Der Deutsche Jihad

– Versuch einer Bestandsaufnahme

Der bewusst provokative Begriff „Deutscher Jihad„ ist gewählt – nicht in Anlehnung an das gleichnamige Buch der Journalistin Annette Ramelsberger –, sondern um schlagwortartig vor Augen zu führen, dass der Jihad im Sinne des gewaltsamen Kampfes gegen die Ungläubigen, den Westen und seine freiheitlichen Grundordnungen in Deutschland existiert. Mit diesem Terminus soll der Versuch unternommen werden, das weltweite Phänomen des islamistischen Terrorismus unter dem Bezugspunkt Deutschland zu kategorisieren, um seine Komplexität in griffige Bestandteile aufzulösen. Gleichzeitig versucht dieser Beitrag, die daraus resultierenden Herausforderungen für Justiz- und Sicherheitsbehörden darzustellen.

Thomas Beck,
Bundesanwalt,
Bundesanwaltschaft Karlsruhe

Unterschieden werden können drei Ebenen dieses „Deutschen Jihad„, die sich aber durchaus zeitlich und inhaltlich überschneiden, die zum Teil nebeneinander verlaufen oder aufeinander aufbauen.

Der Jihad aus Deutschland

Damit sind all diejenigen Aktivitäten gemeint, bei denen Deutschland eine Rolle als Ausgangspunkt für jihadistisch motivierte terroristische Vorhaben im Ausland spielt. Historisch gesehen war das die erste Phase islamistisch-terroristischer Tätigkeiten in Deutschland, die begonnen hat mit Unterstützungshandlungen für algerische Gruppierungen wie via Internet Kämpfer in den Irak schleuste und eine Terrorgruppe für den Sudan zusammengestellt hat. Aber auch reine Cyber-Jihadisten wie Raschid aus Georgsmarienhütte, der als Administrator eines Internetchat-
rooms buchstäblich Tag und Nacht durch Zur-Verfügungstellen von Propagandamaterial um Mitglieder für „Al Qaida„ und „Al Qaida im Zweistromland„ geworben hat, gehören hier genannt. Ebenso wie die Mitglieder der deutschsprachigen „Global Islamic Media Front„, die jihadistische Terrorpropaganda mundgerecht für den deutschsprachigen Raum aufbereiten und verbreiten oder wie ein Edelsteinhändler aus Germersheim, der Pakistan und Afghanistan bereist, um wichtige logistische und personelle Unterstützungen für „Al Qaida„ zu leisten.

Der Jihad gegen Deutschland

Diese Ebene umfasst islamistisch-terroristische Vorhaben im Ausland gegen Deutsche und gegen deutsche Interessen. Bezüglich des letzteren Aspekts ist er identisch mit dem „Jihad aus Deutschland„, denn all die dort genannten Aktivitäten beeinträchtigen das grundsätzliche deutsche Interesse, in keiner Weise Ausgangspunkt für internationale Terrorakte zu sein. Im engeren Sinne fallen darunter aber zwei andere Kategorien:

  • Anschläge im Ausland gegen westliche Ziele, bei denen Deutsche mehr oder weniger zufällig unter den Opfern sind (z.B. in Bali, Djerba, in den Ferienanlagen in Ägypten, in Madrid und in London).
  • Gezielte Anschläge gegen Deutsche im Ausland. Hier ist vor allem Afghanistan zu nennen mit den Angriffen gegen die Bundeswehr, gegen deutsche Polizisten, Aufbauhelfer und Journalisten.

Insoweit haben wir eine neue Phase erreicht, weil das militärische Engagement Deutschlands in Afghanistan in den Fokus des „Globalen Jihad„ geraten ist. Es geht nicht mehr nur darum, ausländische Soldaten in Afghanistan anzugreifen und als deren Teil eben auch Deutsche, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Es geht jetzt darum, gezielt gegen Deutsche vorzugehen. Zur Beantwortung der Frage, warum das der Fall ist, ist ein kurzer Blick auf die allgemeine terroristische Methodik und auf die speziellen jihadistischen Zielsetzungen von Nöten. Das kleine Einmaleins des Terrorismus lautet nach wie vor: Der Schwache greift den übermäßig Starken mit aufsehenerregenden Attentaten an, die außerhalb aller Normen der politischen und kriegerischen Auseinandersetzungen liegen, um eine Reaktion hervorzurufen (Schlagwort: asymmetrische Kriegsführung). Und fast tragisch zu nennen ist die Tatsache, dass jede Reaktion des Starken, bei dem es sich um einen oder mehrere Staaten handelt, von den Terroristen erwünscht ist. Die Erhöhung und Verstärkung der Repression oder des militärischen Drucks hebt zum einen die Bedeutung der Terroristen und wird zugleich propagandistisch als Rechtfertigung für den Kampf ausgeschlachtet. Ein Nachgeben oder Zurückweichen des Starken kann als Primärerfolg der Terroristen verbucht werden. Diese wissen auch sehr genau, dass ihre Mittel wirken und es gräbt sich tief in ihr Bewusstsein ein, wann und auf welche Weise sie damit besonders erfolgreich waren. Für jeden gewaltbereiten islamistischen Strategen ist daher der 23. Oktober 1983 ein Fanal. Es handelt sich um das Datum des ersten Selbstmordattentats der Hisbollah auf das US-Hauptquartier in Beirut, bei dem 241 US-Soldaten getötet wurden. Am selben Tag erfolgte ein weiterer Selbstmordangriff auf die französischen Truppen in Beirut mit 58 Toten. Die Folge war der sofortige Abzug der USA und Frankreichs aus dem Libanon. Ein solcher „Primärerfolg„ bleibt bei Terroristen unvergessen. Die davon ausgehende Botschaft lautet: Bei entsprechendem Leidensdruck zwingen wir auch militärisch überlegene westliche Staaten in die Knie.
Mit dieser altbewährten Methodik verfolgen die gewaltbereiten Jihadisten, insbesondere die „Al Qaida„, drei Hauptzielsetzungen:

  • Aufmerksamkeit: Sie ist nach wie vor der Sauerstoff der Terroristen. Ohne die Anschläge vom 11. September 2001 wäre „Al Qaida„ das geblieben, was sie war, eine nur Eingeweihten bekannte Terrorgruppe. Seitdem ist sie ein allgegenwärtiger Begriff und im Bewusstsein der gesamten Welt.
  • Die Bekämpfung des „Nahen Feindes„: Das bedeutet die Beseitigung der sogenannten Apostatenregime in Saudi Arabien, Ägypten, Jordanien, Irak, Pakistan und Afghanistan, die nur als Werkzeuge der Ungläubigen angesehen werden und die es aus dem Weg zu räumen gilt auf dem Weg der Errichtung eines die Nationalitäten überwindenden Kalifats.
  • Die Bekämpfung des „Fernen Feindes„: Dies sind Aktionen gegen die USA, Israel und die westlichen Gesellschaften, gegen die „Kreuzzügler„ und Ungläubigen im Allgemeinen.

Im Rahmen dieser Zielsetzungen und Methodik versucht der „Globale Jihad„, die westlichen Gesellschaften durch verheerende Angriffe auf die Zivilbevölkerung in ihren Grundfesten zu erschüttern und ihre Regierungen zu bestimmten Handlungen zu veranlassen. Die Terroristen setzen dabei auf die zynische Erkenntnis, dass die Resistenz der friedensgewohnten europäischen Demokratien gegen Leidensdruck niedrig ist und dass unnachgiebige Regierungen schnell den politischen Rückhalt in der Bevölkerung verlieren. Auch dieses Kalkül geht auf, wie die Anschläge von Madrid und der dadurch veranlasste Stimmungsumschwung bei den spanischen Parlamentswahlen mit der Folge des Abzugs der spanischen Soldaten aus dem Irak beweisen. Vor diesem Hintergrund sind auch die Anschläge auf die Bundeswehr in Deutschland zu bewerten. Die Terroristen wollen Einfluss nehmen auf die parlamentarischen Debatten um die Afghanistanmandate. Dahinter steht natürlich ein klarer Befund, der nicht übersehen werden darf. Das Engagement Deutschlands in Afghanistan ist den Jihadisten ein Dorn im Auge. Solange der Westen dort militärisch und staatenbildend präsent ist, kann von einer Neuauflage des Talibanregimes und der damit verbundenen geradezu paradiesischen Zustände für „Al Qaida„ mit einem ungestörten Hort des internationalen Terrorismus keine Rede sein. Diesen Interessen steht die Bundeswehr im Weg und daher werden wir nicht nur in Afghanistan, sondern auch in Deutschland zum Ziel.

Der Jihad in Deutschland

Spätestens seit den Anschlägen in Madrid am 11. März 2003 heißt es immer wieder: „Der Jihad ist in Europa angekommen„. Die Anschläge in London im Jahre 2005 und die fehlgeschlagene Attentate dort in den Jahren 2006 und 2007 bestätigen diesen Befund. Hier in Deutschland herrscht aber nach wie vor die „es-ist-doch-nichts-passiert-Stimmung„ und es gerät sehr schnell in Vergessenheit, dass bei uns schon im Jahre 2002 Anschläge durchgeführt werden sollten. Eine in Deutschland gebildete Zelle der Al Tawhid-Bewegung des Abu Musab Al Zarkawi hatte den Auftrag, jüdische Ziele anzugreifen. Nur der polizeiliche Zugriff im Frühjahr 2002 hat dies verhindert. Zu Beginn des zweiten Irakkrieges in März 2003 wollte ein Fanatiker in Berlin zuschlagen, Ende 2004 beabsichtigten Mitglieder der „Ansar Al Islam„, den irakischen Übergangspräsidenten Allawi, der sich in Berlin auf Staatsbesuch aufhielt, zu ermorden. Im Jahr des Fußball-WM 2006 schreckten uns die Kofferbomber von Dortmund und Koblenz auf und im Jahre 2007 die sogenannte Sauerlandgruppe. Nur durch die gute Arbeit der Sicherheitsbehörden und mit viel Glück ist diese jihadistische Blutspur in Deutschland bislang eine theoretische geblieben. Das darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass es den blutgierigen Jihad auch in Deutschland tatsächlich gibt. Hier muss gleichfalls von einer neuen Phase gesprochen werden, weil Anzeichen dafür vorhanden sind, dass Deutschland im Rahmen der strategischen Überlegungen der „Al Qaida„ als dem Kernelement des „Globalen Jihad„ zum definierten „Fernen Feind„ geworden ist. Al Zawahiri, die Nummer 2 der „Al Qaida„ verwendete in einer seiner zahlreichen Videobotschaften bereits 2007 den Begriff der „Korrekten Gleichung„ und er meint damit nur eines: Wenn ihr uns den Krieg bringt, bringen wir euch ebenfalls den Krieg. Friedensbemühungen, Aufbauhilfe, UN-Missionen und dergleichen interessieren „Al Qaida„ nicht. Es wird alles reduziert auf den angeblichen Kampf des Westens gegen den wahren Islam und im Rahmen dieser Propaganda zählt nur schwarz oder weiß, Freund oder Feind und weil Deutschland gegen „Al Qaida„ aktiv ist, sind wir Feind. Doch zurück zum „Jihad in Deutschland„. Die immensen Anstrengungen von Polizei, Nachrichtendiensten und des Generalbundesanwalts im Zusammenhang mit der Identifizierung, Beobachtung, Kontrolle und Zerschlagung der sogenannten Sauerlandgruppe durch die Festnahmen am 4. September 2007 haben in erkenntnistechnischer Hinsicht gewirkt wie das Kappen der Spitze eines Eisberges – ein viel größerer Teil des Problems ist aufgetaucht und für uns sichtbar geworden, zugleich aber verbunden mit dem Wissen, dass weiterhin 9/10 noch immer unter der Wasseroberfläche liegen. Bis zum Jahreswechsel 2006/2007 war uns die „Islamische Jihad Union Usbekistan (IJU)„ völlig fremd. Heute ist sie als ausländische terroristische Vereinigung mit Sitz im Grenzgebiet von Afghanistan und Pakistan identifiziert, die sich gezielt an Deutsche und Türken wendet, um sie für den jihadistischen Kampf in Afghanistan und in Deutschland zu rekrutieren. Die Interessenten werden über Mittelsmänner im Iran nach Pakistan geschleust und dort in mobilen Lagern terroristisch ausgebildet. Die Mitglieder der Sauerlandgruppe und eine Reihe anderer Personen haben dieses Verfahren durchlaufen. Sie dienen gleichzeitig als Multiplikatoren und Rekrutierer für neue Jihadwillige. Ein in Afghanistan getöteter jihadistischer Kämpfer und ein Selbstmordattentäter aus Deutschland wurden bereits von der „IJU„ propagandistisch vermarktet, ebenso wie der 19-jährige Konvertit Breininger aus dem direkten Umfeld der Sauerlandgruppe. Auch dessen Videoauftritte zielen darauf ab, weitere Jihadkämpfer für Afghanistan und Deutschland zu gewinnen. Die mobilisierende Wirkung dieser Botschaften kann nicht ernst genug genommen werden. An beunruhigend vielen Stellen regis-trieren das Bundeskriminalamt und die Staatsschutzdienststellen der Länder Ausreisen von Personen, die dem islamistisch-terroristischen Potential zugerechnet werden. Die Sauerlandgruppe steht zudem für zwei besorgniserregende Tendenzen: Die Rolle radikalisierter deutscher Konvertiten und das Auftreten türkischer Jihadisten. Letztere waren bislang kaum ein nennenswerter Faktor in Deutschland. Deren gezielte Ansprache durch die „IJU„ muss angesichts des türkischen Bevölkerungsanteils in Deutschland zu denken geben. Noch alarmierender sind aber die mosaiksteinartig zusammengetragenen Erkenntnisse, die uns zu Personen führen, die nach einem Lageraufenthalt wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind. Wir müssen davon ausgehen, dass sie das auftragsgemäß tun und dass der Auftrag lautet, Anschläge in Deutschland zu begehen. Jedenfalls können wir es uns nicht leisten, die Hände in den Schoß zu legen und zu hoffen, dass nichts passiert oder darauf zu warten, dass uns die Richtigkeit dieser kriminalistischen Annahme bewiesen wird. Die Bevölkerung erwartet von den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden in erster Linie den Schutz vor und die Verhinderung von Anschlägen.

Schlussfolgerungen

Die Herausforderung für die Justiz, die damit verbunden ist, besteht in einer unseren rechtsstaatlichen Grundsätzen genügenden Anwendung des Strafrechts zur Verhinderung von Anschlägen, d.h. als Mittel der Prävention. Das ist durchaus heikel, letztlich aber alternativlos. Heikel, weil das Strafrecht damit das sichere und unumstrittene Terrain der versuchten und vollendeten Tat verlässt. Ziel ist die Verhängung der staatlichen Strafsanktion des Feiheitsentzuges, bevor es zu einem konkret schädigenden Ereignis wie einem Terroranschlag kommt.


Herrenlose Koffer auf Bahnhöfen oder Flughäfen alarmieren die Sicherheitskräfte;
Anschläge islamistischer Terroristen mit solchen Gepäckstücken sind auch in Zukunft ein mögliches Szenario. Foto Hofem

Für die strafrechtliche Besetzung des sogenannten Vorfelds von Straftaten stellt unsere Rechtsordnung im Staatsschutzbereich die Organisationsdelikte der §§ 129ff. StGB zur Verfügung. Diese Vorschriften wurzeln im deutschen Vereinsrecht und dahinter steht der Gedanke, dass ein Verband mit schwerstkrimineller Zielsetzung, anders als eine rein personenbezogene Tätergruppe wie bloße Mittäter oder eine Bande, eine besondere Gefahr für den Rechtsfrieden darstellt. Daher rechtfertigt bereits die bloße Mitgliedschaft, Gründung oder Unterstützung eine Strafbarkeit. Ein rechtliches Dilemma besteht allerdings, wenn Terroristen sich bei ihren Organisationsformen nicht an die deutsche Strafrechtsdokmatik halten, wie das bei Jihadisten bedauerlicherweise regelmäßig der Fall ist. Der Gesetzgeber hat den daraus folgenden Handlungsbedarf erkannt und ist dabei, die strafrechtlichen Lücken in Bezug auf nicht organisationsgebundene Täter zu schließen. Heikel ist es zudem, weil dieses Vorfeld das klassische Terrain der polizeilichen und nachrichtendienstlichen Präventionstätigkeit bildet. Wir haben damit eine permanente Gemengelage von drei staatlichen Aufgaben und Zuständigkeitsbereichen: Nachrichtendienstliche Beobachtung, polizeiliche Gefahrenabwehr und justizielle Repression. Solche Zuständigkeitsüberschneidungen sind erfahrungsgemäß oft mit gegenseitigen Abschottungs- und Abgrenzungsbemühungen verbunden, hinter denen nicht selten lediglich Einfluss und Machtstreben steht, das sich überdies prächtig für parteipolitische Zwecke unter Ausnutzung des verbalen Rückgriffs auf den Jahrmarkt der heiligen Kühe deutscher Sicherheitsarchitektur nutzen lässt.Heikel ist dies letztlich aber auch, weil die vorverlagerte Strafbarkeit schon immer den Vorwurf des Gesinnungsstrafrechts auf sich zog.

Im Bereich des Links- und Rechtsextremismus ist dieser Vorwurf schon zum Ritual erstarrt – „Weg mit § 129a„ lautet die altbekannte Parole, bezeichnender Weise aber stets nur auf den eigenen Standpunkt gemünzt, der gegenüberliegende Extremistenpol darf sehr wohl in den „Genuss„ dieser Strafvorschrift kommen. Abgesehen von diesen ideologisch-propagandistischen Auswüchsen darf die beachtliche verfassungsrechtliche Komponente dieser Kritik nicht außer Acht gelassen werden. Das Strafrecht dient nicht zur Verfolgung von Ideen, Meinungen, Auffassungen oder ganz allgemein von Andersdenkenden. Diese rote Linie darf nicht überschritten werden! Das heißt aber auch: Die bloße jihadistische Gesinnung kann nicht strafrechtlich sanktioniert werden. Erst wenn sie sich mit Wirkung für andere entfaltet und damit zur konkreten Gefahr materialisiert, ist die strafrechtliche Relevanz zu prüfen. Wohlgemerkt zu prüfen, ein Automatismus ist das nicht, sondern wir gelangen hier in den anspruchsvollen Bereich der strafrechtlichen Anfangsverdachtsprüfung, für die allein die Staatsanwaltschaft die Verantwortung trägt. Was gefahrenabwehrende Befugnisse auslöst, kann durchaus, muss aber nicht zwangsläufig gleichzeitig repressiv relevant sein. In diesem Spannungsfeld hat sich die Justiz zu bewähren. Hier sieht sich auch der Generalbundesanwalt vorrangig in der Pflicht, und daher liegt ein besonderer Schwerpunkt seiner Tätigkeit im Vorfelddialog mit der gefahrenabwehrenden Polizei. Es gilt dabei zu realisieren, dass die Justiz der Monopolist des Freiheitsentzuges in der Sicherheitsarchitektur eines gewaltengeteilten Rechtsstaates ist. Insofern stehen die Sicherheitsbehörden und die Strafverfolgung in der gemeinsamen Verantwortung, den geschilderten jihadistischen Bedrohungen durch effektives rechtsstaatliches Zusammenwirken zu begegnen. Es ist nicht damit getan, jihadistische Bestrebungen und Protagonisten zu beobachten, es ist nicht damit getan, konkrete Gefahren abzuwehren, ohne die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu können und es ist nicht damit getan, abzuwarten, bis ein Anschlag geschehen ist und dann die Schuldigen zu bestrafen. Das Gebot der Stunde lautet: Vorurteilsfreie Zusammenarbeit und Informationstransfer von Nachrichtendiensten, Polizei und Justiz zur Verhinderung von Anschlägen ohne Aufgabe unserer verfassungsrechtlichen Grundprinzipien. Das muss getragen werden von einem breiten gesellschaftlichen Konsens, der nur über die politisch Verantwortlichen herzustellen ist. Überhitzte Debatten, ideologisch besetzte Reizbegriffe und das Schüren von Ängsten der Bürger vor Polizei und Nachrichtendiensten als der angeblich eigentlichen Bedrohung des Rechtsstaats können auf diesem Weg sicher nicht weiterhelfen.