Kriminalität

Kinder im Dienst der (Organisierten) Kriminalität

Kinderhandel und Ausbeutung von Kindern – ein gern ignoriertes, aber erhebliches, deutsches Problem


Und wer an solchen Produktionen als Darsteller und Täter mitwirkt, wer solche Produkte herstellt, vertreibt, erwirbt und konsumiert, nimmt aktiv an diesem Verbrechen –und auch an einer der widerlichsten Formen des Kinderhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung- teil. Das –und nicht die Verbreitung kinderpornografischer Schriften- muss auch zentraler Ermittlungsauftrag sein – oder werden.
Auch und vor allem unter dem Aspekt, dass kindliche Opfer angesichts der neuen Medien auf unabsehbare Zeit damit leben müssen, dass ihr Körper von Perversen weltweit und auch in dreckigsten Hinterstuben konsumiert werden kann und konsumiert wird, ist dieser Kriminalität ein ungleich höherer Stellenwert einzuräumen als bislang in Deutschland der Fall.

Spurensuche


Es scheinen ganz bestimmte Ethnien und Rekrutierungsländer zu sein, welche die besonders junge, menschliche „Ware“ nach Deutschland liefern, die den Straßen- bzw. Schwulenstrichen zugeführt wird und der sich eine im Dunkel agierende Pädosexuellen- und Pädokriminellenszene bedient.
Im Jahre 2013 kamen 11 der erkannten, minderjährige Opfer des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung aus Bulgarien, 6 aus Rumänien und 6 aus Ungarn und sie gehören dort ansässigen Minderheiten (vor allem den Roma) an, deren Situation in den Herkunftsländern durch Exklusion, Diskriminierung und bittere Armut gekennzeichnet ist. Neben diesen Minderheiten scheinen auch kriminelle (Kosovo-)albanische Clans die Märkte mit besonders junger „Ware“ zu beliefern.
Dass Burgas, die bulgarische Hafen- und Touristenstadt am Schwarzen Meer ein Ghetto mit über 8000 Roma sein eigen nennt, bleibt den meisten Urlaubern und Strandgängern verborgen. Pobeda heißt das Ghetto und Pobeda heißt Sieg (russisch), dabei wohnen hier nur Verlierer. Biegt man von einer breiten und mehrspurigen Ausfallstraße ab, beginnt plötzlich eine ganz andere Welt: Keine Ampeln, keine Autos, kein Verkehrslärm mehr, herumliegender Schrott und Autoteile, staubige Gassen, Straßendreck, gefährlich tief herabhängende Stromleitungen, vom Verfall bedrohte Hütten und Häuser, mit Blechbüchsen kickende, bunt gekleidete Horden von Kindern, wasserschleppende Frauen in langen, verstaubten Röcken, herumlungernde Männer, neugierige Blicke hinter zertrümmerten Fensterscheiben…
„Hier im Ghetto ist man nur reich an Krankheiten und an Kindern“, erklärt eine Sozialpädagogin von FLORIKA, einer von der „Aktion Mensch“ unterstützten Nichtregierungsorganisation (NRO). Sie hat in einem schmucklosen, feuchten Raum 7 Jungen und Mädchen zwischen 4 und 14 Jahren um sich versammelt, liest ihnen aus einem zerfledderten Schulbuch vor. „Es sind Kinder, die in eine Welt hineingeboren wurden, die sie nicht haben will“ sagt die Pädagogin „und Bildung ist ihre einzige Chance!“
„Die meisten 17-Jährigen hier haben das Ghetto noch nicht einmal in ihrem Leben verlassen“ erklärt sie das Unglaubliche und sie liefert auch gleich die Begründung: „Warum sollten sie das ? Der Busfahrer draußen an der Ausfallstraße nimmt sie nicht mit, auf den Gehwegen werden sie beleidigt, angepöbelt und bespuckt, Geschäfte dürfen sie nicht betreten, an den Stränden werden sie verjagt, Geld haben sie keines… Die Kinder haben kaum eine Chance hier“ sagt die junge Pädagogin von FLORIKA immer wieder und man sieht ihr an, wie sehr sie das belastet. „Dabei gilt der Bürgermeister von Burgas als ausgesprochen Roma-freundlich. Er ließ neben dem Ghetto eine Schule erbauen, bezahlt die Lehrkräfte. Ein paar Schulbücher aber müssen die Eltern der Kinder selbst kaufen. Das aber können oder wollen viele von ihnen nicht. Und so bleibt die Schule schlecht besucht.“
Bulgarische Kriminalisten wissen, dass junge Frauen und Kinder aus dem Ghetto von Plowdiw-Stolipinovo (über 40.000 Roma), Burgas-Pobedo und anderen Armutsvierteln bulgarischer Städte nach Westeuropa und damit auch und nicht zuletzt nach Deutschland gekarrt und dort gezielt eingesetzt werden: Auf dem Straßen- oder Schwulenstrich in Dortmund, Duisburg oder München, als Trickdiebinnen in Mailand, als Trickbetrüger(innen) in Madrid, als Klaukids in den Einkaufszentren von Hamburg, als Rosenverkäufer in Berlin, als Bettelkinder auf der Ramblas von Barcelona oder in der Fußgängerzone unter dem Münster von Ulm…
Die Vans und die Busse für solche Einsätze werden nicht selten von einem (in Ghetto-Nähe in prächtigen Villen lebenden) Clan-Chef zur Verfügung gestellt. Zweihundert Euro pro Person, so wird gemunkelt, kostet die Fahrt ins gelobte Land. Und das Begleitpersonal, bestehend aus Unterchefs, Schleusern, Aufpassern, Antreibern, Bewachern, Zuhältern, Abkassierern…, stellen solche Clan-Chefs auch.
Einer dieser Sippenhäuptlinge wurde in Bulgarien im Jahr 2011 in Haft genommen – wegen Menschenhandels, berichten bulgarische Sicherheitskräfte nicht ohne Stolz und diese Festnahme glich einer Sensation. Nicht dass ein Roma in Haft kam, war das Besondere. Die weitaus meisten, in Sofia einsitzenden Häftlinge sind Roma. Ein Clan-Chef aber saß dort noch nie oder schon lange nicht mehr hinter Schloss und Riegel. Schließlich sind diese nicht nur sehr wohlhabend sondern auch sehr einflussreich und sie pflegten beste und nützliche Beziehungen zu Einflussreichen und Mächtigen, nicht zuletzt zu solchen in der Politik.
Die Inhaftierung eines solchen Clan- (oder OK-Chefs) weist also durchaus auf eine positive, von der Europäischen Union geforderte und geförderte Entwicklung hin und sie spricht für die bulgarische Polizei – und Justiz!
Trotz solcher Erkenntnisse und Erfolge: Den Frauen- und Kinderhandel aus und über die ost- und südosteuropäischen Rekrutierungs- und Transitländer nach Westeuropa und Deutschland entscheidend zu beeinflussen oder gar zu stoppen, gelang bisher nicht. Allein bei der bulgarischen Polizei geht man davon aus, dass jährlich über 10.000 Frauen und Kinder des Landes verschleppt werden und die jährlichen Einnahmen der „bulgarischen Mafia“ auf dem Geschäftsfeld des Menschenhandels und der (Zwangs)Prostitution wird auf über einer Milliarde Euro geschätzt. Die deutschen Sexmärkte gelten als das Agitationsfeld schlechthin.
Bulgarische Ermittler wissen auch, viele der von Menschenhändlern rekrutierten Mädchen sind Waisenkinder aus benachteiligten Familien. Sie sind sehr anfällig für die Versprechen der Täter. Mit dem tollen Job als Model, als Tänzerin oder als Au Pairs werden sie in die Netzwerke der Täter getrieben. Jugendliche und Kinder werden aber auch ganz einfach entführt oder von ihren in größter Bedrängnis und Not lebenden Familien an Menschenhändler verkauft, um dann in den westlichen Industriestaaten, allen voran in Deutschland, eingesetzt und ausgebeutet zu werden.
Die Abläufe, Zusammenhänge und Handelsstrukturen zeigen, der Frauen- und Kinderhandel mit Angehörigen von Minderheiten aus den Rekrutierungsländern Bulgarien, Rumänien, Ungarn und anderen südosteuropäischen Staaten ist in weiten Teilen der Organisierte Kriminalität (OK) zuzuordnen. Frauen- und Kinderhandel in die sexuelle Ausbeutung in all ihren Formen sind ein so bedeutsames wie lukratives Geschäftsfeld sowohl von bulgarischen wie von rumänischen OK-Gruppierungen, von albanischen Clans und von anderen Balkan-Syndikaten.