Technik

„Vor dem Täter am Tatort“

– Musterbasierte Tatortvorhersagen am Beispiel des Wohnungseinbruchs

Prognoseerstellung mit Unterstützung von Kacheln


Ein wichtiges Instrument bei der Erstellung einer zeitlich und örtlich zielgenauen Prognose sind Kacheln, die unter Anwendung der Methode der Kerndichteschätzung ermittelt werden. Legt man ein Gitternetz mit einer Kachelgröße von 250 m über den jeweiligen geografischen Raum und berücksichtigt nur die Kacheln, in denen in den vergangenen Jahren Delikte verübt wurden, wird eine Karte mit farbigen Kacheln erstellt. Sie gibt Hinweise auf die Einbruchsaktivitäten in der Vergangenheit. Farbige Kacheln werden nur dann angezeigt, wenn dort im zugrunde gelegten Referenzzeitraum (i.d.R. vier Winter- oder Sommer-perioden) mindestens ein Delikt festgestellt wurde.
Rote Kacheln bezeichnenen Gebiete mit einer hohen Einbruchsbelastung, gelbe Kacheln Gegenden mit einer mittleren Einbruchsaktivität und grüne Kacheln Räume, die in den Vorjahren nur schwach belastet waren. Die farbigen Kacheln dienen den Einsatzkräften als zusätzlicher Hinweis, wo die Wahrscheinlichkeit eines Folgedeliktes in der near repeat area am höchsten ist. Dabei kann das Folgedelikt auch außerhalb des Gebietes in der Randzone sein.

PRECOBS im Tagesbetrieb


Der automatisierte Prognoseprozess wird in den Tagesbetrieb der jeweiligen Polizeibehörde integriert. Predictive policing schafft neue Verantwortlichkeiten und neue Ereignisse, die verarbeitet werden müssen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Operator. Hierbei handelt es sich um technisch affine Beamte, die sich auch in dem jeweiligen Deliktfeld gut auskennen. Der Operator nimmt die täglich auf der Basis der aktuellsten Falldaten von PRECOBS bereitgestellten Prognosen entgegen, validiert sie, gibt sie zur weiteren Einsatzplanung frei oder zieht sie zurück. Gibt der Operator die Prognose frei, leitet er sie an die relevanten lokalen Einsatzkräfte weiter. Über die operative Umsetzung hinsichtlich Art, Dauer und Umfang der Einsätze entscheidet ausschließlich die Behörde.

Der Operatorplatz


Diese Prozesskette verdeutlicht, dass bei der near repeat prediction – im Gegensatz zu vollautomatisierten Prognosesystemen – der Mensch als letzte Analyse- und Entscheidungs-instanz im Vordergrund steht. PRECOBS ist leicht zu bedienen und birgt darüber hinaus den Vorteil, dass es auch bei der Bekämpfung anderer Phänomene der Massenkriminalität (z.B. Diebstahl aus oder von Kfz) einsetzbar ist. Jede Behörde ist technisch in der Lage den Prognosebetrieb in Eigenregie durchzuführen.

Zusammenfassung

In Gebieten mit hohen Anteilen an near repeats und Triggerdelikten ist die Methodik der near repeat prediction erfolgreich einsetzbar. Operative Einheiten können somit automatisiert unterstützt bzw. gezielt in Räume geleitet werden, in denen die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten weiterer Delikte empirisch nachweisbar signifikant steigt. Somit hilft die near repeat prediction, die Einsatzplanung zu optimieren, wobei der Anpassungsaufwand für eine Behörde technisch und personell gering ist. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass im Bereich der Analysetätigkeit Beamte entlastet werden und somit Personalressourcen für andere Aufgaben freigesetzt werden.
Datenschutzrechtliche Bedenken, die häufig im Zusammenhang mit dem Einsatz von Prognosesystemen im Bereich des Predictive Policing geäußert werden, sind verständlich und ernst zu nehmen. Deshalb wurde bei der Entwicklung der near repeat prediction sichergestellt, dass das System auch ohne die Verwendung personenbezogener Daten qualitativ hochwertige Prognosen liefern kann. PRECOBS ist daher datenschutzrechtlich unbedenklich, da das System sich nur auf anonymisierte Daten ausschließlich aus polizeilichen Erfassungssystemen stützt.

Literatur:

  • Balogh, D. A. (2013): Untersuchung des Phänomens der sogenannten Near-Repeat-Wohnungseinbruchsdelikte am Beispiel der Stadt Zürich: Möglichkeiten und Grenzen des Prospective Crime Mappings, Zürich 2013.
  • Clages, H. u. E. Zimmermann (2010): Kriminologie. VDP, Hilden/Rhld.
  • Kawelovski, F. (2012): Verräterische Fußtritte: Wie sich eine Täter-Opfer-Beziehung beim Wohnungseinbruch am Eindringmuster erkennen lässt. In: Kriminalistik, Nr. 11, S. 645-648.
  • Kawelovski, F. (2013): Studie zur Wirksamkeit polizeilicher Maßnahmen bei Wohnungseinbrüchen. In: der kriminalist, Nr. 4, S. 8-17.
  • Kersting, St. u. J. Kiefert (2013): Das Deliktspektrum von Wohnungseinbrechern. In: Kriminalistik Nr.7, S. 468-472.
  • Polizeiliche Kriminalstatistik Jahrbuch 2013 (2014): Hrsg.: Bundeskriminalamt Wiesbaden.
  • Wollinger et al. (2014): Wohnungseinbruch: Tat und Folgen – Ergebnisse einer Betroffenenbefragung in fünf Großstädten. Hrsg.: Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e. V., Hannover.

Anmerkungen

  1. Ein Problem beim Wohnungseinbruch besteht darin, dass nur selten exakte Tatzeiten vorliegen, sondern in der Regel die Tatzeiträume mehrere Stunden, wenn nicht gar Tage umfassen.
  2. Eine near repeat area ist ein geografisches Gebiet, in dem die Gefährdungslage, aber auch die Wahrscheinlichkeit für prognostizierbares, musterhaftes Täterverhalten und die Zahl der zu erwartenden near repeats besonders hoch eingeschätzt wird.

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