Kriminalität

Der Multikulturalismus am Ende?

Problembereich: Islam aus Ländern ohne Demokratie


Multikulti in Europa hat direkt mit der muslimischen Einwanderung zu tun. In allen europäischen Ländern bilden sie die Mehrheit der Migranten. Sie stammen aus Ländern, in denen die Demokratie sich nicht durchsetzen konnte. Als Muslime haben sie eine Religion, die nichts und niemanden anerkennt außer sich, weder Nichtmuslime noch andere Religionen oder Weltanschauungen, geschweige denn Demokratie und Menschenrechte werden akzeptiert. Alle Versuche, den Islam zu modernisieren und reformieren, sind bislang misslungen.
Nach der iranischen Revolution von 1979 und dem Beginn des Kampfes gegen die sowjetische Besatzung in Afghanistan erschien der Islam als revolutionär und emanzipatorisch und wurde deswegen für viele attraktiv, insbesondere für die zweite Generation von Muslimen, die in Europa aufgewachsen sind, aber denen eine europäische Identität verweigert wurde. Auf die Ausgrenzung antworteten sie mit der Selbstabgrenzung, indem sie eine islamische Identität entwickelten, die sich gegen die Leitkulturen der Gastländer richtete. Umrahmt von religiösen Verbänden, die traditionell oder zum großen Teil fundamentalistisch sind, begannen sie, sich kommunitaristisch zu organisieren und verlangten die Anerkennung ihrer Identität und Lebensweise.
Der Multikulturalismus fördert diesen Prozess. Für ihn bedeutet eine wahre Anerkennung der Unterschiede, die Anerkennung des gleichen Wertes verschiedener Existenzweisen und die Aufforderung an die Politik die Gleichwertigkeit verschiedener Identitäten anzuerkennen. Dass viele Kulturen und Lebensweisen die Menschenrechte verachten und die Demokratie nicht akzeptieren, hat die meisten Multikulti-Anhänger nicht interessiert, bis der Terrorismus vor der Tür stand.

Die Auswirkungen des Terrorismus auf „Multi-Kulti“ – am Beispiel der Grünen


Der Terrorismus wirkte sich auch auf die Politik der Grünen aus. Im Grundsatzprogramm 2002 „Die Zukunft ist grün“ verzichten die Grünen auf den Begriff „multikulturelle Gesellschaft“ und ersetzen ihn mit dem Begriff „multikulturelle Demokratie“. Sie betonen zuerst ihr Festhalten an den Menschenrechten. Sie sind universell, unteilbar und unverhandelbar gegenüber einem falschen kulturellen Relativismus. Dann postulieren sie, dass die Menschenrechte zu den gemeinsamen politischen Zielvorgaben für das Zusammenleben in einer multikulturellen Einwanderungsgesellschaft gehören. Und kommen zu folgendem Schluss: „...die Verbindung der Begriffe Demokratie und multikulturelle Gesellschaft heißt für uns: Multikulturelle Demokratie.“
Dieser Kraftakt, Widersprüchliches zu vereinen, wurde widersprüchlich in der Öffentlichkeit vermittelt. Während die Umweltministerin Renate Künast in der Berliner Zeitung (03.12.2004) darin sah, „dass wir als Gesellschaft auch Erwartungen haben dürfen. Zum Beispiel, dass Zuwanderer die deutsche Sprache lernen und sich mit unserem Verständnis von Menschenrechten auseinander setzen. Ich denke da an die Stellung der Frau, die Frage von häuslicher Gewalt oder auch an das Problem der Zwangsverheiratungen“, schrieben die Parteivorsitzenden Reinhard Bütikofer und Claudia Roth im Berliner „Tagesspiegel“ (28.11.2004), dass es sich um eine neue Begründung der multikulturellen Gesellschaft handelt und dass diese „oft sogar Toleranz für Lebensweisen, die man für ‚falsch‘ hält“ fordert.
Im Programm 2002 taucht zum ersten Mal der Begriff „interkulturell“ leise neben dem Begriff „multikulturell“ auf, was wieder einen Widerspruch darstellt. Multikulturell bedeutet die Anerkennung und Respekt der kulturellen Eigenartigkeit. Das führt zum Kommunitarismus. Interkulturell bedeutet das Verständnis der anderen Kultur, um den passenden Umgang zu finden, bekannt als interkulturelle Kompetenz, für die Verwirklichung der Integration.
Dieser Widerspruch wurde im Programm von 2013 korrigiert. Dort wird nur von interkulturell gesprochen, der Begriff multikulturell war verschwunden. Anstelle von Anerkennung und Respekt ist nun massiv die Rede von interkultureller Öffnung der Verwaltung, der Institutionen, der Wirtschaft usw. kurz der Gesamtgesellschaft. Das bedeutet eine intensive Integrationsarbeit. Es fällt aber auf, dass manche führenden grünen Politiker interkulturell sagen, aber multikulturell denken und sogar multikulturell handeln, besonders in Bezug auf Religionen. Trotz der klaren Tendenz des letzten Programms scheint es so, als ob die Frage der Orientierung bei den Grünen noch nicht ganz entschieden ist.

Verteidigung der universellen Menschenrechte steht auf der Tagesordnung


Nach all diesen Umwälzungen seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich die globalisierte Welt etabliert. Die Terrorakte vom September 2001, die Finanzkrise von 2008 und das Massaker von Charlie Hebdo 2015 sind Ereignisse, die diese neue Welt kennzeichnen. Es geht heute darum, das globale Finanzkapital unter Kontrolle zu halten, die Sicherheit jedes Einzelnen vor dem Weltterrorismus zu gewährleisten und die Zersplitterung der Gesellschaften zu stoppen und zu verhindern. Die Demontage und Relativierung der universalen Menschenrechte stehen nicht mehr auf der Tagesordnung, sondern ihre Verteidigung. Man sucht für den Zusammenhalt der Gesellschaften die Gemeinsamkeiten und nicht die Unterschiede.

Der Slogan „Vive la différence!“ scheint ausgedient zu haben.

Anmerkungen

  1. Laicité. Une valeur menacée? Marianne, Februar 2015 Paris
  2. Jeanbart, Bruno und Ferrand, Olivier, Gauche: Quelle majorité électorale pour 2012 ? Terra Nova, projet 2012, contribution Nr. 1, Paris 2011
  3. www.ladocumentationfrancaise.fr/ezexalead/search. Dazu kommt der Bericht von Thierry Tuot, La Grande Nation: Pour une société inclusive vom 1. Februar 2013
  4. Rapport au premier ministre sur la refondation de la politique d’intégration. Groupe de travail »Connaissance-reconnaissance ». Paris 2013, S. 36
  5. Morgan, Lewis Henry, Ancient Society or Researches in the Lines of Human Progress from Savagery through Barbarism to Zivilisation. London 1877
  6. Barth, Frederik, Ethnic Groups and Boundaries. The Social Organization of Culture Difference. Bergen 1969
  7. Vgl. Berding, Helmut (Hrsg.), Nationales Bewußtsein und kollektive Identität. Frankfurt a.M. 1994. Heitmeyer, Wilhelm (Hrsg.), Was treibt die Gesellschaft auseinander ? , Was hält die Gesellschaft zusammen? Frankfurt a.M. 1997, 2Bde
  8. Lyotard, François, La condition postmoderne. Rapport sur le savoir. Paris 1979, S. 6
  9. Eagleton, Terry, Die Illusionen der Postmoderne. Ein Essay. Stuttgart 1997, S. vii
  10. Vgl. Taylor, Charles, Politics of Recognition, in: Dutman, Amy, Multiculturalism. Princeton 1994, S. 25-74
  11. Vgl. Taylor, Charles, Das Unbehagen an der Moderne, Frankfurt a.M. 1995
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