Polizei

Die Europäische Grenzschutzagentur Frontex – Wallmeister der Festung Europas oder Garant für die Sicherheit der Außengrenzen?

Zur Biographie von Frontex


Die Europäische Grenzschutzagentur Frontex mit Sitz in Warschau wurde mit Ratsbeschluss (Verordnung (EG) 2007/2004) vom 26. Oktober 2004 errichtet, der Wirkbetrieb wurde am 01. Oktober 2005 aufgenommen. Derzeitiger Exekutivdirektor ist seit Januar 2015 der Franzose Fabrice Leggeri. Agenturen sind eigenständige von den Organen der Gemeinschaft unabhängige Einrichtungen des europäischen Rechts, die die Politiken der EU unterstützen sollen. Unter den derzeit über 30 EU-Agenturen ist Frontext mit Sicherheit eine der wichtigsten, weil die Agentur das Kernstück der europäischen Grenzpolitik und zugleich wichtigster Akteur bei der Koordination des Schutzes der EU-Außengrenzen ist. Ursprünglicher Geburtshelfer war die Abschaffung der Binnengrenzkontrollen durch das Schengen-Regime Mitte der neunziger Jahre und die Notwendigkeit, ein zusätzliches Element zur Verstärkung des Schutzes der Außengrenzen gegen grenzüberschreitende Kriminalität und irreguläre Migration zu schaffen. Gestaltete sich die Arbeit von Frontex zunächst problemlos, geriet die Agentur nach den Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer in den Fokus einer meist unsachlichen Medienkampagne und Berichterstattung.
Die offizielle Bezeichnung lautet „ European Agency for the Management of Operational Cooperation at the External Borders of the Member States of the European Union”, die sperrige deutsche Bezeichnung ist „Europäische Grenzschutzagentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen.“ Das Akronym Frontex ist vom französischen „frontières extérieures“ gleich Außengrenzen abgeleitet.
Die Agentur hatte Ende 2014 eine Personalstärke von 310 Mitarbeitern, das Budget betrug 114 Millionen EUR, von denen mehr als 70 % unmittelbar für einsatzbezogene Aktivitäten verwendet wurden. In der Zentrale in Warschau war Deutschland Ende 2014 mit 13 Bediensteten vertreten Außerdem beteiligt sich Deutschland jährlich mit rund 100 Bundespolizisten und unterschiedlichen Führungs- und Einsatzmitteln an Frontex koordinierten Einsatzmaßnahmen.

Die Agentur setzt hauptsächlich das EU-Konzept für integriertes Grenzmanagement um, das unter der finnischen EU-Ratspräsidentschaft im Dezember 2006 verabschiedet wurde. Ihr Hauptauftrag - die Unterstützung der Mitgliedstaaten beim Schutz der Außengrenzen- schließt gemeinsame Operationen an den Außengrenzen ein. Sie plant und führt gemeinsame Schwerpunkteinsätze der Mitgliedstaaten an besonderen Brennpunkten und Migrationsrouten durch und koordiniert und harmonisiert die Fortbildungsprogramme zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität und weiterer Formen grenzbezogener Kriminalität zu Wasser, zu Land und in der Luft. Vor welchem Massenproblem die Agentur steht, erhellt allein die Tatsache, dass im kontrollfreien Binnengrenzraum über 400 Millionen Unionsbürger und eine wachsende Anzahl von Drittstaatangehörigen unterwegs sind. Dass der politisch gewünschte Wegfall der Binnengrenzkontrollen übereilt war, erhellt allein die Tatsache, dass einzelne Länder zunehmend häufiger die nach dem Schengener Grenzkodex mögliche vorübergehende Grenzkontrollen bei gefahrengeneigten Großereignissen praktizieren. Großbritannien hat gerade wieder die vollständige Passkontrolle bei der Ausreise eingeführt, um sowohl die irreguläre Migration als auch die grenzüberschreitende Kriminalität zu kontrollieren. Noch ist der Beweis nicht erbracht, dass der Schengenraum auch bei massiven Störungen oder bei unvorhergesehenen Großereignissen den Belastungstest bestehen wird. Unter den Augen kritischer Beobachter besteht die Hauptherausforderung für Frontex, den Spannungsbogen zwischen der Freizügigkeit im Binnenraum und der Gewährleistung von Grenzsicherheit an den Außengrenzen immer wieder neu zu justieren. Allein quantitativ ist die Herausforderung gewaltig: Die Landgrenzend des Schengenraums sind 7.700 km lang, die Seegrenzen 42.700 km.


SAR-Aktion von Frontex-koordinierten Einsatzkräften


Den besonderen sensiblen Kontext, in dem sich die Aktionen von Frontex bewegt, verdeutlicht die Mission „Triton“ im Mittelmeer, mit der bis 50 km vor den südlichen Küstenlinien der EU die illegalen Migration über See unterbunden werden soll. Zwangsläufig werden die Einsatzkräfte auch mit Seenotrettungseinsätzen konfrontiert, da die skrupellosen Schleusergruppierungen die Migranten in hochseeuntaugliche und schrottreife Seelenverkäufer pressen und die überladenen Booten mit blockiertem Ruder den Elementen überlassen. Nicht selten werden daher Kontrollfahrten zu Rettungseinsätzen umfunktioniert, wenn die Gesetze der See die Rettung von Menschenleben fordern. Dabei ist es selbst zu Schusswechseln mit hochkriminellen Schleusergruppierungen gekommen. Diese Aktionen haben Frontex ein wohlwollendes Presseecho eingetragen bis zu dem Zeitpunkt, als das ohnehin polizeikritische TV-Magazin Panorama meinte, mit dem Tenor „Wie Frontex die Wahrheit verdreht“ die Öffentlichkeit überraschen zu müssen. Anlass war eine Recherche, in der nachgewiesen werden sollte, dass es sich bei dem vor Süditalien festgestellten Geisterschiff „Blue Sky M“ nicht -wie Frontex unter Bezug auf regionale Quellen feststellte- um einen „neuen Grad der Grausamkeit“ handelte, sondern angeblich ein von professionellen syrischen Seeleuten gesteuertes Frachtschiff, mit dem Landsleute in Sicherheit gebracht werden sollten. Nicht thematisiert wurde die Tatsache, dass jeder der 700 „Passagiere“ bis zu 6.000 Dollar für die Passage zahlte, ein Gruppenrabatt gewährt wurde und die Crew, die sich vor der Anlandung unter die Flüchtlinge mischte, von Schleuser angeheuert wurde. Überdies bildet dieser Einzelfall gegenüber der Vielzahl tatsächlicher Geisterschiffe die absolute Ausnahme.