Kriminalität

Jugendschutz im ­Zeitalter des Social Web

Stärkere Zusammenarbeit mit Polizei und Strafverfolgung


Verstöße nach dem für jugendschutz.net maßgeblichen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sind häufig gleichzeitig auch Straftaten. Daher gehört die Kooperation mit Polizei und Strafverfolgung zum Arbeitsalltag von jugendschutz.net. Konzentrierte sich die Zusammenarbeit früher vor allem auf Fälle aus dem Bereich des sexuellen Missbrauchs, hat sie sich mittlerweile auf alle Arbeitsfelder ausgeweitet. Neben der konkreten Unterstützung bei Fallbearbeitungen und Täterermittlungen spielen auch der allgemeine inhaltliche Austausch und die Konzeption von Präventivmaßnahmen eine wichtige Rolle. 
Bei der Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs im Internet arbeitet jugendschutz.net eng mit dem BKA zusammen. Die seit März 2011 geltende Verfahrensweise im Rahmen des neuen Memorandum of Understanding (MOU) mit BKA, FSM, ECO und BPjM zeigen deutliche Wirkung: Inzwischen sind in Deutschland gehostete kinderpornografische Inhalte in der Regel bereits 1,7 Tage nachdem sie jugendschutz.net gemeldet wurden, offline.
Die Veränderungen bei den Sicherheitsapparaten im Zuge der Mordserie des NSU haben auch die Zusammenarbeit von jugendschutz.net mit Polizei, Strafverfolgung und Verfassungsschutz verändert. BKA und Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) arbeiten im Rahmen der Koordinierten Internetauswertung Rechtsextremismus (KIAR) eng zusammen und setzen hierbei auch auf eine bessere Vernetzung mit jugendschutz.net. 

Bedarf an umfassenden Schutzkonzepten und technischen Schutzlösungen


Angesichts der Entwicklungen werden umfassende Schutzkonzepte und technische Sicherungen, die auch die mobile Nutzung mit einbeziehen, immer wichtiger.
Die zeitgemäße Gestaltung des Jugendschutzes stellt eine gemeinsame Aufgabe aller Beteiligter wie Industrie, Politik und Jugendschutzstellen dar. Vor allem die Branchenführer sind aufgefordert, ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen und sich an der Entwicklung von vorausschauenden Schutzkonzepten und technischen Lösungen aktiver als bisher zu beteiligen – nicht zuletzt, weil sie an der Nutzung ihrer Dienste durch Kinder und Jugendliche auch Geld verdienen. 
Maßnahmen gegen einzelne Verstöße erzielen eine immer geringere Wirkung. Vor allem reichweitenstarke internationale Plattformen gilt es in die Pflicht zu nehmen. Sie müssen sich an der Schaffung verlässlicher und schneller Notice-and-Takedown-Prozeduren sowie der Entwicklung integrierter Maßnahmen, die Medienkompetenzen stärken, aktiv beteiligen. Viele Mechanismen sind im Bereich des Urheber- und Datenschutzes erprobt und müssen für den Jugendschutz genutzt werden.
Weil Anbieter im Ausland kaum greifbar und Beiträge im Social Web schwer zu ahnden sind, stellt die Entwicklung des Internet nicht nur die klassische Medienregulierung vor Probleme. Zunehmend werden auch medienpädagogische Ansätze obsolet, die Eltern hinsichtlich der Steuerung des häuslichen Medienkonsums ihrer Kinder beraten: Die Zeiten eines Familien-PCs im Wohnzimmer sind längst vorbei – heute sind viele Kinder und Jugendliche immer, überall und mit ihren eigenen Geräten online.
Technische Schutzsysteme können Eltern bei der Medienerziehung unterstützen und eine Konfrontation jüngerer User mit beeinträchtigenden oder gefährdenden Inhalten reduzieren. Ihre Wirksamkeit im Social Web muss jedoch weiter erhöht, Systeme für die mobile Internetnutzung müssen etabliert und Alterskennzeichnungen von Webangeboten flächendeckend umgesetzt werden. Eine einfachere Handhabung, geräteübergreifende Einstellmöglichkeiten und sichere Vorkonfiguration internetfähiger Geräte sind dringend erforderlich.
Der präventive Schutz vor Gefährdungen und Beeinträchtigungen muss auch bei der Stärkung von Minderjährigen in Communitys und anderen interaktiven Plattformen ansetzen. Sie müssen für Gefahren sensibilisiert und zu sicherem Verhalten animiert werden. Parallel dazu brauchen Eltern und Erziehungsverantwortliche angesichts der Vielfalt der Angebote, Plattformen und Zugänge sowie der Kluft zwischen jugendlicher und erwachsender Medienwelt praxistaugliche Unterstützung bei der Medienerziehung.
Isolierte Forderungen einzelner Akteure setzen globale Unternehmen nur wenig unter Druck. Notwendig ist eine organisierte Zusammenarbeit aller Akteure auf nationaler Ebene, um sich mit Erkenntnissen und Best Practices in die internationale Diskussion einzumischen. Ziel müssen europa- oder weltweite Standards sein, die große Plattformbetreiber zu geeigneter Vorsorge für ihre jüngsten User verpflichten.Umfassende Schutzkonzepte, die der heutigen Nutzung des Internets und den damit verbundenen Risiken Rechnung tragen, sind dringend geboten. Jugendschutz kann in diesem Sinne nur zeitgemäß gestaltet werden, wenn er als gemeinsame Aufgabe verstanden wird. Vernetzungsinitiativen wie „sicher online gehen“, die internationale CEO-Coalition „Making the internet a better place for kids“ oder das I-KiZ – Zentrum für Kinderschutz im Internet sind wichtige Schritte, um dauerhafte Gesprächsforen zu etablieren und Perspektiven kooperativ zu entwickeln.

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