicht einmal mehr das Geld für die Heimreise in der Tasche.
Und, um ein weiteres Beispiel zu nennen, wer fragt schon danach, was mit den kleinen und talentierten, Eishockeyspielern geschieht, welche Lukaschenko’s Talente-Schmiede in Grodno/Weißrussland anhaltend ausspuckt ? Fest steht, sie sind bestens ausgebildet und trainiert und sie sind weltweit gefragt!
Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenahng, dass Kinder auch Opfer des Handels sind, der mit Asylsuchenden betrieben wird. Auch sie kommen fortgesetzt, ausgelaugt und allein, mit ihren Eltern oder mit Verwandten auf überfüllten Booten in Lampedusa und an anderen Küsten Europas an (oder auch nicht) – auf eine (bessere) Zukunft hoffend.
Und auch kindliche Organe sind eine begehrte Ware auf kriminellen, europäischen Märkten. Nicht zuletzt einige Nachfolgestaaten der Sowjetunion, allen voran die Republik Moldowa aber auch Balkanländer scheinen davon in hohem Maße betroffen. Im Südosten Europas sind Entführungen von Kindern und der Verkauf von Kindern zum Zwecke der illegalen Organentnahme immer wieder einmal Thema. Vor allem die Kinder dort lebender Minderheiten scheinen betroffen. Wer die Abnehmerländer und die Abnehmer sind, kann zumeist nur vermutet werden und gilt als gut gehütetes Geheimnis. Kinder werden auch illegal in die Adoption gehandelt. In Deutschland ist derzeit von einem Verhältnis von 1:10 bis 1:12 auszugehen. Von zehn oder zwölf Adoptionswünschen kann aufgrund einer strengen Adoptionsgesetzgebung nur einer erfüllt werden. Solche Diskrepanzen öffnen immer die Schleusen für die Kriminalität und so werden Kinder auch illegal nach Deutschland gehandelt, auf grauen Märkten, von dubiosen Anbietern. Die deutschen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden haben dabei zumeist keine Eingriffsmöglichkeiten. Die erforderlichen Papiere, unterzeichnet von einem Richter in Guatemala oder von einer zuständigen Behörde im Osten oder Südosten Europas liegen vor. Der Handel erfolgt (scheinbar) legal und doch an den offiziellen Einrichtungen vorbei. Nach dem russischen „Dima-Jakowlew-Gesetz“ von 2012, mit welchem US-Bürgern die Adoption russischer Kinder untersagt wurde, verschlechterte sich die Situation für russische Waisenkinder ( welche in Wahrheit oft keine Waisenkinder sondern Kinder sind, die von Wodka- oder Drogengeschädigten Eltern allein gelassen werden ) erheblich. Schließlich wurden allein in den 1990er-Jahren und bis 2010 von US-amerikanischen Familien über 60.000 russische Kinder adoptiert. Diese Kinder landen nun zwangsläufig vermehrt auf der Straße oder in den U-Bahnschächten russischer Großstädte und sind dort Kinderfängern, Kinderhändlern und Ausbeutern ausgeliefert und werden auf illegalen Märkten verscherbelt. Während Brasilien weltweit als der größte Kinderpornoproduzent gilt, dürften die brutalsten Produkte dieser Art ( Trash- und Snuff-Filme mit gefilmten Tötungshandlungen an Kindern) heute aus Russland kommen. Moskau und St. Petersburg bieten in diesem Zusammenhang nicht mehr als kleine Einblicke; andere russische Millionenstädte liegen total im Dunkelfeld. Fakt ist: Wenn in russischen Großstädten ein oder mehrere Straßenkinder verschwinden, so fällt das in aller Regel nicht und niemandem auf.
Weder den zuständigen Behörden noch den Nichtregierungsorganisationen (NRO), sofern es örtlich solche überhaupt gibt. In aller Regel kräht kein Hahn nach diesen Kindern. Eine Situation, die Pädokriminelle und Kinderpornoproduzenten, illegale Organhändler und andere Kriminelle für ihre Zwecke ganz sicher zu nutzen verstehen – wie nicht zuletzt zunehmend brutalere, kinderpornografische Produkte beweisen.
Bettelkinder, vorwiegend aus dem Südosten Europas kommend, werden dort ausgebildet abgerichtet, präpariert und (auch) hierzulande gezielt und in großer Anzahl eingesetzt, um anschließend abkassiert zu werden. Sie werden benutzt, rücksichtslos ausgebeutet und sind zumeist einem hohem Erfolgsdruck ausgesetzt. Wie menschenverachtend und rücksichtslos die gängigen Methoden sind, zeigt ein Beispiel aus Moldawien. Dort wurde von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ein 5-Jähriger Junge aufgegriffen, dem seine Ausbeuter ein Bein amputiert hatten, um ihn in westeuropäischen und auch deutschen Fußgängerzonen gewinnbringend einsetzen zu können.
Auch die Horden von Klaukids, welche fortgesetzt Heuschrecken gleich über die Einkaufszentren westeuropäischer –und in steter Regelmäßigkeit auch deutscher- Großstädte herfallen und alles an sich reißen, was nicht niet- und nagelfest ist, werden benutzt und man weiß, sie sind nichts als ausführender Teil gut strukturierter, krimineller Organisationen. Die so eingesetzten Kinder werden in der Regel bestens auf ihre Einsätze vorbereitet, sie sind mit festen Verhaltensregeln ausgestattet, werden straff geführt und auch sie sind einem zumeist extrem hohen Leistungsdruck ausgesetzt.
Auch die kleinen Trickbetrüger(innen), aus Bulgarien, Rumänien, der Slowakei oder Ungarn kommend, werden vor ihrem Einsatz mit allen notwendigen Tricks und Raffinessen ausgestattet, um bei ihren Einsätzen in den westlichen Einsatzgebieten und beim Bemühen, den Menschen, die an Bankschaltern Geld abholen, dieses mitsamt der Kreditkarte gleich wieder abzunehmen, erfolgreich zu sein. So wie die stummen und scheinbar gehörlosen und bedauernswerten Kinder auch, die mit einem amtlich aussehenden Papier in der Hand vorgeben, Gelder für taubstumme Kinder sammeln.
In einem bulgarischen Ghetto wurde unlängst eine 12-Jährige verheiratet. Die Eltern des ungleich älteren Bräutigams bezahlten für die junge Braut den im Ghetto kaum vorstellbaren Betrag von 8000.- Euro. Wohlwissend freilich, dass die junge Schwiegertochter in der letzten Saison zur Königin der Trickdiebinnen avancierte, die den Menschen an den Bankautomaten in Mailand oder München das abgehobene Geld gleich wieder abnehmen. Wohlwissend, der Preis für die junge Braut lässt sich schnell wieder amortisieren.
All diese Kinder klauen, betrügen, betteln oder sammeln im Auftrag. Sie werden benutzt, streng geführt und streng bewacht. Sie sind Werkzeuge und Opfer internationaler, bestens organisierter Kriminalität.
Werden sie aufgegriffen, so können sie nur kurzzeitig festgehalten und dann wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Anschließend tauchen sie unter oder am nächsten Tatort gleich wieder auf. Irgendwann werden sie wieder ertappt, wieder kurzzeitig festgehalten, wieder auf freien Fuß gesetzt und sie tauchen wieder unter oder am nächsten Tatort gleich wieder auf...
Das führt zu keiner Lösung des Problems und ist auf Dauer auch nicht hinnehmbar. Nicht zuletzt deshalb, weil dadurch auch für die betroffenen Kinder immer größere und letztlich irreparable Schäden entstehen. Zum einen, weil sie ihr Tun immer mehr als zwar kriminelles aber dennoch hingenommenes und nicht bestraftes Verhalten begreifen. Zum anderen, weil sie erfahren, wie tatenlos, hilflos und ohnmächtig zuständige, staatliche Stellen gravierendem Unrecht gegenüberstehen, was sie nach der Loslösung von ihren Ausbeutern zur Eigeninitiative und zu weiterem, strafbarem Tun veranlasst.
Noch weniger verständlich erscheint es, wenn die eigentlichen Täter und Organisationen im Hintergrund aufgrund der Internationalität des Geschehens, aufgrund fehlender Ressourcen, aufgrund eingeschränkter polizeilicher oder justizieller Möglichkeiten oder wenig praktikabler Rechtshilfewege in hohem Maße unerkannt und unverfolgt bleiben. Sie zu enttarnen und zu zerschlagen ist der einzig Erfolg versprechende Weg, um diesem anhaltenden Kriminalitätsaufkommen wirksam zu begegnen.
Trotz aller (grenz-)politischen Veränderungen der vergangenen Jahre, trotz aller Annäherungen und Bemühungen auf europäischer Ebene gibt es noch immer zu wenig gut funktionierende, polizeiliche und auch justizielle Gemeinsamkeiten und Kooperationen zwischen den jeweils betroffenen, europäischen Staaten. Es gibt noch immer zu wenig dieser „Joint Investigation Teams“ ( gemeinsame Ermittlungsgruppen der jeweils betroffenen Staaten) und zu wenig Erfolge bei der Zerschlagung einschlägiger Tätergruppierungen und Organisationen.
Die Bildung gemeinsamer, zwischenstaatlicher Ermittlungseinheiten sollte (nicht nur) bei Hinweisen auf die Ausbeutung von Kindern in all ihren Erscheinungsformen nicht die Ausnahme sondern gängige europäische Praxis sein.
Europas Gangster sind Europas Polizei (und Justiz) aber noch immer meilenweit voraus und Erfolge bei der Bekämpfung internationaler, länderübergreifender Kriminalität –von den Einbruchsdiebstählen bis hin zur massenhaften Ausbeutung von klauenden, betrügenden, bettelnden oder auf dem Strich ausgebeuteten Kindern- sind angesichts des Gesamtaufkommens noch immer zu selten. Dabei weiß man: Eine Sachbearbeitung auf nationaler Ebene im Rahmen örtlicher und sachlicher Zuständigkeit dient bei den beschriebenen und manch anderen Kriminalitätsformen allenfalls statistischen Zwecken und hat den Namen Kriminalitätsbekämpfung nicht verdient.

Die Sexmärkte


Ungeachtet aller beschriebenen Varianten und des jeweiligen Ausmaßes der beschriebenen Kriminalitätsformen mit Hilfe und Beteiligung von Kindern, scheinen sich die Kriminalmilizen in den östlichen Rekrutierungsländern, sachkundige Kriminalisten in den betroffenen Balkan-Staaten und die Ermittler in den westlichen Industrienationen einig: Dem Handel von Kindern zum Zweck der sexuellen Ausbeutung kommt die mit Abstand größte Bedeutung zu. Und auch daran ist Deutschland und sind Deutsche in hohem Maße beteiligt.
Am 16. Januar 2013 wurde im deutschen Fernsehen der Film „Operation Zucker“ ausgestrahlt und er schockierte die Nation. Die Schauspielerin Nadja Uhl, welche die Rolle der ermittelnden Kommissarin einnahm, habe sich vor den Dreharbeiten alles angesehen, was den Handel von Kindern in die sexuelle Ausbeutung betrifft, so wurde in diesem Zusammenhang berichtet und sie habe sich tief beeindruckt gezeigt:

  • Über die verwahrlosten Kinder in den elenden Behausungen der ärmsten Regionen Rumäniens.
  • Über ihr Gespräch mit einem Kinderhändler, der nicht von Kindern sondern nur von Ware sprach.

Und auch darüber, dass Kinder, die aus bitterer Armut kommen (nicht nur aber auch) auf den Sexmärkten des Rechtsstaats Bundesrepublik Deutschland angeboten werden sollen. Auf deutschen „Marktplätzen“ mit deutschen Kunden, mit deutschen Ausbeutern, mit deutschen Pädokriminellen, mit deutschen Perversen – auch und nicht zuletzt mit solchen, die einer vermeintlich „besseren“ gesellschaftlichen Schicht angehören...

  • Was also ist dran an dieser „Operation Zucker“ ?
  • Wie sieht sie aus, die Wirklichkeit ?
  • Welche Ausmaße und welche Formen des Kinderhandels und der sexuellen Ausbeutung von Kindern gibt es hier in Deutschland, mitten unter uns, vielleicht gleich nebenan…?

Fakt ist, dass in der Vergangenheit hunderttausende junger Frauen (und in zunehmendem Maße auch junge Männer) in Ost- und Südosteuropa rekrutiert und in den westlichen Industriestaaten, allen voran in Deutschland der (Zwangs-)Prostitution zugeführt wurden – und anhaltend zugeführt werden.
Dieser moderne Sklavenhandel, die Märkte mit der „Ware“ Frau und Kind, werden so wie alle Märkte, durch Angebot und Nachfrage geregelt. Und dieser anhaltende Prozess des Menschenhandels zeigt, dass ein hohes und weiterhin zunehmendes Interesse an immer jüngerer, auch kindlicher „Ware“ besteht. Zum einen könnte der verbreitete Irrglaube, bei kindlichen Sexpartner(inne)n weniger dem Aids-Risiko ausgesetzt zu sein, zu dieser Entwicklung beitragen ( in Wahrheit ist das Gegenteil der Fall, weil Kinder besonders verletzlich sind ). Zum anderen könnte eine zunehmende Anzahl sogenannter Erlebnistäter ( ein Tätertyp, der ständig von dem schrecklichen Gefühl geplagt wird, sexuell noch nicht alles erlebt zu haben, was es zu erleben gibt) dafür (mit-)verantwortlich sein. Diese „Trophäensammler auf der Sexsafari“ machen in aller Regel auch vor sexueller Gewalt gegenüber Kindern nicht Halt, wird ihnen die Möglichkeit dazu geboten. Schließlich könnte auch die in unserer Gesellschaft vermehrt feststellbare „Alles-ist-käuflich-Mentalität“ zu einer vermehrten Nachfrage nach jüngerer „Ware“ führen. Doch wie auch immer: Die Märkte reagieren auf die vermehrte Nachfrage nach „Frischfleisch“ mit einem zunehmend größeren Angebot. Obwohl sich jegliche Zahlenspiele in diesen Kriminalitätsbereichen angesichts der extrem großen Dunkelfelder grundsätzlich verbieten, weil sie allenfalls geeignet sind, fragwürdige Statistiken zu erstellen und das Geschehen zu verharmlosen und zu beschönigen, lässt sich diese Verjüngung des Angebots auch an den Zahlen des kleinen Hellfelds ablesen: Im Jahre 2011 wurden in Deutschland 482 Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung registriert. 60 % der Opfer waren unter 21, jedes zehnte davon war zwischen 14 und 17 Jahre alt. Bei den 425 im Jahre 2013 registrierten Ermittlungsverfahren waren 51 % der Opfer unter 21 Jahre alt. 9 von ihnen waren gar unter 14 ( und von diesen kamen allein 7 aus Berlin, was nicht nur darauf zurückzuführen sein dürfte, dass Berlin einen Brennpunkt des Kinderhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung darstellt sondern auch darauf, dass in der Bundeshauptstadt eine Spezialdienststelle zur Bekämpfung dieser Kontrolldelikte eingerichtet wurde).
Auch in den Stricherhochburgen von Berlin ( über 3000 Stricher) und München (ca. 700 Stricher ) und in anderen deutschen Großstädten wird eine zunehmende Verjüngung der Szene festgestellt.
Während es noch vor wenigen Jahren ausschließlich Erwachsene waren, die (homo-)sexuelle Dienste anboten, sind es heute vermehrt Jugendliche und Kinder. Sie kommen aus Ost- und Südosteuropa. Allen voran sind es Angehörige von Minderheiten, die der Armut, der Marginalisierung und der Diskriminierung in den Ghettos rumänischer, bulgarischer, slowakischer oder ungarischer Städte entkommen wollten. Sie folgten nach Erteilung der Reisefreiheit 2007 bzw. 2014 (nach Aufhebung von in einem 7-Jahresplan festgelegter Einschränkungen) den verlockenden Angeboten ihrer Ausbeuter, bestiegen die ihnen zur Verfügung gestellten Vans oder Busse und fuhren westwärts. Oft nicht ahnend oder aber der Not gehorchend und billigend in Kauf nehmend, dass sie in Deutschland in widerlichster Weise missbraucht, ausgebeutet und –zumeist von Angehörigen der eigenen Ethnie- abkassiert würden.
Nicht ahnend, dass Deutschland die idealen Plattformen für solche schmutzigen Geschäfte zur Verfügung stellt. Inzwischen sehen sich Kenner der Szene veranlasst, Vereinigungen und Hilfsorganisationen zu gründen, um das Elend der zunehmend jungen Stricher in deutschen Städten etwas zu lindern ( so z.B. der Verein Marikas in München ).
Kinder, die sexuell ausgebeutet werden, sind also vermehrt auf dem Straßen- oder Schwulenstrich deutscher Städte anzutreffen und eine gierige Pädosexuellen- und Pädokriminellenszene wartet auf sie.
Deutsche Pädokriminelle fliegen aber auch anhaltend hinaus in die verschiedensten Zielgebiete dieser Welt oder sie fahren am Wochenende auch nur über die deutsch-tschechische Grenze, um sich dort sexuell an Kindern zu vergehen. Die hilf- und wehrlose Kinder Anderer werden an „Traumstränden“ oder in dunklen Gassen von Zuhälter(inn)n angeboten und von Deutschen angemietet oder gekauft und (sexuell) ausgebeutet. Nicht selten sehen diese Perversen dabei ihren entrichteten, zumeist kläglichen „Dirnenlohn“ noch als wohltätige Spende an. Auch das ist eine seit langem anhaltende und sehr bedeutsame, wenn auch gerne unterdrückte Form deutscher Beteiligung am Kinderhandel und an der sexuellen Ausbeutung von Kindern. Bekannte und beliebte Zielgebiete deutscher Kindersextouristen sind Thailand, Kambodscha, Vietnam, die Philippinen, Kenia, Südafrika, Brasilien, Kuba, die Dominikanische Republik, Russland, Tschechien, die Ukraine…
Wie brutal die Märkte sind, belegen Erkenntnisse über das gegenwärtige Geschehen in Kambodscha: Dort werden kleine Mädchen –ein Geheimtipp in der Szene- für 2000.- Euro zur Entjungferung angeboten. Sie werden dann immer wieder „zugeflickt“ um dann erneut als „Jungfrau“ angeboten und vermarktet zu werden. So lange, bis sie verstümmelt und unbrauchbar geworden sind.
Dann werden sie einfach weggeworfen, entsorgt. Andere kommen zum Einsatz. Es gibt ja genug.
Sri Lanka gilt seit vielen Jahren als Päderastenparadies. Deutsche „Knabenliebhaber“ reisen nicht nur regelmäßig und in hoher Anzahl dorthin, um sich der „Beach-Boys“ anzunehmen. Sie nennen auch Villen an den schönsten Stränden der Insel ihr eigen, sind sehr wohlhabend, fehlen bei keiner Wohltätigkeitsveranstaltung und sind gern gesehene Gäste auf dem politischen Parkett… Auch an Marokkos Stränden sind kleine Jungen, z.B. mit der Aufschrift „Willst du mich ?“ auf dem T-Shirts anzutreffen ( in der Sprache ihrer Kunden – in Deutsch ).
Die deutschen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden sind entsprechen § 5 StGB –Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter- auch für diese Kriminalität zuständig. Unabhängig davon, wo auf dieser Welt eine solche Tat begangen wird und unabhängig vom Recht am Tatort – wenn der Täter Deutscher ist. Und das ist nur all zu oft der Fall.
Das Dunkelfeld in diesem Bereich aber könnte irgendwo zwischen 1:1000 und 1:10.000 liegen. Gemessen am Gesamtaufkommen wird diese anhaltende, scheußliche Kriminalität also nur in wenigen Einzelfällen erfolgreich bekämpft. Dabei sind die Kinder Kubas und Kambodschas und auch die gleich hinter der deutsch-tschechischen Grenze mit den gleichen Hoffnungen und Träumen geboren, wie unsere Kinder auch. Und mit den gleichen Rechten dazu.
Schließlich ist es auch eine Form des Kinderhandels, wenn kinderpornografische Erzeugnisse oder sogenannte Posing-Fotos hergestellt, von dubiosen Händlern in die Datennetze eingegeben und von einem namhaften deutschen Parlamentarier oder von Anderen heruntergeladen und konsumiert werden ?
Herstellung, Vertrieb und Erwerb von Kinderpornografie sind keine Bagatelldelikte, wie man den einschlägigen Vorschriften im deutschen Strafgesetzbuch und der Strafandrohung entnehmen könnte, welche der des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gleicht. Kinderpornografie ist in Wahrheit nichts anderes als die Dokumentation zumeist brutaler Verbrechen, begangen an einem oder mehreren Kindern.


Und wer an solchen Produktionen als Darsteller und Täter mitwirkt, wer solche Produkte herstellt, vertreibt, erwirbt und konsumiert, nimmt aktiv an diesem Verbrechen –und auch an einer der widerlichsten Formen des Kinderhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung- teil. Das –und nicht die Verbreitung kinderpornografischer Schriften- muss auch zentraler Ermittlungsauftrag sein – oder werden.
Auch und vor allem unter dem Aspekt, dass kindliche Opfer angesichts der neuen Medien auf unabsehbare Zeit damit leben müssen, dass ihr Körper von Perversen weltweit und auch in dreckigsten Hinterstuben konsumiert werden kann und konsumiert wird, ist dieser Kriminalität ein ungleich höherer Stellenwert einzuräumen als bislang in Deutschland der Fall.

Spurensuche


Es scheinen ganz bestimmte Ethnien und Rekrutierungsländer zu sein, welche die besonders junge, menschliche „Ware“ nach Deutschland liefern, die den Straßen- bzw. Schwulenstrichen zugeführt wird und der sich eine im Dunkel agierende Pädosexuellen- und Pädokriminellenszene bedient.
Im Jahre 2013 kamen 11 der erkannten, minderjährige Opfer des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung aus Bulgarien, 6 aus Rumänien und 6 aus Ungarn und sie gehören dort ansässigen Minderheiten (vor allem den Roma) an, deren Situation in den Herkunftsländern durch Exklusion, Diskriminierung und bittere Armut gekennzeichnet ist. Neben diesen Minderheiten scheinen auch kriminelle (Kosovo-)albanische Clans die Märkte mit besonders junger „Ware“ zu beliefern.
Dass Burgas, die bulgarische Hafen- und Touristenstadt am Schwarzen Meer ein Ghetto mit über 8000 Roma sein eigen nennt, bleibt den meisten Urlaubern und Strandgängern verborgen. Pobeda heißt das Ghetto und Pobeda heißt Sieg (russisch), dabei wohnen hier nur Verlierer. Biegt man von einer breiten und mehrspurigen Ausfallstraße ab, beginnt plötzlich eine ganz andere Welt: Keine Ampeln, keine Autos, kein Verkehrslärm mehr, herumliegender Schrott und Autoteile, staubige Gassen, Straßendreck, gefährlich tief herabhängende Stromleitungen, vom Verfall bedrohte Hütten und Häuser, mit Blechbüchsen kickende, bunt gekleidete Horden von Kindern, wasserschleppende Frauen in langen, verstaubten Röcken, herumlungernde Männer, neugierige Blicke hinter zertrümmerten Fensterscheiben…
„Hier im Ghetto ist man nur reich an Krankheiten und an Kindern“, erklärt eine Sozialpädagogin von FLORIKA, einer von der „Aktion Mensch“ unterstützten Nichtregierungsorganisation (NRO). Sie hat in einem schmucklosen, feuchten Raum 7 Jungen und Mädchen zwischen 4 und 14 Jahren um sich versammelt, liest ihnen aus einem zerfledderten Schulbuch vor. „Es sind Kinder, die in eine Welt hineingeboren wurden, die sie nicht haben will“ sagt die Pädagogin „und Bildung ist ihre einzige Chance!“
„Die meisten 17-Jährigen hier haben das Ghetto noch nicht einmal in ihrem Leben verlassen“ erklärt sie das Unglaubliche und sie liefert auch gleich die Begründung: „Warum sollten sie das ? Der Busfahrer draußen an der Ausfallstraße nimmt sie nicht mit, auf den Gehwegen werden sie beleidigt, angepöbelt und bespuckt, Geschäfte dürfen sie nicht betreten, an den Stränden werden sie verjagt, Geld haben sie keines… Die Kinder haben kaum eine Chance hier“ sagt die junge Pädagogin von FLORIKA immer wieder und man sieht ihr an, wie sehr sie das belastet. „Dabei gilt der Bürgermeister von Burgas als ausgesprochen Roma-freundlich. Er ließ neben dem Ghetto eine Schule erbauen, bezahlt die Lehrkräfte. Ein paar Schulbücher aber müssen die Eltern der Kinder selbst kaufen. Das aber können oder wollen viele von ihnen nicht. Und so bleibt die Schule schlecht besucht.“
Bulgarische Kriminalisten wissen, dass junge Frauen und Kinder aus dem Ghetto von Plowdiw-Stolipinovo (über 40.000 Roma), Burgas-Pobedo und anderen Armutsvierteln bulgarischer Städte nach Westeuropa und damit auch und nicht zuletzt nach Deutschland gekarrt und dort gezielt eingesetzt werden: Auf dem Straßen- oder Schwulenstrich in Dortmund, Duisburg oder München, als Trickdiebinnen in Mailand, als Trickbetrüger(innen) in Madrid, als Klaukids in den Einkaufszentren von Hamburg, als Rosenverkäufer in Berlin, als Bettelkinder auf der Ramblas von Barcelona oder in der Fußgängerzone unter dem Münster von Ulm…
Die Vans und die Busse für solche Einsätze werden nicht selten von einem (in Ghetto-Nähe in prächtigen Villen lebenden) Clan-Chef zur Verfügung gestellt. Zweihundert Euro pro Person, so wird gemunkelt, kostet die Fahrt ins gelobte Land. Und das Begleitpersonal, bestehend aus Unterchefs, Schleusern, Aufpassern, Antreibern, Bewachern, Zuhältern, Abkassierern…, stellen solche Clan-Chefs auch.
Einer dieser Sippenhäuptlinge wurde in Bulgarien im Jahr 2011 in Haft genommen – wegen Menschenhandels, berichten bulgarische Sicherheitskräfte nicht ohne Stolz und diese Festnahme glich einer Sensation. Nicht dass ein Roma in Haft kam, war das Besondere. Die weitaus meisten, in Sofia einsitzenden Häftlinge sind Roma. Ein Clan-Chef aber saß dort noch nie oder schon lange nicht mehr hinter Schloss und Riegel. Schließlich sind diese nicht nur sehr wohlhabend sondern auch sehr einflussreich und sie pflegten beste und nützliche Beziehungen zu Einflussreichen und Mächtigen, nicht zuletzt zu solchen in der Politik.
Die Inhaftierung eines solchen Clan- (oder OK-Chefs) weist also durchaus auf eine positive, von der Europäischen Union geforderte und geförderte Entwicklung hin und sie spricht für die bulgarische Polizei – und Justiz!
Trotz solcher Erkenntnisse und Erfolge: Den Frauen- und Kinderhandel aus und über die ost- und südosteuropäischen Rekrutierungs- und Transitländer nach Westeuropa und Deutschland entscheidend zu beeinflussen oder gar zu stoppen, gelang bisher nicht. Allein bei der bulgarischen Polizei geht man davon aus, dass jährlich über 10.000 Frauen und Kinder des Landes verschleppt werden und die jährlichen Einnahmen der „bulgarischen Mafia“ auf dem Geschäftsfeld des Menschenhandels und der (Zwangs)Prostitution wird auf über einer Milliarde Euro geschätzt. Die deutschen Sexmärkte gelten als das Agitationsfeld schlechthin.
Bulgarische Ermittler wissen auch, viele der von Menschenhändlern rekrutierten Mädchen sind Waisenkinder aus benachteiligten Familien. Sie sind sehr anfällig für die Versprechen der Täter. Mit dem tollen Job als Model, als Tänzerin oder als Au Pairs werden sie in die Netzwerke der Täter getrieben. Jugendliche und Kinder werden aber auch ganz einfach entführt oder von ihren in größter Bedrängnis und Not lebenden Familien an Menschenhändler verkauft, um dann in den westlichen Industriestaaten, allen voran in Deutschland, eingesetzt und ausgebeutet zu werden.
Die Abläufe, Zusammenhänge und Handelsstrukturen zeigen, der Frauen- und Kinderhandel mit Angehörigen von Minderheiten aus den Rekrutierungsländern Bulgarien, Rumänien, Ungarn und anderen südosteuropäischen Staaten ist in weiten Teilen der Organisierte Kriminalität (OK) zuzuordnen. Frauen- und Kinderhandel in die sexuelle Ausbeutung in all ihren Formen sind ein so bedeutsames wie lukratives Geschäftsfeld sowohl von bulgarischen wie von rumänischen OK-Gruppierungen, von albanischen Clans und von anderen Balkan-Syndikaten.
Anders als die Rekrutierung der jungen Frauen und Kinder von Minderheiten in Bulgarien, Rumänien, Ungarn und anderer Balkan-Staaten stellt sich der Handel mit Kindern aus Albanien oder der mit ethnisch- albanischen Kindern aus Kosovo und anderen albanischen Nachbarstaaten dar.
Hier ist zum einen von Bedeutung, dass Albanien (mit) die jüngste Bevölkerung Europas hat, dass also genügend junge „Ware“ zur Verfügung steht. Eine „Ware“, die zudem ständig nachwächst. Zum anderen haben kriminelle albanische Clans, ganz ihren schmutzigen Vorhaben entsprechend, dem KANUN, den ungeschriebenen aber seit Jahrhunderten überlieferten „Gesetzen der albanischen Berge“ wieder neues Leben eingehaucht. Nach diesem KANUN haben Frauen und weibliche Kinder keine Rechte. Sie sind Besitz des Mannes und er kann über sie verfügen – beste Voraussetzungen also für den Frauen- und Kinderhandel in die Bettelei (in Thessaloniki) wie in die sexuelle Ausbeutung (im bundesdeutschen Rotlicht). Gleich wo und wie: Die jungen Frauen und Kinder in den Klauen dieser albanischen oder Kosovo-albanischen Gangs werden skrupellos eingesetzt und ausgebeutet. Die sexuelle Ausbeutung junger Frauen und Kinder ist neben dem Drogenhandel seit den 1990er-Jahren das bedeutendste und lukrativste Geschäftsfeld der „Albanischen Mafia“. Auch sie schätzt die Freiheiten, die ihnen in Deutschland eingeräumt werden, offensichtlich sehr und sie ist hier im Land, nicht zuletzt in den deutschen Rotlichtmilieus, in hohem Maße präsent. Flächendeckend, von Hamburg St. Pauli bis in den Süden der Republik, vermehrt auch in eher ländlichen Bereichen. Die Geschäfte werden von den Albanern weitgehend lautlos, unauffällig und unbemerkt abgewickelt. Sie wissen eben: OK funktioniert da am besten, wo Ruhe vorherrscht. Allein gelegentliche „Betriebsunfälle“ und das sind immerhin ein gutes Dutzend versuchter und auch vollendeter Tötungsdelikte im bundesdeutschen Rotlicht mit albanischer oder Kosovo-albanischer Beteiligung während der vergangenen Jahre, sind deutliches Indiz für ihre Präsenz.
Dessen ungeachtet scheint man hierzulande politisch noch immer davon auszugehen, dass von einem kleinen und unterentwickelten Land keine größere Gefahr ausgehen kann. Italienische Mafia-Staatsanwälte sehen das (nach leidvollen Erfahrungen, die Italien machen musste ) ebenso wie das FBI in Washington ( nachdem Albaner den Drogen- und Menschenhandel entlang der amerikanischen Ostküste an sich gerissen haben ) freilich ganz anders. Sie sprechen gleichlautend von einer der gefährlichsten Verbrecherorganisation dieser Welt. Von einer Verbrecherorganisation, die Frauen und weibliche Kinder als Ware sieht, als Gegenstände, die benutzt, ausgebeutet und nach Gebrauch weggeworfen werden können – so wie die Kinder in Kambodscha, so wie die großen und kleinen Sexsklavinnen damals, vor 2000 Jahren, im Römischen Reich.
Der Frauen- und Kinderhandel in Europa wird nicht zu stoppen sein, solange die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen zwischen den Liefer- und Zielländern –selbst innerhalb der Europäischen Union- noch so weit auseinanderklaffen, wie noch immer der Fall. Es sind also vor allem den Herausforderungen angepasste politische Entscheidungen und Maßnahmen, die erforderlich und zum Teil überfällig sind, um in einem vereinten und grenzenlosen Europa der Kriminalität und Kriminalitätsentwicklung –zum Nachteil und auf dem Rücken von Frauen und Kindern- wirksam(er) als bislang zu begegnen.
Während von der Europäischen Kommission durchgeführte, sinnvolle und wirksame Maßnahmen und Programme geradezu Tradition haben ( man denke nur an Programme wie Stopp 1, Stopp 2, Daphne, Agis usw.), halten sich die nationalen Bemühungen und Erfolge Deutschlands im Kampf gegen den Frauen- und Kinderhandel sehr in Grenzen.
So wurde die EU-Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer bis heute nicht umgesetzt – dabei lief die Frist zur Umsetzung bereits im April 2013 ab.
So wurde 2002 ein Prostitutionsgesetz in Kraft gesetzt, das sich schon früh als höchst täterfreundlich und opferfeindlich erwiesen hat – ohne dass zeitnah erforderliche Änderungen vorgenommen worden wären.
Und auch das 2014/2015 endlich auf den Weg gebrachte neue Prostitutionsgesetz enthält nicht ansatzweise das, was erforderlich wäre, um den Handel und die sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern in Deutschland wirksam(er) zu bekämpfen und die (potenziellen) Opfer mehr als bislang zu schützen. Dafür sind neben einem erheblich verschärften und den wahren Gegebenheiten angepassten Prostitutionsgesetz allerdings auch andere, wirksame(re), vor allem den Herausforderungen der Organisierten Kriminalität (OK) angepasste Maßnahmen erforderlich. So zum Beispiel

  • eine praktikable(re)n Gestaltung der Tatbestände des Menschenhandels,
  • strafprozessuale, die üblichen Deals vor Gericht erschwerende Regelungen,
  • der Vorratsdatenspeicherung,
  • einer Beweislastumkehr in bestimmten Falllagen
  • geeignete Grundlagen für eine vermehrte Einziehung kriminell erwirtschafteter Gelder und Güter oder auch
  • eines weiteren Ausbaus und einer Optimierung der internationalen/bilateralen Zusammenarbeit der Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden.

Solange die Realität politisch nicht oder nur ungern wahrgenommen oder verkannt wird und der Kriminalität angepasste Regulierungen und Maßnahmen ausbleiben, solange werden Frauen und Kinder weiterhin nach Deutschland gehandelt, um in Bordellbetrieben und versteckten Wohnungen, auf einem Straßen- oder Schwulenstrich, im Bereich der Kinderpornografie, als Bettelkinder, Klaukids oder Betrüger oder in anderer, krimineller Weise eingesetzt und ausgebeutet zu werden. Solange sind Kinder hierzulande nicht ausreichend vor Ausbeutung geschützt. Solange werden sich Täter und Tätergruppierungen, Freier, Pädokriminelle und Perverse ihrer weiterhin bedienen – ungestört zumeist und unverfolgt.
Weiterführende Literatur: Manfred Paulus „Menschenhandel – Tatort Deutschland“, Klemm & Oelschläger Ulm 2014